Nr. sss»»2. Jahrgang 2* 0lyÜ9 Goanabeav. 2S November 1Y25
Locarno- Schlußöebatte.
Breitscheids Rede.
Zn feiner gestrigen Reichstagsred« führte Genosse VreNschetd noch aus: Selbst wenn man annehmen wollte, daß das Mißtrauen in den guten Willen der anderen berechtigt sei, so war es doch nicht Egoismus allein, der das Werk von Locarno zustande gebracht hat. es waren sehr reale und materielle Erwägungen, die den Weg nach Locarno vorbereitet haben. Es war die Er- wägung, daß Europa politisch und wirtschaftlich verloren ist. wenn es weiter zerrissen und zerNüstet bleibt. wenn weiter solche Streitfragen, wie sie zwischen uns und Frank- reich bestanden, ungelöst bleiben.(Sehr richtig! bei den Soz.) Auch der Gedanke war maßgebend, daß wir die Kredit« Amerikas nicht in Anspruch zu nehmen vermögen, solange der Geldgeber jenseits des Ozeans befürchten muß. daß sein Geld tm wahrsten Sinne des Wortes verpulvert wird. Die Herren von der Rechten glauben an eine Entwicklung des deutschen Volke». warum können Sie nicht auch den Glauben an eine bessere Zukunft der Menschheil aufbringen. Das macht ja ihr National- gefühl so steril, daß sie stets in die Vergangenheit und niemal» in die Zukunft schauen.(Sehr richtig! bei den Soz.) Daß die Staaten sich ändern und neu« Formen des mensch- lichen Zusammenlebens denkbar sind, das leugnen sie, obwohl diese neuen Formen bereits greifbar vor unser Auge zu treten beginnen.(Sehr gut! links.) Sie(nach rechts) sprechen so lebhaft von den Opfern und Verzichten, die Deutschland bringen soll. Dazu will ich nur das eine sagen: wir verzichten auf den Krieg zur wieder eroberung Elsaß . Lothringens . wir verzichten aber nicht auf das Aussprechen der Tatsache, daß zwischen uns und dem elsässischen Volke mancherlei Bande ge- meinsamer Kultur, Sprache und Geschichte vorhanden sind. Wenn e-rst diese Frage politisch entgiftet i st, so wird es um so leichter sein, gerade diese kulturellen Bande zu verstärken. Auch wir be- dauern, daß weder im Jahre 1919 noch im Jahre 1871«ine Volks- abstimmung in Elsaß-Lothringen stattgefunden hat. Aber ich glaube, Sie(nach rechts) würden von einer solchen Volksabstimmung enttäuscht sein. Denn die Tatsach« ist leider die, daß das elsässisch« Volk seit der großen französischen Revolution sich trotz seiner Sprache geistig und politisch mit Frankreich ver- Kunden gefühlt hat.(Widerspruch rechts.) Tatsache ist weiter, daß die deutsche PoNtik sei« 1871 nicht dazu angetan war. die elsässische Bevölkerung zu Deutschland herüberzuziehen.(Sehr richtig! bei den Soz.) S i e(nach rechts) und ihre Politik tragen die Verantwortung dafür, daß es mit Elsaß-Lothringen so gekommen ist.(Zustimmung bei den Soz. Unruhe rechts.) Was aber in dem Vertrag von Locarno ausgesprochen ist, das war im Keime schon durch die Vorschläge des Kabinetts C u n o geschaffen worden. Warum haben Sie nicht damals ihre Stimme erhoben? Auch dem Osten gegenüber verpflichten wir uns. die Grenzen nicht mit Waffengewalt zu ändern. Das kam: nur mit beiderseitiger Zustimmung geschehen, und w«r ist einig darin? Der deutsche Reichspräsident und der Präsident Polens . Der deutsche Reich«- Präsident heißt Herr v. Hindenburg und wir haben keine Veranlassung, nationaler zu sein, als Herr v. Hindenburg ist.