Zukunft jede Gemeinsamkeit mit diesen Verbänden zurückweist und ihr Treiben als für die Zukunft der deutschen Politik schädlich ansieht. Eine solche Klarstellung des Verhältnisses zwischen dem Reichs- Präsidenten bzw. der Reichsregierung und den VVV. ist aber un- «läßlich. Nicht allein, weil es ein auf die Dauer unmöglicher Zustand ist, daß die offiziellen Stellen des Reiches sich zur Friedenspolitik von Locarno bekennen und dabei gleichzeitig solche Verbände als Stützen eines Negierungskurses in Erscheinung treten lassen, die für die Revanche Propaganda machen. Aber es kommt noch ein weiteres hinzu: die Reichsregierung hat sich durch ihre Delegation in Locarno zumindest moralisch dazu verpflichtet, den Trennungsstrich zwischen fich und den nationalistischen verbänden zu ziehen. Falls das bestritten werden sollte, möchten wir folgende Frage auswerfen, um deren Beantwortung wir hiermit ersuchen: Ist es richtig, daß den deutschen Delegierten Vorhaltungen darüber gemacht wurden, daß in demselben Augenblick, wo sie am Kon- serenzort über einen Sicherheitspokt und dessen Rückwirkungen ver- Hondellen, in Berlin unter Betelligung der Reichswehr und in Anwesenheit des Reichspräsidenten eine Gefallenendenk» malseinweihung stattfand, die einen ausgesprochen nationa- listischen Charakter trag: wobei die Inschrift dieses offiziellen Denk- mals„Aus unseren Gebeinen wird ein st ein Rächer entstehen� in ganz besonders krassem Gegensatz zu den Zielen der Paktpolitik stand? Ist es richtig, daß der Vertreter der deutschen Regierung, dem diese Tatsacheu in einer der zahlrelcheu.offiziösen" Unterredungen entgegengehalten wurde, mit den Ausdrücken der schärfsten Rliß- billigung von diesen Vorgängen auf dem Garnlsonfriedhos abrückte und erklärte, daß nach dem Abschluß des Paktes selbstverständlich solcher grober Unfug ein Ende nehmen müßte und daß die Reichs- regierung künftig alle» aufbieleu wurde, um den Geist von Locarno auch in Deulschlaud durchzusehen? Und well diese Fragen nur in bejahendem Sinne beantwortet werden können, fragen wir weller: W a n n wird der Reichs- Präsident, wann wird die R e i ch s r e g i er u n g, gleichviel, welche Roll« diese nationalistischen Verbände bei der Aprilwahl und überhaupt in der Zell der Rechtsregierung gespiell haben mögen, von den VVV. öffentlich abrücken und jede Gesinnungsgemeinschaft mit ihnen ver- leugnen?
Das Urteil im Aitzewitz-Prozeß. Geldstrafen für die Direktoren— baldige Begnadigung für das Adelskonsortium: Im Landpfandbriefanstaltsprozeß wurde heut« das Urteil verkündet. Es wurden verurteilt: Der Angeklagte N e h r i n g wegen gemeinschaftlicher Falsch- beurkundung im Amt an Stelle einer verwirkten Gefängnisstrafe ven zwei Monaten zu einer Geldstrafe von ISllll M. und wegen fortgesetzter gemeinschaftlicher Urkundenunterdrückung an Stelle einer oerwirkten Gefängnisstrafe von 2 Monaten zu einer Geldstrafe von ISlll) M. Der Angeklagte L ü d e r s wegen gemeinschaftlicher Falschbeur- kundung im Amte an Stelle einer verwirkten Gefängnisstrafe von Ig Wochen zu einer Geldstrafe von 17Sg M., wegen fort- gesetzter gemeinschaftlicher Urkundenunterdrückung an Stelle einer verwirkten Gefängnisstrafe von 10 Wochen zu einer G e l d st r a f e von 17S0 M. und wegen Betrags zu einer Geld st rase von 1S0V M. Der Angeklagte von Etzdorf wegen fortgesetzter gemein- schostlicher Untreue in Tateinhell mit Unterschlagung zum Nachteile des Herrn von Zitzewitz zu 9 Monaten Gefängnis und 10009 M. Gelb st rase, ferner wegen gemeinschaftlichen Ver- gehens gegen§ 312 HTB. im Falle Börse zu einer Gefängnisstrafe von 2 Monaten, die in eine Geldstrafe von 1509 M. umzu- wandeln ist, ferner wegen Untreue im Falle Sift zu einer Gefäng- nisftrafe von 2 Monaten, die in eine Geld st rase von 1500 Mark umzuwandeln ist. Der Angeklagte von Karstädt wegen fortgesetzter gemein- schostlicher Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung zu 9 M o-
