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Die Balkan - Schlichtung.

Ein Beispiel von Völkerbundsleistung.

Mit der gestrigen Sigung der außerordentlichen Barijer Tagung des Bölkerbundrates scheint der Konflikt zwischen Griechenland und Bulgarien vorläufig abge= schlossen. Beide Parteien erklärten sich bereit, ihre Truppen aus dem Gebiete der anderen zurückzuziehen; die die Militärattachés verschiedener Baltangesandtschaften der im Bölkerbundsrat über den Ronflitt beratenden Mächte haben sich an Ort und Stelle begeben, um die Durchführung dieses Völkerbundsbefehls zu überwachen. Sollten wider Er­warten der Rüdmarsch der griechischen Truppen sich ver­zögern, so hält sich der Völkerbundsrat noch bereit, wieder einzugreifen; deshalb hat weder Chamberlain noch der Ge­neralsekretär des Bundes Paris bis jetzt verlassen. Wie fich aus halbamtlichen englischen Indiskretionen ergibt, hat der Bölkerbundsrat bereits in einer geftrigen vertraulichen Sigung über Maßnahmen wirtschaftlicher Natur und über die Anwendung der Blodade gegen Griechenland für den Fall beraten, daß die Balangalos- Re­gierung fich weigert, ihr Versprechen, sich dem Bölkerbunds beschluß zu fügen, innezuhalten. Die Schuldfrage wird voraussichtlich erst in der Dezembertagung erledigt werden. Die in das Konfliktsgebiet entsandten ,, militärischen Sachver­ständigen" sind zugleich mit der Aufgabe betraut, sich hierüber ein Bild zu machen. Dann fann der Völkerbund auch über die Frage der Entschädigung und der Sühne auf Grund einer gründlichen Aufnahme des Tatbestandes beschließen.

Die Aktion des Völkerbundsrates im griechisch- bulga­rischen Konflikt ist ein Schulbeispiel für die friedenserhaltende Tätigkeit des Bölferbundes, wie sie seiner Sagung und dem internationalen Rechte gemäß verläuft. Der Bölferbund greift nicht von sich aus ein; er ist fein ,, Staat " oder ,, lleber­ftaat" mit einer selbständigen Erefutive, sondern ein Werkzeug in der Hand der Mitglieder. Er tritt auf den Anruf gewöhn­lich des Angegriffenen zusammen: in diesem jetzt behandelten Folle auf Verlangen Bulgariens , um Griechenland abzu­mehren, im Jahre 1923 3. B. auf Anruf Griechenlands zum Schutz gegen die italienische Invasion Korfus . In beiden Fällen hat sich gezeigt, daß es eine Solidarität der andern gegen den Angreiferstaat mit dem Angegriffenen gibt: die alte bequeme Haltung der Neutralität, des angeb fidjen Unbeteiligteins ist aufgegeben zugunsten der Solida rität aller. Diese Solidarität bleibt nicht unbeeinflußt von machtpolitischen Erwägungen und Strömungen; dennoch aber ist eben das Interesse aller an der Erhaltung des Friedens, an der örtlichen Begrenzung des Konfliktes durch das Dasein des Völkerbundes organisiert und wird durch ihn wirksam. Diese Wirksamkeit des Bölkerbundes beginnt nicht erst mit der Bitte eines Bundesvoltes um Intervention. Allein schon die Möglichkeit, daß durch den Bölkerbund alle im Rate vertretenen Staaten berechtigt, und nach der Aufforderung des Angegriffenen verpflichtet sind, sich um die Lösung, Schlichtung und Klärung des Konfliktes zu bemühen, hat eine starke politische Wirkung auf den Angreifer. Er gerät sofort in eine ungünstige diplomatische oder moralische Lage. Es mar in den letzten Tagen interessant, an den aus Athen ftammenden Telegrammen die Wandlung zu verfolgen, die der drohende Völkerbundseingriff hervorbrachte. Erst wollte Griechenland ein befristetes Ultimatum absenden, dann follte es nur ein Ultimatum ohne Befristung sein, dann hieß es, Griechenland verhandele nicht über seine gerechten Sühne forderungen und merde seine Truppen nicht zurücknehmen; menige Stunden später, als der Bölferbundsanruf Bulgariens bekannt wurde, erklärte die Bangalos- Regierung eiffertig, die Truppen hätten Befehl erhalten, nicht weiter vorzurücken. 3war hieß es dann noch, Griechenland werde auch dem Bölkerbund nicht meichen; doch mußte der griechische Gesandte in Baris erkennen, daß das internationale Prestige Griechen­ lands nur mit schleuniger Annahme der Bölkerbundsvorschläge zu retten war. Die griechischen Truppen befinden sich heute, drei Tage nach der ersten Völkerbundsberatung, bereits auf dem Rückmarsch.

