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Entlastungszeugen gibt's nicht!

Warum die Vernehmung belgischer Zeugen abgelehnt

wurde.

Die Ablehnung des Wiederaufnahmegesuchs im Prozeß

Die ungarische Sozialdemokratie.

Bandt erregt immer größere Verwunderung. Wir haben Parteitag unter Polizeikontrolle.

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bereits darauf hingewiesen, daß die ganze Beweisführung des Reichsgerichts gegen den beschuldigten Schriftsteller Wandt zusammenbricht, wenn bewiesen werden kann, daß die in Frage stehende Urkunde, deren Auslieferung"( 1921!) an­geblich Landesverrat darstellen soll, schon zwei Jahre früher im belgischen Besiz war, und daß diese Ausliefe­rung nicht durch Wandt erfolgt sei. Zeugen dafür fönnen naturgemäß in erster Linie nur Belgier sein. Das Reichs gericht hat aber sowohl bei der Berurteilung, wie bei der Ent­scheidung über den Wiederaufnahmeantrag die Bernehmung der vorgeschlagenen belgischen Zeugen abgelehnt. Aus welchen Gründen das geschah, das berichtet der Verteidiger Wandts, Genosse Kurt Rosenfeld   in einer Zuschrift an das Ber­liner Tageblatt", das einige Fragen wegen dieser Nichtver­nehmung gestellt hat. Rosenfeld schreibt u. a.:

Sie fragen zunächst, warum Bullus vor dem Reichsgericht nicht vernommen worden ist. Diese Bernehmung hatte ich seinerzeit in der Hauptverhandlung beantragt. Sie ist aber vom Reichs­gericht mit der Begründung abgelehnt worden, daß die Aussage des Herrn Wullus deshalb nicht beweisträftig sei, weil er als Teilnehmer an der Tat des Angeklagten in Betracht tomme!

Sie fragen ferner, ob jeẞt wenigstens Schritte getan find, um Herrn Wullus zu vernehmen. Hierauf tann ich antworten, daß in dem von Herrn Rechtsanwalt Obuch und mir gemeinsam gestellten Wiederaufnahmeantrage auch die Vernehmung des Herrn Bullus beantragt worden ist. Diese Bernehmung ist aber jetzt vom Reichsgericht, aus denselben Gründen wie in der Hauptver­handlung, abgelehnt worden!

Troß dieser Entscheidungen des Reichsgerichts soll und darf es aber nicht bei dem rechtsträftigen Urteil des Reichsgerichts bleiben, das auch ich in Uebereinstimmung mit Ihnen nur als ein Fehlurteil betrachten tann.

Das Berliner Tageblatt" richtet an das Reichsjustiz ministerium die Anfrage, wann endlich es zu diesem Prozeß­skandal das Wort nehmen wolle.

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Bekenntnis zur Republik  .

Nepszava  ". Der Frauenfongreß aufgelöst.

Unser ungarischer Korrespondent schreibt uns: Während der Weihnachtstage hielt die sozialdemokratische Partei ungarns   ihren 23. Parteitag ab. Die Deutsche   Sozialdemokratie war durch den Genossen Crispien vertreten. Als Vertreter aus­ländischer Bruderparteien waren anwesend: Ellenbogen ( Desterreich), Dr. Topalovic( Jugoslawien  ), Stipin, 3imat, Noviny und Mayer für die Tschechoslowakei  . Der Parteitag war von 435 Delegierten beschickt. Auch die Horty- Regierung war in der Gestalt zahlreicher Polizeibeamter äußerst start ver­treten; allein am Tisch des Vorsitzenden saßen hina

ständig mehr als sechs Polizeioffiziere,

in die Reihen der Delegierten hatten sich viele Detettive ein geschlichen. Die Berichte der Parteileitung, der Barlamentsfrattion und der Kontrollkommission wurden nach turzen Debatten angenommen. Sämtliche Redner betonten, daß die Parteieinheit das wich­tigste Kampfmittel gegen die Reaktion in Ungarn   fei. Einige der Delegierten sprachen sich gegen ein Zusammengehen der Partei mit bürgerlichen Parteien im Parlament aus.

