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Neuestes aus Italien  .

mit mehrfachen Entschuldigungen zurückgenommen hat.

so mehr ist es die Pflicht aller freiheitlich Gesinnten außerhalb| sondern lediglich auch in meiner Eigenschaft als verantwortlicher| mente, die selbst Herr Leutheußer in öffentlicher Bandtagsgung Italiens  , die Sache der Unterdrückten gegen die Unterdrücker Leiter der italienischen   Regierung eine nachdrückliche Warnung, zu führen. Das geschieht wieder nicht mit Mitteln der Gewalt, die überall gehört werden soll, aussprechen. fondern durch das geschriebene und gesprochene Wort. Dieses Wort der moralischen Verurteilung dringt jezt am vernehmlichsten und für Italien   am empfindlichsten aus Frankreich   über die Alpen   hinüber. Daher wird die Rede Mussolinis in erster Linie als eine Drohung gegen Frankreich   aufzufassen sein.

Bielleicht gibt es in Deutschland   da und dort politische Spekulanten, die glauben, daß in jedem sich möglicherweise anbahnenden Konflikt unsere Stellung bei dem Gegner Frankreichs   sein müsse. Ihnen sei gesagt, daß eine solche Auf­fassung nicht nur gegen den Geist des Vertrags von Locarno  , sondern auch gegen die wirklichen Interessen Deutschlands  verstoßen würde. Es wäre überaus turzsichtig, sich auf die Seite eines tobsüchtigen Gewaltherrschers zu stellen, den alles, was in Italien   gesund und zukunftsreich ist, als seinen Feind betrachtet und verachtet. Das befreite Italien   wird dereinst mit seinen Gefühlen bei denen stehen, die in schwerster Zeit zu ihm gestanden haben. Jene Franzosen, die den Gegnern des Faschismus ihre moralische Unterstügung zuteil werden lassen, sind die Wegbereiter der künftigen italienisch- französischen Freundschaft. Wer aber aus Gründen, die er für diplo matisch" hält, vor dem Diktator friecht, der wird sich in Italien  diefelbe Berachtung verdienen, die jenen selber trifft.

Soviel fei jenen gesagt, die immer nur furzsichtig die ver­meintlichen nächsten Interessen des eigenen Landes sehen. Die Anhänger der deutschen   Sozialdemokratie bedürfen einer solchen Belehrung nicht. Sie finden sich mit den italienischen   Sozialisten und Demokraten im Rampf gegen den Faschismus zusammen, weil dieser Kampf ihre eigene Sache ist. Mussolinis Versuch, den Faschismus zu inter nationalisieren, muß der sozialistischen Internationale das Bewußtsein ihrer eigenen stärksten Zusammengehörigkeit Stählen. Die Staatsmänner Europas   aber, denen die Sorge um den Frieden zur Aufgabe gemacht ist, mögen gemein= ſam sorgfältig den Zustand überlegen, der sich daraus ergibt, daß ein Verrückter als Herrscher eines großen Landes un­gehemmt seine rednerische Brandfacel schwenken darf. Es gilt, nach Locarno   erst recht, den Frieden zu befestigen und den Anfängen des Krieges zu wehren!

Ueber die Rede Mussolinis bei der gestrigen Rammer­eröffnung gibt Agenzia Stefani" einen Bericht aus, aus dem her vorgeht, daß sich der Diktator zunächst mit den inneren Zuständen Italiens   befaßte, wobei er den Faschismus verherrlichte und seine Gegner als archäologisches Material" verhöhnte. Er erklärte so­dann, sich

an die ganze Welt

wenden zu wollen, die sich jetzt um einen italienischen  Gedanken"(!) in zwei Lager teile. Ueberall habe der Faschismus Anhänger, seine Grundfäße fämen allen Kulturstaaten zugute. Dann fährt Mussolini   fort: In einigen diefer Staaten gibt es politische Gruppen, die den unsinnigen Gedanken hegen, um das faschistische Italien   eine Art moralischen Stacheldraht zu ziehen. Es gibt jenseits der Grenze Leute, denen es noch nicht gelungen ist, die ganze Berworrenheit und Niedrigkeit, die ihnen die habsburgische Herrschaft eingepflanzt hatte, loszuwerden und die sich deshalb erlauben, in ihren Parlamenten unfere Staatsordnung und unfer prächtiges Bolt zu schmähen.( Lebhafter Beifall.). Aber alle sollen es wissen und alle im In- und Auslande wissen es, daß noch nie eine Staats­ordnung durch den Drud des Auslandes gestürzt worden ist( Sehr gut!), und daß alle Italiener, wenn sie vom Auslande bedraht gut!), und daß alle Italiener, wenn sie vom Auslande bedraht merden, wie ein Mann aufstehen.( Sehr lebhafter, an­

