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Sonnabend 16. Januar 1�26

Unterhaltung unö Ä�issen

Seilage des vorwärts

Unbeirrt... Von Gabriela Preifsoock. tAutorifierte llebersetzung auS d«m Tschechischen von Zl. verchtold.) (Fortsetzung und Schwtz.) (Sin glücklicherweise auf dem Boden gefundenes Rauchtischchen und drei Sessel oeroollständigten die Bequemlichkeit des künftigen Mieters. Leide ziemlich erhaltenen Teppich« waren hübscher als diejenigen, welche die Hausfrau im eigenen angrenzenden Zimmer aufgelegt hatte, das noch durch den langen, alten Flügel, den sie hierher aus dem lleinen Salon hat überstellen müssen, überfüllt war. Das Klaoiersplel blieb chr nun als einziger Trost. Sie wird entschieden den Herrn, der bei ihr einmieten wird, fragen, ob er Musik lieb«. Sie könnte dann da» Klavier Ins Zimmer stellen und es nur in seiner Abwesenheit benutzen. Hellte morgen erschien eine Anzeige i-n der Zeitung. Jetzt ist es halb elf, da könnte schon jemand kommen, wenn nach Wehnun- gen eine so große Nachfrage ist. Während der langen Zeit de» Warten» schlug sie die ersten Blätter des Photographiealbum» auf, wie wohl alle diese Aus- nahmen aus einen Beschauer, ihren Mieter, wirken möchten. Alls dem ersten Blatt war die Erinnerung an ihr« Hochzeit. Sie in langem, am Haupte zum Krönchen gebundenen Schleier und mit einem Myrthenstreischen über der glatten Stirn, unter der sich stolze Augenbrauen wölbten. Ach. sie hatte immer etwas so Selbst- bewußtes in ihrer Erscheinung, das wird selbst das grausamste Schicksal nie verwischen. Ihr Mann in der Uniform eines Oberleut- nants der Tiroler Jäger, bot ihr aus dem Bilde liebevoll den Arm. Er nannte sie Gazelle. Auf dem ersten Ofsiziersball erwählte man sie, um im Kotillon ein Gespann Rosse, Kadetten, zu führen und sprach von ihrer anmutigen Erscheinung. Ihr Antlitz bekam einen kindlichen Ausdruck, als st« dt« Bilder glücklicher Tage betrachtete und alten Träumen nachsann. Dann waren hier Vater und Mutter, al» sie noch im fürstlichen Schloß wohmen. Die Fürstin, ihre Patin, verschiedene Derwandt«, Freundinnen und zum Schluß zwei Seiten absichllich zusammen- gestellter Bildnisse junger Männer, die ihr alle den Hof gemacht hatten. Zwei von chnen. die Armen, waren schon tot. Dieser Dritte schrieb Gedichte und soll Journalist geworden sein. Wer weiß, wie es ihm geht. Der Viert« brachte es weit. Au» dem ehemaligen kleinen Juristen war ein Minister geworden. Wer hätte das voraussehen können? Damals schien er ihr ein wenig schief- äugig und weitschweifig in seiner Rede. Wenn man so voraus- sehen könnt«, welcher von den unscheinbaren Jünglingen eine Karriere vor stch habe. Dieser mit dem struppigen Bürstenhaar war sehr tomisch. So lächerlich eingebildet. Er war der Sohn de» Hausmeisters Hluba aus dem Reustädter Haus, in das zu Anfang der Pensionierung ihr« Eltern übersiedelten. Der kleine Mampuln- tlonspraktikant getraute stch Blumensträuße und Brteschen kühnen Inhalt» an die Türklinke zu binde» und diese Photographie hatte er chr aufgezwungen. Dabei unterschrieb er sich: Lhr für ewig ergebener..' Der selige Dater pflegte zu sagen, daß die ganze Hausmeistersamilie einen Span im Kopfe habe. Der Hausmeister diente irgendwo als Geselle, ging aber am Sonntagabend schwarz- gekleidet in» Gasthau» und sein« Frau mußte bi» auf den Hradschin in den Deitsdom zur Kirche gehen, weil dort der