erlitten hätte, bem Finanzminister Doummer frete Hand gelassen hat, den Senat gegen die Kammer aus 3ufpielen. Eine Zeitlang hatte es geschienen, als ob die Kammer, eingefchüchtert durch den von der Rechten sehr gefchickt aufgezogenen Feldzug der Bresse gegen die angebliche Impotenz des Parlaments, vor Doumer fapitulieren und die Vorlage in der Form, wie sie vom Senat unter offenkundiger Berlegung der Verfassung verabschiedet worden war, schlucken würde. Die Finanzkommission der Kammer war in der Tat bereits umgefallen, sie hatte der Kammer die Annahme nicht nur der von ihr vor fnapp 14 Tagen abgelehnten indirekten Steuern, sondern auch der Doumerschen Zahlungssteuer, für die sich in der ersten Lesung nur 112 Stimmen gefunden hatten, empfohlen.
Die scharfe Mißbilligung, die diese Beschlüsse der Rommission sowohl bei der Fraktion wie beim Parteivorstand der Radikalfozialen gefunden hatte, war das erste Warnungssignal, daß es im Plenum nicht so glatt gehen würde. Immerhin hat man noch am Freitagabend daran gedacht, daß die Regierung mit Unterstügung der gemäßigten und rechten Mittelgruppen und bei genügender Stimmenthaltung der Rechten eine tnappe Mehrheit erhalten würde. Diese Möglichkeit der Lösung hat dann ein von dem radikalsozialen Abgeordneten Margaine eingebrachter Antrag auf Schaffung eines Monopols für Zucker und Petroleum durchtreuzt. Die Rechte hat von der Regierung verlangt, daß sie gegen diesen von ihr als starf sozialistisches Experiment bezeichneten Antrag die Bertrauensfrage stellen sollte, und als Briand dieses ablehnte, und durch Doumer den radikalfozialen Antrag als durchaus erwägenswert bezeichnen ließ, hat die Rechte das zum Bormand genommen, um der Regierung die Gefolgschaft zu kündigen und sich auf diese Weise von der Berantwortung für die Bewilligung unpopulärer Steuern zu drücken.
Die sozialistische Fraktion hatte an der Aufstellung des
ursprünglic Don der Finanztommiffion eingebrachten Sanierungsprogramms aftipen Anteil genommen. Sie hatte schweren Herzens der Schaffung von nahezu 2 Mil liarden neuer Einnahmen aus indirekten Steuern zugestimmt, daran aber die Bedingung geknüpft, daß die Kammer zuvor die von der Kommission vorgeschlagene Reform der direkten Steuern annehme. Nachdem bei der ersten Lesung gegen die beantragte Reform des Erbrechts zugunsten des Staates die Vertrauensfrage gestellt worden war, und damit zugleich ein großer Teil der Vorschläge zur Erhöhung der Einnahmen aus der Einkommensteuer zu Fall gekommen war, hatte die sozialistische Fraktion, die danach an dem weiteren Schicksal der Borlage feinerlei Interesse mehr hatte, die Rückkehr in die Opposition beschlossen und diese auch bis zum Sturz des Kabinetts Briand tonsequent durchgeführt.
Die Zusammensetzung der fiegenden Opposition. Paris , 6. März.( Eigener Drahtbericht.) Die Mehrheit, die das Kabinett Briand gestürzt hat, feßt sich zufammen aus 30 Radikal fozialen, 93 Sozialisten, 8 Republitanischen Sozialisten, einem Linksradikalen, 7 der Republikanisch- demokratischen Linken, 4 Linksrepublikanern, 80 Mitgliedern der Republikanisch- demokratischen Union, 6 Demofraten, 26 Kommunisten und 19 Fraktionslofen. Für die Regierung haben gestimmt: 84 Radikaljoziale, 23 Unabhängige Sozialisten, 36 Lintsradifale, 21 Republikanisch- demokratische Linfe, 13 unabhängige Linte, 23 Linksrepublikaner, 7 Republikanisch- demofratische Union , 7 Demokraten und 7 Fraktionslose.
