fiz. 25+ 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 13
Bezugspreis:
138dentfidh Blennia monate 8 Reichsmart voraus sablbar. Unter Rreusband für Deutſchland , Danzia. Saar und Memelaebiet, Defterreich. Litauen . Suremburg 4,50 Reichsmart, fir bas übrige Musland 5,50 Reichsmart pro Monat.
Der Borwärts mit der Sonntags beilage Bolt und Reit mit„ Gieb. lung und Aleingarten fomie der Beilage Unterhaltung und Wiffen" und Frauenbeilage Frauenftimme erfcheint wochentäglich aweimal Sonntags und Montags einmal
Telegramm- breßet Cosialbemetrat Berlin
Morgenausgabe
Vorwärts
Berliner Volksblatt
10 Pfennig
Anzeigenprette
Die etapelttee Ronpareille. acile 80 Bfennia. Reflamezeile 5. Reichsmart. Aleine Anzeigen bas fettaedrudte Bort 25 Bfennis ( auläffia amei fettgebrudte Borte). lebes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengefuche das erfte Bort
15 Bfennig, tedes weitere Bort 10 Bfennig. Borte über 15 Buch fraben zählen für zwei Borte Arbeitsmarkt Reile 60 Bfennig. Familienanzeigen für Abonnenten
Beile 40 Bfennia.
Anzeigen für bie nächte Rummer müffen bis 44 Uhr nachmittags im Sauptgeschäft. Berlin E2 68. Linben Brake 3, abgegeben werden. Geöffnet son 8 Uhr früh bis 5 Uhr nachm.
Sonnabend, den 16. Januar 1926
Noch keine Regierung.
Die Volkspartei macht Schwierigkeiten.
Die Besprechungen des Reichskanzlers Dr. Cuther mit den Führern der Mittelparteien wurden am Freitag abend gegen 7 Uhr abgebrochen und auf Sonnabend vormittag 10 Uhr verlagt. Wir wir aus parlamentarischen Kreisen hören, ist man in dieser Nachmittagsbesprechung nicht vorwärts gelommen. Die Auseinandersetzungen drehen sich im wesentlichen immer noch um das Reichsinnenminifterium, das sowohl die Demokraten als auch die Deutsche Bolkspartei beanspruchen. Gegenüber dieser Situation foll, wie verlautet, Dr. Luther erwägen, das ReichsInnenminifterium zu neutralisieren, d. h. mit einer unpolitischen Persönlichkeit zu besetzen.
Den Demokraten ist, wie wir hören, das Reichswirtschaftsministerium angeboten worden. Bon demokratischer Seite wird versichert, daß Reichswehrminister Dr. Geßler heute nachmittag erklärt habe, daß er fein Amt in einem neuen Kabinett annehmen wolle.
Reichskanzler Dr. Cuther begab sich am Abend zum Reichspräsidenten, um ihm Bericht zu erstatten.
( Siehe auch den Leitartikel.)
Reichslandbund und Regierungsbildung. Forderungen nebft Kommentar.
Die Präsidenten des Reichslandbundes, Graf kald reuth und Hepp, haben dem Reichsfanzler folgende Er flärung übersandt:
„ Das Schicksal des deutschen Bolles soll in die Hände einer neuen Regierung gelegt werden. Der Reichslandbund hält es für seine Pflicht, der Regierung und dem Bolte nochmals mit un. verhüllter Deutlichteit zu sagen, was ist und was zu geschehen hat. Die deutsche Landwirtschaft bedarf der Be freiung von der unerträglichen Bürde eines tranthaft angeschwollenen Berwaltungsapparates im Reich, in den Ländern und Gemeinden."
Sehr richtig, wir werden mit unverhüllter Deutlichkeit fommentieren: also Befreiung von den Pensionen für deutsch nationale Parteisekretäre.
Weiter der Landbund:
,, der Befreiung von der Ueberla ft solcher sozialen Ausgaben, die die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft über steigen."
Sehr richtig, also schleunigste Gesetzgebung über die Fürstenabfindung.
Beiter der Landbund:
,, der Befreiung von allen Fesseln, die eine Preisorientierung nach dem leistungsfähigsten und billigsten Betriebe verhindern." Sehr richtig, also fort mit den Schutzöllen.
