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dankbarer geroefen, wenn er statt mit uns, mit dem WTB. oder mit derTäglichen Ru-rödschau" in so reibungsloser Weise kooperiert hätte. Er hätte dann den zweifellos falschen Schein ver­mieden, als ob er sich in denVorwärts" flüchten müsse, um die Wahrheit sagen zu können. In der Oeffentlichkeit so in derVostischen Zeitung"' ist schon ein gewisses Erstaunen darüber geäußert worden, daß die Erklärung des Herrn Außenministers nicht durch WTP. verbreitet worden ist. Das Erstaunen wird noch größer sein, wenn man erfährt, daß die Redaktion desVorwärts" diese Erklärung sofort an WTB. weiter ge geben hat und nur im Vertrauen auf den Eifer dieses Bureaus es Unterlasten hat, sie direkt an die anderen Berliner Redaktionen weiterzugeben. Dieses Vertrauen in den Eifer des WTB. ist ebenso ent- täuscht worden, wie scheinbar das Vertrauen dys Herrn Marx zur Diskretion des Auswärtigen Amts. Sonderbare Zustände, fürwahr! Was vertraulich ist, sickert in entstellter und verlogener Form durch. Was aber für die Oeffentlichkeit bestimmt ist, dem verbarrikadiert man nach Kräften den Weg. Die Lüge marschiert, die Wahrheit wird angehalten. Und die Lüge marschiert weiter. DerLokal-Anzeiger" hat die Stirn zu schreiben: Daß es sich nicht um einen Schritt der Partei al» solcher oder des Parteivorstandes als solchen gehandelt hat, haben wir hier von Ansang an festgestellt. Dabei hatte seine und desTag" gemeinsameRächt- ausgäbe" am 24. d. M. geschrieben: Ueber das Ausland wird bekannt, daß die Sozialdemokraklsche Partei und die Zentrumspartei durch ofüzielle Schreiben den Gene- ralsekretär des Völkerbundes ersucht haben, Angehörige der Partei als Mitglieder des Völkerbundsekretariots auszuwählen, wenn Deutschland in den Völkerbund eingetreten ist. BeideParteien haben je drei Vertreter namhaft gemacht. Diese Schreiben an den Generalsekretär des Völkerbundes wurden ohne Einoernehmen mit dem Auswärtigen Amt abgeschickt. Jetzt erklärt Stresemann : lieber einen Schritt der Sozlaldernokrattschen Partei beim Völkerbundssekretarial ist im Auswärtigen Amt nicht» bekannt. Dazu schreibt derLokal-Anzeiger": Der Sozialdemokratischen Partei, wohl oerstanden, nicht eines prominenten Parteimitgliedes, lieber da» Wesentliche der Angelegenheit erfährt man ans dieser ErNSrnng also überhaupt nichts. Der.Lokal-Anzeiger" unterstellt damit Herrn Strese- mann, er wisse wohl etwas voneinem Schritt eines promi- nenten Parteimitglieds", nur nichts von einem offtziellen Schritt der Partei. Er unterstellt ihm, er habe nur ein for- males Dementi gegeben und damit taksächlich eine Unwahrheit bekundet. Und dieNachtausgabe" spielt das Amt gegen den Minister aus: Wir können uns, wie nochmal« festgestellt set. mtt der Be­stätigung unserer Meldung durch dieTägliche Rundschau" und durch die gestrige halbamtliche Mitteilung des Auswärtigen Amte», auf die sich das Auswärtige Amt heute abermals bezieht, begnügen. - Also das Amt hata ll e s b eftä ti g t I" Wird, kann das Amt dazu schweigen?

