her erstattete man einen Bericht an Admiral v. Scheer, in dem es heißt:
Iroh aller Ueberwachung(!) wurde schließlich wieder eine Bersammlung zustande gebracht, die indeffen von der Polizei aufgehoben wurde."
So wurde der Flottenchef belogen. Es wurden vier Issurteile gefällt und bei der mündlichen Berkündigung des Ur teils erklärte Dr. Dobring:
„ Es ist zunächst die Aussage des Zeugen Adams in vollem Umfang der Beweisaufnahme und ebenso dem Urteil zugrunde gelegt worden." Das Treiben eines anderen dieser Spigel, des Heizers Bortowity, war so toll, daß schließlich Dobring selbst in einem Urteil feststellen mußte, daß er als Lodfpigel tätig gewesen fei. In dem Verfahren gegen Reichpietsch unb Genossen war immer von einem angeblichen USB- Brogramm, das Gewaltanwendung varjah, die Rede. Dabei muß das Urteil selbst bekennen:
..Wenn auch ein entsprechendes Programm schriftlich nicht niedergelegt fein mag, so waren doch sämtlichen Angeklagten zugestandenermaßen die Tendenzen desselben bekannt." Strupellos erfekte man Tatsachen und Beweise durch willkürliche Unterstellungen. Der Gedante, baß man fie als Berschwörer betrachten fönne, wat den Matrajen gar nicht gefommen. Aber schon die Friedensgefinnung felbft betrachtete man als etwas Strafbares. So entwickelte sich zwischen dem Berhandlungsführer Dobring und dem Angeklagten Driesen folgender Dialog:
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Dobring: Sie wollten also den Frieden, und die anderen, die auf der Liste standen, auch? Driesen: Jawohl. Do bring: Was für einen Frieden? Driesen: Den annegions lojen Frieden. Dobring: Sie fagen wenigffens die Wahrheit und das wird Ihnen auch angerechnet werden.
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Das Berbrechen, das er eingestanden hatte, war der annegionslose Frieden. Bon einem anderen Angeklagten heißt es in einer Anzeige, daß er im Berdacht steht, eine Agitation zur Sammlung von Unterschriften für einen bebingungslosen Frieben zu betreiben." Aehnlich in einer anderen Anzeige: Busammenfassend steht dem nach fest, daß er für die Ziele eines annegionslosen Friedens unter Anschluß an die Parteiziele der USB. oder doch zum minbesten der Sozialdemokratischen Partei agitiert habe." Ueberhaupt machte man zwischen Unabhängigen und Mehrheitsfozialisten feinen Unterschieb. Much Studien, Landsberg , Schöpflin, Südefum u. a. galten als verdächtig, wie aus zahlreichen Stellen der Aften hervorgeht.
Der Justizmord an Reichpietsch u. Gen.
Das Ungeheuerlichste in dem Gerichtsverfahren selbst ist die An
wentung bes Aufstandsbegriffs nach 90 Abjay 6 $ 38 bes Militärftrafgesetzbuchs. Das Strafgesetzbuch und das Mili tärftrafgesetzbuch fennen für Bergeben und Berbrechen der hier in Frage stehenden Art eine ganze Erala fich nach ihrer Schwere ab frufenden Delitte: Erregung oon Wißbergnügen, Gehorsamsver weigerung, Meuterei, Mufruhr und schließlich als schwerstes Delift den Aufstand. Ferner gibt es in den gefeßlichen Bestimmungen die Unterfcheizungen: Borbereitung, Berjud und vollendete Tai. Die Anflagevertreter und die Militärrichter haben nun bel den Hauptangeklagten alle diese geseglichen Hemmnisse, die einer Willkürjustiz gefekt find, mit fouberäner Handbetoegung beijeite gejdhoben und find aufs Ganze gegangen. Sie haben bas schmerste Delitt, ben Aufstand im Kriege, den jogenannten Kriegsverrat und zugleich auch bie Bollendung diejes Delittes unterstellt. So allein fonnten sie die Todesurteile aussprechen.
