die Wirtschaftslage Polens . Ei« günstiges Urteil Professor Caemmerers. Walschau, 11. Januar. (Eigener Drahtliericht.) Die Wert. nerrninderung der aus 1 Dollar gleich 5,18 Zloty stabilisierten Währung um rund ein Drittel ihres Wertes und die schwere Wirt- schaftskrise in Polen infolge der Kapualnot(allerdings auch infolge de» fehlenden Zlbsayes nach Rußland !) soll durch eine Dollaranleihe geheilt werden. Gewiß um ihre Sicherheit zu prüfen, ist— wenn auch nicht mit amtlichem Charakter— der amerikanische Finanzsachverständige Professor Caemmerer einige Wochen in Polen ge- wesen. Vor seiner Heimreise hat er den Pressevertretern in Warschau folgende Erklärungen abgegeben: Das allgemeine Finanz- und Dirtfchaftsproblem Polens , wie auch dessen Finonzschwierigkeiten unterscheiden sich nicht von den ähnlichen Nachkriegs Problemen vieler anderer Länder. Im Augenblick, wo ich �siolen verlasse, bin ich viel optimistischer als im Augenblicke meiner Ankunft. Der Fortschritt in Polen kann durch intensive Arbeit, durch Kraftanstrenguna und den Opferwillcn des ganzen Voltes erreicht werden. Polen besitzt große und viel- faltige Naturreichtümer. Die groß« Kraft, mit der die pol- nische Nation ihre nationale Existenz durch 150 Jahre der Fremdherrschaft verteidigt«, der Wiederaufbau des Landes nach dem Weltkrieg und noch der bolschewistischen Invasion beweisen die innere Kraft des polnischen Voltes. Durch den Pakt von L o c a r n o wurde Polens Sicherheit im internationalen Sinne befesttigt. Die finanziell« Depression war das Ergebnis eines un> begründeten, übermäßigen Mangels an Vertrauen zu den eigenen Finanzer«. Polen wollte aus eigener Kraft die finanzielle Sanierung durch. führen und hat dadurch einen.Fehler begangen. dessen Quelle ein schätzenswerter eigener Ehrgeiz war, der aber die eigenen Kräfte überschätzt hat. Die Ernte 1925 war gut. Die .Handelsbilanz ist feit einer Reihe von Monaten günstig und wird sich in diesem Zustande für die Zukunft erhalten lassen. Die Engrospreise sind in Polen im Verhältnis zum Sturz'des Zloty nicht in die Höhe gegangen. Der Kurs des Dollars fiel von 12,50 auf 8 Zloty. Die Engrospreise in Polen im allgemeinen sind seit 1911 viel weniger in die Höhe gegangen als im übrigen Europa imd Amerika . Die gegenwärtige Politik der polnischen Regierung ist sehr gescheit, weil sie eine rücksichtslose Herabsetzung der Ausgaben (besonders der Beamtengehölter und durch Beurlaubung der Sol- baten ohne Löhnung und Verpflegung. Red. d. B.) im Budget wie auch Einschränkungen de» Imports und der inneren Kon- f u m t i o n umfaßt. Die Staatsausgaben wurden um 500 Millio- nen Zloty, d. h. um 25 Proz. gegenüber 1925 reduziert. Die S t a. bilijierung des Budget» für dieses Jahr ist gesichert. Die Bank von Polen (Emissionsbank) hat zu rücksichtslos das Prinzip der Aufrechterhaltung der Reserven gegenüber