A la Holstein". Das Geheimnis des Aschmann-Telegrannas. DieVost. Ztg." schreibt: Es entsteht die Frage: Wie ist der Bericht de» Gene- ralkonsuls Aschmann zustande gekommen? Dos Auswärtige Amt komme uns nicht mst der Antwort: Ausweislich seiner Akten sei keine Aufforderung an den deutschen Generalkonsul zur Berichterstattung ergangen. So plump wird so etwas natürlich

Wanöerschrist. Die Lichtreklame schreit in grellen Buchstaben aus das Ver- kehrsgewimmel der Metropole. Feurige Ornamente tauchen auf und oersinken im nächsten Augenblick in tiefstes Dunkel. Irgend eine geheimnisvolle Hand schreibt feurige Buchstaben an die Wand. Sie tauchen auf aus dem Nichts, wandern, wandern, werden Wort« und formen sich zu Sätzen. Ein feiner Regen sprüht auf das ftebernde Pulsen der Groß. stadt da unten: auf das Hasten menschlicher Ameisen, auf sausende, klingelnde, elektrische Bahnen, die durch die stumme, konzentrierte Energie einer erhobenen Schupohand plötzlich stocken und sich mst Autobusien, Kraftdroschken und Lastfuhrwerken zu förmlichen Wagenburgen türmen. Nur einen Augenblick: der zusammengeballte Haufen ergießt stch wie die Blutkörperchen in den Blutgefäßen durcheinanderwirbelnd in die Schlagadern der Weltstadt bis in ihre feinsten Verästelungen an der Peripherie. Wunder der Technik! Oben schreit mit tausend und abertausend Flammen die Lichtreklame und die Wanderschrist hinunter in das quirlende Gewimmel. Seltsame und verwöhnte Menschen. Kaum, daß fie einen Blick hinauswerfen in das strahlende Gefunkel. Flugzeug, Radio und Wanderschrist sind Selbstvorständlichketten geworden, de» Nach- denkens nicht mehr wert. Ist es ein Wunder, wenn die jetzige Generation sich da« Wundern abgewöhnt hat? Sieh hinauf, kleine, zappelnde, menschliche Ameise! Sofort wird dir die Flammenschrist irgend eine goldene Lebensregel mit Riesenlettern in die erschauernd« Seele brennen: Deutsche , trinkt deutsches Bier"(das muß vom guten Professor Bornhak sein, der allen Biertimpels eine Freud« machen wollte). . den allein echten französischen Kognak"(pfui?) Gräfin Bothmer haftenlassen" in Paradiesbettcn" , auf Mittelmeerreisen, 1. Kajüte, Mindestpreis 1200 M." bei fortdauernder Erwärmung ohne Niederschläge" Welche Fülle von Verheißungen, Aufforderungen, Feststellungen und Voraussagen träusest da durch das Zwielicht der Bogenlampen auf dich hernieder. Da oben steht es. was zu deinem Glück un- bedingt erforderlich ist, du armselige Kreatur. Du bist scheußlich materialistisch, lächelst blöd«, klemmst die Aktentasche fester unter den Arm und überlegst, ob du nicht doch lieber von der nächsten Halte- stelle mit der Elektrischen fährst, sintemalen sie bi» zu deiner Be- Häufung um S Rentenpfennige billiger ist als der fortschrittliche Autobus. So sind die Menschen! Doch wie du dich mit Lebensgefahr auf den Hinterperron deines vorsintflutlichen Vehikels quetschst, schreibt die unsichtbare Hand mit Feuerbuchstaben den lapidaren Satz als Meldung einer Tageszeitung an den Himmel:

nicht gemacht. Es kommt darauf an. festzustellen, ob und von wem auf dem Privatwege"(ä la Holstein) eine entsprechende Anregung dem Generalkonsul zugestellt worden ist. Für jeden, der sich nicht an die Akten hält, sondern die Tatbe- stände sprechen läßt, sind die Zusammenhänge ja ziemlich klar. Der ehemalige Reichskanzler M a r x hat in dem hohen Maß von Akkura- teste, das ihm als allen richterlichen Beamten eigen ist, sich für oer> pflichtet erachtet, von seiner privaten Mitteilung nach Genf dem Auswärligen Amt ßennlnis zu geben. Diese Mitteilung hat zwar nicht in Genf , aber im Auswärtigen Amt beunruhigt. Und dort hat irgendein« Stelle es für richtig befunden, eine Gegenmine zu legen. Das ist geschehen, indem man zunächst den deutschen General- konsul