Bundeskanzler Ramek übernimmt das Außenamt. Wien , 15. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Der Nationalrat wählte am Freitag vormittag in namentlicher Abstimmung die neue Regierung, bie 80 Stimmen der Christlichsozialen und Groß deutschen auf sich vereinigte, während 53 sozialdemokratische Stimmen gegen die Regierung abgegeben wurden.( Es haben somit 15 Sozi aldemokraten gefehlt. Red. d.„,.") Die Zusammensetzung der Regierung ist folgende: Bundeskanzler und Aeußeres Dr. Ramet, Bizetanzler und Justiz Dr. Waber, Finanz Kollmann, Handel und Berkehr Dr. Schürff, Kultus und Unterricht Dr. Schneider, Landwirtschaft Andreas Thaler, Soziales Dr. Resch, Heer Baugoin. Waber und Schürff gehören der Großdeutschen Vp." an.
Unmittelbar nach der Wahl wurden die Mitglieder der neuen Regierung vom Bundespräsidenten bereidigt. Anschließend entwidelte der Bundeskanzler im Nationalrat das Programm der neuen Regierung. In der Ansprache beleuchtete Genoffe Dr. Ellen bogen die Treibereien innerhalb der Christlichsozialen Partei und unterzog das Programm der Regierung einer scharfen Kritif. Er ließ teinen Zweifel darüber, daß die Sozialdemokraten sich auf dem Gebiete des mieterichuzes zu teinen Rongeffionen bereitfinden werden. Den ungarischen Kriegsheßern rief er zu, daß die österreichische Sozialdemokratie ihr Land gegen Angriffe der ungarischen Begenrevolution bis zum letzten verteidigen werde.
Faschisten und Emigranten. Polizeispiel als Konsulatsbeamte. Paris , 15. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Nach dem Paris Soir" soll die italienische Regierung eine größere Anzahl von Bolizeibeamten nach Frankreich geichidt baben zu dem Swed , die zablreichen italienischen Flüchtlinge auf franzöfifchem Gebiet 1 diplomatische Beiterungen au bermeiten, feien dieie Agenten Musielims formell ben italienischen Konsulaten beigegeben worden.
u berwaã en.
Beiter der Landbund:
der Befreiung von einem Lohnsystem, das ohne Rücksicht auf den Arbeiter die Löhne nivelliert, ben tüchtigen herabdrückt und die Gesamtarbeitsleistung mindert."
Sehr richtig, also fort mit tariflosen Löhnen! Weiter der Landbund:
,, der Abfehr von einer Handelspolitit, die aus politischen Rüd. fichten wertvolle Produktionsgrundlagen opfert."
Sehr richtig, also Abschluß von Handelsverträgen, die dem Abbau der Zollmauer dienen.
Weiter der Landbund:
Vorwärts- Verlag G.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Boltscheatonto: Berlin 37 536 Banffento: Bank ber Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallftr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depofitentafe Lindenste. 8.
Die Regierung der Mitte.
Wird fie- wird sie nicht?
Es besteht tein Anzeichen dafür, daß die Deutsche Boltspartei ihren bisherigen Rechtsfurs aufzugeben gewillt ist. Erklärung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion vom 12. Januar. Nachdem sich die Sozialdemokraten von der Bühne der Regierungsbildung in den Zuschauerraum zurückgezogen hatten, schien nichts leichter und einfacher zu sein als die Bildung einer Regierung der Mitte. Die Parteien der Mitte waren ja, sagte man uns, allesamt zur Großen Koalition bereit gewesen, sie hatten sich, sagte man uns, allesamt mit den Richtlinien Kochs einverstanden erklärt. So war so ziemlich alles da, was man brauchte: der gemeinsame politische Wille, ja sogar das gemeinsame formulierte Programm. Es blieb nur noch die Lösung der Perfonenfrage; diese aber schien um so leichter zu sein, als jetzt die vier oder fünf Portefeuilles, auf die die Sozialdemokratie Anspruch gehabt hätte, zur Verteilung freistanden. So war wohl zu erwarten, daß Luthers Kabinett der Mitte im Handumdrehen zustande fam.