der Emission eingehalten. Die Reserven dürfen 40 Proz. der Emission decken. Der Umlauf der Staats scheine(neben den Banknoten. Red.) ist zu groß. Infolge der entschlossenen Politik des Abbaus der Ausgaben wird die finanzielle Situation in Polen sich bessern. Das polnische Volk führt Sparmaßnahmen in einer Welse durch, die den Beweis eine« starken Patriotismus Lefert. Die Aussichten für die Zukunft sind günstig. Diese Erklärungen sind gewiß eine stark« Hilfe für Polens Zw- leihewünsche. Mit der Aeußerung über das Nichtsteigen der Groß- Handelspreise kann Caemmerer nur meinen, daß die•— unleugbare— Steigerung geringer sei. als der Wertminderung entsprechen würde. Aber die sehr große Arbeitslosigkeit— in Lodz 50 000 Ar- beiter von 500 000 Einwohnern! und der miserable Geschäftsgang überhaupt haben die Kaufkraft tief herabgedrückt. Beträgt doch die Erwerbslosenunterstützung höchsten, 1 Zloty 50 Groschen(jetzt 75 Pf.) täglich für eine ganze Famlliel In den powischen Kohlenrevieren von Ostoberfchlesien und Dom- browa ist die Wirtschaftslage etwa» besser all sonst in Polen , weil infolge de» Zlotysturze« die polnische Kohle im Ausland mehr ge- kaust wird. Aber in Polen selbst betrögt der Kohlenverbrauch pro Kopf und Jahr nur eine halbe bis dreiviertel Tonnen gegen 3 Tonnen in Deutschösterreich und und an 7 Tonnen im Deutschen Reich. Der Inlandspreis der polnischen Kohl« sst 25 Zloty pro Tonne, während man sie poch Skandinavien und Italien für 11 Zloty, nach Deutschösterreich— wo die britisch« Kohle nicht mitkonkurriert— für 18 Zloty abgibt I Die Geringfügigkeit de» Jnlandverbrauches ist, neben dem Stillstand so vieler Fabriken und der Polksarmut, auch der Holzfeuerung auf den Bahnen in Ostpolen zuzuschreiben. Di« neu« Zlotystobllisierung wird zu bedeutend niedrigerem Zlotywert al» dem seitherigen erfolgen müssen, wenn Polen export- fähig bleiben soll. Und den entscheidenden Markt, für den die kongreßpolnische Berg- und Textilindesstri« solange gearbeitet hat. den Absatz im weiten Rußland , wiederzugewinnen, besteht leider noch keine Aussicht. Das russisch « Außenhandelsmonopol hatte in Lodz große Bestellungen gemacht, sie aber trotz weitgehender Kreditongebote der Industrie wieder zurückgezogen— offenbar, well man nicht zahlen kann. Ans der franzäsifchea Dlplomakle. Nach dem.Petit Parisien' sollen im französischen Auswärtigen Amt nicht unbedeutende Um- befetzunaen gevlam sein. Der bisherige politisch« Direktor Laroche soll an Stelle des in den Ruhestand tretenden De Panafieu zum Bot- s-bafter in Warschau ernannt werden. Ein« Neubesetzuno dieie« Rosten» im Au-wörtigen Amt sei nicbt zu erwarten. Der Direktor für die Handelebeziehungen, De lo Pougnaboresse, soll den Posten eine» Generaldirektor» der Ottomanischen Bank übernehmen und durch den Botschaftsrat de Saint-Qu entin. früher in Berlin , ersetzt werden.