zu einem' Bericht aufgefordert hat. Dann sind der Hugenberg-Preste entsprechende Mitteilungen über die Vorgänge zugegangen. Wer an diesen Indiskretionen beteiligt ist, entzieht sich natürlich der öffentlichen KennMis. Und darüber können auch wir keine Vermutungen aufstellen, Aber uns scheint, daß der Außen- minister Dr. Stresemann doch ein lebhaftes Interesse daran haben müßte, einmal festzustellen, ob es Kanäle gibt, die vom Auswärtigen Amt zu einer Presse führen, die den Kampf bis aufs Messer gerade gegen seine Person als eine Spezialität betreiben. Die gleiche Vermutung äußert dieKöln . Volksztg.": Daß Reichskanzler a. D. Marx in gutem Glauben handelte, hätte ja schon daraus hervorgehen können, daß er dem Aus- wärtigen Amt von seinem Schreiben, das übrigens, wie sich jetzt ergibt, nicht seiner persönlichen Initiatwe entsprungen ist, loyal Kenntnis gegeben hat. Vielleicht könnte man eher die Frage auf- werfen, ob Herr Marx sich nicht getäuscht hat inder Mentalität des Geheimrats bzw. der einen oder anderen beamteten Persönlichkeit in Genf oder in Berlin , oder ob es des- wegen künftig nicht als geboten erscheinen muh, gewiste Personal- fragen, die man sonst delikaterweise nicht gleich an die große Oeffentlichkeit bringt, auf einem mehr direkten Wege zu behandeln. Es wird also bezweifelt, ob man überhaupt noch mit dem SlA. über eine vertrauliche Angelegenheit oertraulich sprechen kann. Wahrlich, ein nettes Kompliment! kommt vrummonü nach Serlin! Genf , 30. Dezember. (Eigener Drahtbericht.) Entsprechend einer Berliner bzw. Pariser Meldung soll sich der Generalsekretär des Völkerbundes demnächst nach Berlin begeben, um über die Besetzung gewisser Stellen im Sekretariat mit der Reichsregie- rung Besprechungen zu führen. Diese Meldung wird hier als sehr unwahrscheinllch bezeichnet. Einmal werde Six Eric Drummond kaum seine Ferien im Berner Oberland unterbrechen wollen, und außerdem erscheine es ausgeschlossen, daß er nach Berlin reise, b e- vor das Eintrittsgesuch Deutschlands im Völkerbundssekretariat eingegangen sei. Gegenüber der Veröffentlichung des Auswärtigen Amts über die Mitteilungen des hiesigen deutschen Konsulats lehnt da» Völker- bundssekretariat während der Abwesenheit des Generalsekretärs die Abgabe irgendwelcher offizieller Erklärungen ab.

vergleiche und Reminiszenzen. Zum Genfer Skandal, Der Lügenfeldzug der Rechtspress« und die offenkundigen H e l f« r s d i« n st e, die dabei von gewissen amtlichen Stellen, fei es in Berlin oder in Genf , geleistet werden, wecken die Er- innerung an einen Vorgang, der sich im September 1924 abspielle und gewisse ausfallende Analogien mtt den jetzigen Treibereien aufweist. In den ersten Tagen der Völkerbundstagung von 1924 meldeten dieDAZ." und andere Bürgerblockblätter aus Genf , daß Graf Harry Keßler sich dort angeblich in offiziöser Msssion aushalte und Fühlung mit den fremden Delegationen aufgenommen hätte. Die Rechtspresse forderte die Reichsregierung auf. Kehler unver- züglich zu desavouieren.

In der letzten Wpche haben in Berlin 74 Per» souen Selbstmord verübt." Einen einzigen Augenblick nur; dann versinkt die feurige Schrift in das geheimnisvolle Dunkel. Visionen tauchen auf. Die Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkett, Not, letzter verzweifelter Kampf und schließlich Wegwerfen des einen einzigen, kostbaren Lebens wie Plunder, und so Tragödie aus Tragödie bis zum Ende im Schauhau» v i e ru n d s i e b e n z I g in ei n er Woche eine grauenerregende Zahl. Du lächelst nicht mehr? Begreiflich. Das schreiend«, drohende dlenetekel upharsin", weithin sichtbar, hat mit Flammenschrift nur«inen einzigen Augenblick das wahre Gesicht, die gräßlich etttstellte Larve der Großstadt und unserer wilden Zeit gezeigt. O. M.