Löwe los! Don Erna Büsing. Auf dem Marktplatz der kleinen Stadt stand die Menagerie. An allen Anschlagsäulen, an allen Mauern klebten lustig bunte Plakate, die auf verlockende Sehenswürdigkeiten hinwiesen, welche die grauen Zeltbahnen umschlossen. Die Neugierde des ganzen Städtchens war wach und Männer und Frauen, Kinder und Hunde waren die lebende Umfriedung der Menagerie. Anstaunenswertes Leben regte sich in ihren Käfigwagen. Eine riesige Schlange verdaute langsam ein Ferkel, Ameisenbären schliefen hinter erleuchteten Glasscheiben und nach Fischen schreiende Seehunde gaben ähnliche Laute von sich, wie die Honoration des Städtchens, wenn der Stammtisch Friedericus Rex über die Polizeistunde hinaus beisammen geblieben war. Wirklich, sie waren des Ansehens würdig, die Insassen der Menagerie. Vor allen Dingen er, der männliche Berberlöwe. Er war jeder Zoll eine Majestät, ganz von oben herab, die Würde schien ihm im Gesicht festgefroren zu sein. Zog er nur die Nase kraus, dann kam ihm bestimmt kein Feldwebel verflossenen Andenkens und kein Ver- kehrsfchupo achtungsvollster Gegenwart an gebieterischer Vollmacht gleich. Um die Menschen kümmert« er sich wenig, der Berberlöw?. Ihre Bewunderung war ihm Luft und sie selbst bedeuteten ihm auch nichts, denn er hatte noch nie ihr Fleisch gekostet, folglich konnte er sich des inneren Wertes der Menschen unmöglich bewußt sein. Dann und wann interessierte er sich frellich für Pferde, nicht weil sie spielend mit dem Maul am Zirkuszelt zerrten und so Zugluft oder Regen in den Stall ließen, sondern weil er ihre Artgenossen als zerstückelte Leichen serviert bekam. Doch einmal brach die Katastrophe herein. Sie kam aus gering- fügigem Anlaß. Der Wärter, der den Berberlöwen liebevoll besorgte. hatte die Schiebetür des Käfigs aufgelassen. Es war vor der Fülle- rungszsit und Hunger vermindert die Würde. Ja, sogar der hungrige Magen einer Majestät kann zu Dummheiten verführen. Also, der Berberlöwe verließ den Käfig. Die zersägten, für Löwenmahlzeiten eingeteilten Pserdeleichen fand er nicht sogleich, doch da man in der Fremde unwillkürlich etwas Bekanntes sucht, ging er seelenruhig zu dem ahnungslos im Stall stehenden Dompteur. Der dachte, der Schlag habe ihn getroffen. Er konnte sich nicht rühren und handeln mußte er doch. Selbst der Low« erwartete eine Tat oder zu- mindestens eine liebevoll« Aufforderung zu irgendeinem Tun. Wild stob das Publikum durcheinander, Liebespaare wurden getrennt und Diebe ließen die mühevoll geraubten Handtaschen in Stich. Der Dompteur dachte, der Löwe ist ein wildes Tier, hätte ich nur eine Eisenstange, um ihn totzuschlagen, ober selbst, wenn ich ihm die Eisenstange auf dem Kopse zerschlüge, lebte der Löwe noch. Da kam Buster, der entweder Lasso warf oder Alkohol trank. Er sah für gewöhnlich alles verschwommen, die ganze Umwest war