„ Das deutsche Volt muß wissen, daß die Borbedingungen zu neuer Kraftentfaltung der Deutschen Landwirtschaft ein Freisausgleich zwischen landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und Erzeugnissen, eine der Betriebseigenart der Landwirtschaft entsprechende Kredit. gestaltung und Befreiung aus den Händen einer pro. Seit dem Beschluß der sozialdemokratischen Reichstagsduttionsfeindlichen Börsenipetulation ist Gut, gut! Weg mit Hugenbergs Preffege- fraktion find drei Tage und vier Nächte vergangen, und es schäften, seinen Landbankspetulationen, mit den ist noch nichts zustande gekommen. Die Vormittagsver Sachwertspekulationen der Raiffeisenbant und den handlungen vom Freitag wurden ohne Ergebnis abgebrochen; mit den Nachmittagsverhandlungen ging es ebenso. Und auch die demokratische Presse der dieses Geständnis nach allem Borangegangenen schwer sein mag- muß zugeben, daß der Grund der Schwierigkeiten in dem Bestreben der Boltspartei liegt, einen ganz unver hältnismäßig großen Einfluß in dem neuen Rabinett zu erlangen und diesem dadurch einen start rechtsgerichteten Charakter zu geben.
Landbundgenossenschften!
Weiter der Landbund:
Bon der Gesundung der Landwirtschaft hängt die Gefundung der deutschen Boltswirtschaft, die Sicherung des täglichen Brotes für die Bollsgesamtheit ab. Hebung der Produktion ist der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Lohndrud. Das deutsche Bott muß wissen, daß die deutsche Wirtschaft, solange die Kriegston und mittelbar bie besten Kräfte entziehen, gift tributionen in der Form der Dawes- Lasten ihr unmittelbar
Siechtum und Berfall verurteilt ist."
Stimmt! Die Besten gehen, wir behalten Raldirenth, Sepp und Co.
Weiter der Landbund:
„ Das Deutsche Bolt hat ein Recht die Wahrhett a wolffen. Die deutsche Regierung hat die Pflicht, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie hart und unpopulär ift. Also heraus mit dem, was bei Unternehmern und Agrariern nicht gerne gehört wird!
Weiter der Landbund:
Nur die Regierung, die den Mut zu diefer Pflicherfüllung aufbringt, die feft entschloffen ist, auf dem harten Wege der Er tenntnis das Volk zu führen, wird Rettung bringen. Die Not der schaffenden Stände ist zu groß, als daß noch länger laviert werden fönnte. Feste Entschlossenheit allein tann helfen!"
Feste Entschlossenheit: sehr gut! Deshalb geht anig. Wie steht's mit der Durchführung des Programmis, selbst verständlich nach unserem Kommentar mit fester Ent schlossenheit und unverhüllter Deutlichkeit?
Kulissenkampf im Kammerausschuß.
Bielleicht heute offene Schlacht im Plenum. Paris , 15. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Der Zwischenfall in der Finanzfommission am Donnerstag hat die Entwicklung des Konflikts zwischen der Regierung und der Linken in der Frage der Finanzreform wesentlich beschleunigt. Er hat bewirkt, daß es schon am Sonnabend zu der unvermeidlich gewordenen Auseinandersetzung im Plenum der Kammer kommen wird, während sie sonst faum vor Ende der nächsten Woche zu erwarten gewesen wäre.
-
parteipolitisch nicht abgestempelt, fann aber feinesfalls Herr Luther, der wieder Reichstanzler werden soll, feinen Auffaffungen ist er zweifellos ein Mann der Volks. dem Zentrum und den Demofraten zugezählt werden; nach partei. Herr Stresemann, der Außenminister, ist Führer der Boltspartei. So sind schon die beiden wichtigsten Portefeuilles dem Einfluß der weiter links stehenden Mittelparteien entzogen. Herr Krohne, der Reichsvertehrsminister, ist eingeschriebenes Mitglied der Volks. partei, Herr Stingl, der Postminister, ist eingeschriebe nes Mitglied der Bayerischen Boltspartei. Diese vier Herren gelten als die stehenden Größen der neuen Kabinettsbildung, und sie stehen alle vier auf dem rechten Flügel.
Man tönnte glauben, daß damit die Ansprüche des rechten Flügels befriedigt feien. Die Deutsche und die Banerische Bolkspartei sind zusammen 70 Mann start. Zentrum und Demofraten zählen 102 Mitglieder. Wenn die Siebenzig vier Ministerposten haben, und dabei die allerwichtigsten, so ist das schon allerhand.