Erzbischof Messe las und ste mur die best« Musik liebte. Nie ging ste ohne Hut spazieren. Den Sohn nannten st«.Albertchen' und.den Beamten". Gott bewahre, daß er jemals in der Nacht anstatt der Ellern um ein Zwanzighellerstück da» Tor öffnen ginge! Er hatte hochsliegende Illusionen, die er stch nicht nehmen ließ, sechst dann nicht, wenn er am Morgen die Eltern Schnee und Schmutz vor dem Hause vom Trottoir kehren sah. Sein war blumenreich und hochaufrecht stolzierte er einher. Einmal schrieb der Arme:.Mein« Liebes- knospe, unterschätzen Sie meine sungen Jahre nicht! Ehe Sie zur Rose erblühen, werde ich es so well bringen, daß ich Ihrer würdig sein werde!" Die verstorbene Mutter sagt« damals:.Nimm es dem Armen nicht übel. Er kann nicht dafür, daß du ihm gefällst, und Blumen sind keine Beleidigung. Man darf nie mit den Hausmeistersleuten in Unfrieden leben. Laß alles unbeachtet, mein Kind, und antworte auf fein Grüßen mll Kopfnicken, als wenn du nicht verstündest." Endlich mußte aber doch der Vater den Hausmeistersleuten jagen, daß er stch Herrn Albertchens Kühnheit verbitte und er sich nicht mehr getrauen dürfe, ihr fernerhin den Hof zu machen. Doch, der Jüngling war unverbesserlich, nachher band er nur noch Sträuh- chen ohne Begleitworte an die Türklinke und selbst noch an Vilmas Hochzeitstage schickte der arme Tor einen Strauß roter Rosen. Ge- wih hatte er für diese große Auslage einige Mahlzeiten sparen müssen. Was wohl aus diesem zudringlichen Menschen wurde? .Dieser hieß Wagner." Frau Vilm� spann in Gedanken die weiteren Schicksale ihrer Verehrer fort,.reiste nach Amerika , wurde dort Drogist, erfand irgendwelche Pillen und soll sehr reich geworden sein." Sie betrachtete gedankenverloren die verblichene Malerei der Zimmerwand und an den halbgeschlossenen Augen zog das Bild eines Familienhauses mit Garten, vor dessen Tür ein Automobil stand, vorbei, geradeso wie ste es manchmal in den Lichtspielen sah. Ach. die Leute in Amerika durchlebten nicht die Bangigkeit der hiesigen Verhältnisse. Sie schnellte empor und schloß eilig das Album. Jemand hat Ich stark an der Klingel gerissen. Mit zitternden Fingern strich ste sich Über die Lippen und zwang ste zu einem fieundlichen Lächeln. .Sie wünlchen?" sagte ste. rasch die Tür öffnend. .Ich möchte gern das Zimmer sehen, da» heute in der Zeitung angeboten wird," sagte ein unbedeutend aussehender Mensch und überflog dabei gesenkten Blickes die Zeitungsnummer, die er in der Hand nnc zum Beweise seines berechtigten Kommens hielt. Bitte, treten Sie ein, hier ist das Zimmer." sagte die Frau, damit der Ankömmling nicht zu lange das kleine, dunkle Vorzimmer besehe, doch chr feierliches Lächeln verschwand, als ste den unschein- baren Menschen betrachtete, wie er so mll gezogenem Hute vor ihr stand. Das Bürstenhaar, wenn auch ergraut, die halbgeschlossenen, schwarzgeränderten Augen der verhallen« Blick so oechallen, daß man in Derlegenhell kam. Beide wellen Anllitze röteten sich. »Mir scheint, wir kennen uns aus früheren Zeiten." sagte Albert Hluba beklommen.Bitte, sind Sie nicht-in geborenes Fräulein Svetlik, die Herren Eltern wohnten in derLmdengasje?" Aus den ersten Bück schien er gebückt, jetzt aber straffte sich sein Körper, aus dem Regenschirm gestützt. Plötzlich bekam sein Gesicht ernen gespannten Ausdruck wie ein ausgedientes Militärpserd, das die Klänge eines bekannten Marsches hört.

