Sonntag
17. Januar 1926
Alus der Film- Welt
Das Filmhaus Brudmann brachte ihren Bismardfilm unter den geschäftstüchtigen Titel Film der Deutschen heraus. Warum auch nicht, so etwas tann ehrlich sein oder weniger ehrlich oder sehr perlogen.
Als das Bolt in Not" als„ Deutschlandfilm" herausfam, mahrte die Firma und der Pressechef doch wenigstens das Gesicht, sie straften fich doch nicht selber Lügen, nur um noch einen Vorteil aus dem so fchon vorteilhaften Geschäft herauszuziehen.
Aber Brudmann fürchtet scheinbar, daß Untertitel und Bismard es nicht allein schaffen werden. Und so verschickt er als Anleitung zur Borreflame an die Theaterbefizer ein Rundschreiben, in dem am Anfang natürlich noch einmal die Tendenzlosigkeit des Films betont wird und in dem es dann weiter heißt:
" Es empfiehlt sich, an gewiffe Kreise mit unmittelbaren An schriften heranzutreten.
Bei der Schwere der Zeit hat ein Angebot besondere Wirkung, menn damit ein kleiner Vorteil verbunden ist. Deshalb empfiehlt es sich, den Mitgliedern von Vereinen eine Vergünstigung durch Borzugskarten anzubieten. Am vorteilhaftesten ist es, wenn man direkt an die Mitglieder Einladungsfarten versenden kann.
Sehen Sie sich mit folgenden Vereinen in Berbindung: Orts gruppen der Deutschnationalen Volkspartei , Ortsgruppen der Deut. fchen Bolfspartei, Ortsgruppen des Wirtschaftsbundes, Ortsgruppen der Demokratischen Partei, Deutscher Offiziersbund, Jungdeutscher Orden , Stahlhelm, Bismarcjugent, Ortsfartell des Deutschen Be amtenbundes, die anderen Beamtenvereine, Jagd und Schießflub und Schüßenvereine, die Kriegervereine, eine Anzahl non Sports vereinen.( Die alle außerordentlich darüber erfreut sein dürften, daß der Bismarcdarsteller ein Jude ist.) Und da ein Theaterbefizer, ter solch einen Brief erhält und trotzdem abschließt, reichlich unintelligent sein muß, wird auch gleich der genaue Wortlauf des Briefes mitgeschicht, in dem von einer Tendenzlosigkeit allerdings nicht mehr die Rede ist:
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Um in dieser schweren Zeit allen Kreisen den Besuch des Filmes zu ermöglichen, find wir bereit, den verehrlichen Mitgliedern Ihrer Körperschfat eine Bergünstigung zu gewähren, tergestalt, daß Sie gegen Borzeigung einer Borzugskarte an Wochentagen zu jeder Vorstellung nur die ermäßigten Preise zu zahlen haben. Die Er mäßigung ist eine recht erhebliche( im anderen Teil desselben Briefes murde fie fleiner Vorteil genannt), und mir würden uns freuen, menn von unserem Angebot ein recht reichlicher Gebrauch gemacht mürde. Da es sich beim Bismardfilm um ein Wert handelt, dessen Bedeutung von höheren als nur geschäftlichen Rücksichten beurteilt merden muß, bitten wir um Ihre freundliche Unterstüßung und bemerken, daß wir nicht abgeneigt find, auch in der Folgezeit tie Er mäßigung Ihren Mitgliedern zufommen zu laffen."
Gie tennen ihre Pappenheimer, die guten Jagd- und Schießund Schützenvereine. Erst: die Ermäßigung ist eine erhebliche, und später tönnen Sie sie gern auch noch friegen, und dann: hier handelt es sich um ein Wert, dessen Bedeutung von höheren als nur geschäftlichen Rücksichten beurteilt werden muß.
Weiter liest man: Enten muß die eigentliche Handlung mit der Reichsgründung im Jahre 1871. Die dann folgenden inneren Kämpfe, oder gar die Geschichte seiner Entlassung, mürden mur trübe Erinnerungen weden, nicht einigend, sondern trennend mirfen, und fo den vaterländischen Zmed des Ganzen vereiteln." So sieht also ein hiftorisches Dokument" aus, bestimmt für Deutsche aus dem Stahlhelm und dem Offiziersbund und einer Anzahl von Sports Hans Lefèbre.
vereinen.
Die Filme der Woche.
„ Die Dame und der Junggeselle." ( Piccadilly.)