Bird so die erste Borbedingung für die Wiederherstellung geordneter Zustände erfüllt, so wird eine Untersuchung des Bölkerbundes über den Anlaß des Konfliktes erst die Mög­lichkeit schaffen, die Schuld auf der einen oder der anderen oder auf beiden Seiten festzustellen und zu be urteilen. Bis jeht stehen sich Behauptung und Gegen­behauptung bereits gegenüber. Ohne Bölkerbund hätte das militärisch stärkere Griechenland gegenüber Bulgarien es in der Hand gehabt, jebe Untersuchung zu verweigern und bulgarisches Gebiet bis zur Zahlung einer willkürlich fest­gesetzten Summe besetzt zu halten. Auch hätten andere Mächte feine rechtliche Befugnis besessen, sich in den Konflift einzu mischen. Statt der unparteiischen Feststellung der Schuld frage und der Klärung des Konfliktes würde sich das Recht des Gtärkeren hemmungslos durchsetzen.

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Der neueste Baltantonflift erinnert in der Blöglichkeit feines Ausbruches an den Konflikt, der 1914 mit einem 48stündigen Ultimatum anfing und in dem größten Blutbad der Geschichte endete. Damals war fein Böllerbund vor­handen, der auf Anruf Serbiens oder eines anderen Staates hätte zusammentreten fönnen und müssen. Es war damals nicht möglich, eine Aussprache der Berständigung" wider den Willen auch nur einer der großen Mächte herbeizuführen. Jetzt aber und im Falle Korfu ermies fich das auch gegenüber einer Großmacht und noch dazu gegenüber der mili­taristischen in Europa genügt das Telegramm der Regie rung des angegriffenen Landes, um den friedenfördernden Mechanismus des Böllerbundes in Bewegung zu setzen. Eine völlige Sicherheit gibt es auch für Bundesvölker nicht, so lange die Abrüftung nicht durchgeführt wird; aber seitdem der Bölkerbund besteht, ist doch die Internationalisie= rung jedes Ronflittes gesichert.

Die Einstellung der Feindseligkeiten. Paris , 29. Oktober. ( TU.) Nach einer amtlichen Meldung aus Sofia find gestern die vom Bölterbund abgesandten Offiziere auf dem Schauplatz der mazedonischen Ereignisse ein­getroffen. Um 7 Uhr abends unterzeichneten die Bulgaren das Brotokoll, wonach die Feindseligkeiten eingestellt werden.

Nachspiel zur Präsidentenwahl. Ueber die chilenischen Brovinzen Santiago de Chile und Balparaiso ist der Belagerungszustand verhängt worden, um, so funti man in die Welt, in den Gegenden die Ordnung aufrecht zu erhalten, in denen Arbeiterkreise, die bei der Präsidentschaftswahl mit ihrem Kandidaten geschlagen worden sind, eine Bewegung hervorzurufen versuchen.

Die Knechtung Südtirols . Nun ist auch die deutsch - südtiroler Beitung Bozener Landsmann" den Drangsalierungen der Faschio­behörben erlegen.

Das Recht des Käufers.

Es gab einmal eine Zeit, da genossen unsere deutschen Haus frauen als Einfäuferinnen im allgemeinen bei den Geschäftsleuten teinen guten Ruf. Besonders die Erfahreneren, Aelteren von ihnen waren äußerst kritisch veranlagt, und man sagte, es sei oft recht schwer, thre völlige Zufriedenheit zu finden. Man sollte es nicht glauben, nie verhältnismäßig schnell sich die Menschen ändern können, sobald nur eine Zeit starten 3manges Gemuhnheit werden läßt, was vorher in jeder Weise als Unrecht empfunden wurde. Die Striegszeit und später die Inflation famen mit ihren mannigfachen Nöten, und die Menschen fügten sich, teils empört und unwillig, teils aufopfernd und entsagend in die unmöglichsten Situationen und Forderungen. Man lernte vor allem eins: eine gewiffe Gleich gültigkeit, jewohl in bezug auf Preishöhe, Sauberkeit und Qualität der Waren, als auch bezüglich eigener Berantwortlichkeit in Er­füllung zustehender Pflichten.