V.Sch. Genf, 6. März.( Eigener Drahtbericht.) Graf Bethlen joll hier dem Finanzausschuß des Böllerbundes Auskunft über die finanzielle Lage Ungarns erteilen. Es heißt, daß die für diese Tagung fällige Aufhebung der Finanzkontrolle über Ungarn infolge der Banknotenfälschung und der Aufdedung ihrer irredentistischen Zwede nicht erfolgen werde, zumal die Ankunft
Hungerkünstler.
Bon Lucian.
In Berlin herrscht zurzeit eine Hungerfünstlerepidemie. Nach dem der erste vor einigen Wochen angefangen hat, meldet sich bereits ein halbes Dugend Nachfolger, die alle die Konkurrenz zu schlagen behaupten. Es scheint, daß das Hungern seinen Mann zu nähren imstande ist. An verschiedenen Schaufenstern der Stadt find Tabellen angeklebt, worauf von Tag zu Tag die Gewichtsabnahme und das schwindende Wohlbefinden des freiwillig Fastenden ge meldet werden. Aeltere Einwohner, die nicht völlig an Gedächtnis schwund leiden oder nicht in völtischem Trancezustand sich befinden, behaupten ähnliches schon einmal erlebt zu haben. Es ist noch nicht allzu lange her, daß fast das gesamte deutsche Bolt zu jenen Hunger. künstlern gehörte, dem ein Lohn für wackeres Ausharren versprochen ward. Weil natürlich fein Mensch jahrelang ohne jede Nahrung bestehen kann, wurde das Hungern gestreckt, und auf amtlich geftempelten Karten stand genau die Ration zu lesen, die der Hungerkünstler zu sich nehmen durfte. 30 Gramm Butter die Woche, 200 Gramm Brot, fein Fleisch, dafür faft ungenießbare Matraßenfüllung, damals Dörrgemüse genannt. Die Zeitungen berichteten tagaus tagein über das Befinden des Hungernden, aber es waren feine wahr. haften Angaben, sondern häufig auch von Aerzten beglaubigte Schwindelnachrichten. Um die Hungernden bei guter Laune zu hal. ten, wurde von Zeit zu Zeit die versprochene Prämie erhöht. Erst sagte man halb Belgien zu, dann die Küste bis Dünkirchen , dann Litauen und Lettland , schließlich sogar Polen und Teile vom sonstigen Rußland . Der Hungertünstler brachte es auf immer kleinere Ra tienen.
Wer ein gutes Gedächtnis hat und nicht an nationalistischer Baralyse leidet, der weiß noch folgendes: Genau so wie die Hunger fünstler, die sich heute produzieren, ihr Publikum haben, das, nach dem es sich weidlich den Bauch gefüllt, sich an ihren Künften ergögt, genau so gab es eine Schar von Zuschauern, die dem deutschen Hungervolt applaudierten, nachdem sie selber ihren Lachs mit Rheinwein, ihr Filet a la Chateaubriand und ihre Speise aus Schlagsahne mit Ananas verspeift hatten. Sie fonstatierten freudig die Rekord. leiftungen des Hungerkünstlers, während sie fich in Kasinos oder in Fürstenschlöffern durch reichliche Genüsse taſteiten?
Es scheint, daß die Menschen erst zum vollen Lebensgenuß fommen, wenn sie andere darben sehen. Es scheint, daß es eine Gruppe von Menschen gibt, die gern darben, wenn sie anderen damit ein Bergnügen bereiten fönnen. Die noch immer gern ihre Haut und ihre Muskeln zu Markte tragen, damit ein getrönter Faulenzer schlemmen, sich mätressen halten und zwecklose Paraben abnehmen fann, die glücklich sind, wenn sie im Kino die privilegierte Kafte sich in Seidenbetten wälzen sieht, ven livrierten Dienern bedient und von allem Lurus umgeben, während sie selbst auf Stroh schlafen, sich den Mülleimer eigenhändig ausleeren und ihnen der
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Bethlens berechtigte Empörung auch in nichffozialistischen Kreisen hervorgerufen hat. Die Sozialistische Partei im Kanton Genf hat bereits zu einer großen Profeftfundgebung gegen die Anwesenheit des Frankfälscherhäuptlings Bethlen aufgerufen. Die Bersammlung wird stattfinden, jedoch ist das Plakat, auf dem die Partei gegen Bethlen Anklage erheben wollte, von der Kantonsregierung auf Beranlaffung der Bundesregierung verboten worden.