Der Film ift nach der Komödie Baumau" gearbeitet worden, dach der Regiffeur und Bearbeiter de Mille ordnet den Stoff ganz anders an. In der Komödie herrscht bis zum dritten At Unflarheit darüber, mer der Dieb des Diamanten ist. Der Film beginnt dagegen mit den Borbereitungen zum Diebstahl, und gleich in der ersten Szette wird gefagt, daß der Baumau ein befannter Detektiv ist; de Mille entäußert sich also von vornherein der Spannungsmomente der Komödie, er fonzentriert allein das Interesse auf die technische Ausführung, auf den Diebstahl selbst und auf seine Entdeckung, er vermeinet Inallige Sensationen. Doch die Uebertragung des Stoffes ins Filmische ist nicht immer gelungen, statt bildhafter Geftaltung wird besonders am Anfang zu viel Zert gebracht. Auch die Lösung ist auf der Bühne beffer geglückt. Immer wieder zeigt es fich, daß der Stoff ursprünglich für das Theater berechnet mar. Es ist schwer, fich von Ballenberg auf Theodore Roberts in der Hauptrolle umzustellen. Roberts ist ein großer, starter Mann, dem man die Gebrechlichkeit nicht recht glauben fann, er tappert zu be tont, aber er verfügt über die Eindringlichkeit der Geste, er bringt die Rolle tatsächlich filmisch, hin und wieder jedoch stören Mäkchen. Als zweiter Film lief Die vom anderen Ufer", eine Geschichte Dom Border und Hinterhaus, wie sie oft dagewesen ist. Der Fabritherr und sein ältester Sohn spielen sich etwa auf die Bäter
der Arbeiter heraus, während der jüngere Sohn seine Lebens aufgabe darin erblickt, Stenotypistinnen zu verführen. Schließlich erreicht ihn die Rache eines betrogenen Arbeiters, und am Schluß findet eine Vereinigung von Vorder- und Hinterhaus durch eine Doppelhochzeit statt. Der Film will nichts weiter sein als eine gut gearbeitete, Unterhaltung, trotz der sozialen Hintergründe, und dieses Ziel ist dank der stillen und zurückhaltenden Regie Artur Bergens erreicht. Nichts erscheint hier aufdringlich überbetont, die Arbeiter sind brave Leute, und die Kommerzienräte auch, jeder lebt in seiner Sphäre, und manchmal heiraten sogar Kommerzien räte Töchter von Arbeitern eine sehr einfache Lösung der sozialen Frage, aus der Perspektive des trauten Heims gesehen. Auch die Darstellung hält anständiges, gut bürgerliches Niveau. Bruno Kastner ist lastender Lebensernst, nicht einmal lächelt er, und Maria Baudler begnügt sich damit, lieb auszusehen. Nichts stört die Harmonie der Beltordnung.
„ Der schwarze Engel." ( Marmorhans.)
F.S.
Diefer Film hinterließ bei seiner Uraufführung einen fast bei spiellos starten Eindrud. Nach einem Theaterſtüd ist das Manuffript gearbeitet. Borangestellt sind ihm als Motto Barbusses Worte: 3wei Armeen, die sich bekämpfen, find eine Armee, die Selbstmord begeht. Der Film bringt als Handlung ein nach England verlegtes Kriegserleben, das sich auch in jedem anderen Lande hätte ereignen tönnen, denn die furchtbaren Leiden der Völker und die herben Geschicke der einzelnen waren international Ein junger Feldartilleriehauptmann wird vom Urlaub durch ein Telegramm an die Front zurückgerufen. Der Abschied muß überſtürzt vor fich gehen, es bleibt nicht einmal so viel Zeit, um Kriegstrauung zu machen. Die Liebenden finden auch ohne Formel zueinander, und berleben die letzte Nacht gemeinsam. Der Hauptmann erblindet im Felde; da gibt er sich abfichtlich für tot aus, um seine Braut nicht an fich zu fetten. Unter anderem Namen wird er ein bedeutender Jugendschriftsteller. Seine Braut trauert ihm nach, schließlich will fie einem anderen Manne die Hand reichen, von dem sie tatsächlich mehr als einen Beweis feiner aufrichtigen Liebe und Wertschätzung hat. Er entdeckt im blinden Jugendschriftsteller den totgeglaubten Hauptmann, und da er durch und durch ehrlich iſt, teilt er es ſeiner Berlobten noch am Borabend der Hochzeit mit. Natürlich fann die Frau gar nicht anders, als zu dem Blinden zu eilen, und zwei Liebende finden sich fürs Leben. Die Hauptdarsteller Vilmar Banfy und Ronald Colman löften durch ihr Spiel die tiefften seelischen Wirkungen beim Bublifum aus. Der Regiffeur George i maurice lieferte eine ganz hervorragende Arbeit. Er tom ponierte an schönen Episoden, so an prächtigen Landschaftsaufnahmen, an Fuchsjagdbildern, sowie durch Märchengestalten, die über eine Wiese huschen, unendlich viel hinein, ohne die Handlung irgendwie zu stören oder zu unterbrechen. Ferner brachte er durch die Schlachtbilder und das wahre Erfassen des schweren seelischen Leibes ohne jede Aufdringlichkeit einen unverkennbar pazifistischen 3ug in sein Wert.