Bus öer Partei. Karl Erdmann. der Leiter der Gesellschaft„Aufbau und Werden' und der Derlagsanstalt„Deutsch « wlrtschastspolitisch« Gesellschaft', hat dem Bezirksvorstand Berlin unter dem 8. Januar 1926 mitgeteilt, daß er mit seiner Frau aus der Sozialdemokratischen Partei ausscheidet. Ein Antrag auf Ausschluß Erdmanns aus der Partei war von der Zehlendorfer Abteilung schon am 4. Januar beim Be- zirksvorstand eingereicht worden. Zur nächsten Sitzung des Bezirksvorstandes sollte Erdmann geladen werden. Dem Ausschluß ist er also rechtzeitig aus dem Wege gegongen. Erdmann kündigt in seinem Schreiben weiter an:--Meine Gründe werde ich Ihnen m den allernächsten Tagen durch die OeffenUichkeit mitteilen.' Was Erdmann zu sagen hat, ist der Oeffentlichkeit schon bekannt. Ebenso bekannt ist. daß sein Ausschluß wegen der von chm versuch- ten Korrumpierung der Partei durch Perwendung von Geldern arbeiterfeindlicher Unternehmerorganisationen erfolgen sollte. Der Ausschlußantrag der Zehlendorfer Organlsotüm gründete sich auf die Ermittelung der Parteiinstanzen, auf die der ..Vorwärt,' schon am 25. Oktober 1925 mit einer Warnung vor den Uniernehmungeo Erdmanns hingewiesen hatte. Ein Parlamenlsjubiläum begeht in diesen Togen der Genosse Wllhclm Kell. Cr wurde vor 25 Jahren in den württemberaischen Landtag gewählt. Mit ihm traten damals die Genossen Hildenbrand. Tauscher. Kloß und Pfarrer Blumhardt in den Landtag ein. Hilden . brand ist heute nicht mehr württembergischer Landtagsabgeordneter: die anderen drei Genannten sind seil Jahren verstorben.— Unsere Partei ist heute im württemberaischen Landtag durch 13 Genossen vertreten
Wetterwenöe. Wer hätte noch am Sonnabend gedacht, daß es am Montag Stein und Bein friert? Am Freitag abend noch rieselte ein aus- gewachsener Landregen in elegischer Breite auf die arme Stadt und ihre Bevölkerung hernieder— es war so das richtige nahkalte Wetter, ohne daß die Quecksilbersäule chre Höhe änderte. Am Man- tag kam Kälte und heute muß man die Cisblumen an den Fenstern der Straßenbahn auftauen, um feststellen zu können, ob man noch nicht bald die fahrende gastliche Stätte mit threr Polartemperaülr oerlassen kann. Der Uebergang von den kalten Wintern unserer Zone in ein« warme„kalte Jahreszeit'— so wie es die Wetter - gelehrten vorausgesagt haben— vollzieht sich in Formen, die an Reichtum der Abwechselung nichts zu wünschen übrig lassen. Heut- kall. morgen warm, übermorgen kalt und so fort mit Grazie. Da haben selbst die Dollarbeiter zu tun, ihren Wohnungen eine ertrag- liche Temperatur zu geben. Um so schlimmer geht es den Erwerbs- losen, der„industriellen Reservearmee'. Kein« Kohlen im Keller, kein Geld im Hause— zum Hunger noch die Kälte! Selbst die Kohlenhändler haben nicht viel vom veränderlichen Winter: Ist's warmes Wetter, braucht niemand Kohlen, ist es kalt, können die Erwerbslosen dennoch keine Kohlen kaufen. Wir haben einen schlimmen Wkmer, meteorologisch wie sozial! « Ueber die Wetteraussichten für die nächsten Tag« ist etwa sol- gendes zu sagen: Der plötzliche Wetterumschwung, dessen Anzeichen bereis am Montag ig Erscheinung traten, ist auf eine vollkommene Bcränderung der Lusidruckoerhältnisse in Mittel- und teilweise auch Osteuropa zurückzuführe». Nachdem noch vor wenigen Tagen das Thermometer für die jetzige Jahreszeit ungewöhnliche Wärmegrade anzeigte, ist das Thermometer heute morgen aus minus 9 