Der Krach bei den Deutschnationalen. Wird Schiele Parteivorsitzender? Philipp Sieger Wird Schiele Parteivorsitzender? über die Kreuz- Zeitung ".
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Die Abschlußarbetten der Gemeinden fellen so beschleunigt werden, daß die Abstimmungsleiter am Abend des 20. März, bei Gemeinden mit nachträglicher Prüfung des Eintragungsergebnisses spätestens am 22. März im Besitz der Meldungen und der Eintragungslisten find. Die Abstimmungsleiter stellen ein Dorläufiges Ergebnis für ihren ganzen Reichstags< mahlkreis zusammen und teilen dieses fpätestens am 24. März dem Reichswahlleiter mit.
Mit der Veröffentlichung des vorläufigen Era gebnisses ist also voraussichtlich am 25. März, des endgültigen Ergebnisses etwa am 11. April zu rechnen.
Auch Reichstagsabgeordneter Lange- Hegermann unter Anklage.
Die deutschnationale Breffeftelle ist in fieberhafter Tätig. Die Anklage gegen Barmat und Genossen. teit. Gestern abend hatte die Deutsche Allgemeine Zeitung" gemeldet, daß die deutschnationale Reichstagsfraktion gegen nur vier Stimmen beschlossen habe, Herrn Schiele als Partei- Die Generalftaatsanwaltschaft beim Rammergericht hat jetzt die vorsitzenden vorzuschlagen. Sie fand die Wahl dieses ehe Anklage in der Straffache gegen Barmat und Genossen dem maligen deutsch nationalen Locarno ministers Landgericht I Berlin zugehen lassen. Referent der Straffammer schon gesichert und sehr erfreulich, da sie eine Rückkehr der beim Landgericht, die über die Anträge der GeneralstaatsanwaltDeutschnationalen zur milderen Tonart bedeutet. Darauf verschaft zu beschließen haben wird, ist Landgerichtsrat Rudloff, setzt die deutschnationale Pressestelle folgendes:
Die Fraktion hat zur Frage der Vorsitzendenwahl in grundfäßlichen Erörterungen Stellung genommen, aber in keiner Weise der Entscheidung der zuständigen Parteistellen vorgegriffen. Die Darstellung der Deutschen Allgemeinen Zeitung", wonach die Fraktion einen Beschluß gefaßt habe, der die nachträgliche Berurtei lung der im Herbst betriebenen Locarno politit bedeute, ist ebenso wie die dabei ausgesprochene Vermutung, daß eine ursänderung zur Diskussion gestanden hätte, irrig. Hierzu lag für die deutschnationale Reichstagsfrattion um so weniger Anlaß vor, als die in der Deffentlichkeit so viel besprochenen Meinungsverschie denheiten beim Austritt aus der Koalition sich bekanntlich stets Bocarnopolitit felbft und die sachlichen Entscheidungen darüber nur auf den Zeitpunkt des Austritts, niemals aber auf die bezogen haben.
Gegenteil vom Richtigen als richtig hinstellen will. Daß nun " Bekanntlich" ist ein sehr nühiches Wort, wenn man das Herr Schiele, was nicht bestritten wird, trotz der wenig glorreichen Rolle, die er als Minister gespielt hat, zum Partei vorsitzenden ausersehen ist, zeigt, mie selten die starken Männer" in der Partei find, die immerzu nach den starken Männern" schreien.
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Ferner teilt die deutschnationale Pressestelle mit: Der Abg. Philipp( Dtn.) hat unter Bezugnahme auf die gegen ihn gerichteten Angriffe in seiner Eigenschaft als Borsigender des Untersuchungsausschusses über die Ursachen des Zujammenbruchs den Vorsitzenden der Reichstagsfraktion gebeten, seine Bustimmung zum Rücktritt vom Vorsitz zu geben. Nach eingehender Besprechung der Vorgänge, bei der volle Uebereinstimmung festgestellt wurde, entschloß sich der Abg. Philipp auf Ersuchen des Grafen Mestar p. den Vorsiz beizubehalten.
