Selbstverständlichkeit und infolgedessen eine Leichtigkeit ist, wenn nian ihn nicht mit unsachlichen Hindernissen belastet. Es existieren nicht noch einmal zwei Länder, die sichso glücklich ergänzen, die ein- ander gegenseitig so Genüge tun können, wie Deutschland und Polen : gibt es ja sogar Anhänger des Gedankens einer Zoll- union, wogegen wirklich nur politische, keine wirtschaftlichen Gründe sprechen. Dies Auseinander-Angewiesensein wird sich durchsetzen, in einer klaren, politischen Atmosphäre natürlich schneller und unverfälschter, als in der stickigen Luft gegen- seitiger Abneigung und Schikane. Wieviel Zeit Polen noch braucht, um seine wirtschaftliche Linie zu finden, stehe dahin: der Tag. wo es bereit ist, über einen Prooinzchauvinismus hinaus wirtschaftliche Dinge wirtschaftlich zu sehen, muß uns in derselben Geistesverfassung finden. Der Leser dieser Bilanz wird vielleicht den Eindruck ge- Winnen, daß die Forderungen, die in diesen Zeilen an P o l e n gestellt werden, weit zahlreicher sind, als die an Uns selbst;- daß wir mit anderen Worten mehr verlangen als zu geben beabsichtigen. Diese Tatsache, die aus rein politischem Gebiet richtig ist, entspringt nicht dem Egoismus, sondern der nun einmal bestehenden Sachlage. Polen hat vormals deutsches Gebiet erworben, nicht wir polnisches: an ihm ist es daher, für dieses Gebiet und seine Bewohner Lebensbedingungen zu schaffen, die dem 20. Jahrhundert und der europäischen Solidarität entsprechen. Ganz einerlei, wie Posen und Pommerellen einmal zu Preußen gekommen sind und was in früheren Zeiten geschehen ist.— Es ist nicht angängig, die Achiver noch nach Jahrhunderten für die Taten ihrer Könige zu strafen, und man kann nur mit Schauder daran denken, daß noch einmal so umstrittene Gebiete ihre Staatszugehörig- keit wechseln und dann die Umschichtung und Aussiedelung mit den gleichen Mitteln, aber umgekehrten Borzeichen sich voll- ziehen könnte! Wenn aber auf politischem Gebiet unsere Forderungen an Polen die zahlreicheren sind: auf wirtschaftlichem können und sollen wir dafür die Gebenden sein. Negativ hat der im Gang befindliche Handelskrieg gezeigt, wie stark die polnische Abhängigkeit von der deutschen Wirtschaft ist. Nach hoffentlich baldigem Abschluß dieser Episode wird es an uns fein, die positive Seite dieser Zusammenhänge zu zeigen und für beide Teile fruchtbar zu machen. Es ist kein Geheim- nis, daß die meisten Wege der Hochfinanz nach Warschau über Berlin führen. Unser wohlverstandenes Interesse wird es sein, diese Tatsache nicht zu mißbrauchen, sondern in einem Geiste zu gebrauchen» der Polen , diesem fünftgrößten und noch bedeutend steigerungsfähigen Kunden der deutschen Wirtschaft und eben dieser selbst zugute kommt. Ob das mög- lich fein wird, solange Polen eine extrem egozentrische Po- litik treibt, und des zum Zeichen die Hälfte seines Budgets (eine Milliarde schweizer Franken ) für Militärzwecks ausgibt, ist eine Frage, die sich fast von selber beantwortet. Nur muh sich bei uns jetzt schon und allgemein die Erkenntnis durch- setzen, daß polnische Nachteile nicht einfach deutschen Vorteilen gleich zu achten sind, daß die Zerrüttung der Wäh- r u n g eines unserer besten Kunden für uns kein Aktivum darstellt, daß vor allem der Wirtschaftskrieg kein Selbstzweck ist, sondern sobald als möglich in einem fruchtbaren Wirt- schaftsfrieden enden muß. Gewiß dürfen wir eine Katze eine f:atze nennen: aber über objektive Berichterstattung hinaus eil Kredit unserer polnischen Nachbarn zu schädigen, ist ein Anschlag auf unsere eigene Wirtschaft, der dieser Nachbar als Kunde und zahlungsfähig erhalten wer- den muß. Nicht nur die internationale Hochfinanz bedient sich ihrer Berliner Korrespondcnzbanken in großem Umfange als Sach- verständiger in polnischen Dingen, sondern ein großer Teil der Zeitungen der ganzen Welt holt seine polnischen Nachrichten, mangels Kenntnis der Landessprache, aus deutschen Zeitungen. Es ist keine Uebertreioung, wenn man sagt, daß, abgesehen von wenigen französischen, englischen und amerikanischen Blättern, die Weltmeinung über Polen in