haltender Beifall unter Beteiligung der Oppofition und der Tribüs

nen. Rufe: Es lebe der Duce,)

Die demokratischen Blätter M on do" und Risorgi­ mento  " stellen ihr Erscheinen ein. An Stelle des Mondo" gibt das faschistische Mittagsblatt Tevere" eine Abendausgabe heraus. Nach Unterdrückung der deutschen   presse in Südtirol  hat der Ministerrat befchloffen, dort ein von Italienern   geleitetes faschistisches Blatt in deutscher Sprache herauszugeben.

Heraus mit der Wahrheit!

Der thüringische Justizskandal muß geklärt werden. Aus Thüringen   wird uns geschrieben:

Die Erklärungen" des Herrn Leutheußer im Landtage Don Thüringen zum Justizskandal waren nichts anderes als ein Herumreden um den eigentlichen Kern der Sache. Der Herr Justizminister hat es ängstlich vermieden, durch eine offizielle Regie­rungserklärung, wie sie die Geschäftsordnung für wichtige An gelegenheiten vorsieht, eine besondere Aussprache über den Justiz­standal herbeizuführen. Obwohl er selbst unbegrenzte Redefreiheit zu seinen Darlegungen hatte und auch in Anspruch nahm, um schließlich nur Gleichgiltigkeiten zu erzählen und durch Mätzchen Dom eigentlichen Gegenstande abzulenten, fand er es durchaus in der Ordnung, daß die Hauptantläger im Justizstandal mit ihrem Borbringen. in das Protrustesbett einer Siebenminuten. Redezeit innerhalb der allgemeinen Aussprache über den Etat eingespannt wurden.

Herr Leutheußer hatte es in der Hand, in öffentlicher Land­tagssigung in Rede und Gegenrede den Justizskandal flären zu laffen. Er reagierte aber nicht auf sozialistische Zwischenrufe, das in jener Situation einzige Mittel, die sozialistische Auffassung zu vertreten.

Unter wieherndem Beifall der Rechtsparteien glaubte er, alle Beschwerden des Oberstaatsanwalts Dr. Frieders und die noch schwereren Borwürfe der Sozialdemokraten damit abtun zu können, daß er das erschütternd wichtige Geheimnis enthüllte, der Sozi von Brandenstein fei Rechtsbeistand von Frieders. Dabei hat Frieders als Hauptvertreter einen Rechtsanwalt stramm deutsch nationaler Gesinnung und der deutschnationale Kol lege Leutheußers, Finanzminister v. Klüchner geniert fich gar nicht, mit einem sozialdemokratischen Anwalt als seinem Bertreter in Fürstenprozessen zu paradieren.

Das alles fann die Sozialdemokratische Partei   selbstverständlich in feiner Weise irremachen. Kneifen Regierung und Ordnungs­mehrheit vor der öffentlichen Behandlung des Justizskandals, so bleibt das einer nicht ohnmächtigen Opposition verfassungsmäßige Mittel, Regierung und Ordnungsmehrheit zu zwingen, Farbe zu bekennen. Dieses Mittel ist ein Ausschuß zur Unter­uchung des Justizskandals. War der erste Unter­fuchungsausschuß in Thüringen   notwendig, um die wahren Absichten und Zwecke der Maßnahmen des Finanzministers v. Klüchner bei der Entlassung Loebs nachzuprüfen, der zweite Untersuchungs­ausschuß, um die Sattler- Polizei zu beleuchten, so wird der dritte Untersuchungsausschuß sich nicht etwa der Symmetrie wegen nur auf die Gesetzlichkeit und Lauterkeit der Maßnahmen des Justiz minifters beziehen. Er wird vielmehr die einzige Gelegenheit bieten, den gesamten Romplex von Fragen, der sich um die Behand­lung der großen politischen Prozesse gegen die Genossen Hermann und Loeb gelagert hat, zu untersuchen.