Genosse Peyer, Mitglied der ungarischen Nationalversammlung, hielt ein Referat über die politische und wirtschaftliche Lage Ungarns   und über die Arbeitslosigteit. Er wandte sich scharf gegen eine Rückkehr der Habsburger   und die monarchisti­fchen Putschversuche der Rechtsradikalen. Im Namen der sozial demokratischen Partei verlangte Peyer die Sicherung der Freiheitsrechte des einzelnen ungarischen Bürgers und eine Boltsabstimmung über die Staatsform für Ungarn  . Er gab der Ueberzeugung dahin Ausdrud, daß das ungarische Volk

eintreten würde.

enfschieden für die Republik  

Die verfolgte

abhängigkeit der ungarischen Richter, die Wieder herstellung der Schwurgerichte in politischen Strafprozessen und die Aufhebung sämtlicher für einen Kriegsfall vorgesehenen Ausnahmegefeße.

Genosse Emmerich Szabo gab ein Bild vom Stand der ungaris schen Parteipresse. Das eigentliche Organ der ungarischen Arbeiter fchaft

Nepszava  " wird ständig verfolgt. Bier Mitglieder der Redaktion figen gegenwärtig im Kerker.

Im vergangenen Jahre wurden 146 Strafprozesse gegen das Blatt eingeleitet und allein im letzten Vierteljahr Geldstrafen in einer Höhe von mehr als 150 Millionen Kronen verhängt. Das alles hat das Sprachrohr der ungarischen Arbeiterschaft nicht zum Verstummen gebracht; denn die ungarischen Proletarier haben bisher mehr als das Zweifache dieser Summe aufgebracht.

Besondere Kommissionen wurden zur Revision des Par= teiprogramms und zur Ausarbeitung eines Agrarpro gramms eingefeßt. Sie sollen dem nächsten Parteitag ihre Ent­würfe vorlegen. Bei der Wahl der Parteileitung wurde die vor gelegte Lifte angenommen.

Der gleichzeitig mit dem Parteitag stattfindende sozialdemokra­tische Frauentongreß verfiel der Auflösung durch die Polizei. Sie steht in direktem Zusammenhang mit der Rede, die die Genossin Anna Rethiy furz zuvor in der Nationalversamm­lung gehalten hat, wobei sie durch ihr energisches Auftreten gegen eted neue Kriegsvorbereitungen der Horty- Regierung. bei den Mitgliedern der Regierungspartei lebhaften Unwillen her­vorrief. Als auf dem Frauenkongreß dieser Vorgang im Parlament zur Sprache fam, schritt der überwachende Polizeirat, der die Tagung von Anfang an durch höhnische Bemerkungen zu stören versucht hatte, zur Auflösung der Bersammlung, wobei fich feine Bolizeigefellen gegenüber den. Genoffinnen durch rohe 3oten und wüste Schimpfworte hervortaten. Ellenbogen sowie die Vertreter anderer ausländischer Parteien Am zweiten Kongreßtage hatten die Genossen Crispien und in Begleitung der Genossen Esztergalyos und Kethly die Gräber der Märtyrer der ungarischen Arbeiterbewegung, der Genossen Samogyi und Bacso ,, mit Kränzen geschmückt. Gleichzeitig. mit dem ungarischen Parteitag fand eine Konferenz von 91 Dele­gierten der deutschsprechenden fozialdemokratischen Arbeiter Ungarns   statt, die ebenso zuperfichtlich verlief wie der Parteitag der

