Nr.1N�4Z.Iahrgaag
2. Seilage öes vorwärts
Soaatag, 7. März?42»
Der Internationale Frauentag . Don Marie Iuchacz. Die Solidarität der sozialistischen Frauen aller Länder sucht ihren Ausdruck in der Veranstaltung eines Jnternatio» nalen Frauentages, an dem in großen Frauenkund- gedungen über die Fragen des internationalen Frauen- rechtes, über gemeinsame Frauensorderungen und vor allem auch über die internationale Friedensidee und Friedenspolitik der Völker gesprochen werden soll. Es ist nicht möglich, dafür in allen Ländern den gleichen Tag zu nehmen. Traditionell ist dafür der Monat März geworden: die ersten Internationalen Frauenkonferenzen in Hamburg und Marseille haben beschlossen, den Internationalen Frauentag wieder aufzunehmen. Wir haben in Deutschland den 7. bis 14. März dafür gewählt und wollen die Masse der Frauen bei dieser Gelegenheit auch darauf hinweisen, daß sie jetzt bei der Einzeichnung zum Volksbegehren zum ersten Male durch öffentliche Unterschrist ihren poli- tischen Willen zum Ausdruck bringen können. Die deutschen Arbeiterfrauen besitzen heute bereits volles aktives und passives Staatsbürgerrecht in Reich, Staat und Gemeinde. Wenn heute ihre besonderen politischen Wünsch« noch nicht erfüllt sind, so teilen sie damit das Los ihrer männlichen Klassengenosien. wohl wissend, daß die Demokratie nicht das Ziel, sondern Kampf- und E r- ziehungsmittel zum Sozialismus ist. Jeder organisierte Arbeiter weiß, daß die dauernde Verkündung sozialistischer Ideen nach und nach das öffentliche Bewußtsein der ganzen Well beeinflußt hat. Beispiele dafür bilden die Errungenschaften in der Arbeiterschutzgesetzgebung und das Washingtoner Abkommen, das auch eine große Anzahl be- fonderer Schutzbestimmungen für die arbeitende Frau enthält. Durch den Frauentag wollen wir Solidarität zeigen mst den Frauen in Frankreich . Spanien . Italien , Griechenland und Jugoslawien . In diesen europäischen Ländern müsien die Frauen noch um das elementarste Staatsbürgerrecht kämpfen. In Belgien will es ein« sinnlose Wahlbestimmung, daß die Frauen zwar nicht wählen, aber gewählt werden können. Die englischen Frauen haben noch immer ein durch die Altersgrenze eingeschränktes Wahlrecht. Eine besondere Bestimmung, nach der Inhaberinnen von.mö- blierten* Wohnungen das Wahlrech« nicht besitzen, nimmt Himderttau senden von berufstätigen Frauen das Wahlrecht. Unsere Forderungen auf weitgehenden Schutz der Frau al» Arbeiterin und Mutter sind auch dort, wo die Frauen schon politisch« Gleichberechtigung besitzen. noch nicht restlos erfüllt. Der Deutsche Textilarbeiterverband hat durch mühsame individuelle Feststellungen das gesund- hellliche Elend der schwangeren Arbeiterin aufgezeigt. Unter dem gleichen Elend leiden die Arbeiterinnen in vielen Berufen in allen kapitalistischen Ländern. Wir kennen die Konflikte, die sich für die arbeitende Frau ergeben, wenn sie von ihrem hilflosen, der Pflege und Erziehung bedürftigen Kind« fort in die Fabrik, das Bureau oder die Landarbeit gehen muh. Mit zahlenmäßig, materiell und pädagogisch oft unzulänglichen Hilfsmitteln(Krippen, Kindergärten, Horten) allein ist nicht geholfen. Staat, Selbstverwaltung und Organisationen müssen planmäßig zusammenarbeiten, wenn nicht Zufallsergebnis bleiben soll, was größter Sorgsall bedarf. Zur Erfüllung dieser Forderungen ist aber auch notwendig, daß die Gesellschaft, der wir Frauen dienen, bewußt und grund- sätzlich das Recht der Frau auf Berufstätigkeit bejaht. Noch immer kämpfen wir Frauen um unser persönliches Menschen- recht als Frau und Mutter, um die Möglichkeiten zur Ent- faltung unserer weiblichen Persönlichkeit für das öffentlich- soziale Leben. Die deutsche Sozialdemokratie stellt dauernd fozialpolllische und bürgerrechtliche Forderungen, die zu dieser Befreiung der Frau beitragen sollen Mit der
gleichen Zähigkeit kämpft man auch in unserem Bruderland Oesterreich um das Recht der nichtverheirateten Mutter und ihres Kindes, um die Reform des Ehsrechts, um eine Aende- rung der berüchttgten Strafbestimmungen, durch die arme. gcquälle und verängstigte Frauen dem Kerker überliefert werden Der Internationale Frauentag in Deutschland fällt in die Zell des Volksbegehrens über die F ü r st e n- enteignung. Was haben die„Landesmütter� während des Krieges geopfert? Haben sie, wie. wir, ihre Söhne und Mäner aus dem Schlachtfelde verloren? Waren ihre Speisekammern leer wie unser Küchenschrant? Haben sie jemals die Qual gefühlt, ihrem hungernden Kinde nicht ein Stück Brot reichen zu können? Sind auch ihnen die Kohlrüben rationiert worden, während jede andere Nahrung fehlte? Während unseren Kriegereltern, Kriegerwitwen und -waisen nur wenige Mark im Monat zugeteill werden, wäh- rend die Arbeitsinvaliden und Kleinrentner von ihren kargen
Renten nicht das Röttgste zum Leben taufen können, während über zwei Millionen Erwerbslose mit ihren Familien das bitterste Proletarierclend fühlen müssen, verlangen die ehe- maligen Fürstinnen und Prinzessinnen vielhundertprozentige Aufwertung und versuchen auf Armenattest ihre»Rechte� durchzusetzeil. So wollen auch wir unseren internationalen Frauentag in den Dienst des Volksbegehrens stellen und mit unserer Unterschrist zeigen, daß nach unserem Willen den bedrängten Gliedern des Volkes zugute kommen soll, was Fürstenhabsucht und Hochmut an sich raffelt will. Nach dem Gesetzentwurf zum Volksentscheid soll das ent- eignete Vermögen Verwendung finden zugunsten der Er» werbslosen, der Krieasbeschädigten und Kriegerhinterbliebenen, der Sozial- und Kleinrentner der bedürftigen Opfer der Inflation, der Landarbeiter, Kleinpächter und Kleinbauern durch Schasfiing von Siedlungsland auf enteignetem Land- besitz. Die Schlösser. Wohnhauser und sonstigen Gebäude sollen für allgemeine Wohlfahrt, Kultur- und Er- ziehungsan st alten verwebet werden.