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, hereinspaziert, alles, was an Mitgliedern majestätischer oder durchlauchtigster Familie» in und außerhalb veutschland lebt und fault! hereinspaziert, alle die schönen Samen, die den allerhöchsten Herren, ob zur rechten, ob zur liukea oder Hinterhand, angetraut waren, hier wird schauderhast gewonnen!"

Auch sie hob das Kinn und die schütteren, seidigen Augen- brauen in ihrer alten, selbstbewußten Weise..Ich bin Vilma Laug von Lindenheim, geborene Svetlik. Ick) glaube mich nicht zu irren, wenn ich in Ihnen Herrn Hluba erkenne. Bitte, setzen Sie sich," bat sie mll höflicher Bewegung und nahm selbst Platz..Es freut mich, nach so langen Jahren wieder mit Ihnen zusammcnzutressen. Bitte, wie soll ich Sie tllulieren?" .Ich war Kontrolleur bei der Steueradministration. Ein Jahr vor Kriegsausbruch entschloß ich mich, in Penston zu gehen," er- widerte Hluba mit verträumter Stimme und versuchte unauffällig seine Manschetten tiefer in die Aermel zu stecken. Dann fuhr er fort, seinen Blick auf Frau Vilmas schmalen Schuh gerichtet, aus denen ihm die zur Verzierung angebrachten Spangen wie Schmetterlinge zu gaukeln schienen..Ich blieb ledig und habe niemanden, für den ich sparen müßte, da meine Eltern begraben sind, und zu meinem Entschluß brachten mich etwas Rhenmalismns und Nervosität. Ich bin dem aber dankbar, da ich jetzt Ruhe habe, und dann nahm ich mir auch vor, etwas mir selbst zu leben." .Ach ja, der Mensch ist auch stch selbst etwas schuldig," be- kräftigte die Frau. Ihre Stimme war kühl, denn in dem Augenblick war ste schon entschieden, daß dieser Mensch, der ehemals tief unter ihr stand und in ihr seine Gotthell sah. nicht in ihre beschränkten Verhältnisse einblicken dürfe und sehen, daß sie heimlich ihre Wasche wasche und wollene Jäckchen für ein Geschäft häkele. Sie konnte nur solch' einen Menschen in die Wohnung aufnehmen, der nie durch ihren früheren Lebensgarten schritt. Nun war schon alles in diesem Garten öde und gefällt ste aber könnte nicht Neugier oder Mit- leid ertragen. lind der Pensionist Hluba wußte auch schon, daß er sich bei dieser Frau nicht einmieten konnte, weil er jparsanikeitshalber nur Euinmikragen und Manschetten trägt, sich Krawatten wendet, Strümpfe stopft und stch selbst dos Frühstuck auf dem Spirllus- kochcr zubereitet. Er legte den Regenschirm über die Knie und be- gann langsam zu erzählen, daß er nur aus Gefälligkeit zu einem Freunde gekommen sei, der um jeden Preis vom Lande nach Prag übersiedeln wollt. Er selbst verstände die Sehnsucht eines an Land- luft gewöhnten alleren Menschen nicht. Er habe im Böhmerwald sein liebes Nest, ein ordentliches Häuschen, drei Zimmer und eine verglaste Veranda, mit Garten, einigen Bienenstöcken,«in Dutzend Hennen und einer Laube mit Taubenhaus auf der Spitze. Und nun suchte auch der Pensionist im Geiste seinen hunderte- mal hergestellten längst aufgegebenen Traum von eigenem Besitze zusammen, den chm das Schicksal vereitelt hatte. Hübsch und lieb war alles wie ein kleiner Vogelvauer, um nichts in der Well möchte man mll dem Lärm der Großstadt tauschen. Er erwähnte auch seine seligen Ellern . die ein hohe« Aller erreichten und nun in der Nähe feines Häuschens auf einem poetischen Kirchhof ruhen, dort im Böhmerwald . Daß er ste bis zum letzten Augenblick unterstützte, verschwieg er wie alles, was der Wahrheit nahe stand. Ach gewiß, er wird zurückkehren und sich irgendwo im Lande als Mieter verbergen. Was war ihm nur um Eatteswillen eingefallen, in Prag mit dem Hondtöfferchen herumzulaufen, in der Zeitung die Anzeige.mit schöner Aussicht" zu lesen und hierher zu eilen? Was für ein Un­