Genosse Propper, ebenfalls Mitglied der Nationalversammlung, Wir fürchten, daß auch diese Frage vergeblich sein wird. sprach über die Wiederherstellung der allgemeinen Freiheitsrechte. Herr Luther, der das Justizministerium geschäftsführend" Er verurteilte das Treiben der ungarischen Reaktion, deren Regie Herr Luther, der das Justizministerium geschäftsführend" rung durch ihre Weihnachtsamnestie" nur vier politische Gefangene verwaltet, wird wahrscheinlich wenig Neigung haben, gegen freigelassen hat. Von einer allgemeinen Aufhebung der das Reichsgericht Stellung zu nehmen. Aber daß er das Verurteile wegen politischer Bergehen und von einer Bereini. fahren des Reichsgerichts und damit die Rechtsverweis gung der Emigrantenfrage ließ die Regierung nichts ver­gerung billigen fönnte, wagen wir selbst Herrn Luther   lauten. Lediglich einzelnen als politische Flüchtlinge im Aus­nicht zuzutrauen. land lebenden Emigranten wurde die Bewilligung zur Heimkehr er­teilt, allerdings mur unter der Bedingung, daß sie sich schriftlich ver­pflichteten, fünf Jahre lang an feiner politischen Bewegung teilzu­nehmen. Unter dieser politischen Bewegung ist die sozialdemokratische Partei gemeint, Genosse Propper verlangte die vollständige Un| ungarischen Bruderpartei..

Fall Himmelsbach und Bayern  . Unnötige Härte.

München  , 30. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Seit dem Prozeß der Firma Gebrüder himmelsbach gegen den Rebatteur des Fachblattes Holzmartt" in Berlin  , in dem einige Direttoren der Firma gegen Beamte der bayerischen Forst abteilung beleidigende Aeußerungen gebraucht hatten, hat die bayerische Regierung die Firma Himmelsbach von den o13 versteigerungen in den bayerischen Staatswaldungen aus­geschlossen. Dieser Bontott hat zur Schließung der in Bayern   ge­legenen Holzverarbeitungsbetriebe der Firma geführt, wobei rund 1000 Arbeiter und Angestellte brotlos gemacht wurden. Die Firma hat wiederholt versucht, durch loyale Erflärungen die Streifigkeiten, die früher auch im Freistaat Hessen   bestanden, bort aber längst bei­gelegt wurden, aus dem Weg zu räumen. Aber das zuständige bayerische   Finanzministerium hat sich unter dem Drud gewisser wirtschaftlicher und politischer Gruppen harinädig gezeigt. Nunmehr hat die Firma neuerdings im Namen des Aufsichtsrats und der beiden Direktoren Joseph und Ostar Himmelsbach dem bayerischen Finanzministerium eine Erklärung zukommen lassen, in der die im

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Felig Balloffon, der Maler und Graphiter, ist turz nach Voll­endung seines 60. Lebensjahres in Paris   gestorben. Er gehörte um die Jahrhundertwende zu dem kleinen Künstlerkreise, der als erster gegen die Alleinherrschaft des Naturalismus rebellierte. Der meniger die erafte Wiedergabe eines Natureindrucks, als die selbst. itändige Ausdruckskraft der Farbe und Linie und die Komposition des Bildes als eines rhythmischen Organismus anstrebte. Aus den foloristischen Errungenschaften der Freilichtmalerei, aus gedämpften, schwebenden, schwimmenden, duftigen Farben gewann Ballotion neue Mittel zur Gestaltung seelischen Erlebens. Die Japaner lehrten ihn die Behandlung der Graphit als reiner Flächenkunst. In wundervollen Einzelblättern( Bildnisse, Szenen aus dem Pariser Leben usw.) und Illustrationen( Scheerbarts Raftor, der Billio­när" u. a.), die mit ihren reinen, flaren Linienfonturen und tief­schwarzen Schatten ganz auf die Kontraftwirkung heller und dunkler Flächen gestellt waren, wies er dem europäischen   Holzschnitt neue Wege. Er war ein großer Künstler und ein noch größerer Anreger. 10 000 Bücher auf einer Glasplatte. Ein neues Verfahren zur Herstellung kleinster Mitro- Photographien hat Dr. Goldberg auf dem Internationalen Photographischen Kongreß in Paris   mitgeteilt. Wie in ,, Reclams Universum" berichtet wird, ist es auf diese Weise mög­lich, den Inhalt von etwa 10 000 Büchern zu je 100 Seiten auf einer Glasplatte von 9 × 12 Bentimetern auf photographischem Wege zu reproduzieren. Diese Schrift tann natürlich nur mit Hilfe eines Mikroskops gelesen werden. Wenn diese aufs höchste gesteigerte Ber­fleinerung heute auch nur wissenschaftlichen Wert hat, so ist es doch nicht undenkbar, daß man einmal Bücher auf diese Art herstellen wird.

