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Russische Redefreiheit.

Die Abwürgung der Opposition.

Die Austragung der Gegenfäße innerhalb der Kommunistischen Partei Rußlands ist für die Außenstehenden insoweit von Inter effe, als sie zeigt, wie selbst die führenden Kommunisten in Rußland au ch innerhalb der Kommunistischen Partei mundtot gemacht werden, wenn sie mit der Politik der Partei und der Regierung nicht völlig einverstanden sind. Nach dem letzten Kongreß der Partei, auf dem eine Opposition, geführt von Sinowjew , Kamenew , Krupskaja ( die Witwe Lenins ) und So­felnikow auftrat, hat die herrschende Richtung energisch organi satorische Konsequenzen" aus dem auf dem Kongreffe er­rungenen Siege gezogen. Es wurde eine Aktion gegen die Oppo fition unternommen, an der fast alle führenden Bertreter der herrschenden Richtung, Bucharin , Kalinin, Tomify, Molotow u. a., teilnahmen. Den Führern der Opposition wurde aber verboten, selbst in den geschlossenen Bartei versammlungen ihren Standpunkt zu vertreten. In einer Rede vor den Leningrader Kommunisten hat sich Tomsti darüber wie folgt geäußert:

Ich erhielt gestern vom Genoffen Sino wjem eine Rufchrift, in der er sich an mich sowie an Borofchilow, Kalinin , Kirom und Molotow mit folgenden Worten wendet: Bei eurem Auftreten werdet ihr hoffentlich so korrekt sein, daß ihr den Leningrader Ar beitern sagt, daß das Zentralfomitee mir das Auftreten verboten hat." Ich kann dies den Leningrader Arbeitern nicht sagen, ich fage vielmehr: Das Zentralfomitee hat niemandem das Auftreten verboten. Das Zentralfomitee hat niemandem verboten, zur Ver­feldigung der Beschläffe des Parteifages, zu ihrer Erläuterung und zur Erläuterung der Fehler der Oppofition auftreten.(!) Dies hat das Zentralfomitee niemandem verboten. Das Zentralfomitee bat es lediglich als unzwedmäßig erachtet, daß eine Disfuffion ein Jetzt, wenn Leute, die Fehler gemacht haben, für diese Fehler ein treten und sie verteidigen. Dies hat das Zentralfomitee verboten. Es hat verboten, gegen die Beschlüffe des Parteitages aufzutreten." ( ,, Leningrader Brawda" vom 9. Januar.)

Erst nachdem die oben zitierte heuchlerische Aeußerung Tomffis peröffentlicht wurde, hat sich das Zentralfomitee genötigt gefehen, seinen Beschluß über die Mundtotmachung der Oppofition öffent­lich bekanntzugeben. In der Prawda" vom 13. Januar ist eine ,, Mitteilung" über den Beschluß des Plenums des Zentralkomitees ,, über die Frage der Berichterstattung über den Kongreß" Der öffentlicht, in der folgendes erflärt wird:

Das Plenum hat es als unzulässig erachtet, daß verantwort liche Genoffen aus der Minderheit des Kongreffes( Mitglieder und Kandidaten des Zentralfomitees und der Zentralen Kontroll­fommission) mit der weiteren Propaganda ihrer vom Parteitag ab­gelehnten Anschauungen wie auch mit Erflärungen" über ihre Stellungnahme auf dem Parteitag auftreten. Die Berichte über die Beschlüsse des Parteitages müffen erstattet werden von An­hängern der Parteilinie ohne oppofitionelle korreferate und ohne dak Mitglieder und Kandidaten des Zentralfomitees und der Zen­tralen Kontrollfommiffion aus der Minderheit des Parteitages an den Debatten teilnehmen."

Zur Beurteilung dieses Beschlusses sei nur erwähnt, daß unter den 373 Mitgliedern des fommunistischen Sentralkomitees und der Zentralen Kontrollkommission sich auch sämtliche bedeutende Führer der Opposition befinden; der Beschluß bedeutet daher einfach eine Enthauptung der Opposition,

Die nächsten sechs Wochen nach dem Kongreß wurden dem Schärfften Kampfe gegen die Opposition gewidmet, der seinen würdigen Abschluß in der eben abgehaltenen Konferenz der Lenin­grader Parteiorganisation fand. Während der Vorbereitung der Konferenz wurden sämtliche Bezirksfomitees, jämt­liche Vorstände der 3ellen", aber auch sämtliche gewertschaftlichen Borstände( 1) in Leningrad neugewählt bzw. neuernannt und so die organisa torischen Konsequenzen" aus dem über der Opposition auf dem Kongreffe errungenen Sieg gezogen. Natürlich wurde dabei die Opposition, die gestern noch unumschränkt in der Leningrader kommunistischen Organisation herrschte, auf der ganzen Linie ge­fchlagen. Die Konferenz selbst bildete nur den legten Aft dieser großen Reinigung".