Der Leiter der Justizabteilung in Reichsmarineantt, Gehei mer Admiralitätsrat Dr. Felisch, hatte bereits am 16. Auguft auf Grund des ihm von Dobring und Loesch zur Ber fügung gestellten Materials, deffen schwere Mängel in tatjächlicher Hinsicht er natürlich nicht sofort erkennen fennte, in einem Rechtsgutachten für den Staatssekretär v. Capelle gefagt:
Das Gericht wird in dem Tatbestand, wie er bisher festgestellt worben ist, die Borbedingungen des vollendeten Berbrechens nach diesen beiden Paragraphen nicht als erfüllt ansehen, da ein wirklicher Aufstand" noch nicht ausgebrochen ist. Es ist deshalb nur eine Bestrafung wegen Versuchs zu gewärtigen.
Bier Tage später, am 20. Auguft, teilte Staatssekretär v. Ca pelle in einer Besprechung mit,
man rechne in Wilhelmshaven mit Todesutteilen. Dazu erklärte Admitalitätsrat Dr. Felid, offenbar erstaunt, nach bem von Bizeadmiral Hebbinghaus geschriebenen Brotokoll:
Er verstehe nicht, wie man in Wilhelmshaven mit dem Todes urteil rechnen fönne, tazu müsse doch tatsächlicher Auf stand" vorliegen, was feiner Ansicht nach nicht der Fall sei. Trotzdem wurden 6 Tage später, am 26. August 1917, in dem Brezeß gegen die sogenannten Saupträbelsführer", fünf Todesurteile wegen vollendeten Aufstandes gefällt. Es wurden der Oberheizer Sadie, der Matroje Weber und der Matroje Reichpietsch vom Schiff Friedrich der Große ", jomie tie Heizer Beckers und Sobis vom Brinzregent Luitpold" wegen nollendeten Aufstandes im Kriege zum Tobe verurteilt. AntlageBertreter waren die Kriegsgerichtsräte Dr. Dobring, Dr. Loesch und Breil. Das Gericht hatte am Schlusse des Urteils die Begnadigung von Sachse und Beber befürwortet. Die Bestätigung der Todes urtelle lag beim Flottenchef, Admiral v. Scheet. Er fonnte die Urtelle abäntern, ganz aufheben oder unverändert bestätigen. Der entscheidende Sag bes unter dem Berfis eines sonst nicht het vortretenden Kriegsgerichtsrats Frauen gefällten Urteils lautet:
Denn nicht erst in dem äußeren Losschlagen, in der Gewalt anwendung, sondern bereits in der Bildung einer mit bestimmten lanbesverräterifchen Zielen bestehenden Organisation, die auf einen Wink der Leitung jeben Augenblick losschlagen fonnte, erkannte das Gericht die Vollendung der friegsverräterischen Aufstands
ercegung.
Nach der Militärftrafgerichtsordnung ist zur Bestätigungsorder ein Rechtsgutachten zu erftellen. Das Rechtsgutachten in diefem Falle wurde am 30. August vom Ober triegsgerichtsrat Be Barn erstattet. Es fommt in dem entscheibenben Bunft zu demselben Resultat wie ber Juftitiar des Reichsmarineamts , Admiralitätsrat Dr. Felijch, daß tein tatsächlicher Aufstand vorgelegen habe und daher feine Todesurteile hätten verhängt werten dürfen. Es heißt in den Rechtsgutachten:
Wenn das Kriegsgericht von einem la tenten Aufst and spricht, der infolge der Borbereitung der Angeklagten als bereits vorhanden, als„ erregt" anzusehen sei, so erscheint das sowohl nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens als nach den Regeln der Gejehesauslegung nid) t überzeugend.
Ich halte daher die Berurteilung der erflen 7 Angeklagten wegen vollenbeler Aufftandserregung für juristisch anfechtbar. Aus den angeführten Gründen flehen der unveränderten Bestätigung des Urteils Bedenten entgegen. Eine Aufhebung des Urteils ließe sich dadurch vermeiden, daß die er fannten Strafen... entsprechend gemildert würden und an Stelle der Todesficaje lebenslängliche oder zeitliche Zuchthausstrafe trüte."