Berlin durch Berliner Zeitungen und Berliner Korrespon- denten festgestellt wird. Das ist ein starkes Mittel gegen, es kann aber auch ein treffliches Werkzeug für Polen sein. Es gebe auch dem gewissenhaften Berichterstatter andere Stoffe als Optantenaustreibungen und Schließung deutscher Schulen, Gefängnisterror und Standgerichte. Dann wird auch diese Abhängigkeit von Berlin ihre guten Seiten hervor- kehren und das Wort, daß der Deutsche und der Pole ein- ander Feind bleiben müssen, solange der Himmel steht, wird seine Aktualität verlieren, ob auch dabei dem einen oder anderen chauvinistischen Hetzer wirklich ein Himmel voller Baßgeigen einstürzt._ Ermittlungsverfahren gegen Sixt v.flrmi'n« Eine Erklärung des Beschuldigte«. Die Reichsanwaltschaft hat gegen den General Sirt o. Armin ein Ermittelungsverfahren wegen Hochverrat eingeleitet. Der Angeschuldigte erklärt nunmehr in der»Kreuz- zeitung ": »In dem Beiblatt zu Nr. 481 der„Zkreuzzeitung" vom 14. Oktober 19?S sind einzelne Sätze aus der Ansprache wiederge- geben, lbelche ich bei dsi Weihe des Denkmals für die Gefallenen des Regiments Augufta und der Referoe-Infanterie-Regimenter Sä und 202 gehalten habe. Diese dem.Vorwärts" entnommene Wiedergabe ist falsch, und die Fälschung hat zweifellos den Zweck, die An spräche in parteipolitischem In- teresse zu mißbrauchen. Ich stelle der Schristleitung an- heim, von dieser Erklärung Gebrauch zu machen." Die„Kreuzzeitung " bemerkt dazu, sie hätte ja gleich die Richtigkeit unseres Berichts in Zweifel gezogen. Das hat sie allerdings vorsichtshalber getan, zugleich hat sie aber unvor- sichtigerweise ihrer Freude und Genugtuung gerade über diesen Text Ausdruck gegeben. Was die„Fälschung" des„Vorwärts" betrifft, fei fest- gestellt: Unser Bericht entstammte einer der Sozialdemokratie völlig fernstehenden, aber von der Rechten oft in An- spruch genommenen Korrespondenz, der man „Fälschungen" im Interesse unserer Partei sicherlich nicht nach- sagen kann. Derselbe Bericht erschien auch in zahlreichen an- deren Blättern. Die Blätter der Rechten freilich haben ihn ent- weder unterdrückt, obwohl sie mit fleißige Benutzer jener Korespondenz sind, oder gerade jene Sätze weggelassen, die wir zum Gegenstand unserer Kritik machten und mit denen sich jetzt verschiedene Amtsstellen beschäftigen müssen. Die Zensur, die von der Rechtspresse an jenem Bericht geübt wurde, ist für unsere Kritik die stärkste Bekräftigung. Nachdem die Rechtspresse durch uns aus ihrer Zurück- Haltung heraus gelockt war, sah sie sich genötigt, sich zu den Vorgängen am Friedhof und zur Rede des Generals v. Armin zu bekennen. Aber nirgends meldete sich ein Teilnehmer, der behauptete, daß der General anders gesprochen hätte als berichtet worden war. Läge wirklich eine„Fälschung" vor, so wäre es merkwürdig, daß außer dem Redner selbst niemand sie als solche erkannt haben sollte. Auch der General o. C r a m o n, der zugleich mit Herrn Sixt v. Armin in der „Kreuzzeitung " alsAugen-undOhrenzeugeder Feier das Wort nimmt, hat von einer Fälschung nichts