Natürlich wurde Sinowjew mit seinen Jüngern bei der Wahl des neuen Vorstandes der Leningrader Organisation abgefägt".

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Wir haben natürlich feine Beranlassung, uns mit dieser Oppo­fition" oder mit dieser Mehrheit zu solidarisieren. Wenn Bucharin , unter stürmischem Beifall der Konferenz, der abwesen den Opposition zurief: Weniger 2ärm, weniger Ge wäsch, weniger Phrasen und mehr Arbeit"( Prawda" vom 11. Februar), so hob er damit nicht das Trennende, sondern das für die Oppofition" und die Mehrheit Gemeinsame her­vor. Im Punkte Lärm und Phrasen" braucht ein Bucharin selbst vor einem Sinowjem nicht zurüdzutreten. Auch im Buntte Partei. demokratie", den Bucharin wie Sinorjem in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen, fönnen sich die beiden Gegner bie Händereichen. Was für uns in der ganzen Angelegenheit von Interesse ist, ist die Art, wie die Gegenfäße innerhalb einer Partei ausgetragen werden, die ein Weltreich beherrscht und im Namen der Arbeiterklasse glaubt sprechen zu können. Die Kommunistische Partei Rußlands enthüllt sich in diesem Streit als eine Partei, für deren inreres Leben das Prinzip der Dittatur, der Dittatur des jeweils herrschenden Rondentikels maßgebend ist, die selbst in ihren eigenen Reihen die Demokratie nicht ertragen fann. Damit ist die Kommunistische Partet als Arbeiterpartei Gerichtet.

Briand - Doumer gehen aufs Ganze. Gegen jede Konzession an die Kammer. Rücksichts,

lofer als der Senat!

Paris , 24. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die zahlreichen Besprechungen, die im Laufe des Dienstagabends zwischen der raditalsozialen Fraktion der Kammer und der demokratischen Linken des Sena.ts stattgefunden und die schließlich mit der Ent sendung einer Delegation zu Briand ihren. Abschluß gefunden haben, verstärken den Eindruck, daß sowohl im Senat als auch in der Kam mer die Regierung eine ausreichende Mehrheit für die Verabschiedung der Finanzvorlage in der Faffung, wie sie durch die Beschlüsse der Senatskommission erfahren hat, erhalten wird. Wäh renb bie demokratische Linte im Senat im Prinzip bereit ge­wesen ist, dem Prestige der Kammer Rechnung zu tragen und wieder Gelegenheit zu geben, noch vor dem definitiven Votum im

Senat aus

eigener Initiative die in der Kammer feiner zeit abgelehnten Steuern wiederherzustellen bzw. ein Kom­promiß für die Zahlungssteuer zu finden, haben Briand und der Finanzminister jede Konzession auf diesem Gebiete abge lehnt und es zurückgewiesen, um die Form zu wahren, die Verab schiedung der notwendigen Mehreinnahmen auch nur um einige Stunden hinauszuzögern. Doumer, dein der leichte Triumph im Senat offenbar zu Kopf gestiegen ist, scheint sich demnach mit dem Umfall der Radikaljozialen allein nicht begnügen zu wollen. Er fordert von ihnen vielmehr eine Kapitulation in aller Borm

Die Schloßbrücke.

Nachdem die Charlottenburger Schloßbrüde gänzlich für den Verkehr gesperrt wurde, ist jetzt auch die Berliner Schloßbrücke zur Hälfte dem Berkehr entzogen worden. Hier wie da war es die teginnende Baufälligkeit der Brücken, die zu diefen einschneidenden Maßnahmen im Verkehrsleben zwang.