Vorsitzender dieser Kammer ist Landgerichtsdirektor Bernau . Die Anklage, die über 640 Drudseiten umfaßt, stützt sich im wesentlichen auf urkundliches Material. wesentlichen auf urkundliches Material. Anklage wird erhoben gegen die Brüder Julius und Harry Barmat, gegen Direktor Klenste, Finanzrat Hellwig, Reichstagsabgeord neten Lange- hegermann, die Gebrüder Direttor Staub und Rechtsanwalt Staub, Kaufmann Rabbinowitz, Generaldirektor Karl Walther und Direktor Hallo. Bertreten werden die Angeklagten u. a. durch die Rechtsanwälte Dr. Alsberg, Bahn, Davidjohn, Dr. Klee und Löwenſtein.
Der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht hat ferner den Sache die Voruntersuchung geführt worden war, außer BerAntrag gestellt, eine Reihe von Persönlichkeiten, gegen die in dieser folgung zu setzen. Darunter befinden sich Geheimer Finanzrat Rühe, Ministerialdirektor Dr. Rauß, ferner die Brüder Salo. mon und Isaat Barmat und die Direktoren Wolff und Ronisti.
Die Brüder Barmat wieder in Haft.
Auf Beschluß der 1. Straffammer des zuständigen Berliner Landgerichts- Borsigender Landgerichtsdirettor Bernau, die über die Frage der Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Brüder Barmat auf Grund der ihr zugegangenen Anflage zu ent scheiden hat, sind am gestrigen Sonnabend Julius und Henry Barmat wieder in Haft gesetzt worden. Die Verhaftung fam höchst überraschend, zumal die Aerzte die Haftfähigkeit der Brüder Barmat auf das entschiedenste verneinen. Die Berteidigung wird morgen Montag die Aufhebung dieser Berhaftung beim Kammergericht beantragen, das bisher alle auf die Brüder Barmat bezüglichen Beschlüsse dieser Straffammer auf Beschwerde jedesmal aufgehoben hat.
Schnelle Hilfe für die Winzer. Ausschüttung von Krediten.
Der offiziöse Bericht vom inneren Kriegsschauplatz verfchweigt, daß die Angriffe, die Herrn Philipp zu feinem Rüdtrittsgesuch veranlaßten, von dem Organ des Grafen West arp, der Kreuzzeitung" ausgegangen sind. Westarps Organ hat den Rücktritt Philipps gefordert, Westarp selbst fordert sein Bleiben. Das Parteileben bei den Deutschnatio- des preußischen Landtags vom 5. d. M. über sofortige Ausschüttung nalen entwickelt sich in einer Beife, für die man nur bei den Kommunisten Vorbilder findet.
Der Amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Der Beschluß des auf Preußen entfallenden Anteils der Kredite für die in Not geratenen Binger ift bereits om felben Tage in weitem Maße durch das preußische Landwirtschaftsministerium zur Ausführung gelangt. Dem Oberpräsidenten der Rheinproving find 1,6 millionen Mart zur Verteilung an die Winzer über. wiesen worden. Diese schnelle Erledigung war dadurch mög lich, daß schon im voraus die Notlage der Winzer auf Grund ein gehender Unterlagen geprüft worden war. Die gleiche Maß. Eintragungsnahme ist für den Regierungsbezir! Wiesbaden vorgesehen, sobald das telegraphisch angeforderte Material vorliegt.
Das Ergebnis des Volksbegehrens. Veröffentlichung am 25. März.
Amtlich wird mitgeteilt: Im Interesse einer raschen und zuver. lässigen Ermittlung des Gesamtergebnisses bes Eintragungs. verfahrens beim Voltsbegehren hat der Reichsminister des Innern durch Rundschreiben an die Landesregierungen Richt. linien für die Zusammenarbeit zwischen den Gemeindebehörden, den Abstimmungsleitern und dem Reichswahlleiter her ausgegeben.