naten Gefängnis und 20000 M. Geldstrafe, ferner wegen gemeinschaftlichen Vergehens gegen§ 312 HGB. zu einer Gefängnisstrafe von 2 Monaten, die in eine Geldstrafe von 15 0 0 M. umzuwandeln ist. Der Angeklagte von Carlowitz wegen fortgesetzter ge- meinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung zu einer Gefängnis st rase von 9 Monaten, aus die drei Monate drei Wochen der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet werden, sowie zu einer Geldstrafe von 3 0000 M. Im übrigen werden die Angeklagten Nehring, Lüders und von Carlowitz freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens fallen, so- well Verurteilung erfolgt ist, den Angeklagten, sowest Freisprechung erfolgte, der Staatskasse zur Last. Den Angeklagten von Etzdorf und von Karstädt wird nach Verbüßung von 5 Monaten, dem Angeklagten von Carlowitz nach Berbüßung weiterer drei Monate Strafaussetzung mit Aussicht auf Begnadigung bei guter Führung in Aussicht ge- stellt. ver LanSgerichtsöirektor entfthulökgt fich. Landgerichtsdirektor Lehmann schickte der Urteilsverkündung eine längere Einleitung voraus, in der es u. a. heißt: »Jeder Spruch, der hier gefällt wird, muß von der Derant- Wartung des schweren Amtes, das dem Richter auferlegt ist, getragen sein. Mag der Spruch auch Kritik finden, wirklich kennt ihn nur derjenige, der der ganzen Verhandlung gefolgt ist. Das Gericht darf sich nicht von unmännlicher, unrichter- licher Furcht leiten lassen 0). E s darf nicht mit un- nötiger Härte einschreiten, es darf sich aber auch nicht fürchten, dort Strenge wallen zu lassen, wo es nötig ist."
Der flttentatsplan»»von Anfang an gekannt" Operettenregie.— Sämtliche Zeitungen verboten. Rom . 6. November.(MTB.) Die Meldungen von dem auf Mussolini geplanten Attentat haben in der Stadt eine ungeheure Aufregung verursacht. Sämtliche Blätter wurden verboten, mit Ausnahme der faschistischen„Epoca" und der»Jdea Nazionale". Nach deren Darstellungen habe der Minister des Innern, Feder- zoni, den Attentatsplan von Anfang an gekannt, und der Polizei fei keine Phase der Entwicklung geheim geblieben. Die Festnahme Zanibonis und des Generals Cappella war sorgfällig vorbereitet. Die Polizei hätte die Verschwörung schon längst niederschlagen können, habe aber die Entwicklung abwarten wollen. Minister Federzoni hat nach Erteilung entsprechender Aufträge an die Polizei und an sämtliche Präfekten des Landes seine Abreise nach Südtirol ankündigen lassen, um die Derschwö- rer in Sicherheit zu wie gen. Von Siena aus verfolgte er die Berichte, die ihm gebracht wurden, so die Abreise Zanibonis nach Rom und dessen Absicht, im Hotel Dragoni zu wohnen, von wo aus die Schüsse gegen Mussolini abgegeben werden sollten, während er vom Palazzo Chigi aus sprach. Von Siena eille Minsster Feder- zoni nach Rom zurück, um sich Zanibonis zu versichern. Donnerstag morgen um 9 Uhr drang eine Abteilung Karobinieri in das Hotel Dragoni ein.während bereits der F e st z u g im Auf- marsch war. Der Vizequästor Belloni erreichte Z a n i b o n i auf der Treppe, ergriff ihn am Arm und erklärt« ihn für v e r h a f t e t. Zaniboni, der in der Uniform der Alpiniofsiziere war, mit zahlleichen Auezeichnungen auf der Brust, protestierte gegen die Verhaftung eines Offiziers und erklärte, der Irrtum werde sich sofort auf- klären. Hierauf sagte ihm der Vizequästor einige Worte in das Ohr, worauf Zaniboni erbleichte und sagte:„Gut, ich werde keinen Widerstand leisten." Er hatte einen großen Koffer bei sich und wurde von Detektwen im Auwmobll auf die Polizei geführt. Der Plau Zanibonis. »Jdea Nazionale" erzählt, daß Zaniboni ein österreichisches Gewehr mit Zielfernrohr besaß, mit dem er von seinem Fenster aus auf Mussolini schießen wollte, wenn dieser zur Abnahme der Siegesparade während der Feier auf dem Bat- kon des Palazzo Chigi erscheinen sollte. Vor«inigen