Grad gefallen. Das Barometer steigt ständig und hat einen Stand von 779 Millimetern erreicht. Demnach scheint das über uns lagernd« Hochdruckgebiet für die nächsten Tag« klares Wetter zu verbürgen. Aus irgend. welche Niederschläge wird nicht zu rechnen sein, so daß die Hossnung der Jugend auf Schneefall nicht in Erfüllung gehen dürfte. Es hat den Anschein, als ob die Frostperiode von längerer Dauer sein und in den nächsten Togen vielleicht noch eine kleine Verschärfung er- fahren werde. Der Mittelpunkt des Hochdruckgebiets liegt im Norden, etwa über der Ostsee und der südlichen Halst« Skandinavien ». Ganz Deutschland steht unier dem Einfluß dieses Hochs und überall wird starkes Sinken der Tempera- tur gemeldet. Die Zugspitze meldet 25 Grad Kälte. Königsberg 17 Grad. Breslau 12 Grad. In Frankfurt und Karls- ruhe ist die Temperatur nur auf 5 Grad gefallen. Der Nord- westwind, der eingesetzt hat, weht bisher noch mit geringer Stärke, wird ober Infolge seiner Beständigkeit scharf empf-.nden. Don besonderer Bedeutung ist die Trockenheit und der einsetzende Frost für die Hochwassergebiete. Da keine neuen Niederschläge ge- fallen sind, werden sich gan* automatisch die Spiegel der Flußläuse lenken, so daß mit einer schnellen Abnahme des Hoch- wafsers zu rechnen ist. Also: für Berlin in den nächsten Tagen trockenes, heiteres Weller bei zunehmendem Frost, keine Nieder. schlage._ Nicht verantwortlich! Auch eine Sriegsfolge. Auf Amtsverbrechen lautet« die Anklage gegen den beim Landgericht III als Kanzleifekretär beschäftigten Artur B. Er mußte sich vor dem großen Schöffengericht Eharlottenburg verant- warten, wail er Strafakten beiseite geschafft hotte. Außedcm wurde ihm noch vorgeworfen, daß er dritten Per- s o n e n von dem Inhalt dieser Akten Kenntnis oerfchaffte. Was man in der Beweisaufnahme von dem Leben und Treiben dieses Angeklagten zu hören bekam, war zum mindesten ebenso verworren, wie die ganzen Handlungen, die ihn jetzt vor den Richter führten. B. war Kriegsteilnehmer und halle sich im Feld« ein schweres Nervenleiden zugezogen. Da er aber seinen Dienst zur allgemeinen Zufriedenheit erledigte, ließ man ihn ohne Bedenken in seiner doch immerhin verantwortlichen Stellung. Seine Kollegen, die in nähere Berührung mit ihm kamen, schüttellen aller- dings oft über den sonderbaren Mann den Kops. War B. gerode in guter Laune, dann gab er ganz unvermittelt die eigenartigsten Abenteuer zum besten, die mir zu deutlich den Stempel der freien Erfindung trugen. So erzählte der Angeklagte eines Tages in völliger Ergriffenbsit von dem soeben erfolgten Ableben seiner Schwester. Die Beileidskundgebungen seiner Bekannten nahm er ebenfalls ernst und gerührt entgegen. In der Verhand- lung stellte sich nun heraus, daß sich die totgesagt« Schwester noch wohl und munter unter den Lebenden befindet. B. wußte sich auf nichts mehr zu besinnen. Denselben verworrenen Eindruck mach! auch die ganze Tot, wegen der sich B. verantworten sollt'. Bei einem Kaufmann in Schmargendorf ließ sich ein gewisser L e h- mann melden, der niemand anders war als der Angeklagte. Gegen den Kaufmann schwebte ein Strafversohren, in welchem B. seine HUs« zur Verfügung stellte. Aber nach Erzöbluna unzusammen- hängender Geschichten empfahl sich der eigenartig« Besucher ebenso geheimnisvoll, wie er gekommen war. Einige Tag« später traf«in Brief von„Hern* Lehmann'«in, der den Kauimann