Ralt von den Wänden abbröckelt. Künstler sind offenbar diejenigen Menschen, die aus dem Entsezen ein Spiel machen zu Nutz und Frommen derjenigen, die es sich zahlen können. Die langen Kerls, die sich der Vater des Fridericus Reg hielt, würde man Kriegskünstler nennen fönnen, wenn sie nicht meist mit Gewalt in die Uniform ge
preßt worden wären.
Das Dementi. Als im März 1848 die blutigen Tage vorüber maren, wußte in Berlin jedes Kind, daß die Revolution gefiegt hatte, und die Zeitungen brachten das auch deutlich genug zum Ausdrud. Nur die Allgemeine Preußische Zeitung ", die Vorgängerin der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", mar noch nicht neuorientiert". Sie schilderte ihren Lesern den Ausgang der Revolution in prächtigstem Amtsstil wie folgt:„ Nachdem namens der Bürgerschaft Seiner Majestät dem Könige die Bitte vorgetragen war, die Aufrechterhaltung der Ordnung ihr anzuvertrauen, wofür sie vollständige Bürgschaft übernehme, erteilte Seine Majestät den Befehl, daß sich das Militär zurückziehe. Nachdem diesem Befehl genügt war, geruhte Seine Majestät, die Bildung einer Bürger garde zu genehmigen, die auch sofort zusammentrat." Diese durch und durch unwahre Darstellung des Sachverhalts löfte bei der gefamten Bürgerschaft, besonders aber bei denjenigen, die an den Barrikadentämpfen des 18. März selber beteiligt waren, eine große Empörung aus. Sie bestanden auf einer sofortigen Richtigstellung, und der damalige Redakteur Dr. Zinkeisen mußte in der nächsten Ausgabe der Zeitung die folgende Erklärung abgeben: Ich erffäre freiwillig, daß mir der Artikel zur Aufnahme in die Allgemeine Breußische Zeitung zugeschickt wurde, so daß er, ba er die Borgänge völlig entſtellt, von mir nicht vertreten werden kann. Dr. Zinkeisen."
Mussolini rettet die italienische Kultur. Eine Verfügung der italienischen Regierung verbietet die Erteilung von Auslandspäffen anderen Tieren. Zur Begründung dieser Maßnahme wird darauf an italienische Drehorgelspieler und Aussteller von Tanzbären und verwiesen, daß die im Ausland herumziehenden italienischen Drehorgelmänner und Tieraussteller dazu beitragen, den Ruf des fajchi stischen Italien zu gefährden. Der italienische Leiermann, der früher im Ausland überall eine Alltagserscheinung war, ist in letzter Zeit immer feltener geworden. Londoner Blätter beflagen biefes Verschwinden besonders lebhaft, da dort der malerische Italiener, der die Kurbel des Leierkastens brehte, während sein mit einem roten Jäd. chen bekleidetes Aeffchen mit dem Tamburin raffelte und zu den italienischen Opernmelodien tanzte, eine bei groß und flein außerordentlich beliebte Erscheinung war. Noch vor dem Krieg zählte man allein in London 800 italienische Leierfastenmänner, die ihre Inftrumente aus einer in der Stadt von einem Italiener betriebenen Fabrit bezogen. Noch heute existieren in London zwar 400 Leier fästen, aber die Italiener find unter den Orgelmännern nur noch in verschwindender Zahl vertreten, und Affen und Tanzbären sind von nicht mehr günstig, und es hätte gar nicht erst der drafonischen Verder Bildfläche vollständig verschwunden. Die Zeit ist dem Gewerbe fügung der faschistischen Regierung bedurft, um den Ruf Italiens in musikalischer Richtung zu retten. Der italienische Leiertastenmann ist eben eine Erscheinung, die auf dem Aussterbeetat steht.
Die Anwendung des faschistischen Emigrantengefehes wurde im italienischen Ministerrat beraten. Mussolini hat aber noch immer nicht gewagt, das Gesez sofort in Kraft treten zu lassen.