(Sehr gut! bei den Soz.) Ich glaube, wir niüsien alle versuchen, um auch mit Polen ein Rebeneinandcrleben zu schaffen. Eine der Wir- kungen der Verträge war ja bereits, daß die Optantenausweisungen zunächst aufgehoben wurden. Auf diesem Wege muß weitergegangen werden. Run sagen Sie(nach rechts), auch mit dem Eintritt in den Völkerbund bringe Deutschland ein Opfer, denn es verliere seine Bewegungsfreiheit, wo war denn aber unsere Bewegungsfreiheit in jener Zeit, als wir noch unter dem Diktat der Alliierten standen? Run sagen Sie, wir könnten zwischen Osten und Westen nicht mehr wählen, wir seien verpflichtet, zum Kriege gegen Ruß- land auf die Seite der Staaten des Westens zu treten. Es gibt aber in den Verträgen nicht einen Punkt, aus dem ein Gegensatz zu Sowjetruhland geschlossen werden könne. Und ich füge hinzu, die Meinung der Sozialisten der ganzen Welt ist. daß auch für uns die Parole gilt: 5)ände weg von Sowjetrußland.(Sehr richtig! bei den Soz.) Wir werden es stets ablehnen, an irgend einer Koalition mitzuwirken, die den inneren oder äußeren Bestand der Sowjetrepublik antasten wollte. Wir verstehen es allerdings. daß Ruhland sich isoliert fühlt! Aber auch R u ß l a n d hat die Mög- lichkeit, in den Völkerbund einzutreten und ich bin davon überzeugt, daß ein st der Tag kommt, an den, auch Rußland im Völkerbund sitzt. Dann werden die deutschen Kommunisten ibre alten Reden revidieren müssen. Wir wollen keinen Krieg gegen Rußland , wir sind aber ebensowcuig gesonnen, die europäischen Vorposten der russischen Politik zu sein.(Sehr wahr! bei den Soz.)
Wr bekämpfen den kapitalistischen Imperialismus Englands in Asien , lehnen aber auch den bolschewistischen Imperialismus Ruß- lands ab. Für uns ist der Völkerbund wahrhaftig keine vollkommene Institution. Sie wird aber nicht besser und günstiger für uns, wenn wir draußen bleiben. Welcher S ch w a ch m u t liegt doch in der Auffasiung, daß es nicht gelingen solle, im Völkerbundsrat den deutschen Standpunkt besser zur Geltung zu bringen, als wenn man draußen stehen bleibt. Wir wollen hineingehen, um auch in den Minderheitenfragen bessere Entscheidungen herbei- zuführen. Der Völkerbund ist heute in der Tat ein Kollegium von kapitalistischen Regierungen, er ist nie anders als die Regierungen, die ihn zusammensetzen. Daher müssen wir dafür sorgen, daß die Regierungen in jedem Lande so sind, daß sie, zur Völkerbund - sitzung versammelt, dem Ideal eines wahren Völkerbundes«nt- sprechen. Die Deutschnationolen, die jetzt gegen Locarno sind, sind lange Monate mit vollem Bewußtsein die Straße gegangen, die nach Locarno führen mußte. Das Kabinett Luther-Stresemann hat die Deutschnationolen in die Regierung genommen, um sie zur außen- politischen Vernunft und zur Realpolitik zu erziehen. Solange die Dentschnationale Partei dafür bezahlt bekam, hat sie an diesem Kursus teilgenommen, in dem Augenblick, wo der Lohn in ihren Taschen klimperte, ist sie weggelaufen.(Sehr richtig bei den Soz.) Sie sind gegen den Vertrag, weil die von Ihnen großgezogenen demagogischen Elemente der Landesverbände gegen den Geist von Locarno revoltieren, gegen den Versuch, die militärische Gewalt- anwendung zugunsten friedlich-schiedlicher Regelung auszuschalten. Das ist der eigentliche Grund für Ihre ablehnende Haltung. Wir Sozialdemokraten treten für diese Verträge«in, weil die Politik von Locarno in der Linie liegt, die wir in Deutschland aber auch international mit unseren Freunden jenseits der Grenzen verfolgt haben. Was jetzt geworden ist, wurde bereits im Jahre 1922 auf einer internationalen Konferenz in Berlin durchgesprochen. Wir bleiben auf dieser Linie. Wir werden diese Politik weiter treiben und uns dabei nicht schrecken lassen durch Drohungen und Be- schimpfungen von nationalistischer Seite. Jetzt hat ja wieder in der bayerischen Kammer ein Parteifreund von Herrn Ludendorsf ausgesprochen, er könne es verstehen, wenn ein ausgewiesener Elsaß-Lothringer. den Strejemann über den Haufen schießen würde.