e. b.
Bon den amerikanischen Filmen, die bislang zu uns famen, maren mir es mirtlich nicht gewohnt, daß sie sich irgendwie tiefgründig mit Fragen beschäftigten. John Goodrichs Manuskript arbeitet jedoch auf ein Ziel hin, das auch erreicht wurde. Der Film wird zu einer großen Anflage gegen Todesurteile auf Indizienbeweise hin. Im ersten Aft wird das Publikum Zeuge einer Hin
Flora- Lichtspiele
Landsberger Allee 40-41 Ecke Petersburger Straße Heute und morgen:
mit Harry Liedtke nach der weltbekannten Operette. Ab Dienstag:
Die Aßmanns
Bellage des Vorwärts
richtung( hinter verschlossenen Türen auf dem elektrischen Stuhl), die einen Unschuldigen trifft. Ein Mörder gesteht in der Todesstunde seine Tat, das Gericht aber hat einen unschuldig Verurteilten schon hin richten lassen. Das erschüttert einen Rechtsanwalt sehr, der mit einem reichen Klubmann, seinem Rivalen in der Liebe, die Wette eingeht, jeder gbeliebige Mensch tann wegen Mordes zum Tode verurteilt werden. Der bekannte junge Mann soll auf der Jacht des Rechtsanwalts in See stechen, Uhr und Kette, Brieftasche, Ueberzieher usw. läßt er zurüd. Nun findet der Rechtsanwalt einen jungen Mann, dem er viel Geld verspricht, damit er den Mordverdacht auf fich lenken läßt und Uhr, Kette und Brieftasche beim Pfandleiher versetzt. Der junge Mann geht auf den Plan ein und wird auch prompt verhaftet. Die Wette flingt aber in furchtbarem Ernst aus. Der Klubmann ist nicht auf der Jacht in See gegangen, überfällt am Strande die Braut des Rechtsanwalts, und dieser selbst erschlägt ihn in der Notwehr. Das Paar will den jungen Mann opfern, doch eben vor der Hinrichtung legt die Braut ein Bekenntnis ab. Der Unschuldige wird im legten Augenblid gerettet. Der Regisseur James B. Hogan lieferte eine spannende und eindringliche Arbeit. Die Darsteller Elliot Degter, George Hadathorn, Robert Ellis, Mary Carr, Elise Bow und Margaret Livingston unterstüßten ihn gut. Die Todesangst zweier Menschen, das Bangen der Angehörigen um das Leben der Thrigen durchzieht diesen Film. Man kann die Zu versicht haben, daß mancher Mensch zum Nachdenten angeregt wird, darum ift die Einführung dieses Films ein Verdienst.
Pat und Patachon im Prater." ( Kammerlichtspiele.)
-g.