Bei den Atten des Reichsmarineamis befindet sich weiter ein längeres Schriftftück mit dem Vermerk: Ganz geheim", au dem der Juftitiar Dr. Felisch die Bemerkung gemacht hat: Kurger Hand mir vom Hauptmann Brande vom Admiralstab privatim übergeben". Dieses Schriftstid des Hauptmanns Brande, der für den Admiralstab der Gerichtsverhandlung beigewohnt hatte, ist be titelt: Eine fritische Betrachtung" und wendet sich gegen bas Irteil im Falle Sachle, Reichpietsch and Genossen. Es wird dabei ausgeführt:
die
Eine Organisation tann nicht bereits 3wed an fich fein, fre fann vielmehr nur bestimmte 3mede verfolgen. Man fann fich organisieren zur Pflege des Kirchengesanges, zur Erlangung befferer Arbeitsbedingungen, zur Entfesselung eines Aufstandes; die Organisation ist darum aber noch nicht Stirchengejang, besserer Lohn und Aufstand. Ebensowenig ift Organisation zur Auflehnung schon organisierte Auflehnung. Alles Gerede, baß man sich dem nächst beim Eintritt gewisser Bebingungen erheben will, und alle Besprechungen, wie und unter welchen Umständen man dabel am besten zum Ziel tommt, bedeuten noch nicht bas Sicherheben jelber, fondern bereiten nur den eigentlichen Beginn und Ausbruch von Unruhen vor. Mithin fann im Falle Sachse, Reichpietsch und Genoffen nicht gefagt werden, daß die Aufstandserregung bereits vollendet gewefen fel.
Noch am Tage vor dem Urteilsspruch, am 25. August, hatten vom Reichstanzler berufenen Barteiführer es fehlten nur Elsässer, Bolen und unabhängige alle brin gend gebeten, im Falle von Todesurteilen doch ja von bem Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen. Bizeadmiral Hebbinghaus, der dies am Tage nach der Urteilsfällung an Admiral von Trotha nach Bilhelmshaven berichtete, fügte aber hinzu:
Der Herr Staatssekretär hat abgelehnt, beswegen an den Herrn Flottenchef heranzutreten, weiß aber von diesem Brief.
Daraus geht klar hervor, daß Capelle die unerschütter= liche Absicht des Flotten chefs, des Admirals von Scheer, fannte, Todesurteile zur Vollstreckung zu bringen und es nur noch wagte, in der versteckten Form der indirekten Mitteilung dem Flottenchef den Wunsch der Parteivertreter zu übermitteln, die Urteile nicht vollstreden zu lassen.
Schon vor der Urteilsfällung waren zwischen dem Floffenchef und dem Kriegsminister Vereinbarungen über die Boliftredung der Todesurtelle getroffen worden. In bem eben erwähnten Schreiben berichtete Bizeadmiral Hebbinghaus dem Abmiral von Trotha, daß der Kriegsminister fich mit der Bereinbarung zwischen Flotte und Gouvernement Köln einverstanden erklärt habe. Ueber den Inhalt biejer Vereinbarung gibt ein Schreiben des Flottenchefs Admiral Don Scheer an den Kriegsminister v. Stein Auskunft, worin es heißt:
Es ist nicht ausgeschlossen, daß in den nächsten Tagen aus der Hochseeflotte heraus Todesurteile zu volftreden sein werden. Sie würden sich aus dem Gerichtsverfahren ergeben, bas gegen einige Matrosen und Heizer angestrengt ist, die sich zu einem Versuch hergegeben haben, politische Agitation umstürzlerischer Art in die Flotte hineinzutragen. Die Bollstreckung ist vorbereitet.
Diele Borbereitungen wurden in Röln getroffen, da man in Wilhelmshaven Unruhen befürchtete.'
Nachdem sie in solcher Weise alle Borbereitungen für die Er leßungen schon tagelang vor dem Urteilspruch getroffen hatten, wollten sich die Gewalthaber der Flotte durch juristische Erwägungen nicht mehr in der Ausführung ihrer Gretutionsabsicht stören lassen. Admiral o. Scheet
außerte sich zu dem Rechtsgutachten des Marineoberfriegsgerichtsrats be Barn und zum Urteil in folgender überaus bezeichnenber Weise:
Die in dem Rechtsgutachten geltend gemachten Bedenten ertenne ich an. 3dh gelange aber frog danach bestehenden 3 weifeln zu der Auffaffung, daß der Gerichtshert und das Feldfriegsgericht die Beftimmungen des§ 90, 6 StGB. richtig ausgelegt haben. Auch nach meiner leberzeugung erregt einen Aufstand unter Angehörigen unferer Kriegsmacht, wer in landesverräterischer Absicht zur Herbeiführung eines Aufftaudes tätig wird; der Eintritt des von ihm gewollten Erfolges ift feine notwendige Borausfegung für die Anwendung des Gefehes..