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Wie war man vor dem Kriege im Einkaufen genau. Ein Mehr ven einigen Pfennigen hatte einschneidende Bedeutung, und man handelte, feil dyte und bat, daß es oft übertrieben erschien. Im Kriege lernie man sich dann an das lingeheuerliche" gewöhnen; besonders bei den Lebensmitteln" war man großzügig" geworden, lernte ein oder sogar beide Augen zudrüden, wenn die Ware nicht ganz so war, wie man es bisher gewohnt gewesen. Die nachwachsende Jugend vor allem hai nie gelernt, eine Kritik an dem Gekauften zu üben. Was sonst eigentlich die Solidität eines Haushalts machte, der Einkauf von Waren in mittlerer Breistage und guter, aber nicht lururiöser Aufmachung, ist felten geworden und ebenso das Ver. langen danach.. Bachen wir endlich auf aus der Gleichgültig­feit", und beginnen wir wieder damit, Preisbildung und Baren­qualität kritisch zu untersuchen; und vor allem lehren wir unsere Kinder, daß sie das laufen, was sie fordern, und nicht das, was ihnen gegeben wird. Denn die Kritik soll nicht Kritteln und Rörgeln sein, sondern zum Ausdruck bringen, daß der Käufer nicht gewillt ist, auf sein Recht zu verzichten, nämlich auf das Recht, für sein Geld gute vollwertige Ware mit richtigem Gewicht zu erhalten.

Die Polizei am Wahlsonntag.

Aufklärung halfloser Gerüchte.

Das Berhalten der Schußpolizei am vergange= nen Wahlsonntag ist in der Preffe start angegriffen worden. Das Polizeipräsidium erklärt dazu, alle objektiven Be­urteiler feien darüber einig, daß die Polizei sich streng neu traf verhalten und gegen Ruheftörer, unbefümmert um ihre Partei­richtung, gleichmäßig vorgegangen sei. Die Rechtspresse hatte unter ein Wahlkampfwagen der KPD. eine schwarzweißrote Fahne hinter anderem behauptet, daß die Polizei nichts unternommen hätte, als sich herzog, natürlich so, daß die Monarchistenfahne die Straße tehrte. Dazu erklärt die Polizei, daß fie auch hier eingegriffen und den Führer des Wagens festgenommen habe, die Fahne aber fonnte nicht mehr beschlagnahmt werden, da ein Radfahrer sie vor­her weggeschafft hatte.

fonntag im vornehmen Westen" Personen durch Salz. Gegenüber verschiedenen Pressemeldungen, wonach am Wahl­säure oder sonstige ägende Flüssigkeiten verlegt worden seien, erklärt die Polizei, daß derartige Verlegun= gen nicht festgestellt wurden und daß auch die Rettungs­fielle 7, die angeblich solcher Art Berletzte behandelt haben sollte, nur durch Steinwürfe und Schläge verlegte Personen behandelt hat, aber feine einzige, die Berlegungen durch äzende Flüssigkeiten er Rechtsparteien vorgefunden und befchlagnahmt, auf den Wagen der litten hatte. Waffen hat die Polizei nur auf den Kampfwagen der Kommunisten wurden Steine, Schlaggegenstände und Latten ge funden; diese Latten aber stammten von mitgeführten Plakaten, die die Polizei beschlagnahmt hatte oder deren Abnahme befohlen worden war. Irgend eine Beteiligung des Reichsbanners Schwarz­Rot- Gold an den Wahlfämpfen ist überhaupt nicht festgestellt. Es sind zwar bei verschiedenen Zusammenstößen auch fünf Reichs bannerleute fefigenommen worden, jedoch steht bereits feft, daß fie fich in Notwehr befunden haben. Man hat bei ihnen Gummifnüppel und einen Schlagring gefunden, aber feine Schuß- und Stich waffen mie bei Rechtsradikalen.