verirrt und fangen an, im Brater ihr Gewerbe der Bolfsbeluftigung Die fröhlichen Helden der Landstraße haben fich jest nach Bien auszuüben. Bald find sie lebende Zielscheiben, nach denen man mit Bällen wirft, bald machen fie für einen Film Reklame, indem sie Don Quichotte und Sancho Banja leibhaftig darstellen. Aber ihre Streiche haben ihnen die Feindschaft irgendeines starten Mannes zugezogen, vor dem sie die Flucht ergreifen müssen. Nach mancherlei Abenteuern landen fie in einer Kaserne, wo sie, ohne lange gefragt zu werden, einfach eingekleidet werden. Es läßt sich denten, zu was für lachhaften Szenen ihr Soldatenspiel führt. Sie sind auf dem besten Wege, den ganzen Militarismus zu veralbern, als sich
schließlich herausstellt, daß sie zu Unrecht die Uniform tragen und sie zu neuen Taten losgelassen werden. Sie enden als Hausdiener und Kammerzofe bei einer Ballettänzerin und fangen mun an, Schickal zu spielen. Sie befreien den Leutnant, der sich in einer tollen Laune mit der Balletteuse verlobt hat, von ihr durch eine neue Verlobung, die sie geschickt ins Werf setzen, und machen ihm dadurch die Bahn frei, sich mit der Tochter eines Bantpräsidenten richtig zu verIpben. Man will ihnen danken, aber sie ziehen das Leben in der Freiheit vor, und begeben sich aufs neue auf die Wanderschaft. Wie immer sind die beiden Burschen in ihrer Komit unwiderstehlich, um Das Drum und Dran der sentimentalen Liebesgeschichte ist natürlich so mehr, da jeder seinen Typ wirklich charakteristisch durchführt. weniger belangvoll. Offen gestanden, wir sehen die beiden lieber in ihrem heimischen dänischen Milieu.- Boran ging eine ebenso ulfige mie unsinnige amerikanische Groteske mit Biechern und Kindern. Die Ufa Wochenschau brachte ein sehr reichhaltiges Programm, aus der sehr schöne Winterbilder im Schwarzwald und interessante Einblicke vom Flugzeug aus in den letzten Besuv- Ausbruch hervor. auheben sind.
Frauen und Pferde."
( 2. T. Kurfürstendamm.)
r.
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Dieser Film erinnert einen unwillkürlich an den englischen Kutscher, zu dem ein Amerikareisender sagte: Barten Sie." Der Mann fuhr nach Amerita, tam nach Jahren zurüd, und der Kutscher hatte auf ihn gewartet. Bizige Zeichner illustrierten diese Anekdote so gerne und behandelten immer besonders liebevoll des Rutschers Haupthaar und Bart, die während der Bartezeit ungehemmt wachsen fonnten. Höchstwahrscheinlich ist dieser bewußte Kutscher das Borbild des verfilmten Schriftstellers. Der schreibt nämlich ein ellenlanges Manuskript, und während er schreibt, mächst ihm der Bart, Spinngemebe zieren seinen Stuhl und ein paar hundert Zigarettenstummel feinen Tisch. Das wird bildlich vorgeführt, und inzwischen fieht man, als Attschluß gedacht, Eleanor Boord man wiederholt als minziges Figürchen neben der Schreibmaschine erscheinen. Das ist technisch vorzüglich gemacht und wirft ulfig. Aber zwischendurch drehte man noch einen regelrechten Film, das heißt, nur Autorasereien. Ein junger Mann verlobt sich mit einer Widerspenstigen. Sie raft mit ihrem Auto durch die Straßen, übertritt so und so viele Verkehrsvorschriften, weshalb sie verurteilt wird.
Frankenburg Merkur - Palast eine Birgichaft errettet sie aus dem Gefängnis. Dann raft fie
Film- und Bühnenschau Große Frankfurter Straße 74 Heute und morgen:
Das Fräulein vom Spittelmarkt
Bühnenschau
Ab Dienstag: Fera Andra und Curt Prenzel
Und es lockte der Ruf der sündigen Welt
Palisadenstr. 26 An der Strausberger Str. Heute und morgen:
Die eiserne Braut
C
nach einem Rostümfest mit Berhaftungen abermals im Auto davon, stürzt einen Berg runter, gerät unter Raubmörder, erschießt einen Mörder, und der Abschluß aller Dinge ist ein Dauerfuß mit dem Berlobten. Der Regisseur Robert G. Vignola hat die Angelegenheit so angefaßt, als ob er sie für einen Filmtee in Szene setzte, an dem man sich über die Stars im allgemeinen und über die amerikanische Sensationsmache im besonderen luftig machen wollte. Das Bublifum, das, durch den Titel angelockt, einen sogenannten Gesellschaftsfilm erwartet hatte, wußte gar nicht, wie ihm geschah, es vertrieb sich mit Kopfschütteln die Zeit.
Sonntag 300, 500, 700 and 918 ab Montag täglich 500, 700 and 98
Der Rosenkavalier
e. b.
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Vorverkauf 12-2
Paul Hartmann
Duflos Schmidt- Gentner dirigiert!
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Carl Forest
Jacque Catelain
Vorverkauf 12-2