Den 2. September 1917.
Scheet,
Admiral, Chef der Hochfeeftreiffräfte." Und nun bie Bestätigungsorder, soweit die Todesurteile in Betracht tommen:
Bestätigungsorder.
Ich bestätige das Urteil:
1. Bezüglich des Angeklagten Reichpletsch und köbis unverändert, 2. Die gegen die Angeklagten Sachse, Weber und Beder erkannte mildere ich auf Zuchthausstrafe von je 15 Jahren."
trobem er bie gegen fie geltend gemachten Rechtsbedenten ause Also, zwei der Todesurteile be ftätigte Admiral D. Scheer, brüdlich anerkannte mit diefer Anerkennung nahm er Recht und Gefeß! den Zobesurteilen felber den letten Schein von
Alles, was Ihr für mich machen tönni, ist, wenn Ihr durch einen Rechtsanwalt oder durch den Stemmapostel ein Gnadengefuch an den Saijer macht, in deffen Hand augenblidlich mein Leben ruht, und dessen Hand auch hier mildtätig mirten wird. M."
Warum wurde dieser Brief zurüdbehalten? Offenbar hat man befürchtet, daß durch Eingreifen eines Rechtsbeistandes oder des Stammapostels der Gemeinde die Gnade des Kaifers angerufen, die Urteilsoolftredung verzögert oder gar ganz hätte verhindert werden fönnen.
Das schlechte Gewissen der Justiz.
Bie sehr man sich der Rechtswidrigkeit der Todesurteile in ber leitenden juristischen Stelle im Reichsmarineamt bewußt war, erhellt aus dem Begleitschreiben, mit dem der Geh. Admiralitätsrat Dr. Felisch am 3. Oftober 1917 dem Stactsfetretär v. Capelle für die Reichstagsverhandlungen das Rechtsgutachten de Barn übermittelt. Der Begleitbrief lautet:
Aus den Anlagen geht hervor, daß auch der Rechtsberater des Chess der Hochfeestreitkräfte die Todesurteile für einen Fehlfpruch hält. Er fommt zu diesem Schluß aus ben stets von mir dargelegten Gründen. Der Chef der Hochseeftreiffräfte hat sich über diese juristischen Bedenten hinweggefeht, wozu er berechtigt war. Bei dieser Samlage werden Ew. Exzellenz aber dringend gebeten, weder den Inhalt der Rechtsgutachten noch den Sah aus dem Urteil gegen Reichpietsch und Gen., der das Borliegen der vollendeten Tat der Erregung eines Aufstandes rechtfertigen foll, dem Reichstag mitzuteilen. Ueberhaupt dürfte es sich emp fehlen, mit feinem Worte sich auf die Frage einzulaffen, ob der Tatbestand des Gesetzes, der die Verhängung von Todesftrafe zuläßt, erfüllt war oder nicht. Die Marinejustizverwaltung braucht sich auf einen Streit hierüber, aus dem sie nicht als Siegerin hervorgehen würde, nicht einzulaffen. 3. 3. Dr. Fetisch."
Klarer tann die Ungefeßlichkeit der gefällten Todesurteile nicht Wenn es in dem Schreiben heißt, daß ausgesprochen werden. Admiral Scheer berechtigt mar, fich über die Rechtsbedenken hinmegzusetzen, so wäre das nur zutreffend gewesen, wenn Admiral Scheer biefe Rechtsbedenten nicht selber ausdrüdlich als rigtig anerkannt hätte. Wer im Bewußtsein der Rechtswidrigfeit Tobes urteile vollstrecken läßt, handelt nicht im Namen des Rechts und des Gefeßes und fann feine Tat nicht decken mit Bollmachten, die ihm das Gefeß gegeben hat.