Bon den 250 am Sonntag in Schuhhaft genommenen Personen maren nicht weniger als 182 unter 18 Jahre. Man sieht daraus, wie zahlreich die Nichtmahlberechtigten waren, die durch Radau und Roheit den Wahlausfall beeinflussen wollten.

Juwelendiebstahl im D- 3ug.

Um Juwelen im Werte von 30 000 art murde ein Pforz­ heimer Goldwarenfabritant im D- Zug Pforzheim - Berlin bestohlen. Er führte drei Koffer mit sich, die er im Gepäänez des Abteils verwahrte. Sturz vor dem Einlaufen in den Anhalter Bahnhof fah er sie noch alle drei dort liegen. Als er fich den Mantel angezogen hatte und den Bug verlassen mollte, bemerkte er, daß einer einer offer fehlte, in dem eine Anzahl Platinarmband uhren waren, die mit Brillanten befeht find, sowie verschiedene goldene Ringe, Gliederarmbänder, lose Smaragden, lose Brillanten und eine Partie Brillanten aus 17 Stüd. Wahrscheinlich hat der D- Bug- Dieb mit einem leeren größeren Koffer gearbeitet", in den er in einem günstigen Augenblick unbemerkt den fleineren Musterkoffer hineinstedte. So fonnte er, ohne Berdacht zu erregen, den Bahnsteig unangefochten verlassen, obwohl der Bestohlene sofort Lärm schlug. Für die Wiederbeschaffung des gestohlenen Gutes ist eine hohe Belohnung ausgefeßt.

Selbstmord eines Gefangenen.

Am Mittwoch verhandelte die Große Potsdamer Straffammer bis in die Abendstunden in einem Berufungsprozeß gegen einen gewissen Otto Hummel, dem außer verschiedenen Diebstählen auch Der Einbruch in die Potsdamer Heiligegeisttirche zur Last gelegt war. Er war seinerzeit von einem gewissen Kart Berger, der wegen derselben Einbrüche schwere Zuchthausstrafen er­halten hatte, als Mittäter beschuldigt worden. Gestern wurde dieser Karl Berger aus dem Brandenburger Zuchthaus der Potsdamer Straffammer vorgeführt Auf dem Rücktransport fprang er zwischen Werder und Großfreuz aus dem dahin faufenden 3ug. Als man ihn auffand, war er bereits tot.

Ein landwirtschaftlicher Großbetrieb. Wenn unsere Agrarier ihre 3ollforderungen motivieren wollen, fo fommen fie mit den Phrasen von der Kreditnot und der Un­rentabilität ihrer Wirtschaft. Wie unberechtigt diese Klagen find, erwies erneut ein Besuch auf dem Gut Bütow in Mecklenburg . Ein Musterbetrieb, der alle Errungenschaften der Technit verwertet. Man glaubt sich in amerikanische Berhältniffe versetzt. Da dem Betrieb eine Mühle und Brotfabrit ein­gegliedert ist, fann man das Ganze tatsächlich mit einer Maschine vergleichen, bei der in der einen Seite die Garbe hineingeworfen wird, an der anderen das fertige Brot herauskommt. Es ist erstaun­Leerlauf vermieden wird. Ganz abgesehen davon, daß alle mög lich, wieviel Arbeitskräfte gespart werden und welch gewaltiger lichen Zwischenhandelsstellen ausgeschaltet werden. Aehnlich aus­gestaltet soll die Fleischproduktion werden. Auch in der Milch ver her in großen Kübeln nach Berlin und wird hier erst bearbeitet. wurden neue Bahnen beschritten. Die Milch kommt bis. forgung Daraus ergeben sich gewisse unzulänglichkeiten", die ja wohl jedem Berliner bekannt sein dürften. Diese sollen dadurch vermieden werden, daß die Milch an Ort und Stelle, in der Molkerei Menen­burg, verarbeitet und dann in geschloffenen Milchflaschen nach Berlin verfandt wird. Der Gutsbetrieb wird durch diese großzügige Organi­

fation natürlich äußerst rentabel, so daß nicht nur des Wort von der notleidenden Landwirtschaft" Lügen gestraft wird, sondern auch Raum wird für allerlei foziale Maßnahmen. Der Milch und dem Brot find Marken beigegeben. Kinder, die sie sammeln, werden 50 unterernährte Kinder erholen sich 14 Tage am Blauer See. Im in die Ferien geschickt. In diesem Jahr ist ein Anfang gemacht. nächsten Jahr ist geplant, 1000 Kinder diesen Ferienaufenthalt an der Ditjee zu verschaffen.