Tagen habe im Hotel Dragoni ein Mann vorgesprochen, der für einen Freund ein Zimmer nach der Via del Triton« hinaus bestellte. damit er von dort den Festzug sehen könne. Da kein solches Zimmer frei war. mußte er sich mit der Vormerkung auf ein Zimmer auf die Piazza Colonno begnügen. Während der folgenden drei Tage sei der Mann wiederholt ins Hotel gekommen, um sich des Zim- mers zu versichern. Am 3. November kam er wieder in das Hotel und kündigte seinen Freund, einen Invaliden, für den nächsten Tag früh an. Der Hotelier merkte für chn ein Zimmer vor, das auf die Via del Tritone ging. Um 6,30 Uhr früh am Donnerstag kam der Angekündigte im Automobil ins Hotel in der Uniform eines Alpinimajors, worunter er ein Schwarzhemd trug, mit zahlreichen Dekorationen auf der Brust. Er nannte sich Major Silvestrini aus Bologna , hinkte mtt einem Fuße, und ging in das Zimmer, in dem er mehrmals ans Fenster trat. Um 8,45 Uhr sah der Hotelier den Fremden auf dem Balkon, der rasch zurücktrat, als er sich beobachtet fühlte. Um 9 Uhr erschien ein Mann, der nach dem Major Silvestrini fragte, sich in den ersten Stock begab und zehn Minuten verweille. Um 9,30 Uhr erfolgte die Verhaftung. Dos Blatt berichtet, daß ein Automobil bereit stand, um den Attentäter sofort w Sicherheit zu bringen: die Insassen des Automobils feien als Faschisten gekleidet gewesen. » ' Glaubwürdig an dieser Polizeidarstellung ist jedenfall? das eine: der„Attentatsplan" war den Behörden von An- fang an bekanntzer dürfte nämlich sogar in deren Ge- Hirnen als typisch-plumpes Lockspitzelwert gereift sein. Die Beschuldigte«. Rom , 6. November. (Eigener Drahtbericht.) Der angebliche Attentäter Zaniboni ist, wie wir erfahren, seit einem Jahr nicht mehr Mitglied der Unitarist ischen Partei. Er wird als ein Mann von starkem Affekt geschildert, der während der neu- traten Zeit ein eiftiger Kriegsgegner war, während des Kriege, sich aber so auszeichnete, daß er im Besitz von 4 silbernen Medaillen ist und zu zwei goldenen vorgeschlagen wurde. Er war zusammen mit Peppino Garibaldi an den Zwischenfällen zwischen»Front- kämpfern" und Faschisten während des Festzuges im vorigen Jahr anläßlich der Siegesfeier des 4. November beteiligt. Der zweite»Attentäter" General C a p e l l o, gall während des Krieges als ein bedeutender Heerführer. Er war Kommandant d e r z w e i t e n A r m e e, bei der er sich so auszeichnete, daß er von Freimaurern nach dem Rücktritt Cadornas als Generalissimus emp- fohlen wurde. Da Capello danach strebte, einen freimaureri- schen Faschismus zu schaffen, machte er auch seinerzeit den Marsch auf Rom mit. Erst als er erkannte, daß Mussolini den kapi- talistischen Interessen Rechnung trag, trennte er sich von diesem. Heute gilt er als einer der einflußreichsten Freimaurer. Der dritte.Attentäter" O n a g l i a gehörte zum Verband der katholischenIugend. Seine Beteiligung an dem Attentat soll ein Licht auf die Unzuoerlässigkeit des„Popolo" und seiner Anhänger werfen. Er war nach der Ermordung Matteottis einer von denjenigen Leuten, die zusammen mit Zanibonr eine eigene Untersuchung des Verbrechens versuchten. Seine Verhaftung soll großen Eindruck auf vattkanische Kreis« machen._ Enalanü und der Dalkanpokt. London , 5. November. (Eigener Drahtbericht.) Die Regierung läßt offiziös bekanntgeben, daß sie keine endgülligen Dorschläge bezüglich der Entscheidung der Balkanstaaten, unter sich einen Pakt, ähnlich dem Locarno -Dertrage, abzuschließen, machen wolle. Ena- land würde wohl einen solchen Pakt, der einen Kriegsausbruch verhindern soll, gutheißen, aber die Großmachte könnten nicht die Initiative ergreifen. Derartig« Verhandlungen müßten von den betreffenden Staaten allein geführt werden.