(Lebhafte Pfui-Rufe links und in der Mitte.) Wenn aus diesen Worten wie einstmals bei Rathenau eine blutige Tat ent- springt, ich möchte die Verantwortung nicht tragen, die Herr Ludendorfs dann auf sich zu nehmen hat. Wir gehen unseren Weg und deshalb lehnen wir es auch ab, durch die Einbringung des Mißtrauensvotums die Dinge weiter hinausschieben zu lassen. Unsere Stellung zum Kabinett Luther ergibt sich aus unseren Taten und Handlungen im letzten Sommer. Wenn man jetzt von den Parteien, die für Locarno sind, verlangt, daß sie dem Miß- trauensvotum zustimmen, so ist das einfach«ine Kinderei. Denn, wenn wir den Verträgen zustimmen, dann geben wir dadurch die Möglichkeit, die Unterschrift in London zu leisten und dann sind wir nicht in der Lage, gleichzeitig der Regierung durch ein Miß- trauensvotum dies« Möglichkeit wieder zu nehmen.(Lebhaft« Zu- stimmuna bei den Soz.) Außerdem hat doch diese Regierung selbst erklärt, daß sie unmittelbar nach der Ratifizierung ihre Demission einreichen will. Es wäre also eine F a r c e, ihr jetzt 8 Tag« vor London noch ein Mißtrauensvotum zu erteilen.(Sehr richtig! links.) Es kommt jetzt darauf an, daß eine Regierung entsteht, die nicht nur mit dem Munde sich für Locarno begnügt, sondern die auch innerlich und im Geiste auf dem Boden dieser Ver- träge steht. Wenn die Deutschnationalen jetzt wieder in die Regie- rung einträten, dann wäre der Vertrag von Locarno das Papier nicht wert, auf dem er niedergeschrieben ist. Für uns ist Locarno ein Anfang, ein erster Schritt auf einem Wege. Am Ziele dieses Weges steht— wir scheuen es nicht auszusprechen— die europäische Zollunion und die vereinigten Staaten von Europa . Wir singen kein« Jubelhymnen auf den Vertrag. Wir sind nicht begeistert von dem, was erreicht worden ist, aber wir sind bereit, mit Begeisterung mitzuarbeiten an dem, was noch zu tun ist. (Stürmischer Beifall bei den Soz. Zischen rechts, e r- neuter Beifall links.) Abg. Dr. Zapf(D. Dp.) weist die von deutschnationaler Seite erhobenen Vorwürfe gegen die Volkspartei zurück. Warum soll man nicht eine für richtig befundene Politik gemeinsam mit den Sozialdemokraten machen, wenn die unglückselige Politik der Deutschnatio- nolen uns keinen anderen weg läßt. Mit Locarno sei zweifellos eine Wendung!n der europäischen Politik eingetreten. England sieht heute ein, welchen Fehler es in Versailles mit der Entwaffnung Deutschlands gemacht hat. Es ist jetzt Garant für
Deutschlands Sicherheit. Nach Locarno würde kein Poincarä mehr einen Ruhre'nfall wagen können. Die Be- völkerung des Rheinlandes darf nicht länger unter dem Druck der Besatzung leiden. Die R h e i n l a n d k o m m i s j i o n, die ihre Unfähigkeit wiederholt bewiesen hat. muß in ihrer Zusammen- setzung geändert werden. Vor allem aber muß die französische Militärjustiz verschwinden. Wir halten die bisherigen Rück- Wirkungen für ungenügend und wir sind einverstanden damit, wenn die Entschließung der Bayerischen Volkspatei ihre weitere Aus- dehnung verlangt. Wir lehnen diese Entschließung aber ab, weil sie eine Verzögerung des Locarno -Paktes herbeiführen würde. Wir werden das Vertragswerk von Locarno annehmen und werden dann unsere ganze Kraft daran setzen, es weiter auszubauen. Abg. Frau Zetkin (Komm.) die von einem kommunistischen Wgeordneten auf die Rednertribüne geführt wird, wendet sich gegen die Meinung, daß sie hier als Pertreterin der russischen Regierung auftrete. Sie sei auf Wunsch ihrer politischen Freunde, die um ihre Gesund- h e i t besorgt seien, nach Deutschland zurückgekehrt. Di« Redne- rin polemisiert dann gegen die Sozialdemokratie, die angeblich keine Partei des Klasienkampjes mehr sei. Der Locarno -Vertrag bringe nicht die Revision, sondern die Stabilisierung des Versakller Vertrages. Zur Stabilisierung der Annexion Elsaß-Lothringens sei weder Luther noch B r i a n d berechtigt, sondern einzig und allein das elsaß-lothringijche Volk. Was den Ober- s ch l e I i e r n recht war, müsie ihm billig sein.