Der entfesselte Silvesterbazillus. Die Naturvölker der Südsee glauben einer hettigen Pflicht zu genügen, wenn sie bei Todesfällen sowohl, wie bei Geburten soviel Klamauk machen, wie sie nur irgend mit ihren sinnreich erdachten und geschickt gehandhabten Geräte» zu inszenieren oermögen. Sie glauben dadurch die bösen Geister zu verscheuchen, die sich der scheidenden Seele auf dem Weg in die ewigen Iagdgründe oder Kckospalmenhaine feindlich nähern oder die im Augenblick der Ge- burt eines neuen Lebens dieses mit dem Pesthauch des Unglücks anwehen möchten. Wirbesseren Leute" sind ja im Grunde ebenso wilde Krea- turen. Nur sind Strafgesetzbuch und Polizeioerordnungen unserer mächtig geworden und schützen uns vor uns selbst. Aber genau, wie es im Sklavenregime des alten Rom einen Tag gab, an dem die Sklaven den Herrn spielen dursten, so drückt auch bei uns die hohe Obrigkeit einmal im Jahre beide, meistens auch punschselige Augen zu und läßt die lieben Kinder einmal ungestraft alles tun, was sonst unnachsichtlich geahndet zu werden pflegt. So schickt man sich denn an, den bösen Geistern, die etwa das Pleitejahr 1925 veranlassen möchten, uns noch länger zu beglücken. den gebührenden Empfang zu bereiten und ertränkt alle trüben und mißtrauischen Gedanken gegen das junge Jahr rechtzeitig in allen nur erreichbaren und bezahlbaren Flüssigkeiten. Ach, wie gut haben es die, die erst im nächsten Jahr Pleite machen! Sie können sich noch die richtigen Stoffe leisten. Allerdinas, wenn man sich so die Programmentwürfe der großen Berliner Gaststätten ansieht, kann man sich des Gedankens nicht er- wehren, daß auch Pleitejahre ein ganz gutes Mistbeet für die Sil- vesterbazillenkultur abgeben können. Der durchschnittliche Leichen- schmaus für 1925 sieht etwa folgendermaßen aus: Beluga-Kaoiar Austern Ochsenschwanzsuppe Helgoländer Hummer In Port- wein Getrüffelle Poularde Salat Lorette Silvester-Bomb« mit Feingebäck, Halbgefrorenes Roquefortschnitten mit Sel- lerie Berliner Pfannkuchen. Und tust« 30 bis 35 M. Wenn man dazu bedenkt daß diese Dinge nur das notwendige Uebel darstellen, mit dem man sich befassen muß. um dem obliggten, mehr oder weniger standesgemäßen Affen, den man sich im Laufe des Wends anschaffen muß, ein würdiges Postament zu errichten, so ergibt sich mtt zwingender Gewalt der Schluß, daß die Pleite des abgelaufenen

Sofort erschien in derZeit", der Vorgängerin derTäglichen Rundschau", das gewünschte Dernentt. Und das Auswärtige Amt sorgte prompt dafür, daß das WTB. dieses Dernentt des Strese- mann-Organs auch überall verbreitete. Das geschah mit folgender Erklärung: Zu der Behauptung, der bekannte Paziffft Graf Harry Keßler sei vom Auswärtigen Amt alsoffizieller Beobachter" nach Genf geschickt worden, teitt dieZeit" mtt, daß daran kein wahres Wort ist und daß Graf Keßler , falls er sich wirklich als eine Art offizieller Persönlichkeit gebärden sollte, dazu keine Berechtigung besitzt." Dieses offiziöse Dementi war eine plump« und ungeschickte Lüge: denn Keßler war tatsächlich von der Reichsregierung der Regierung Macdonald gegenüber als Genfer Mittelsmann bezeichnet worden und erfüllte mit voller Kenntnis des Auswärtigen Amtes und sogar