Die Schloßbrücke,

Die Berliner Schloßbrücke wurde von 1822 bis 1824 an Stelle der früheren Hundebrücke erbaut. Die Hundebrücke führte ihren Namen deshalb, weil die zur Jagd im Tiergarten gebrauchten Hunde über sie geführt wurden. Noch 1806 mar fie eine er bärmliche Heine vom Jahre 1822 bediente man fich beim Bau der neuen hölzerne Brücke. Nach den Aufzeichnungen von Heinrich Brücke einer Dampfmaschine. Weiter schreibt Heine, der sich in jener Zeit in Berlin aufhielt: Vorwärts! Wir müssen über die Brücke. Sie wundern sich über die vielen Baumaterialien, die hier herum­liegen, und die vielen Arbeiter, die sich herumtreiben und schwatzen, und Branntwein trinken und wenig tun. Hier nebenbei mar sonst die Hundebrücke; der König läßt sie niederreißen und an ihrer hat die Arbeit angefangen, wird sich noch lange herumziehen, aber Stelle eine prächtige Eisenbrücke verfertigen. Schon diesen Sommer endlich wird ein prachtvolles Wert dastehen." die den Kupfergraben in der Verlängerung der Linden überschreitet, ist von Schinkel entworfen worden. Ursprünglich waren drei gleich weite, mit massiven Segmentbogen überspannte Deffnungen vorgesehen. Mit Rücksicht auf die Schiffahrt mußte jedoch die mittlere Durchlaßöffnung anders gestaltet und mit aufzuziehenden Klappen versehen werden. Erst bei dem Umbau der Brüde vor etwa 15 Jahren verschwanden die Klappen und auch die mittlere Deffnung erhielt einen Bogen in der ursprünglich vorgesehenen Form. Kurz vor der Fertigstellung der Brücke, im November 1823, ereignete fich ein großes Unglüd. Neben der im Bau befind­lichen Brücke war eine Notbrücke errichtet worden, die den Ueber­gang über die Spree vermittelte. Anläßlich einer Hoffestlichkeit entstand ein derartiges Gedränge auf der Notbrüde, daß wohl 20 Personen, hauptsächlich Frauen und Kinder, teils erbrüdt, teils durch das beim Drängen zerbrochene Geländer in die Spree gestürzt wurden und ertranfen. Durch ihre Marmorgruppen wird die Schloßbrücke zu einem der seltsamsten Bauwerke Berlins . das in diesem Stil einzig" ist. Nach der Aufstellung der Marmor­gruppen taufte der Berliner Volksmund die Schloßbrüde in ältesten Berlinern aus eigener Erfahrung bekannt ist. Buppenbrücke" um, eine Benennung, die heute wohl nur noch den

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worden.

Die städtischen Steuerdefraudanten. Wie die Eisenbahn die Fahndung unterstützt"! Bei den Ermittlungen über den Umfang der Betrügereien der beiden städtischen Steuerdefraudanten Gerhard und Schul2. die gemeinschaftlich vom Bezirksamt Mitte und der Kriminalpolizei angestellt werden, find jegt einige weitere Fälle aufgebedt worden. Allerdings erleidet die städtische Berwaltuna bei diesen Fällen teinen Schaden, sondern es wird möglich sein, die Steuerpflichtigen hajtbar zu machen. Außerdem hat die Unter­suchung ergeben, daß auch in diesen Fällen gewisse Benfiten bei den Betrügereien die Hand im Spiele gehabt haben Dieser Verdacht soll durch weitere Untersuchungen aufgeklärt werden. Inzwischen ist auch bekanntlich eine Belohnung von 5000 Mart für die Ergreifung der beiden ungetreuen Stadtinspektoren ausgefekt Bom Bezirksamt Mitte war auch beabsichtigt worden, Bersonalien Gerhards und Schulz' auf den Stadt- und Fernbahn die Ausschreibung der Belohnung, sowie die Photographien und höfen Groß- Berlins plafatieren zu lassen. Die Reichsbahn Derwaltung hat jedoch, wie wir hören, einen sehr merkwürdigen Standpunkt eingenommen und das Ersuchen des Bürgermeisters Schneider vom Bezirksamt Mitte grundsäglich abgelehnt, und zwar mit der Motivierung, daß damn die Reichsbahnverwaltung auch jedem anderen Dritten" derartige Platatierungen ae statten müßte. Dem Borhalt, daß doch schließlich die Stadt Berlin in dieser Hinsicht ein gewiffes Borrecht genießen müßte, wurde teine besondere Bedeutung zugemessen, sondern nur erklärt, dak. falls ganz ausnahmsweise die grundfäßlichen Bedenten fallen ae­lassen würden, der Magistrat eine Gebühr von 10 Pfennig für jedes Plakat an die Reichsbahnverwaltung zu entrichten habe. Die Stellungnahme der Reichsbahnverwaltung erscheint nicht gerade da­zu angetan, die Sympathie der Stadt Berlin zu erwerben und zu der Aufklärung dieses Verbrechens, die im Interesse der Deffent­lichkeit liegt, beizutragen.