an einen näher bezeichneten Ort bestellte. B. hatte hierhin die Strafakten mitge- bracht und botsfefür20MarkzumKauf an. Bei diesem „Geschäft' wurde er verhastet Zum allgemeinen Erstaunen fand man in seiner Wohnung einen gsnzen Stapel von Akten vor. die der Angeklagt« zurückbehalten batt«. Aus die Frage des Borsitzenden, was er denn damit beabsichtigt habe, versicherte B. immer wieder, daß er an keine strafbare Handlung gedacht hätte. Nach Anhörung der medizinischen Sachverständigen kam auch da» Gericht zu der Ueberzeugung, daß der Angeklagte für seine Hand- lungen nicht verantwortlich zu machen sei. Unter Zu- grundelegung des§ 51 de» Relchsstrafgefeßbuches wurde D. fr«»- gesprochen._ Sin Kind do« Frettchen zerfreffe«! Ein nicht alltäglicher Fall, der wahrscheinlich ein junges Menschenleben fordern wird, ereignete sich in der letzten Nacht in der Lübbener Straß« 11. wozu wir folgendes erfahren: Heute morgen gegen Msi Uhr wurde auf der Rettungsstelle am Gärlitzer Lohnhos das 2'Jahre alt« Pflegekind Käthe Bitterlina ein- geliefert, das im Gesicht, an den Armen und Händen zahlreich« Wunden auswies. 2 Finger fehlten. Wie sich herausstellte. wurde das Kind während des Schlafes von 2 Frettchen, dl« sich au» ihrem Käfig befrell hallen, überfallen und entsetzlich zugerichtet. Ueber hundert Bißwunden wurden an dem Äärper des Kindes festgestellt. Nase und Oberarme waren besonder« arg zerkressen. Da» Kind wurde sofort in da» Krankenhaus am Urban eingeliefert, wo es hoffnungslos daniederliegt. Ein« genaue volizelliche Unter- suchung diese» mehr al» seltsamen Falles scheint dringend notwendig.
Ter Mord in Britz . Die Ermittelungen zur Ausklärung des Raubmordes, dem am Weihnachtsbelligabend der Tabakbändlcr Wurzel in der Chaussee- strohe zu Britz zum Opfer fiel, sind von der Kriminalpolizei nahezu abgeschlossen. Der bereit» am 1. Feiertag unter dringendem verdacht oerhaftete 24 Jahre alte Reisende Walter Schumann leugnet noch immer, scheint ober durch Zeugenau»« sagen usw. völlig überführt zu fein. So ist er bestimmt al» der jung« Mann wiedererkannt, der bald nach der Tat das Haus Wurzel» verlasse» hat. Dringend erwünscht wäre es nun, daß sich der Krastdroschkensührer meldete, mit dem Schumann am Heiligabend zwischen 1 und 2 nachmittag» eine Fahrt gemacht hat, die wahrjcheinlich von Britz oder Neukölln in nördlicher Richtung
mit dem Ziel Donaustraße 100 in Neukölln ,«o Schumann wohnt, führte. Der Chaujfeur, angeblich ein jüngerer Mann von etwa 25 Jahren, hatte vermutlich einen älteren großen Wagen. Sein Fal)tgast war ein jüngerer Mann anfangs der zwanziger Jahre, groß und schlank, mit hagerem Gesicht. Er trug einen schwarze» Mantel, einen dunklen Schlopphut und vielleicht ein« schwarz- geränderte Brille. Der Ehausfeur müßte sich dieser Fahrt »och entsinnen, denn er erhielt vor dem Hause Donau st roße!00, vor dem er wegen eventueller Fortsetzung der Fahrt kurz« Zeit warten sollt«. 1 M. Trinkgeld, und sprach noch vor dem Hause Donaustraße 100 mit einem anderen Krastdroschkensührer über„den noblen Fahrgast'. Don der Donaustrahe 100 fuhr der Wagen noch dem Halleplatz Neukölln an der Ecke der Schönstedt - und Kaiser- Friedrich-Straß«. Für die Ermittelung des Ehausfeurs wird eine entsprechende B e l o h n u n g gezahlt. Mitteilungen an die„M o r d- lommission Wurzel(Kriminalkommlssare Werneburg- Albrecht) im Zimmer 80 des Polizeipräsidiums Berlin .