bemerkt. er verteidigt vielmehr die ganzen Vorgänge so wie sie hier berichtet worden sind. General Sixt v. Armin unterläßt aucki zu erklären, in- wiefern eine Fälschung zir parteipolitischen Zwecken vor- liegen soll. Was will er eigentlich nicht gesagt haben? Daß er von„S. M. dem Kaiser und König" be- auftragt sei, das Denkmal einzuweihen? Will er nicht von „ehrfurchtsvoller Dankbarkeit und unwandelbarer Treue" zum Exraifer gesprochen haben? Will er nicht zur Treue auf- gefordert haben für„den Fahneneid, den wir Seiner Majestät geschworen haben"? Aber gerade diese von der republika- nischen Presse scharf kritisierten Stellen sind bisher von der Rechtspresse als Selbstverständlichkeiten und rls völlig einwandfrei verteidigt worden. Dicht über der Erklärung des
Generals Sirt v. Armin in der.Kreuzzeitung" liest man z. B. folgenden Satz des Generals v. Cramon: .Daß wir alten Offiziere, ob hoch oder niedrig, die wlr an einen Gott glauben, denunseremKaisergeschworenen Eid der Treue hochhalten und ihn nicht als.wesenlose Fcrmel" betrachten, das leugnen wir allerdings nicht, und wenn ich erkläre, daß wir Schufke ersier Klasse wären, wenn wir das, wo- für wir in vielen Dezennien gelebt, gestritten und gekämpft haben, wie einen Handschuh auszögen und fortwürsen.* Also erstens wären die alten Offiziere Schufte, wenn sie nicht zur Rede des Generals Sirt v. Armin stehen würden, und zweitens will der General selbst diese Rede gar nicht so gehalten haben! Man sieht, für den Politiker wie für den Kriminallsten wird die Sache immer interessanter. Die erieüigte Opposition, Tie Kommunisten als Prügelknabe«. In der Opposition gegen die Preußenregierung geht der Katzenjammer um. Sie hat für den Wiederzusammcn- tritt des Landtags einen großen Angriff gegen die Regierung, im besonderen gegen den Genossen Severing vorbereitet. Sie hat sich den Anschein gegeben, als wolle sie einen großen, entscheidenden Kampf. Run ist sie erledigt, zerschlagen, noch ehe die parlamentarischen Auseinandersetzungen zu Ende sind. Sie hat durch Severing eine Absuhr erhallen, wie sie ver- nichtender nicht sein konn.e. Bei den Abstimmungen in der nächsten Woche wird ihre wahre Stärke zahlenmäßig fest» gestellt werden. Nachdem die Kommunisten nicht mehr Seite an Seite mit den Deuischnationalen Mann für Mann gegen Severing stimmen wollen, sind die Hoffnungen der Rechtsparteien unter Null gesunken. Sie sitzen an den Wassern Babylons und weinen. Die.Deutsche Zeitüng" klagt laut:„D i e P r e u ß e n- Opposition zerschlagen!" Ja, sie ist zerschlagen. aber nicht durch den„neuen Kurs der Kommunisten", die der Reaktion erst als Hansknecht gedient haben und nun als ihre Prügelknaben herhalten müssen! Sie ist zerschlagen durch ihre eigene Unehrlichkeit und Demagogie. Sie wollte ja gar nicht den Sturz der Regierung Braun-Severing: denn sie fürchtet die Landiagsauflösung und die Neuwahlen. So offenherzig w'.e die„Deutsche Zeitung" sind frellich nicht alle Organe der Opposition. Die.Kreuz- zeitung " redet ihren Lesern vor. nun werde man den Kampf bei der Etatsabstimmung zur Entscheidung bringen. Sie zitiert die Versicherung von W i lhelm Pieck, daß die Kommunisten den Etat ablehnen würden, und fügt hinzu: .Ganz vortrefflich. Da auch die bürgerliche Opposition dein Minister Severing das Gehalt nicht bewilligen kann, wird diese Etatposition abgelehnt werden, was ein Miß- trauensvotum in schärfster Form wäre. Es könnie unter diesen Umständen sogar auf die Abstimmung über die Miß- trauensanträge verzichtet werden." Aber das ist doch eben nur Trost von einem Tag auf den