Die demokratischen Kommunisten. Heiteres aus der Lichtenberger Bezirksversammlung. In der letzten Bezirksversammlung in Lichtenberg entdeckten die Kommunisten plöhlich ihre Liebe zur Demokratie. Genosse Wife, der als befoldeter Stadtrat bie Altersgrenze erreicht hatte, ist bekanntlich aus seinem Amt ausgeschieden. Als die Erjahwahl allgemeiner Heiterkeit, die sich in Zwischenrufen von allen Seiten vorgenommen werden sollte, bekannten sich die Kommunisten unter zeigte, zur Demokratie. Die Kommunisten erhoben Anspruch auf die freiwerdende Stelle und erwarteten, daß die Sozialdemo traten verzichten, weil die Demokratie dies ver Iange. Illustriert wird dies Berlangen durch die Tatsache, daß die Kommunisten mit den Bürgerlichen zusammen vor einigen Monaten den sozialistischen Bürgermeister John ab bauten. Bet der Wahl selbst wurde Genosse Stadtverordneter Frizz Thurm im dritten Wahlgang mit 22 gegen 12 Stim. diese Wahl zu vertagen und erst den Bürgermeister zu wählen, war men gewählt. 12 3ettel waren weiß. Ein Antrag der KPD. , zuvor gegen die Stimmen der KPD. abgelehnt. Genoffe Käming begründete hierauf ausführlich einen Antrag unserer Fraktion auf Gründung eines Fonds zur Herstellung von Straßen bei Siedlungsbauten, der einstimmig angenommen wird. Nach debattenloser Annahme einiger fleiner Anträge famen zur Be ratung bret Anträge wegen des Boltsentscheides. Es entstand eine lebhafte längere Debatte, in der es zu heftigen Auseinanderfegungen zwischen den Demokraten und den Deutschnationalen tam. Die An­träge wurden mit den Stimmen der Linken angenommen. Bei Beginn der Bezirksversammlung gab der Borsteher, Genoffe Tempel, ben ablehnenden Bescheid des Ministers auf die Be­schwerde wegen nicht bestätigung des Genossen Stim. ming befannt. Genosse Stimming, stellvertretender Bürgermeister im Bezirk 17, war mit 31 von 48 Stimmen zum Bürgermeister ge­wählt, vom Oberpräsidenten aber nicht bestätigt. In ihr Amt wurden fünf unbesoldete Stadträte, darunter die Genossen Weiß und Klusener eingeführt. Ein Kommunist war nicht bestätigt worden. Die Bersammlung beschloß ein Rechtsgutachten über worden. Die Bersammlung beschloß ein Rechtsgutachten über die Bestätigungsfrage einzuholen. Endlich wurde die neue Wohlfahrtsordnung nach Berichterstattung des Genoffen Beter. hansel angenommen.

Drei alte Schachteln.

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Den wenigsten Rundfunkhörern wird es gestern zum Bewußt fein gekommen sein, daß das frühlingsmäßige Spiel, das sie erfreute und das so gut zu dem frühlingsmäßigen Wetter draußen passen wollte, ein Brodutt der Kriegszeit ist. Anfang Oktober 1917 wurde es zum ersten Male aufgeführt. Aber es zeigt nichts von dem Chauvinismus, der gerade die Werke der heiteren Muse, die ja als Eintagsfliegen am Kunsthimmel stärker als ihre ernſteren Schwestern nur dem Wunsche des Tages dienen, damals nur allzu oft auszeichnete. Krieg und Kriegsgefchrei liegen wohl im Hinter grunde der Operette Drei alte Schachteln ", aber sie tommen im Berlauf der Handlung dem Hörer faum zum Bewußtsein. Das nur auf eine fleine Personalzahl aufgebaute Biedermeierspiel erinnert in feiner Genrehaftigkeit start an Singspiele älterer Art, und wie in ihnen ist hier eine Liebesangelegenheit ohne viele glaubhafte Ber­widlungen eigentlich der ganze Inhalt, zu dem Kollos sehr melodiöse

Musif eine reizvolle Untermalung schuf. Daß mufitafisch der Balzer im Mittelpunkt stand, war natürlich eine Konzession an das Publi fum der Kriegszeit. Aber das wird sicher feiner der Rundfunfteil­nehmer gestern bedauert haben, dem sich die lieblichen Klänge immer wieder ins Ohr schmeichelten. D

Nächtliche Schlägerei im Berliner Osten.