mtt Chiffrierbefugnis dies« nützliche Rolle. Die englische Regierung fragte in Berlin an, ob man sie zum Narren hallen wolle, und Graf Kehler gab ebenfalls zu verstehen, daß er stch dies« Bloßstellung nicht gefallen lassen würde. Jetzt erklärte Herr Dr. Stresemann in einer Pressekonferenz: In den Kreisen der Reichsregicrung ist man übrigens der An- sicht, daß Gras Keßler seine Rolle in Genf Nicht als offizieller Be- obachter, sondern in einer offiziösen Mission kor- rekt gespielt habe. Der Name des Grasen Keßler ist einer auswärtigen Macht auf Wunsch für irgendwie notwendige oder möglich« Vermittlerausgaben genannt worden." Also ein glatter Widerruf des ursprünglichen Dementis! Heute wie damals wird von der Rechtspresse eine ver- logen« Hetze betrieben, die sich einst nur gegen ein« einzelne völkerbundsfreundliche Persönlichkeit richtete, heute aber die zwei größten Parteien der Linken treffen soll. Heute wie damals leistet das Sprachrohr Stresemanns diesen Treibereien Vorschub: nur hieß es damalsSie Zeit" und heute heißt es dieTäglich« Rundschau". Heute wie damals gibt die Presseabteilung der Reichs- regierung durch Veröffentlichung zweideutiger Erklärungen den Ver- leumdern die Möglichkeit, ihre Lügen ein« Zeitlang zu wiederholen. Heute wie damals muß schließlich der Reichsminister Strese- mann selbst unter dem Drucke der Verleumdeten durch eigene Er- klärungen von diesen Treibereien abrücken. Nur zeigte das WTB. lies die Presseabteilung damals viel größeren Verbreiwngs- eifer gegenüber der unwahren Auslassung derZell ", als heute gegenüber der Erklärung Stresemanns an denVorwärts". Heute wie damals endlich war Genf der Ursprung der Ver- leumdungen. Heute wie damals gruppiert sich der Skandal um den Namen Aschmann. Damals war Herr Aschmann, der zu den rechtsgerichteten deutschen Sonderkorrespondenten, darunter zu dem in Genf weilenden Herrn Otto K r i e g k rege Beziehungen unterhielt. Über die Mission Keßlers sehr ungehalten, erstens weil er sich als der ortsansässige deutsche Generalkonsul für den ge- gebenen offiziösen Mittelsmann hiell und durch die Entsendung Keßlers zurückgesetzt fühlte, zweitens weil er überhaupt dem Völker- bund wenig sympathisch gegenüberstand. Worüber ist Herr Aschmann diesmal ungehallen? Diese Vergleiche und Reminiszenzen beruhen natürlich nur aus Zufällen. Auf seltsamen Zufällen allerdings.

Da» Seeckl-ssrühstück Tschilfcherin». Der Frühstücksbesuch Tschiffcherins bei General von Seeckt fall nach Meldungen der Ber - liner Presse ein unliebsames Nachspiel gehabt haben, indem CTngland durch seinen Botschafter habe wissen lassen, daß Zwischenfälle dieser Art den angenehmen Beziehungen zwischen Deutschland und England, wie sie in der letzten Zeit geherrscht hätten, kaum zuträglich sein könnten". Gegenuber diesen Behaup- tungen wird an zuständiger Stelle erklärt, daß England weder schriftlich noch mündlich, noch in irgendeiner Form bei dem Auswärtigen Amt vorstellig geworden sei. Der griechische INInisterpräsidenl Pangalo, hat durch Erlaß ver- fügt, daß jeder Kandidat für die am 10. Januar stattfindenden Senatswahlen einen Revers unterschreibt, in dem er die republikanische Staatsform ausdrücklich an- erkennt.