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Prof. Alein Madenrodt, der bekannte Berliner   Frauenarat, ist im Alter bon 66 Jabren gestorben. Er hat fich namentlich als Chirurg in der operativen Behandlung des Krebses einen Namen gemacht.

Elisabeth Bergner   lieft" Fräulein Elfe von Arthur Schnitzler   auf dem 5. Dichterabend des Verbandes Deutscher Erzähler", und zwar, ent gegen der ersten Ankündigung, erst am Sonntag, den 7. Fe bruar 1926, abends 7, Uhr, im Plenarsaal des Reichstages.

Eine deutsche Gemäldeausstellung in Wien  . In der Zeit von Mitte Februar bis Ende April findet in Wien   eine Jahrhundertausstellung deutscher   Malerei statt. Als Generalpertreter für die Ausstellung iſt der Direktor der Münchener   Pinakother Dr. Börnhofer bestellt worden. Die Aus. stellung wird ein Bild der deutschen   Kunst der letzten hundert Jahre entrollen. Die Sowetfeiertage des kommenden Jahres. Da im Jahre 1926 mehrere von der Sowjetregierung bestätigte Feiertage auf Sonntage fallen und die den Arbeitern zugedachte Arbeitsruhe auf diese Weise verkürzt werden würde, hat die Somjelregierung angeordnet, im nätsten Jahr als Ersatz für diese Tage den 6. Juli( Gedenktag der Annahme, der Verfassung des Sowjet­bundes) und den 8. November( zweiter Gedenktag der bolfchemistischen Revolution von 1917) als Feiertage mit voller Arbeitsrube begeben zu laffen. Selbstmord eines ruffifchen Dichters. Der russische   Dichter Sergius Seffenin hat in Leningrad   Selbstmord verübt.

Ein internationales zahnärztliches Forschungsinffitut wird jest von der Internationalen Zahnärztlichen Bereinigung vorbereitet, die dafür eine Sommission auf ihrer diesjährigen Genfer   Tagung gewählt hat. Die Leitung foll aus inf Mitgliedern bestehen, gewählt von der Hygiene- Kommission der Bereinigung. Die französischen   Bahnärzte ftimmten 1. 3. diefer deutschen  Anregung zu. Es wird erwartet, daß aus den großen amerikanischen  Stiftungen der Dental Affociation eine halbe Million Dollar dem Institut

zur Verfügung gestellt wird.

Prozeß gefallenen beleidigenden Aeußerungen mißbilligt und mit dem Ausdruck des Bedauerns zurüdgenommen wurden. Unter diesen Umständen wird die bayerische Regierung wohl ge­zwungen sein, entsprechend ihren früheren Erflärungen im Land­| tag den Strafbontott vor allem im Interesse der Arbeiter und Angestellten aufzuheben.

Kyffhäuserbund und Republik  .

Worte und Taten.