Die bedrängte Schupo.

Zu schweren Ausschreitungen tam es gestern nacht gegen. 22 Uhr im Osten Berlins . An der Blumenstraße Ede Krautstraße war ein großer Menschenauflauf entstanden und mehrere Burschen versuchten einen Mann zu würgen und ihn in ein Haustor zu drängen. Schußpolizeibeamte, die hinzu­famen, suchten den Streit zu schlichten. Mit unerhörter Roheit mandten sich jedoch die Streithähne gegen die Beamten und traftierten sie mit Fußtritten gegen den Unter= leib. Der Hauptangreifer Hans Posener aus Neukölln flüchtete darauf die Blumenstraße und Markusstraße entlang zuni Strausberger Play, wo er von den Beamten aber eingeholt und ergriffen werden konnte. Auf dem Wege zur Wache wurden die Beamten von dem Publikum belästigt und in arge Bedrängnis gebracht. An der Kraut- und Blumen­straße suchte P. sich von den Beamten loszureißen und zu ent= fliehen. Das Publikum, das unverständlicherweise eine drohende Haltung gegen die Beamten einnahm, suchte den Fliehenden zu decken. Auf die Notsignale eines Beamten eilte ein Unter­wachtmeister zu Hilfe, der bei seinem Erscheinen ebenfalls umzingelt wurde. In größter Bedrängnis gab er einen Schuß aus seiner Dienstpistole ab, der den Former Paul Rothermund aus der Blumenstraße 68 am Kopf schwer verletzte. Bereits auf dem Transport nach dem Krankenhaus am Friedrichshain trat der Tod ein. Es wurden noch eine Anzahl von Personen festgestellt.

Aushebung einer Falschmünzerwerkstatt.

Der ertappte Goldschmied.

Eine Falschmünzerwerfstatt wurde gestern von Beamten der Potsdamer Kriminalpolizei in der Kantstraße entdeckt und ausgehoben. Auf dem Bahnhof in Potsdam wurde vor einigen Tagen ein Mann angehalten, der eine Fahrkarte nach Berlin lösen und mit einem Mart stück bezahlen wollte. Als man dieses als falsch erkannte, erflärte der Mann, dann habe ich wohl noch mehrere von dieser Sorte". Das war in der Tat so. Er hatte in einem Lokal in der Luckenwalder Straße in Potsdam einige Glas Bier getrunken und auf einen Fünfmartsein u. a. vier Einmartstücke herausbekommen. Alle vier erwiesen sich als falsch. Ihr Besizer wurde der Potsdamer Kriminalpolizei vorge­führt, und Kriminalfommissar Fichtemann ermittelte, daß die falschen Münzen von einem Kellner des Lokals in der Lucken­walder Straße ausgegeben worden waren. Dieser hatte sich von einer Sabine Raab aus der Marienstraße in Potsdam fleines Geld beforgen lassen und dabei, ohne daß er es wußte, 50 falsche Einmartftüde erhalten. Im Laufe des Tages hatte er sie beim 2echseln ausgegeben. Kriminalkommissar Fichtemann ermittelte, daß Sabine Raab in Verbindung stand mit einem Goldschmied Esprester, der in der Kantstraße 46 einen fleinen Laden be­treibt und in einem Zimmer hinter dem Laden haust. Hier nahmen die Potsdamer Beamten gestern überraschend eine Durch suchung vor und fanden nicht nur weitere falsche Münzen, sondern auch die Prägestöde mit Schneide und Prägestempel, die aufgestellt hatte. Der Ertappte, der zunächst die Fälschung leugnete, Esprester als Goldschmied selbst hergestellt und in dem Hinterzimmer wurde nach Potsdam gebracht und legte dort später ein Geständ nis ab. Er behauptet, daß er wegen schlechten Geschäftsganges auf den Gedanten gekommen sei, Münzen zu fälschen. Er will erst einige hundert Einmarkstüde geprägt und mit der Sabine Raab gemeinsam in Verkehr gebracht haben. Auch diese wurde dem Amtsrichter in Potsdam vorgeführt. Das ganze Material wurde beschlagnahmt.