(Dr. Breilscheid: Und den Georgiern auch?) Das Ergebnis von Locarno sei der Sieg Englands im Kampfe um die europäische Hegemonie. England schiebe jetzt Deutschland wie eine Schachfigur hin und her. Trotz aller Ministererklärungen sei die Tatsache unbestreitbar, daß Deutschland durch den Locarno -Pakt in eine unfreundliche Stellung zur Sowjet- Union gebracht wird. Die eng- lische Wirtschqft und damit auch die englische Weltmacht fühle sich immer mehr bedroht, darum habe die englische Politik das Bedürs- nis gehabt, Deutschland gewissermaßen zu seiner Kolonie zu machen und von Rußland zu trennen. Deutschland werde das Schicksal Oesterreichs erleben, und die Geschick« Deutschlands werden von den Bankiers in London und New Pork.be - stimmt werden. Schon zur Zeit der Genuejer Konferenz habe Rußland als einzig wirksames Mittel die Abrüstung verlangt. Wer den Frieden will, müsie für ein Bündnis mit Sowjet-Rußland eintreten.(Lebhafter Beifall bei den Kommunisten. Die Rednerin wird vom Genossen Dr. Moses, der als Arzt neben ihr Platz genommen hat, wieder in den Saal zurückgeführt.) Abg. Zehr(Wirtschaft!. Dg.) gibt eine Erklärung ab, wonach seine Partei in der Entschließung des Zentrums zwar keine Erfüllung ihrer Forderungen erblicke, daß sie aber trotzdem für diese Entschließung stimmen werde. Die Wirt- schaftspartei lehne den Vertrag von Locarno ab, die Deutsch - Hannoveraner und der Bayerische Bauernbund da- gegen stimmen ihm zu. Bei den Mißtrauensanträgen werde sich die Wirtschaftliche Vereinigung der Stimme enthalten. Mg. Leicht(Bayer. Dp.): Unig sei man sich im ganzen Volke darüber, daß der Vertrag von Locarno von außerordentlicher Bedeutung sei. Bei nÜMerner Erwägung könne man aber nicht so, wie es die Regierung tue�Miit Pauken und Trompeten den Vertrag annehmen. Ein gesundes Mißtrauen sei am Platze, besonders angesichts des Verhallens der Gegenfeit«. Es bestehe ein unlöslicher Widerspruch, wenn man einen Gewallsrieden aufrecht erhalten und durch einen neuen Vertrag den Frieden fördern wolle. Aber die Ablehnung der Abmachung von Locarno würde von der Welt als ein neuer Beweis dafür aufgefaßt werden, daß Deutschland verhandlungsun. fähig sei. Der Redner sei davon überzeugt, daß die Mehrheit des Hauses und auch die Regierung den Grundgedanken der Ent» schließung der Bayerischen Volkspartei , wonach die Regierung vor dem Eintritt in den Völkerbund noch mehr Rückwirkungen zu erzielen suchen müsie, zustimmten. Trotz der Ablehnung der Entschließung werde die Bayerische Volks- partei dem Gesetzentwurf zustimmen. Staatssekretär Zweigert gibt e in« Erklärung ab, in der er darauf Hinweis, daß für die Beur- teilung der Frage, ob die Abmachungen von Locarno und der Ei» tritt Deutschlands in den Völkerbund der Zustimmung des Reichs- tages mit verfassungsändernder Mehrheit bedürfen, die Vorschriften des Art. 45 der Reichsverfasiung in Bettacht kämen. Nach diesem Artikel erfolgen Kriegserklärung und Friedensschluß durch Reichsgesetz, Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten bedürfen der Zustimmung des Reichstages. Ein« qualifi- zierte Mehrheit wäre nur erforderlich, wenn der Vertrag oder das Bündnis Bestimmungen enthält, die der Reichsverfasjung zuwiderlausen. Nach Ansicht der Reichsregierung entHallen
»ins de» großen Andranges wegen bis zum Z. Dezember verlängert!
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