andern. Die„Deutsche Zeitung" wünscht auch diese Form der Opposition, aber ohne große Hossnungen auf Erfolg: .So bleibt nur das zweite, was wir in unserer Kritik der Echternacher Oppositionsmcthoden im Landtags ebenfalls und ais in erster Linie notwendig von vornherein gefordert Haben: die grundsätzliche Ablehnung der von Braun-Severing e'n- gebrachten D o r l a g e n. insbesondere also auch die Ablehnung der Etats des Ministerpräsidenten und des Innen- minister». Allerdings dürft« nunmehr auch dieses Mittel verspätet und in» zwischen wirkungslos geworden sein: wenn auch die Komnui- nisten(jedenfalls heute noch) erklären, diese Etats gleichfalls abzu- lehnen, so ist doch auf die Unterstützung der Wirtschaftlichen Ver- «inigung in dieser letzten Kampfmöglichkeit kaum zu rechnen(viel- leicht nicht einmal auf die der Deutschen Bolls- Partei)." Diese Form der Opposition wird gewiß sehr klärend sein
/stlzu öequemes. Konzertumschau von Kurt Singer . Das Berliner Sinfonieorchester ist durch den neuen Dirigenten Oskar Fried auf neuen Boden gestellt worden. Die geschossene stärkere Resonanz prägt sich bereits im Publikum aus. Aufmerksame, feierlich gestimmte Mienen, statt des früheren Vereinspublikums. Das Orchester selber in guter Haltung, gelegent- lich von einem inneren Schwung, der mitreißend ist.'Man hört in der Obsron-Ouvertüre ein Piano, das nicht dufllos bleibt, eine Rhythmisierung, die von dem motorisch geladenen Kapellmeister auf die Musikerschaft übergeht. Selbst ein Zuviel an ekstatischer Bewegung stört nicht mehr? stürmt Fried los, so ist er im Geist wohl schon bei der phantastischen Sinfonie Berlioz ' angelangt. Ein Führer von starkem Willen, dessen Leistung vom Vertrauen des Or» chesters getragen wird, ein Arbeitsmann, dessen Sehnsucht nach ort- licher Stabilisierung seiner musikantischen Kräfte andauern möge. Das><Moll-Konzert von Grieg begleitet er mit einer Sachlichkeit, die das Tempo zunächst bis zur Gemütlichkeit verschiebt. Aber da sitzt Elly Ney am Flügel(dessen Diskant für einen Steinway recht steinerweichend klirrt): sie gibt das vorwärtsdrängende Tempo an, sie sucht aus einer Nichtigkeit von Adagio Beseeltheit zu formen, sie wirft ein tänzerisches Allegro elegant und schneidig hin. Diese Frmi hat eine ganz große Skala an Gefuhlstönen, an Ausdrucks- bewermngen, sie hat die Doppelseele genialischer Naturen, in denen sich Mannheit und Wcibheit einen. Niemals geziert, immer natür- lich, niemals kraftmeierisch, immer, selbst im letzten Aufschwung und Auftrumpfen noch künstlerisch gefaßt, so ist sie au» den Tagen der blendenden Dirtuosin zu. den Tagen der Reifung vorgedrungen. Sie ist eine von bei) wenigen Pianistinnen großen Formats, sie ist fast die einzige, bei der man die Wässrigkest dieses Griegschen Konzerts noch vergessen kann. Hier plätschert es nicht seicht, son- dern rauscht hoch auf: letzter, höchster Beweis reproduktiver Schövferkrast. Auch Bruno Walter begann mit seinen Abonnementskon» zerten. Zwei Schlager, will sagen Zugstücke auf dem ersten Pro- gramm. Da strömt das Volt. Merkwürdig, wie bequem es sich die Meister des Pults machen. Gerade sie halten die große Kraft der Propagierung unbekannter Talente, vergessener Werke. Statt dessen:„Unvollendete" von Schubert(mit einer primitio-unvollende- ten literarischen Programmeinführung) und Mahlers„Lied von der Erde ". Beide Partituren liegen der Wesenheit Walters und seinem romantischen Singegeist außerordentlich, bei beiden lebt er feine aufs Schwelgen, Kantileneschwingen, breites Melos gerich- tete Natur aus; aus beiden zieht er eine