Bekanntlich bedarf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und die Einberufung einer besonderen Sigung zu seiner Wahl der Unterſtügung von einem Drittel der gesetzmäßigen Zahl der Abgeordneten. Soll also der Ausschuß zur Untersuchung des Juftiz­standals Tatsache werden, so müssen noch andere Abgeordnete als die 17 Sozialdemokraten ihre Unterschrift zur Verfügung stellen, damit die von der Berfassung vorgeschriebene Zahl von 24 Ab­geordneten erreicht wird.

Die sozialdemokratische Fraktion hat sich deshalb an andere oppofitionelle Frattionen des Landtags gewandt. Von ihnen hängt es nunmehr ab, ob bald und restlos Klarheit über den Justiz standal herbeigeführt werden kann.

Die Krise in Polen  .

Der Sejmpräsident Rataj erbittet Bedenkzeit. Warschau  , 19. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Nachdem Außenminister Strzynski auf die Regierungsneubildung verzichtet hatte, hat der Präsident der Republik   die Neubildung des Kabinetts Bedenfzeit erbeten. Der ihm erteilte Auftrag geht dahin, ein Be­dem Seimmarschall Rataj übertragen. Rataj hat sich zwei Stunden möglicherweise nicht beteiligen wird. amtentabinett zustande zu bringen, an dem er sich selbst

Polens   gefährliche Finanzlage.

Die polnische Regierungsfrise ist durch die bedrohliche finanzielle Lage Bolens verursacht worden. Die neue polnische Goldwährung, der 3loty, hat nunmehr zum zweitenmal einen Aber dieser selbe Finanzminister rührte sich auf die deutlichen schweren nad s erlitten, der sowohl durch die passive Handels­Fragen des Abg. Dr. Kies gar nicht! Und bei der wuchtigen bilanz wie auch durch das andauernde mangelnde Gleichgewicht im Rede des Genossen Dr. Kieß, für die ihm Leutheußer und die polnischen Budget hervorgerufen worden ist. Das in französischer Ordnungsbundmehrheit ganze sieben Minuten ließen, war Herr Sprache in Warschau   erscheinende Tageblatt Messager Polonais" v. Klüchtner schon bei den einleitenden Worten hinausgegangen bringt am 17. November genaue Zahlenangaben über den Stand und Leutheußer überhaupt nicht anwesend Als kein Sozialdemo- des polnischen Budgets für die ersten neun Monate des Jahres 1925. trat mehr reden durfte, war Herr Leutheußer politisch tapfer genug, Daraus geht hervor, daß in den ersten Dreiviertel des Jahres 1925 sich aus der Rede des Genoffen Dr. Rieß einiges herausfischend, noch nur 68 Proz. statt 75 Broz. an Einnahmen aufgebracht fränfter Engelsunschuld vorzuführen. einmal den nationalliberal überzeugten Brustton grundlos geworden, dagegen sind schon 88 Proz. statt 75 Broz an Ausgaben entstanden.

Der Ordnungsbundmehrheit erschien das Bertuschen und

Berbeden bes Stanbals ihrem Wesen so naturgemäß, daß tischen Partei in Aussicht gestellten Interpellation über den Justiz fie im Aeltestenausschuß die Beratung einer von der Sozialdemokra standal mit dem bequemen Hinweis auf die im November 1925 dringend notwendige Beratung des Haushaltsplans für 1925 hinwies.

zugegeben, daß sie fein Interesse an schleuniger Klarstellung der Regierung und Ordnungsmehrheit haben damit unbestritten schweren Vorwürfe gegen die Sauberfeit und Unbeeinflußbarkeit der Justiz vor dem Forum der Deffentlichkeit haben. Aus Neben­erscheinungen der letzten Tage ertennt man aber, wie sehr die

Sozialdemokratie in ein Wespennest gestochen hat; die Ord­Morgen fönnten zwei mirionen junge Leute meinem Rufe nungspresse in Gera   und Erfurt   greift den Sprecher der Partei Folge leisten. zum Justizskandal, den Genoffen Dr. Rieß, in noch nicht da­( Beifall, Stimmen: Das ganze Land!) Ich will nicht brohen(!), gewesen widerlicher Weise an und verwendet dabei allein Argu­

Rostand: Der junge Aar".