Tanz alle Tage.

Aufhebung der einschränkenden Bestimmungen.

tie Berordnung aufgehoben, durch die der öffentliche Der Polizeipräsident hat mit Ermächtigung des Innenministers Tanz auf Donnerstags und Sonnabends beschränkt war und wochen. tags erst um 8 Uhr abends, Sonntags um 6 Uhr abends beginnen durfte. Ferner ist die mit der Zulassung eines besonderen Tanztages verknüpfte Abgabe für Bolfsfpeifung s3mede fort. gefallen. Der öffentliche Tanz darf nun in Zufunft jeden Tag betrieben werden; er darf jedoch, mie es seit jeher in Berlin gewesen ist, nur in den Lokalen stattfinden, deren Wirt eine sogenannte Tanzfonzeffion befitzt. Neben der Zuverlässigkeit des Wirtes und der des Lokals ist das Vorhandensein eines Be­dürfnisses für die Konzeffionserteilung von entscheidender Bedeutung. Die Inhaber der Tanzfonzeffion haben, wie früher, die Erlaubnis zum jedesmaligen Tanz bei dem zuständigen Polizeirevier nachzu suchen. Die neue Vorschrift tritt am 1. November d. I. in Kraft. Damit haben die Tanzinteressenten eines ihrer Ziele erreicht. Ob fie aber die Freude und den Erfolg davon haben, den sie sich per­sprechen, ist mehr als zweifelhaft, denn bereits seit längerer Zeit fprechen Tanzfachverständige" von einem ganz offenfundigen Nach­laffen der Tanzbegeisterung. Die moderne Jugend neigt mehr und mehr dem Sport, die weibliche Jugend rhythmischer Gymnastik, Tanzturnen usw. zu.

Um das Bild der Kleinstadt.

In einer Veranstaltung des Deutschen Archivs für Siedlungs­wesen" sprach Regierungsbaumeister a. D. 2angen über das Wesen der Kleinstadt. Er stellte die Behauptung auf, daß die Frage Kleinstadt oder Großstadt teine Massen, fondern eine Leistungsfrage sei. Heute ist die wirtschaftliche Leistung von 10 000 Menschen bedeutend größer als früher, hingegen ist die Harmonie des Zusammenlebens gegenüber den früheren Formen der Geselligkeit verloren gegangen. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß zwischen Bevölkerung und Form ihrer Heimat lebhafte Wechsel­beziehungen bestehen. Durch die großstädtische Bauart wurde zunächst einmal die alte Baumethode zertrümmert, ihre Seelenlosigkeit hatte vor allem eine bisweilen geradezu katastrophale Berödung des vollwertigen Kleinstädten streben, so ist vor allem die Errichtung von geistigen Lebens zur Folge. Wenn wir nach wieder vollgültigen und Bürgergärten und-Feldern zu verlangen. Diese Forderung resultiert aus den Erfahrungen des Krieges, aber selbst wenn Deutschland von fünftigen Kriegen verschont bleiben sollte, so müssen wir uns dennoch ficheren Boden für eine gesunde Landkultur schaffen, viertel in die alten Gartenviertel hineingelegt werden, das hat un­um die Verbindung zwischen Stadt und Land auf diesem Wege plan­mäßig wieder herzustellen. Unrecht ist es auch, daß die neuen Wohn­gejunde Berbauung ständig zur Folge. Erstaunlich zwar, wieviel an öffentlichen Gebäuden gebaut wird, aber ebenso erstaunlich, wie plan­vorwärts, und wenn ihnen die Möglichkeit wirtschaftlicher, sozialer los das geschieht. Die Entwicklung der kleinen Städte geht rapid schnell und geistiger Erfüllung gegeben werden soll, dann müssen wir stets dafür sorgen, daß hier selbständige Gebilde wirklich nach schöpfe. rischen, d. h. zukunftsträchtigen Grundsägen errichtet werden.

Jugendbewegung und Schulreform.