Die Erfchießung der unglüdlichen Mattojen war ein mill. farijcher willtüratt aus politischen Motiven, war ein 2ft des Terrors gegen die Friedensrefolution des Reichstags, gegen die Friedensbewegung unter den Mannschaften der Schiffe und besonders gegen die verhaßte USP.
Deutschnationale und Regierung.
Soll der Eintritt in den Bötkerbund verschleppt werden?
Die deutschnationale Reichstagsfraktion hat im Reichstag einen Antrag eingebracht, der der Borbereitung ihrer Stellungnahme zur neuen Regierung dient. Er lautet:
Der Reichstag wolle beschließen: Der Antrag auf Eintritt in den Bölterbund ist nicht zu stellen, bevor insbesondere 1. die Auslegungen der deutschen Regierung, fein Ber zicht auf deutsches Land und Bolt, freies Ründigungsrecht, volle Neutralität und Handlungsfreiheit Deutschlands gegen. über Artifel 16 und 17 des Böllerbundsstatuts vom Bölferbund und ben anderen Bertragsstaaten authentisch anerkannt find,
2. a) die Beschränkungen der deutschen Luftfahrt und die n vestigationsbeschlüsse aufgehoben worden sind und jede einseitige Militärtontrolle gegenüber Deutschland ausgefchloffert ist, b) bie Borbereitende A brüstungstonferens ftattgefunden und ein Ergebnis gezeitigt hat, burch weldjes die völlige Oleichberechti gung der Bölfer in der Abrüftungsfrage tatsächlich gewährleistet ist. 3. ber amtliche Widerruf des Deutschland im Bersailer von allen Bertrag abgepreßten Schuldbetenntniffes Signatarmächten mit der Forderung auf unerläßliche inter nationale Untersuchung der Schuldfrage notifiziert, das Recht Deutschlands auf felne Rolonien anerkannt und ber Schutz der deutschen Minderheiten in allen Staaten sichergestellt ist,
4. hinsichtlich der besetzten Gebiete die in Aussicht gestellten und unerläßlichen Voraussetzungen der Rüdwirtungen erfüllt find, a) die Kölner 3one vollständig geräumt ist, b) wesentliche Ab. fürzung der Befagungsfrist für die zweite unb britte Zone und der Abstimmungsfrist für das Saargebiet rechtlich bindend gesichert ist, deutschen Friedensstand und eine wirtjame Revision des Befagungs. regimes( Delegierte, Drbonnanzen, bürgerliche Rechtsprechung, Un antastbarheit der persönlichen Freiheit) durchgeführt ist."
Am 26. Auguft wurden die Todesurteile gefällt, am 2. September hat Admiral Scheer fie bestätigt, am 5. Sep- c) für die 3mischenzeit die Verminderung der Besatzungsstärke auf tember find sie vollstrect worden. Die Erfchoffenen, Reichpietsch sowohl wie köbis, waren beide Teilnehmer der Seefchlacht am Stagertat!
Ein Abschiedsbrief.
Der Tag" zeigt, daß es fich um einen reinen Agitations. antrag handelt. Er versichert:„ Eine Annahme des deutsch nationalen Antrages ist freilich so gut wie ausge fchloffen. Die Deutsche Tageszeitung" feilt deutschnationale Reichstagsfrattion dem neuen Rabintett aus der Fraktionsfigung der Deutschhnationalen mit, daß bie Luther gegenüber eine negative Haltung einnehmen werde.
Bie rücksichtslos, jeden menschlichen Empfindens bar, damals oorgegangen ift, dafür bietet das Schifal des Abschieds. briefes einen drastischen Beweis, den Reichpietsch an seine Eltern in Reutölln gefchrieben hatte. Am 30. Auguft hat er ten Brief geschrieben, am 5. September wurde der Mann erfchoffen, und erst am 14. September wurde der Brief von Köln a 5- gefchidt, gleichzeitig auch erst die amtliche Mitteilung an die Eltern von der Erfchießung ihres Sohnes, le daß die Eltern also erit 10 Tage nach dem Lobe offisiell tie Radjricht befamen, nachbem[ fe ihnen schon gerüchtmeije bekannt geworden war. Sowohl Reich. pietich wie jeine Eltern waren Baptiften, Mitglieder der apostolischen Anzeige gegen den Nürnberger Polizeidirektor.