Leffing- Theater.

" Cyrano von Bergerac  " und" Chantecler", d. h. das melodiöse Tierspiel, das durch den Hühnerhof die fleine Heldenwelt der Men schen symbolisiert, stammen von Edmond Rostand  . Der selige Mann, der als würdiger Akademiker zum Ewigkeitsparnas heimging, hat auch jenes weltbekannte Religionsspiel gedichtet, das während der Pariser Weltausstellung von 1900 der wundervollen Komödiantin Sarah Bernhardt   Gelegenheit gab, als tröstende Samariterin die härtesten Finanziers aller fünf Erdtalle wenigstens für einige Stun den in gütige Urchriften zu verwandeln. Napoleon   als Familien­vater und Liebhaber in Madame fans Gêne" und des entthronten Korsen unglücklicher Sohn als lyrischer aber erfolglofer Brätendent auf die blindgewordene Raifertrone, das wurden die Lieblingsfiguren des Pariser Boulevardtheaters. Sie sind es heute nicht mehr. Auch drüben hat man die Luft an der Parade etwas eingebüßt. Doch immerhin sind sich die Statistiker der Reißer- Dramatit darüber flar, daß zwischen Charleys Tante"," Alt- Heidelberg" und" Aiglon" cine gewisse Stilverwandtschaft besteht, die übrigens jedem Bom­bardement bedentlicher Kritiker durch fabelhafte Rassenerfolge troẞt. Ob nach Allt- Heidelberg", das einstmals die Pleite des Deutschen Theaters verhinderte, das Lessing- Theater richtig spekuliert, muß abgewartet werden. Klabund, der die Nachdichtung besorgte, mollte großes Schauspiel machen und löste fast immer in Prosa auf, was im Französischen lieblich flingt. Bers und Reim, die einstmals das aufgedonnerte Pathos verbargen, sind nun meist abgeschafft, und es entlarot sich von selber mancher Unsinn und vielerlei Leere. Berthold Viertel  , der Regisseur, hat allerdings mit einer wirt­lich ingeniösen Tüchtigkeit dafür gesorgt, daß ganze schundige Bar­tien, versüßte und verlogene Aufmachung der Weltgeschichte und ähnliche Plattheiten glänzend mastiert wurden. Anfänglich glaubte man, das Ganze follte als expressionistische Groteste aufgepulvert werden. Die Personen, die solchen Stilunfall befürchten ließen, wurden aber in den Hintergrund getrieben. Schließlich spielte man sich auf ein sehr handfestes und derbes Theater ein. Die Tränen­drüsen, das Soldatenbedürfnis und der Byzantinismus aller Barkett­und Olympbewohner wurden mit Wollust gefißelt. So blieb ber äußere Erfolg, en ein vielfach gezogener und gesenkter Borhand an­deutete, nicht aus.

Geschichtliche Wahrheit ist, daß Napoleons   Sohn, von seines österreichischen Großvaters Gnaden ein Herzog von Reichstadt, dem Habsburger  - Haß gegen Bonaparte  , der Reaktion Metternichs und der Schwindsucht erlag. Er verdiente den Namen des jungen Adlers, den ihm die unheilbaren Anbeter des torsischen Riesen schenkten, faum. Er und feine Mutter vergaßen schnell. Am Ende hat Fanny Elßner, die entzückende Tänzerin, dem schwindsüchtigen Adlersprossen das legte lebensfähige Mark und die auf Kaiserspiel erpichte Helbenluft geraubt. Auf dem Theater muß diese Heldenluft

wegen der Kuliffenspannung das wichtigfte sein. Die Intrige spinnt fich zwischen den Spigeln, den alten Greadieren und dem flapprigen Kaiser Franz  . Ach ja, ein allmächtiger Kaiser, dem das Herz bricht, und ein Jüngling in entzüdender Uniform, der immer wieder auf dem Wege zur Unsterblichkeit stolpert, und ein Haudegen, der sich für das tragische Bürschlein in Stücke hauen läßt, und ein aalglatter, taltherziger Höfling und ein entzückendes Mädel in Leutnantshofen und Trommelwirbel und die Marseillaise  schimpfe nicht auf die Kolportage! Jeber ordentliche Reißer im Theater macht besoffen.