Im Zeichen der Wohnungsnot!

Das Zentralwohnungsamt und die Firma Scherl u. Co. Große Empörung wurde in der letzten Bezirksversammlung im Bezirk Mitte bei allen Parteien durch die Anfrage der SPD . wegen der Hergabe von 40 Wohnungen zu Geschäfts= zweden an den Beitungsverlag Scherl u. Co. bei der Beantwortung durch den zuständigen Dezernenten hervorgerufen. Die Firma Scherl vergrößert ihre Geschäftsräume in der Zimmer­und Kochstraße. Dadurch werden 40 Wohnungen dem Wohnungs­markt in den Bezirken Mitte und Kreuzberg enizogen. Die bis­herigen Inhaber der Wohnräume müssen durch die Wohnungsämter Mitte und Kreuzberg untergebracht werden. Nach Auskunft des stellvertretenden Bürgermeisters Dr. Gordan sind diese Ab­machungen mit dem 3entralwohnungsamt und der Firma Scherf getroffen. Durch diese Maßnahme sind die Wohnungsuchen­Erscheinung tretenden Wohnungsneubau wenig Aussicht haben, eine den des Bezirks, die schon durch den hier so gut wie gar nicht in Wohnung zu erlangen, arg geschädigt. Im Bezirk Mitte befinden sich sehr viele Baulüden und es dürfte gerade der Firma Scherl ein Leichtes sein, den durch den Umbau verlorengegangenen Wohn­raum an anderer Stelle im Bezirk erstehen zu laffen. Das ist das Mindeste, was man verlangen kann.

Mieterschaft und Fürstenabfindung.

Die Kundgebung des Mieterbundes, die am Montag abend im großen Saal der Treptower Sternwarte unter zahlreicher Beteiligung die unheilvolle Wirkung der Wohnungsnot auf den Erbfeind der der Bevölkerung stattfand, und bei der in einem besonderen Film Tuberkulose vorgeführt wurde, gipfelte in einer mit Begeisterung aufgenommenen Rede des Genossen Landgerichtsrats Ernst Ruben in Berlin , der die durch Inflation und Wohnungsmangel entstandene Not der Mieterschaft besprach und die schamlosen Forde rungen der Fürsten geißelte. Tritt die Mieterschaft nicht gefchloffen für den Boltsentscheid ein, so werden neue Belästigungen der Mieter und damit der lebendigen Arbeitskraft der Arbeiterschaft die unaus­bleibliche Folge sein. Nach dem Vortrag rollte der bekannte Mieter­film, wenn auch in gefürzter Form. Die ganze Beranstaltung kann als ein Erfolg unserer Bestrebungen angesprochen werden.

stürzte die 7 Jahre alte Schülerin Erna Saß in der Kleinen Todessturz im Treppenschacht. Gestern abend furz nach 7 Uhr Markusstraße 3 aus der dritten Etage in den Treppen­schacht, wo das Kind schwer verlegt liegen blieb. Ein sofort hinzugezogener Arzt fonnte nur noch den Tod feststellen. Die Steine ist wahrscheinlich am Geländer heruntergerutscht und daber zu Schaden gekommen.

Grubenbrand auf Zeche Phönix "..

4000 Mann arbeitslos geworden. Hamm , 24. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Auf Schicht I der Zeche Phönig" ist ein verheerender Grubenbrand ausgebrochen. Die Lösch- und Abdämmungsarbeiten find im Gange. Sie sind bis jetzt erfolglos geblieben, so daß mit der Unterwafferfehung des Schachtes gerechnet werden muß, wodurch 90 Proz. der Belegschaft, also 4000 mann, erwerbslos werden würden. Auf der Hüttenfohle des Schachtes I ruhte die beste kohle der Zeche, eine Gastohle. Flöz 14, der Brandherd, enthält eine an Schwefelgafen reiche Kohle. Auf Anordnung der 3echenleitung wird von der Lippe aus eine neue Rohrleitung gelegt zum brennenden Schacht, um zunächst das brennende Flöz, eventuell die ganze Sohle unter Waffer zu setzen. Die Ausdehnung des Brandes auf das ganze Kohlenfeld ist zu befürchten. Die Belegschalt fonnte noch rechtzeitig aus der Grube gezogen werden. Eine G fahr für Menschenleben besteht nicht.