Gemeinde in Neuföln, und Reichpielsch hatte gehofft, daß durch die Vermittlung des Apostels der Gemeinde die Gnade des Stalfers angerufen werden könnte. Anscheinend wollte man das hintertreiben, denn sonst bietet ber Suhaft des furzen Briefes feinen Anlaß, ihn zurückzuhalten. Bun Beweise mag hier sein Wortlaut Forilaffung rein familiärer Stellen folgen:
unter
Donnerstag, den 30, August 1917. Geliebte Eltern!
Ich hätte Euch schon lange gefchrieben, was mit mir los ist, aber ich wollte erit mein Uriell abwarten. Nun ist dieser Tag gewesen, und er ist noch schlimmer ausgefallen, als ich gebacht hatte. Es ist ein Todesutteil geworden. Ob es vollstreckt wird, oder ob es durch die Gnade des Kaifers verhindert wird, liegt in Gottes Hand. Ich habe teine Hoffnung mehr und habe mit dem Leben abgeschlossen. Das hatte wohl feiner gedacht, als wir im Juni Abschied nahmen, baß es das legtemal fein sollte. Nun bitte ich Euch, liebe Citern, verzeiht mir diese legten Vergehen, damit ich ruhig in die andere Welt hinübergehen fann, wo wir uns alle einmal wiedersehen. Auch danke ich Euch für all das Buie, was Ihr an mir getan habt. Teilt mir bitte die Adresse und den Namen des Bor stehers oder Apostels der Gemeinde von hier mit... lnb wenn 3hr noch mehr und Näheres über mein Bergehen wiffen wollt, so fdhreibt an den, der Euch auf meinen Auftrag hin zum erstenmal geschrieben hat. Run entschuldigt, daß ich nicht mehr schreibe; aber mir ist das Herz so schwer, daß es mir unmöglich ist, noch weiter zu schreiben. Denn es ist traurig, als junger Mensch in der Blüte der Jahre, mit einem Herzen voll Hoffen und Sehnen, schon sterben zu müssen, sterben durch harten Richterspruch. Grüßt Billi und Gertrub, und Euch selbst umarmt und füßt zum letzten Male
Cuer Sohn Mag.
Wendung im Fall Luppe.
Aufs
flärung über Luppes Meineid". Nürnberg, 22. Januar .( Eigener Drahtbericht.) Wie unfer Barteiorgan mitteilt, ist gegen den Bolizetdirettor Gareis fomte gegen den Führer der Reichsflagge, Hauptmann Heiß, megen deren Husfagen im Streicher- Luppe- Brozeß von privater Seite bet ber Nürnberger Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet worden, worin die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beantragt wird. Außerdem ist auch gegen die voltijdjen Unterführer Eisenbeiß, Rasch bad er und Ertl wegen ihrer Aussagen im StreicherLuppe- Brozeß Anzeige gemacht worden.
Wie wir weiter hören, ist gegen einen Polizeiwachi me ift er Luz von der Staatsanwaltschaft ein meineidsber▾ fahren eingeleitet worden. Es handelt sich in dieser Angelegenhets um eine gravierende Aussage des Wachtmeisters, die als Unterlage für das Verfahren gegen den Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Suppe dient. Lug hatte in dem Prozeß über die Beschlagnahme des Messers, das einem durchreijenden Wandernoge! ab. genommen wurde, eidliche Aussagen gemacht, die denen des Oberbürgermeisters Dr. Suppe diametral gegenüberstehen. Der betreffende Wandervogel ist jetzt ermittelt worden und hat in einem Briefe an den Oberbürgermeister Dr. Cuppe den Vorfall genau so dargestellt, wie Dr. Cappe unter Eid ausgefagt hat.
Der völlische Stadtrat Ertl, der den Kampf gegen den Oberbürgermeister Dr. Luppe in genau so fairer" Weise wie der nationalsozialistische Agitator Streicher führt, hat gegen ben ver antwortlichen Redakteur unjeres Nürnberger Parteiorgans, Ge noffen B. Riepetobl, die Beleidigungstlage an< geftrengt, weil den Herrschaften einige berbe Wahrheiten gesagt worden find