Zur Groß-Veutschlanü. In einer klugen Red« setzt« sich Dr. Otto Ebstein in einer Veranstaltung des Oesterreichtjch-deutschen Volksbundes mit dessen Zielen auseinander. Obwohl es Ebstein für wahrscheinlich hält. daß nur ein stufenwelser Anschluß ersolgen werde, lehnte er di« An- ficht nicht völlig ab, daß auch ein plötzlicher Großanschluß möglich sei. so daß Oesterreich zu einem Teilstaat eines geeinigten Deutsch- land wird. Als Tatsache stehe ja fest, daß über kurz oder long die Völkerbundsstaaten dem Zusammenschluß nicht mehr grundsätzlich widerstreben werden. Der Redner wies darauf hin, daß in Frank- reich nicht nur Leute wie etwa Barbusse durchaus di« Erkenntnis vertreten, daß Frankreich seine Anschlußpolitik ändern müsse, sondern daß auch m einem durchaus nationalistischen Blatt wie„Le Correlpondent' der Aussatz einer Französin verösseriilicht wurde, die ihr« Serien bei österreichischen Freunden, Verfechtern einer groß- deutschen Politik, oerlebte und nun deren Ansichten darüber wieder- gibt mit dem Zusatz, daß es kaum möglich lein werde, aus die Dauer den Anschluß zwischen den beiden Bru- derstoaten abzulehnen. Es sei aber davor zu warnen, ungerüstet diese Möglichkeit abzuwarten. Di« Loge, die entstände, wenn die langerstrebte Vereinigung plötzlich möglich würde, ohne daß die beiden Staaten trotz allen Ueberschwangs der Gesüh!« in staatsrechtlicher Hinsicht nichts Rechtes miteinander anzufangen wüßten, würde zwar einer gewissen Komik, aber weit mehr der Tragik nicht entbehren. Der Redner vertrat die richtige Ansicht, daß, wie sich der Anschluß auch gestalte, ob er plötzlich komm« oder ollmählich sich entwickle, alle Dorarbeiten daiür getan sein müßten. Di« Angliederung aus rechtlichem, sozialem, kulturellem Gebiet müsse sich nach Möglichkeit schon vollzogen haben, bevor endlick die staatsrechtliche Verschmelzung komme. Ein Weg sei schon dadurch beschritten, wenn das Ausstellungs- und Messewesen der beiden Staaten zusammengefaßt werde, wenn ferner durch die Technik des Unterrichtswesens die Vereinheitlichung der Diplome in beiden Staaten etsolge und schließlich eine gemeiniame Sprachakodemie ein gemeinsames Wörterbuch schasse. Schon die erst« Stuse einer wirklichen Angliederung, die Zollunion, sei freilich ohne Zustimmung des Völkerbundes nicht möglich. Doch da diese Zollunion legten Ende» auch im euro- päischen Interesse lieg«, werde gerade diese Frage vielleicht sehr bald gelöst werden. Der Redner schloß mit dem Hinweis, daß es vor allem notwendig sei, den Völkern zu zeigen, daß es unmöglich sei, ein Brudervolk gegen das andere auszuspielen, daß ober ihre Der- «inigung zwar chre stocttspolltisch« Krostposillon, nicht aber ihre Ge- waltpasition verstärken würde. Seme Rede klang In eine Mahnung aus an alle, di« iür den Anschluß kämpfen: Bereit sein ist alles! Professor H a b o h m unterstrich die Ausführungen des Redners, dann schloß Kommissionsrat Böhm, der auch die Veranstaltung anstelle des verhinderten Vorsitzenden, Genossen L 3 b e. geleitet hatte, noch mit einem Hinweis daraus, daß bereits das neue g e- m einsame Strafgesetz auf Anregung des De st e r- reichisch-Deutschen Volksbundes geschaffen s«, daß dieser Bund außerdem Ausschüsse sür Rechts- und Unterrichtsangelegenheiten eingesetzt bade, daß s'rner eine von ihm oorvereitele österreichisch« Winterschau, später eine Sommers ch au in Berlin dos Jnleresie weiter Kreise für diesen Bund und damit für die Vereinigung von Deutsch - land und Oesterreich wecken solle.