Jahres doch nicht gar so arg gewesen sein kann, oder aber die düstere Ahnung, daß der Grundstein zu mancher Pleite erst am Silvester- abend gelegt werden wird. Nach oberflächlicher Berechnung hoffen die Berliner Gastwirte, Hoteliers, Cafe- und Kabarettbesitzer rund 2 Millionen Berliner derart zu Mindestsätzen von 3 bis 4 Mark an ins neue Jahr beför- dern zu dürfen. Jedes Etablissement, das etwas auf sich hält, hat feine SpezialÜberraschungen, sein Spezialkonfetti, eigen« Zucht von Papierschlangen und wessen es sonst noch zu Siloester bedarf. An- nähernd 4000 Silvesterkapellen werden den erforderlichen Klamauk besorgen, 800 außeretatsmähig engagierte Schauspieler, Sänger und Kabarettisten werden dem alten Jahr die letzten Stunden oerekeln und dem neuen Vorschußlorbeeren flechten. Schließlich werden 19 000 Kellner die Siloesterfreude saldieren und damit die erste Börsenstimmung" im neuen Jahre zeitigen. Aber wer sich dergleichen nicht leisten kann, gebe sich keinen trüben Gedanken hin. Auch imSchöße der Familie" gedeiht der Silvesterbazillus. Er ruht in der Füllung des Berliner Pfann- kuchens, wohl eingebettet in Sägewäne oder Papiermache, er lauert, von sachkundiger Tertianerhand sachgemäß angebracht, unter den Stuhlbeinen, so daß der ahnungslos« Gast im Augenblick, wo er sich niedersetzt, meint, das Jahr noch mit einer Höhenfahrt beschließen zu müssen. aber dafür ist der Punsch auch weitaus erfreulicher, als in irgendeinem Lokal, derPolnische Karpfen" in Warschau gibt man zu SiloesterVerliner Karosen", gut bürgerlich genannt ist beides Karpfen in Bier entschieden der getrüffelten Poularde vorzuziehen und schlimmstenfalls tostet die ganze Geschichte eine Verlobung._

Abel al» Slriese. Im Radio war gestern abend derRaub der S a b i n e r i n n e n", der fiir's normale Guckkastentheäter von den Brüdern Schönthan schon vor mehr als 40 Jahren geschrieben wurde, zu hören. Heftig wie immer tobte der Kamps um die Aufführung des grandiosen Römerdramas, das den Herrn Prgfessor Gollwitz zum Verfasser und zum Verbrecher hat. Jedem machte es großes Vergnügen, Alfred Abel als Theaterdirektor Ernanuel Striese zu erleben. Abels Gesächsel klang zwar nicht ganz so, wie es im Lande des früheren Genies Brauch ist, ober es wirkte doch immerhin komisch genug, um alle Pointen hübsch zur Geltung zu bringen: nur die berühmte Verteidigung der Schmiere mißlang am Ende des zweiten Aktes. Gegen die ganze Aufführung, an der ferner noch Karl E b e r t und Maria Paudler vom Staätstheaker besonderes Verdienst hatten, wäre somit nichts weiter einzuwenden, als etwas Grundsätzliches: Warum bringt man außer diesem alterprobten, aber doch vor allem situationskomischen und so- mit unfunkischen Bühnenschwänken nicht mehr iunkgeeignsle? Das Funklustspiel muß etwas anderes sein, als das Lustspiel auf der Bühne, vor allem brauchen wir es witzreicher, gedrängter und ideen- voller.. Man wird einwenden, daß es solche Lustspiele eben nicht tibi. Dieser Einwand ist bedingt richtig. Aber sollte er nicht gerade ieranlassung sein, um so fleißiger auf die Suche zu gehen? Ver- anlassung oiellleicht,«in Preisausschreiben zu veranstollen, das ge- eignete Rundfunkschauspiele ans Tageslicht und auf die Radiowelle fördert. Oft genug wurde von uns der Ruf gehört:Junge Dichter vor die Front!" hier aber versagen zurzeit die Offiziere. Und gerade für Berlin währt dieser Waffenstillstand schon zu lange, . er««», j