Der Borstand des Kyffhäuser   bundes veröffentlicht eine von Generaloberst a. D. v. Heeringen gezeichnete Neujahrs. fundgebung, in der der Bund als parteipolitisch neutral bezeichnet wird und in der es dann heißt:

,, Bon uns feindlich gesinnter Seite wird immer wieder der Versuch gemacht, das Eintreten für die alten Farben und damit für die Pflege der Tradition des alten Heeres und Deutschlands  großer Vergangenheit der Organisation und ihrer Leitung so aus­zulegen, als richteten sich die Bestrebungen gegen den Bestand der Republit. Dem muß an dieser Stelle noch mals auf das schärfte entgegengetreten werden. Ohne den Zusammenhang mit der Vergangenheit, in der das Reich geschaffen wurde, ist sein Fortbestand nicht möglich. Der Deutsche Reichstriegerbund Kyffhäufer" wird auch in Zukunft unter unbedingtem Festhalten an feiner Sagung fern von jeder parteipolitischen Beeinflussung und finan­ziell nur gestützt auf die bescheidenen Beiträge seiner Mitglieder, en der Pflege der großen Vergangenheit unseres Volkes und an dem steten Ausbau seiner Wohlfahrtseinrichtungen arbeiten."

Es ist nicht das erstemal, daß sich dieser schwarzweißrote Kriegerbund der Deffentlichkeit gegenüber einen harmlosen Anstrich gibt. In der Praxis aber wird meistens die Pflege der großen Bergangenheit" mit einer monarchistischen, antirepubli. fanischen Propaganda verwechselt, und die parteipolitische Neutralität besteht darin, daß man die Anhänger rechtsradikaler Verbände mit offenen Armen aufnimmt und die Mitglieder des ver faffungstreuen Reichsbanners hinauswirft. Ueber diese Tatsachen tönnten auch die schönsten Neujahrsfundgebungen nicht hinweghelfen, so blamabel es auch für die Säbelraßler vom Kyffhäuserbund sein mag, daß ihr Ehrenvorsigender als Reichspräsident das Gegenteil der Politik unterstützt, die sie betreiben.

Die hinausgeschobene Krise. Alles hängt vom sozialistischen   Parteitag ab.

Paris  , 30. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Das politische Jahr 1925 geht für Frankreich   zu Ende ohne Ministertrife. Dafür wird das neue Jahr im sicheren Beichen einer Krise beginnen. Wenn es Briand   gelungen ist, den Ausbruch der Krise zu verhindern, so ist das in erster Linie darauf zurückzuführen, daß mit Ausnahme eines Teils der Rechten und einiger weniger Radikalfozialer niemand fie im gegenwärtigen Augenblick gewünscht hat. Eine große Rolle hat das direkte Eingreifen des Kammerpräsidenten Herriot gespielt, der seine Freunde, die im Kabinett sigen, zu sich kommen ließ und sie dringend bat, eine versöhnliche Haltung einzunehmen, um die Krise zu verhindern. Das Ein greifen Herriots wird sehr verschiedenartig in den Linkskreisen tommentiert. Die einen wollen wissen, daß es ihm vor allem darauf anfam, ein 5 i'n ausschieben der Krise zu erreichen bis zum außerordentlichen sozialistischen   Rongreß, der über die Frage der Beteiligung an der Regierung ent­scheiden wird. Die anderen behaupten, er habe seine Soli­barität mit dem Kabinett gegen die Sozialisten betonen wollen, denen er es nicht verziehen habe, daß sie vor einigen Wochen die Bildung seines Kabinetts verhindert haben.

| treten, als den Vorschlägen Doumers zuzustimmen, hört man ebenfalls innerhalb der Linkskreise widersprechende Urteile. Die einen interpretieren ihr Verbleiben als Umfall, die anderen als Opfer, das sie den taktischen Erfordernissen des Linkskartells zuliebe gebracht haben, das in eine schwierige Lage gekommen wäre, wenn eine Ministerkrise vor der Ent scheidung des sozialistischen   Parteitages ausgebrochen wäre. Getlärt ist die Gesamtfituation feineswegs. Ein großer Teil Der Rechten zeigt sich sehr enttäuscht darüber, daß Briand  die Gelegenheit, es zur Krise fommen zu lassen, nicht benut hat, um das vom Nationalen Blod gewünschte Ministerium Der heiligen Einigkeit" zu bilden. Durch das Lob, das gewiffe Blätter des Nationalen Blocks Briand   spenden, klingt ziemlich deutlich das Mißtrauen heraus, das sie dem Unterhändler von Locarno   entgegenbringen.