Nicht„schworz weift rot'. In der Abendausgabe vom 23 Dezember 1925 brachten wir eine Notiz unter der Ueberschtist„Eine spaßige fflaa)- gesellschast'. In dieser Notiz wurde daraus hingewiesen, daß die Berliner Wach- und Schließgeselljchoit die Fassaoe ihre» Hauses, Luisenstraßc 31b, schwarzweißcot bemalt habe. Es i-t da an oie Bemerkung geknüpft:„Es kann allerdings nicht ichaden, wenn«ine solchermaßen engagierte Firma ihr« Gesinnung eindeutig kundgibt. Die schutzbedürftigen Republikaner werden die Konseguenzcn daraus zu ziehen willen.' Dazu wird uns vom Deutschen Verkehrsbund folgendes ge- schrieben:„Als Vertreter des Deutschen Verkehrebundcs hatten wir am 5. Januar Gelegenheit, die geschilderte Haussossade zu besichtigen. Di« Hauptfaiiad« ist zu einem Teil grau, zu einem Teil weiß, die Fensterrahmen und der Türeingang schwarz, und eine am Haus? an- gebrachte Beleuchtung, bestehend aus zwei vom Dach bis zur Erde reichenden Ichmalen Eisenblechrahmen, rot gestrichen. Wenn man also den Tatsachen nicht Gewalt antun will, kann nicht die Rede davon sein, daß die Fassade in den genannten Farben bemalt ist. Nebenbei ist am 7. Januar der Anstrich der Rahmen in Gelb in Angriff genommen. Wir sind in gewerkschaftlicher BerblnMing mit dem Konzern der Berliner Wachgeiellschasten seit vielen Jahren und wissen, daß die Leiter, die Herren Braun und H e y m a n n. nichts weniger find als Propagandisten für Schmarz-Weiß-Rot. Besonders bemerken möchten wir noch, daß die Gefelllchait die einzige ist, die auf unlere Anregung hin den Wgchnngestellten die Kokarde Schwarz-Rot-Gold zur Verfügung stellte. Bei dem Konzern werden über 500 Wächter beschäftigt, die. zum größten Teil bei uns organisiert, dort unter tariflichen Bedingungen arbeiten.'
Von einem Siraßcnbahnwaqen ersaßt. Heute morgen gegen v Uhr wurde der 38 Jahre alte Lankbeamte Helmuth länger au» Potsdam , der entgegen den Verkehrsregeln den Potsdamer Platz bei freigegebenem Fuhrwcrksverkehr überschreiten wollte, von einem Straßenbahn wogen der Linie 22 e r s o ß t und etwa 2 Meter mitgeschleiit. Mit einem schweren Schädelbruch wurde der Verunglückte nach dem Elilabethkrantenhau» transportiert, wo er kurz noch seiner Einlieferung oerstarb. Eisbahn in Wannsee . Im Freibad W a n n s e« ist wieder ein« Eisbahn eröffnet worden. Eintrittspreis für Erwachsene 50 Pf.. für Kinder 10 Pf. Schulen Ermäßigung. Garderobenräume vor- Händen. Das Restaurant ist geöffnet.
Die japanischen Europoflieger wieder in Tokio . Nach einer Meldung der..Times' aus London , sind die beiden fapanischen Wellflieger, di« bekanntlich im vorigen Jahr auch Berlin besucht hatten, am letzten Sonntag wohlbehallen in Tokio eingetroffen. Rettung zweier amerikanischer Fliege». Zwei amertkanisthe Flieger, die am 2. Januar in die Nähe von Atlantic City zu einer Notlandung aus hoher See gezwungen waren, wurde« von einem amerikantfchen Küsienschiff nach New Park«mgebracht. vi« Flieger waren, da sie eine Woche oahrungslo» auf dem Ozean herumgetrieben waren, nahezu verhungert.
Hroß-öerlmer parteinachrichten. III.«it. Ssiuinf. SttttM«. atanfc»»Uhr. Ui Hewiom«.«ollwietf««tmßr. »e»er«U>ers»tn»i?in>s