sinn! Andächtig hörte er Frau Dilma zu, wie sie von chrer großen. bequemen Wohnung tn Wien erzählte. Hier möchte sie es gern nur wegen der Erinnerungen an die Mutter erhcllten und um manchmal herfahren zu können, Jugenderinneruugen aufzufrischen. Sie wünschte auch, daß jemand die hiesige kleine Wohnung behüte. Gerade vor zehn Minuten, ehe sich der Herr Kontrolleur meldete, hatte sie das Zimmer schon vergeben. Schade, wirklich schade! Und so entschuldigten sie sich gegenseitig und zwangen sich zu wahrheitsgetreuer Ruhe. Als Frau Vilma nachmittags aus ihrer Wohnung ging, um zum gewohnten Abendkasse« zwei Brötchen zu kaufen, fand sie an der Türklinke ein Sträußchcn Veilchen mit einer Rolle neuer Noten angebunden, mit der Aufschrift:Lied ohne Worte." Die Sicherheit, daß sie mittlerweile das Zimmer an einen ernst- hasten Reisenden vermietet hatte, der fich selten oder nur zum Schlafen in der Wohnung aushalten wird, rötete jugendlich ihr Antlitz und ste sagte sich im Geiste angenehm überrascht:.Die Visitenkarte legte er nicht bei, aber gerade dieses Feingefühl berührt mich und gefällt mir. Dieser Hausmeistersohn eignet« sich doch im Leben eine bessere Linie an." Und so schieden sie in verhaltener Harmonie für immer. Eine ungarische Falschmünzcrgeschichle aus der Vorkriegszeil. Ungarn hat vor etwa zwanzig Jahren eine spaßhafte Falschgeld- ossäre gehabt, die insofern der jetzigen Katastrophe ähnelt, als auch damals keine armseligen Hungerleider das Verbrechen begingen. Von sechs wohlhabenden Leuten, die als Bauern dieNot der Land- Wirtschaft" tonnten, war eine Bank gegründet warben, die die Auf- gäbe hatte, Grundstücke zu beleihen. Das Geld war durch bare Einzahlung vorhanden, ober die eingesetzte Direktion behielt es in der Kasse, da sie keinen lebenden Menschen fürgut genug" hielt. So ging es eine Weile fort, bis ein neuerGründer" erschien, der dem Direktorium vorschlug, den Kreditsuchenden falsches Geld zu liesern, da» er besorgen, resp. herstellen könne. Dieser Plan leuchtci« der Bankleitung ein, zumal der Versucher darlegte, daß�sie dann ja auch gegen Verlufte, die durch Bankerott des Schuldurrs entstehen könnten, fast gänzlich gedeckt sei. Die Bant erklärte nun, Darlehen usw. zu geben, sah aber ihr Treiben bald entdeckt. Ein Schneidermeister, der 300 Kronen in falschem Gelde erhallen hatte. wurde in Budapest bei Einkäufen in einem Warenhause angehalten und auf Grund seiner Aussagen wurde das Direktorium verhaftet. Die Bant mußte in Liquidation treten, wobei der wohl seltene Fall sich ergab, daß die Gründer ihr Aktienkapital voll zurückerhielten. v. Ein Denkmal für Stammutter Eva. Der in Grcenville, S. E., lebende Humorist und Schriftsteller Robert Ouillen verfiel, wie die amerikanischen Blätter berichten, aus eine merkwürdige Idee, für sich Reklame zu machen. Er errichtete in dem Garten vor seinem Hause ein Denkmal, dos die Stammutter des Menschengeschlechtes Eva darstellt. Den Sockel schmückt neben der Inschrift:Zum Gc- dächtnis an Eva, das erste Weib", ein Apfel mit einem Zweig und einem Blatt. Die gute Stadt fand das natürlichshooVrng, und Quillen sah sich genötigt, in einem von ihm herausgegebenen Blatt der Kritik der lieben Nachbarn zu begegnen. Er tat das in folgen- der Form:Eva war eine entfernte Derwandt« von mir, mütterlicher- leits. Die ganze Familie ist immer stolz aus st« gewesen. Sie war die erste Dame und die anerkannteste Schonhell ihrer Zeit."