Auf der Linken erklärt man, daß die zukünftige Entwid­lung nun mehr als je von den Beschlüssen, die der sozialistische Kongreß faffen werde, abhinge. Wird die sozialistische Partei eine ablehnende Haltung einnehmen, so bleibt den entschieden linksgerichteten Elementen nichts mehr übrig als in die Opposi­tion zu gehen und die Rechte wieder ans Ruder fommen zu lassen," erklärte am Mittwoch in den Wandel­gängen der Kammer der frühere Marineminister Dumesnil, der in der vom Lintstartell gebildeten Finanzkommission eine führende Rolle spielt. Jm vertrauten Kreise fBriand erflärt haben, daß er gern einem anderen Plaß machen würde, wenn die sozialistische Partei, wie er es im Interesse der zu­fünftigen Entwicklung Frankreichs   für notwendig halte, auf ihrem Kongreß beschließe, sich an der Regierung zu beteiligen. Diese Frage der Beteiligung der Sozialisten beherrscht gegen­wärtig die öffentliche Meinung. Solange teine Antwort dar­auf erfolgt, wird die französische   Innenpolitik eine gewisse Er­starrung erfahren. Da der sozialistische Kongreß, der auf den 10. Januar einberufen ist, mit dem am 12. Januar er­folgenden Wiederzusammentritt des Parlaments zusammen­fällt, kann die kommende Session unter flareren Umständen beginnen als denjenigen, unter denen die Wintersession zu ihrem verwirrten Ende geht.

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Leon Blum   gegen Regierungsbeteiligung. Die Stellungnahme der Bezirksparteitage. Paris  , 30. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) In Anbetracht des für den 10. Januar einberufenen Kongresses der sozialistischen  Bartei Frankreichs   hat Genosse Leon Blum   an die Bezirksver­bände des Seine Departements, an deren Versammlung er teil­zunehmen nicht in der Lage sei, ein Schreiben gerichtet, in dem er fich gegen die Beteiligung der Sozialisten an der Regierung ausspricht und seine Absicht fundgibt, seine Auffassung auf dem Barteitage zu vertreten. Die Entscheidung des Seine- Departements ist noch nicht getroffen. Auch die Bezirksverbände der übrigen De­partements haben erst teilweise zur Frage der Beteiligung an der Regierung Stellung genommen, wobei sich die einen für, die anderen gegen die Beteiligung ausgesprochen haben. Es ist im Augenblick noch nicht möglich, sich ein Bild über die zukünftige Hal­tung des Parteitages zu machen, doch ist es bezeichnend, daß die über zahlreiche Mandate perfügende Nord föderation sich gegen die Be­teiligung ausgesprochen hat.

Regierungsumbildung in England. Evening News" melben, daß Ministerpräsident Baldwin unmittelbar nach Neujahr eine Umbildung des Kabinetts vornehmen werde.

Der Reichskommissar für die befehten Gebiete hat dem Befehls. Ueber die Opportunität des Berhaltens der radikalfozialen haber der alliierten Bejagungstruppen feinen Antrittsbesuch gemacht. Minister, die in Daladier   und Chautemps bis zur Jn der sich anschließenden Unterredung wurden die verschiedenen letzten Stunde sich entschlossen erklärt hatten, eher zurückzubie Bejeßung betreffenden Fragen erörtert.