Danksagung. Zu meinem 50. Geburtstag sind mir soviel Glückwünsche zu- gegangen, daß ich außerstande bin, im einzelnen darauf zu am- warten. Ich bitte deshalb die Gratulanten meinen herzlichen Dank auf diesem Wege entgegenzunehmen. Crispien.
ihm ein überftrahlles Filmbild. Und da er zurzett nicht trank, warf er Lasso, und er warf es gerade dem Löwen um den Hals. Da zog der Dompteur die Schlinge zu, hilfsbereite Hände packten an, er- würgten den Löwen dreiviertel und schleiften ihn in seinen Käfig. Der Löwe wußte gar nicht, was ihm geschah. Er fühlte den Strick, infolge des Zugeschnürtwerdens seiner Kehle empfand er sogar seine Mähnenhaare unerhört hart, grelle Feuerkringel tanzten vor feinen Augen. Niemand war froher als er, da er endlich im Käfig landete. Im lokalen Teil des Generalanzeigers stand am nächsten Tag ein Kasten mit Zeichnungen unter der fetten Ueberschrist:„Löwe los". Buster bekam eine Rettungsmedaille, das Bild des Dompteurs ging durch alle illustrierten Zeitschriften. Und der Löwe? Nun. der ist sehr nervös geworden. Angstvoll starrt er immer nach der Käfigtür, denn er meint, die Freiheit könne mal zu ihm in den Wagen kommen. Sein Herz ist weich und mitunter wirft er milleidsoolle Blicke auf die Menschen, die in dieser grauenvollen Freiheit leben müssen.
Die Alarmglocke des Arbeitslosen. Als der große Krieg zu Ende war, schenkte der König der Belgier der englischen«tadt Dover zur Erinnerung an die zarten Beziehungen, die zwischen chr und dem belgischen Zeebrügge bestanden hatten, eine Glocke, die den Taus- namen Zeebrügge erhielt. Es ist eine lchöne Glocke, und sie hat einen guten Klang. In der Nachl vom Freitag zum Sonnabend nun geschah in Dover folgendes: Die Bewohner der Stadt lagen im tiefsten Schlummer, als sie plötzlich durch Elockenklang jäh aus dem Schlafe geweckt wurden.„Das ist die Zeebrügge !" sagten sie voll Schrecken, und alles lief in sehr oberflächlicher Kleidung auf die Straße, da man überzeugt war, daß wieder Krieg ausgebrochen fei, und daß deutsche Flieger über Dover mit Bomben oder so operierten. Als man aber vor dem Rathaus stand, erfuhr man, was das nächt- liche Glockenläuten zu bedeuten hatte: hech oben auf dem Glocken- türm erschien ein Mann, machte eine tadellose Verbeugung und begann eine Ansprache. Cr teilte den Bürgern mit, daß er einer von den Helden sei, die an dem glorreichen Abenteuer von Zeebrügge teilgenommen hätten. Aber er habe nunmehr weder Geld noch Arbeit und sei zudem ein„zahlreicher Familienvater". All- seine Bemühungen, von der Regierung eine angemessene Pension zu erlangen, seien vergeblich gewesen: er habe es deshalb für geraten gehalten, seine Mitbürger durch das nächtliche Glockenspiel über seine Lage aufzuklären. Die Bürger trollten sich schimpfend nach Hause und waren im übrigen heilfroh, daß sie nicht durch einen deutschen Flieger, sondern nur durch einen britischen Arbeftslosen aus dem Schlaf vor Mitternacht gerissen worden waren. 1925— das reichste Vaumwollsahr. Nach einem offiziellen Be- richt wird für dies Jahr in den Vereinigten Staaten die größte Baumwollernte erwartet, die jemals gewonnen worden ist. Man schätzt den Ertrag nach den genauen Angaben der Pflanzer auf 15 226 000 Ballen. Der Preis für Baumwolle ist daher auf den Märkten von New Aork und Liverpool bereits um � Penee für das Pfund gefallen, und man rechnet damit, daß Baumwollwaren im nächsten Jahr beträchtlich billiger fein werden.