Ihnen genügt das aber nicht. Sie wollen von den übrig. bleibenden Portefeuilles noch zwei haben, und zwar wiederum die wichtigsten: nämlich das Innenministerium und das Reichswehrministerium. Für das erste heißen ihre Kandidaten Curtius oder Kardorff, für das zweite Brüninghaus oder Scholz. In den Rest Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Justiz, Ernährung- dürfen fich Zentrum und Demokraten teilen; vielleicht wäre man bereit, ihnen auch eines der umstrittenen Portefeuilles, Inneres oder Reichswehr , zu überlassen.
Kandidat der Demokraten für das Innere ist Roch. Gegen ihn erhebt die Volkspartei Bider. spruch! Warum? Weil er der Kanzler der Großen Koalition werden sollte? Weil er Republikaner ist? Weil er dem Reichsausschuß des Reichs banners angehört? Sicher aus allen diesen Gründen. Man wünscht in dieser Regierung der Mitte auch nicht einen Mann zu haben, in deffen demokratische Zuverlässigkeit breite Kreise der republifanisch gesinnten Bevölkerung auch außerhalb der Demokratischen Partei Bertrauen feßen. Dieser Koch, den die Bolkspartei, fagte man uns, schon als Reichskanzler afzeptiert hatte, und dessen Regierungsprogramm, sagte man uns, sie schon angenommen hatte, ist für die Volkspartei als Innenminister einer Mittelregierung ein ganz unmöglicher Mann!
Das Manöver der den Mittel- und Rechtsparteien angehörigen Mitglieder der Finanzkommission, die am Donnerstag die Sigung unter Protest verlaffen und damit die weiteren Verhandlungen der Kommission unmöglich gemacht haben, war von der Annahme aus gegangen, daß die Mehrheit der Kommission den Abmarsch der Opposition dazu benutzen werde, ihr eigenes Projekt unter Dach und fach zu bringen, baß der Bericht der Kommission das Plenum por die Wahl zwischen der Regierungsvorlage und dem Gegen projekt des Kartells stellen werde. Da in der Kammer zweifellos weit leichter eine Mehrheit gegen das Kartellprojekt als eine folche für die Doumerschen Gefeßentwürfe zu finden ist, wäre es nur eine Frage des geschichten Manövrierens gewesen, zunächst eine Abstimmung über das erstere herbeizuführen. Gegen das Kartell hätten dann zweifellos mit der gesamten Rechten und den Mittelgruppen auch die Kommunisten geftimmt, und damit hätte die Regierung geborener Duisburger , in der badischen Bolkspartei eine wonnenes Spiel gehabt. Diese Strategie hatte jedoch die Linke rechtzeitig durchschaut. Die den Startellparteien angehörigen mit glieder der Finanzkommission haben deshalb darauf verzichtet, pie Diskussion über ihr eigenes Gegenprojekt zu Ende zu führen, und der am Sonnabend zu erstattende Kommissionsbericht wird sich darauf, nach einer Darlegung der Regierungsvorlage unh der Gründe, die die Kommiffionsmehrheit zu deren Ablehnung bestimmt haben, der Kammer eine Resolution vorzuschlagen, die die Regierung auffordert, einen neu en Gesezentwurf einzubringen, der den Be denken der Ausschußmehrheit Rechnung trägt.
Hauptkandidat der Volkspartei für das Innenministerium ist, nachdem man Kardorffs Unmöglichkeit eingesehen zu haben scheint, Curtius. Wer ist Curtius? Seine politische Lebensgeschichte ist kurz. Borübergehend hat er, geRolle gespielt. Jm badischen Liberalismus der Vorkriegszeit wäre freilich eine Erscheinung solcher Art undenkbar gemesen; damals hätte Herr Curtius seinen Blak bei den Ronfervativen nehmen müssen. Aber da, nach Hugenberg, der Unterschied zwischen Volksparteilern und Deutsch natio nalen nur darin besteht, daß die einen von Stresemann geführt werden und die anderen nicht, tann Curtius heute auch Mitglied der Volkspartei sein.
Herr Curtius ist der Mann, der im August 1924 mit den Deutschnationalen den berüchtigten Raufvertrag ab