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Die malerische Bretagne . Die Renntnis des Normaldeutschen Don Frankreich beschränkt sich auf Paris . Und auch von dieser Lichtftadt macht er sich auf Grund der französischen Bossen eine völlig falsche Vorstellung. Es ist daher sehr begrüßenswert, wenn durch Wort und Bild eine beffere Bekanntschaft auch mit anderen Teilen Frankreichs vermittelt wird. Die Urania Darbietung„ Streifzüge durch die malerische Bretagne " ist so geeignet, mit einem der mertwürdigsten und eigenartigsten Teile Frankreichs befannt zu machen. Der Vortragende, Dr. Walter Nußbed, fonnte auf Grund eines längeren Aufenthalts ein sehr anschauliches Bild von Land und Leuten entwerfen. Es wäre noch markanter geworden, wenn er sich nicht in allzuviele Einzelheiten verloren und die Ge famtzüge mehr zusammengefaßt hätte. Der nordwestlichste Teil Frankreichs ist ausgezeichnet durch einen besonderen geologischen Charakter. Es ist Ürgebirge, das bis auf 300 bis 400 Meter abge baut ist, mit einer mild zerfägten Küste, die dem ungeheuerften Bogenprall preisgegeben ist. Das Land ist dauernd mit Regengewölt bedeckt, der Baumwuchs spärlich, das Leben der Küsten. bevölkerung, die sich ganz von Seefahrt und( Sardinen) Fischerei ernährt, ist dauernd von Gefahren umlauert. Oft find die Bewohner der vorgelagerten Inseln infolge der Weststürme wochenlang vom Verkehr mit dem Festlande abgeschnitten. Nur der starke Kinder. überfluß bewahrt die Provinz vor dem Schicksal der Entvölkerung. Die Bretonen haben ihre alte feltische Sprache bewahrt. Noch heute gibt es Leute, die nicht französisch verstehen. Auch in Sitten und Gebräuchen herrscht ganz das Altertümliche vor. Diese Broving ift daher auch während der französischen Revolution am längsten fönigs. treu geblieben. Ein auffallender Schmud der weiten Heideflächen sind die aus der Steinzeit ſtammenden Denkmäler der Menhire und Dolmen , die heute noch das Staunen der Besucher hervorrufen. Wir missen nicht, mit welchen Mitteln die gewaltigen Granitblöde hoch gerichtet sind--zu einer Zeit, da noch keine Pyramiden standen.
In der Staatsoper ist Maria Gerhart , die erfte Stoloraturfängerin der Wiener Staatsoper, vom nächsten Jahre ab während ihrer Urlaubszeit Leo Slezat wird am 10. als Othello und am 14. als Die Gaftspiele bon Alfred Biecaver finden
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berpflichtet. Rabames gaitieren. nunmehr am 19. in„ osca", am 21. in Berther und am 23. in Rigoletto" statt.
Erich Kleibers Konzert mit dem Philharmonischen Orchester am 8. März in der Philharmonie beginnt mit der Tannhäuser Duverture von Wagner und schließt mit Beethovens, Eroica ". Moriz Rosentbal spielt bas Es- Dur
Konzert von Liszt . Die Hauptprobe findet Sonntag, bormittags 11, Uhr, statt. Bvelle Guilbert fingt bei ihrem Auftreten im Theater am Sturfürften. damm Sonntagnachmittag 4, Uhr wieder Chansons Populaires aus dent 17. Jahrhundert und die Großmutter- Lieder.
Schauspieler Borftellung. Die Volfsbühne hat für die Wohlfahrtskaffen der Bühnengenoffenfchait eine Vorstellung der Sturmflut für Freitag, nachmittags 3 Uhr, zur Verfügung gestellt. Karten Keithstr. 11, Zimmer 10. 3m Museum für Meeresfunde spricht Dienstag, abends 8 Uhr, Baurat Schmidt über: Abschließung und Erodenlegung der 8uider See".
Eine Tanzmalinee von Niddy Impefoven findet am 14. im Ufa- Balan bringt u. a. Reben der Blume, Erna Pinner - Puppe, Münchener Staffee. ana 800 statt. Das Programm ist vorwiegend heiteren Charakters und
wärmer.