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verdammt, man

befoffen zu machen. Lothar müthel   spielt den süßen tragischen Es gelingt dem Regisseur fast immer, Partett und Olymp Jungen. Napoleons   Sohn, von der Sarah einstmals in prallen Hosen gespielt, wirkt durch Müthel beinahe männlicher, nicht wie ein Mannweibchen, sondern wie ein etwas aufgeweichtes Wannlein. Brugte geht von tem Schauspieler aus, eine Hübschheit, die zu der Rolle gehört. Dann wieder reicht seine Stimme vom Distant bis zuin Trompetcrstoß. Ostar homolta ist der Grenadier, der sich sterben will. Der junge Schauspieler vom Schlage der Wegner und für. Bonaparte zerhacen ließ und nun auch für den jungen Adler Steinrud rerfagt auch vor den Humoren nicht. Nur mußte er schädlich fit Es geht nicht an, daß ein Schauspieler in witticherr genauer red, nen, wieviel Gläser Schnaps seinen Knochen gut der Rausch auf die Bühne tortelt. find Es geht nicht an, daß ein Schauspieler in wirt achen Mar Hochdorf.

Ludwig Hardt  - Abend.

Am Mittwoch sprach Ludwig Hardt   im Bechsteinsaal für die Volksbühne. Der Rezitator, dessen Ausdrucksfähigkeit immer wieder überrascht, las Prosa von Peter Altenberg  , Robert Waljer, Franz Kafta und Rainer Marie Rilke. Die Mufit der Sprache, das Einfühlen in Sprechrhythmus und die feine Witterung für die wig Hardt zu eigen. Dieser Reichtum läßt ihn zu einem Schöpfer tiefften Geheimnisse der Worte und ihre Gestaltung, sie sind Lud­werden, der nicht nur nachfühlend, sondern aufs neue schaffend, die Welt seiner Vortragsfunst erstehen läßt. Der Klang feiner Ge­bilde wandelt ihn mit und macht ihn, der den Rezitator über den Schauspieler stellen möchte, oft durch Betonung von Mimit und Be­wegung doch zum Darsteller. Das Programm Ludwigs Hardts war zu philosophisch zusammengestellt. Man hätte ihn lieber Hein­ rich Heine   und Dehmel für die Volksbühne vortragen hören, denn so wäre er ihrem Wesenskreis nähergekommen. Auch ließ der Bechsteinsaal in den hintersten Reihen die feinen leisen Nuancierun­gen nicht verstehen. Unvergeßlich bleibt, wie Hardt Peter Alten­bergs Abendspaziergang" und die Landpartie" sprach, wie er Robert Walfers Büchners Flucht" dahinstürmen ließ, um sich dann in den tiefsinnigen Dichter Franz Kafka   zu verfenten. Die Er­zählung Vor dem Gesez" war erschütternd wiedergegeben. Ein Bericht für eine Akademie  ", der Bericht eines Affen über sein: Menschwerbung, war Anklage, Hohn, Verachtung, Tierschmerz und Menschenpein Den Dichter Rainer Marie Rilfe ließ er auch in seinen feinsinnigen und sprachmusikalischen Gedichten lebendig werden.

Die Forderung einer Einschränkung der Heeresausgaben, die bekanntlich die Lösung der polnischen Krise so sehr erschwert, we'l gesetzt wird, wird verständlich, wenn man erfährt, daß von den ihr auf Seiten der Berufsoffiziere so heftiger Widerstand entgegen­

1438 Millionen, die in den ersten neun Monaten des laufenden

Jahres ausgegeben wurden, nicht weniger als 506 Millionen auf das also rund 36 Pro 3. seiner Ausgaben auf den Unterhalt seiner Kento der Heeresverwaltung gehen. Der polnische Staat verwendet Armee. Es wäre geradezu eine standalöse Sinnlosigkeit, wenn er nicht aus den Verträgen von Locarno   Konsequenzen nach dieser

Richtung hin ziehen würde.

land hat dem Außenminister Chamberlain für Locarno   den Adel an­Chamberlain will nicht geadelt werden. Der König von Eng­lediglich den Namen seines Baters tragen. geboten. Chamberlain hat ihn abgelehnt, er wolle auch fernerhin