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Der Bund entschiedener Schulreformer hatte für Dienstag abend zu einer öffentlichen Berjammlung im Berner Siemens- Realgymnasium eingeladen; der Saal war gut gefüllt, der Berlauf der Bersammlung bewegt, befriedigend aber faum. Nichts fei an fich gegen die pon Brofeifor Defterreich eingeleiteten und verbundenen inhaltlich und formell hochwertigen Referate gesagt. Rabbiner Dr. M. Wiener Stettin sprach über Bolts­char after und Persönlichkeit" und ging dabei auf die Möglichkeiten der Kenntnis und Erfenntnis des deutschen Boltstums ein. Professor Dr. August Messer Gießen behandelte die Be­ziehungen zwischen Jugendbewegung und Schulreform. Richtig wies der Redner darauf hin, daß es zwar fraglich sei, wie meit die alte Jugendbewegung noch als bestehend anzu­sprechen sei, aber ihre Idee lebe noch in weiten Kreisen. Es gäbe heute so etwas wie Jugendkultur" und einen starten, zielsicheren Jugendwillen. Aber auch der glühendste Idealismus dürfe nicht die Wirklichkeit vergessen, wenn er sich aus­wirken soll als Tat und nicht als Schwärmerei. Und wenn es eine Beziehung zwischen der Idee der Jugendbewegung und der Form der Schule gäbe, dann müsse fie eine befruchtende, eine veredelnde fein; die alte Schule müffe mit neuem Geist erfüllt werden. Es schloß fich eine Diskussion an und diese Diskussion bestätigte das Gefühl, daß uns die philosophische Methode Biener und Messer sprachen für den Durchschnittsbesucher zweifellos nicht leicht verständlich für öffentliche Versammlungen nicht am Blaze zu sein scheint. Bir nehmen zum behandelten Thema grundsäglich eine andere Stellung ein: uns ist die Jugendbewegung im Zeitalter des Kapitalis. mus selbstverständlich etwas ganz anderes als Jugendrevolution des Bürgertums, und glauben, daß man sich hier um ein historisches Phänomen bemüht hat, das heute im Berhältnis zur Arbeiterjugendbeme­gung mur von geringer Bedeutung ist. Aber wie dem auch sei, zu wessen Nutzen finden heute theoretische Auseinandersetzungen ftatt auf einem Gebiete, das bereits zum Boden der Braris wurde? Die diesjährige Tagung der Schulreformer, auf der hervorragende Pädagrgen über die Aufgaben der Lehrerbildung Sprachen, nahm beit wat. Sie sollte Borbild sein auch für den Stil" öffentlicher einen guten Verlauf, weil es eine Tagung der Praris, der Ar Bersammlungen.

Grauenhafte Bluttat in Leipzig .

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Leipzig , 29. Oftober.( WIB.) Wie der Polizeibericht meldet, wurde gestern abend in Leipzig - Dölig die von ihrem Manne gefrenni lebende Frau des Polizeioberwachtmeisters Bölfel, eine Bolin, von Polizeibeamten dabei überrascht, wie fie, mit Blut völlig besudelt, ihren Mann zerftüdelte und in einem effel die abgetrennten Arme und den Kopftochte. Neben dem Rumpf lagen die Mordwerkzeuge. In der Wohnung traf man ebenfalls einen völlig mit Blut befudelfen Mann an, der als Bruder der Frau Bölfel festgestellt wurde und sich als Kri­minalbeamter legitimierte. Die Feststellungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Frau wurde zunächst nach einem Kranken­haus gebracht, wo festgestellt wurde, daß fie mutmaßlich einen Schädelbruch erlitten hat. Der von seiner Schweffer aus Polen telegraphisch nach Leipzig gerufene Bruder der Völkel, Jlski, wurde festgenommen.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

13. Kreis Tempelhof , Mariendorf , Marienfelde , Lichtenrabe. Die Mitglieder des Kreisvorstandes nehmen an der Fralitionsfigung am Freitag. ben 30. Dr tober, abends 78, Uhr, im Rommissionsfihungsfaal der Gemeinde. Dorifte 42 teil.

Sterbetafel der Groß- Berliner Partei- Organisation

48. Abt. Unfer Gen. Auguft Simon, Ritterftr 14, ft verstorben Beerdigung am Freitag, den 30. Ottober nachm. 3%, Uhr, auf dem Reuen Jakobi- Friedhof, Neu­föln, Hermannstraße 100

75. Abt. Wannfee. Unser Gen. Gustav Koch ist verstorben. Die Einäscherung hat bereis stattgefunden.