Wärme und Stimmung, die herzerquickend ist. Aber dieses Verharren in der Ruhe, in der Beseeltheit, in der Pause, dieses Derweilen Im Klangrausch wirft seine Schotten. Man möchte, daß das„Lied von der Erde" kürzer wäre, man wünschte Straffung einer herrlichen Wehmuts- und Ab- schiedsmelodie. Frau Eahier ist an Sicherheit nicht zu überbieten. Fritz K r a u ß gibt sich. dem hellen Klang seines Tenors freudvoll hin. Rieht einmal neidisch ist er auf die höchst deplazierte Ordens- kette der berühmten Kollegin. Cida La.u, längst bewährt als beste Jnterpretin Pfitznerscher Lieder, zeigt ihren Sopran in blendender Sicherheit der Technik,
aber auch in tiefer Einfühlsamkeit. Das jüdische Gebet zur Er- innerung an die Toten, Kaddisch, in der sanften Orchesteruntermalung Ravels , ist zwar eine Konzertblasphemie: aber es klingt überall da gut und wehreich, erschütternd, wo es dem synagogalen Mclos notengetreu folgt. Eida Lau sang es hebräisch, das Programm gab den Text in lateinischer Schrift wieder, ohne Uebersetzüng. Nicht ohne Reiz, die Sängerin zugleich als Propngandistin jüdischer und — Pfitznerscher Musik kennen zu lernen. Geleitet wurde das Kon- zert von Felix L e d e r e r, der in Saarbrücken lebt, dort Pionier. arbeit für gute deutsche Musik lesstet und sich, als Begleiter wie als solistischer Dirigent, auch hier gut«inführte: ein solider, reifer Techniker, eine geschickte Hand, ein warmes Temperament. Sein Programm nennt neben Reger und Strauß nur Erstaufführungen. Wie dünkt euch das, ihr bequemen Pulsstars? Aber Saarbrücken ist ja auch nicht Berlin . Und in Berlin kann man mit den allen Sachen noch ein paar Jahrzehnte Geschäfte machen. Was wäre über B a t t i st i n i Neues zu sagen? Daß der Siebzigjährige nicht mehr singt wie der Fünfzigjährige und daß er noch immer besser singt als im weiten Umkreis die Dreißigjährtgen. Ein Fabelwesen, aber doch«ins mit physiologischen Begrenzungen. Und kein Phänomen an Geschmack oder Geistigkeit. Sonst sängt er. auch im Gefühl der Verehrung für Deutschland , nicht die beiden „Germania " betitellen Lieder von Franchetti. Das eine endet mit Qsucieamas i«itur. Die Zeit, prachtvoller Maestro, ist vorbei, wo der Kommers und das Trinken Kennzeichen deutschen Geistes waren. Keines deutschen Meisters Lied, Arie erklingt. Bon Italienern und Franzosen , nur wirkungsvolles Mittelgut(Rossini ausgenommen. dessen Barbier- Ane zum Schluß abgeschleudert wird). Wohin steuern wir, wenn die Etikcttiert-Großen das Eiikettiert-Belang- lose bretttreten? Da ist ja Erna F r e n tz e l besser beraten, die „Zeitgenossen" im Lied zu Worte kommen läßt. Sie versteht dar- unter Komponisten wie Wetz. Wintzer, Iarnach, Röntgen. Kaun. Sehr kennzeichnend ist ja auch diese Auswahl nicht, und was ich gerade an Wagner-Rachfolge erwische, ermutigt wenig. Die Sänge- rin, deren Vortrag klug poinsserten Ausdruck, sinnvolle Deklama- tion verrät, liegt mit ihrem Stimmaterial noch sehr im Kampf. Die Vokale klingen gaumig, die Stimme sitzt im Rachen, das lebendige und beseelte Spinnen der Töne scheint chr fremd, auch die Jnto- Nationssicherheit ist eine halbe. Zurück in die Schule! Vorbildlich das von Händel zu Chopin gleitende Programm Edwin Fischers, vorbildlich eine aus dem Dollen schöpfende Musikantenhastigkeit, die mit jeder Phrase, jedem Ton zu ringen scheint und deren Entgleisungen noch sympathischer wirken als bei anderen die Korrektheit. Ein« stürmende, titanisch« Persönlichkeit, und daneben das Kind, behussam Töne, Melodien, Werke streichelnd. Aus dieser Zwiespältigkeit erwächst der Reiz seines Augenblicks- spiels und das Erlebnisstark« etwa in Beethovens �-Dur-Sonate Op. 101._ 50 Jahre Keue lvell-Kalender. Mit dem neuen Jahrgang 1926, der soeben erscheint, hält der Neue-Weit-Kalender, Verlag Auer u. Co., Hamburg , mit der beliebten Kunstbeilage, zum 50. Male Einzug in das deutsche Arbeiterhaus. Das ist ein beachtenswertes Jubiläum, das uns zur Rückschau auf vergangene Zeiten anregt, deren Geschehen dieser Kalender getreulich registrierte. Wenn wir einmal die allen Jahrgänge unseres Freundes hervorholen und in