Stürmischer Beifall dankte dem Künstler, und so gab er seinen Hörern noch als Weggabe u. a. Dehmels Erntelied mit, das in Dies Er. jedem Wort plastisch und unheimlich lebendig wurde. leben ließ einem um so mehr bedauern, daß Hardt nicht in der Auswahl seines Programms sich der Volksbühne angepaẞt hatte. mal für die Dichtungen Heinrich Heines  , Walt Withmans und die Es wäre sehr zu begrüßen, wenn der Rundfunk Ludwig Hardt   ein­moderne soziale Lyrit verpflichten würde. Es ist bezeichnend für überfüllt war, wie überhaupt die Kunst der Rezitation eine immer unsere Zeit, daß in einer Stadt wie Berlin   der Bechsteinsaal nicht fleiner werdende Gemeinde zu finden scheint. Hier muß eben der Prophet zum Berge gehen, dann wird die Gewalt seines gesproche nen Wortes sich hunderttausendfach auswirken. B. Sch.

Ausgrabungen in Goslar  . Die Stadt Goslau läßt augenblic lich durch den Leiter ihrer Sammlungen, Prof. Dr. Wiederhold, Ausgrabungen vornehmen, die ein außerordentliches Interesse erregen. Die Stadt entstand wahrscheinlich aus einer faufmän­denen Siedlung der Bergherren des Rammelsberges, dem fogen. nischen Siedlung, dem Markt, und einer uralten, längst verschtoun­riß freigelegt; fie geht in ihrem ältesten Teile vielleicht in das Bergdorf. Die Kirche dieses Bergdorfes ist in ihrem ganzen Grund neunte Jahrhundert zurüd und in ihren Um- und Anbauten spiegelt sich wunderbar das Auf und Ab dieser vielleicht ersten industriellen Siedlung Deutschlands  . Denn der Rammelsberg   war jahrhunderte­lang die Machtgrundlage des deutschen Königtums und der hinter ihm stehenden adligen Bergherrengesellschaft, bis diese dann mit den neuen aus dem Handel kommenden Elementen sich zu der bürgerlichen Gesellschaft zusammenschloß. Die baugeschichtlichen Ergebnisse sind noch nicht abzusehen. Die Suche nach dem Dorf felbst, der Ansiedlung auch der Bergbarbeiter, wird fortgesetzt.

Eier mit drei Dottern. Das Ackerbauministerium im Staate Maine   der Bereinigten Staaten ließ in neuerer Zeit Nachforschungen

Hier­

über das Borkommen von Eiern mit drei Dottern anstellen. Eiern von 3000 Hühnern fanden sich in sechs Jahren nur drei drei­bei ergab sich, daß solche Eier außerordentlich selten sind. Unter den dottrige Eier, während Eier mit zwei Dottern schon häufiger waren. Die mehrbottrigen Eier, bei denen jeder Dotter mit einer eigenen Haut umgeben, also vollständig ausgebildet ist, find fast immer solche, die von den Hühnern als erste Eier gelegt werden.

Jm IV. Konzert der Bolfsbühne( Sonntag 1,12 Uhr im Theater am Bülowplat) spielt Artur Schnabel   Brahms  ' Bariationen und Fuge über ein Thema von Händel  , die Sonate F- Moll und Schuberts Sonate G- Dur. Borträge, Ueber Tod und Jenseits im Glauben der Bolter spricht Dozent Dr. Wenzel, Sonnabend, 8 Uhr abends, Doros theenstr, 12.

Dr. Erich Drach   spricht auf Veranlassung der Literarischen Bereinigung des Berliner   Lehrervereins am 21. Rob., 8 Uhr, Schinkelplat 6, Dichtungen von C. F. Meyer und Gottfried Keller  . Eintritt 1 Mart.

Drei Mill onen Ausländer in Frankreich  . Auf eine Anfrage des Ab­geordneten Lambert teilt der franzöfifche Innenminister mit: 1. Die Zahl 2. in den letzten zehn Jahren betrugen die Zahlen: 1. Januar 1914: 1732868 der am 1. Januar 1925 in Frankreich   wohnhaften Ausländer betrug 2845 214, 1921: 1667711, 1922: 1833482, 1923: 2090768, 1924: 2574952.