vier Wochen ohne Nahrung. Es ist noch nicht lange her, da ließ sich ein junger Franzose namens Harris Hoch in einem Glas- käsig einschließen, um einen Hungerrekord aufzustellen. Er hat es damals auf volle 23 Hungertage gebracht. Kürzlich hat er nun seinen Versuch in Amiens wiederhott und dabei einen neuen Rekord aufgestellt, da er volle vier Wochen in seinem Glaskäfig blieb, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Der junge Mann hatte in seinen Glas- käfig nur einen Vorrat von Opiumpillen und einen Vorrat von Opiumpillen und einen halben Liter Zuckerwasser mitgenommen. Er wurde während der ganzen vier Wochen ständig überwacht. Um sie überstehen zu können, lag der Hungerkünsller dauernd unbeweglich auf seinem Lager und macht« nur diejenigen Bewegungen, die nölig waren, um die Wäsche zu wechseln, um sich zu waschen und die Pillen zu sich zu nehmen. Als die vierte Woche um war, verlangte er. daß der Käfig geöffn«t werden sollte. Er erklärte, daß er stol; darauf sei, so lange ausgehallen zu haben, und will im nächsten Jahre einen neuen Versuch unternehmen, um den seinerzeft von feinem ttalienischen Konkurrenten Merlatti aufgestellten Rekord zu brechen. Merlatti brachte es auf 43 Hungertage. Russische Forschungsarbeit im Nördlichen Eismeer. Der Peters- burger Professor Matussewitsch, der mit der hydrographischen Expe- dition längere Zeit auf der Insel Nowaja Semlja geweift hat, yat einen kurzen Ueberblick über die bisherigen Forschungsarbeiten im Nördlichen Eismeer und auf den dort gelegenen Inseln gegeben. Nach den Angaben des Gelehrten war seit 1914 für die Erforschung des russischen Nordens nichts mehr geschehen. Erst jetzt ist man an eine planmäßige Arbeit gegangen. Die Erpedftion. deren Teilnehmer er war, hat die Murmanküste, die Insel Nowaja Semlja und die Strö- mungen des Weißen Meeres erforscht. Prof. Matussewftsch ist der Meinung, daß das Weiße Meer für den rassischen Holztronsport und für den Transport des sibirischen Getreides nach Westeuropa künftighin erhöhte Bedeutung gewinnen wird. Ferner l at die Expe- dition eine neue Karte der nordrassischen Gewässer entworfen. Autoren, die sich ihre Stücke nicht selbst ansehen wollen. Man hat neuerdings gehört, daß der so erfolgreiche deutsche Dramatiker, der Träger des Kleist-Preises, Ernst Barlach , niemals einer Auf- führung eines seiner Werke anwohnen will. Auch Grillparzer soll dieser Auffassung gehuldigt haben und es wird behauptet, daß er nie zu einer Aufführung eines seiner Stück« gegangen sei. Von dem Komponisten der„Stummen von Portici", A u b e r, erzählten zeitgenössische Pariser Zeitungen, daß er gesagt habe:„Den schönsten Genuß bereitet das Schaffen einer Oper, ihr Schicksal erfahre ich noch immer früh genug."_ Das.Theater Im Admiralspalastt bringt eine Sinder-Redne unter dem Titel.All« Puppen tanzen". Die Zorytre'c Soiislfckan lmssandezanSllellmigZgevällde am Lehrt erBahn. hos bleibt noch bis zum IS. Nov. täglich, auch Sonntag, von 10—4 Uhr geöffnet. Leber.Mensch und Her" spricht Mognu» Zchwandje heute w der Arbelter-Kunst, Parochlolslr. LS. Unkoitenbeltrag 0,20 Mk. Vesl Langer spricht im Rahmen der Kammerkunstabende in der Buch- und Kunsthandlniig Neu« tb Pollack. Kursürftendamm 220. Grotesken von Christian Morgenstern mit mnfitalischen Untennalungen von Dr. G t e s a n M e i s e l am 10. d. R., abends S Uhr.