feinen vergilbten Blättern von bitterer Not und trotzigem Kampf der langen Arbeiterbewegung lesen, müssen wir bekennen, daß seine Blätter eine umfassende Zeitgeschichte in gedrängtester Form be- deuten, die uns gerade deshalb so wert ist, weil sie mtt den Augen des miterlebenden sozialistischen Zeitgenossen gesehen wurde. Eine solche Zeitchronik ist auch der neue Band, den ein interessanter Rück- blick auf die vergangenen SV Jahre einleitet. Der übrige Inhalt steht auf der gewohnten Höhe. Reich illustrierte Ausführungen beschäftigen sich mit den neuen technischen Wandlungen. Ander« Aufsätze führen in die politischen Wirren des Orients ein. Ein größerer Aufsatz ist unserem Friedrich Ebert gewidmet. An die Toten K o n r a d Harnisch, Fritz Herbert, Ottilie Bader und H e l- phand-Parvus erinnert ein anderer Artikel. Wertvolles lite- rarisches Gut vermitteln die eingeschobenen Erzählungen von Klara Biebig, Max Dortu . Götzel u. a. Ein Rückblick auf die polttischen Zeitereignisse de« letzten Jahre» und«in launiger Aufsatz über den jetzt ebenfalls der Dergangenheit angehörenden„H a m- burger Dom" schließt diesen Jahrgang ab. Wir möchten auch ihm die weite Verbreitung wünschen, die allen anderen Jahrgängen zuteil wurde. Der Kalender tostet 80 Pfennig und ist durch die Buchhandlung I. H. W. Dietz Nachfl., Lindenstr. 2, alle Borwärts-Auegabestellcn und deren Botenfrauen oder direkt vom Derlag Auer u. Co., Ham- bürg ZS, zu beziehen. Randglossen. Der„Stahlhelm" berichtet eine Geschichte, die festgehalten zu werden verdient: Der Gauführer kommt zur Besichtigung. Die Gruppe steht angetreten.„Slillgestandenl— Augen rechts!" In der Mitte des ersten Gliedes steht ein allerer Kamerad, der dem militärisch ge- schullen Auge des Gauführers auffällt. „Nehmen Sie mal die Nase wetter herum!— Noch mehr!— Do!— Waren Sie Soldat?" „Jawohl, Herr Hauptmann."— „Wie lange denn?" „40 Jahre." „40 Jahre? So? Was ssnd Sie denn da gewesen?" „Vizeadmiral, Herr Hauptmann!" Diese schöne Geschichte beleuchtet blitzartig den Gedankenkreis der Leute, die heute immer noch unter der allen Blechkappe mar- schieren! Wer ist denn eigentlich hier der Blamierte? Der Haupt- mann oder der Vizeadmiral? Oder alle zwei? Zm ResldellZ-lheiiker beginnt auch die Premiere von.Tirce« Heirat» am kommenden Tonnabend. pünktlich um 8 Uhr.— Am Freiing findet eine geschlossene Darstellung statt. Za der Slaalsoper findet die Srstauffllhr-un-, der neu einstudierten ,3 sr i k a n e r i n» endgültig am Sonntag und zwar zugleich alz F-st. Vorstellung anläßlich der Grundsteinlegunz dcZ Deutschen SpörtsorumZ statt. Zm«aller 5rl»drich.Mss-»m wird Dr V.Daun. Dezernent sür Kunst im Palizei-tzräsidium und Dozent an der Humboldt-Hochichute. am nächsten Sonniaa und an den folgenden Sonntagen, vorm.»MOUbr. über die Meisterwerk« der italienischen Renaissanee Dortraa halten. Zum vireNer»er Vrbhlstorsscheu«bleilung derverHrer Moser», deren bitter iger Leiter,«eh.'Rat Schuchbardt. iiisalge de» Dienslalter«aese»r« van seinem Posten schied, sst soebeu Dr. Wilhelm Unverzagt ernannt worden