Marinehaushalt und Volksbegehren. Verhaudlmige« des Reichstages.
In der Aetchstagsfltziing am vmmabendnachmlttaa bcharMt« man zunächst dt» zweit« veranrng de»?i»tch»wehrvoran- schlage». Unter Sblehaung aller Abänderung»- a n t r S g e werden die einzelnen Kapitel nach den Beschlüssen des Hauptausschusse» angenommen. Es folgt die Doranfchlagsberatlmg für die Marine. veber die Bechavldknngen de, Ausschusses derichtet Mg. hünlich(Soz.): Bei einer Reihe von Titeln sind Abstriche valgeiw»»«» worden. Der Ausschuß beantragt, die Reichsregterung zu ersuchen, bald in eine Erwägung darüber einzutreten, wir die Deichossung de» gesamten Retchsdedarfs zur Erziewng möglichst großer Elfparmsse zentral eingerichtet und die zu vergebenden Gegenständ« tunlichst normalisiert werden können; außetdem sollen die Der- waltungsabieilungen und Lerwaltungsreferate usw. für Heer und Metine im Ministerium möglichst zusammengelegt werden. Mg. Kuhat tSoz.): Im Hauptausschuß waren die Vertreter der bürgerlichen Parteien fast so marinebegeistert. wie in der Vorkriegszeit. Der Anerkennung für da» korrekt« Verhalten der Marine- angehärigen in der Oestentlichteit können wir»ms anschließen, wenigsten» ist e» in Wilhelmshaven zu Differenzen mit der Arbeiter- fchaft nicht gekommen. Das Ist zweifellos«in anzuerkennender Fortschritt; manche Marineangehörigen haben noch vor wenigen Jahren zu lauten Klagen Anlaß gegeben. ist anzunehmen, daß die Marine von den staats- und arbeiterfeindlichen Elementen der Löwenseld- und Ehrhardt» Brigard« wieder gesäubert ist. lllZl wurden ein« Anzahl Marineoffizier« wegen schwerer Disziplinlosigkeit und hochverräterischer Umtriebe entlassen. Der Führer dieser Rebellen war der damalige Marinechef Admiral o. Trotha. Dieser Redellenodmiral wurch« aus dem Amte gesagt, und«r wäre verhaftet worden, wenn er nicht der Tapferkeit besseren Teil gewählt hätte. Es ist mehr al» charakteri- stisch, daß gerade diesen Admiral die Marineleitung als Reichs- kommissar in den Untersuchungsausschuß entsandt Hot! Dieser für die Republik beschämende Vorgang ist durch die Rede de» Korvettenkapitäns C a n a r i s im Ausschuß noch ver. stärkt worden. Wir verurteilen auf das schärfste den parteiische« Eingriff de» Kelchswehrministerium»>o die ver- Handlungen des linierfuchungsausschusses. durch den das kaiserliche System die Roheit. Brutalität und Justiz- schände in Schutz genommen werden sollte. Die Verteidigungsrede
de» Minister» im Hauptuusschuß hat bewiesen, daß er auch in der Marine nicht über die nötige Autorität verfügt. Auch in de? Marine gibt es Kräfte, die die Republik planmäßig be- kämpfen. In Wilhetmshaoen sollt« ein junger Mann, der auf Grund seiner glänzenden Eignung schnell zum vbergefreiten be- fördert worden war, zur Unteroffiziersprüfung zugelassen werden. Di« Abkommandierung dazu unterblieb jedoch— weil der Kompagnieführer erfahren hatte, daß ein Onkel des Obergefreiten dem Reichsbanner angehört.(HärtI härt) links.) Ein junger Mann au» Frankenberg in Sachsen durfte bei der Marine nicht eintreten, weil sein Vater Führer ein?» örtlichen Mietervereins war! Dies« Kenntnis stammt« nicht von Gemeinde- und Polizei- beHorden, es müssen also aktive Osfizikre in Verbindung mit republik - feindlichen Elementen stehen. Die Martnestatton der Ostsee leat den Reueinzustellenden einen Fragebogen vor, in dem e» heißt:„Gehört Ihr Vater einem Militär- oder Marineverein an?" Welchen Zweck hat diese Frage? Zu Potsdam besteh»«lue private warluefchule, wer ihre Macher stirb, wird geheimgehalten. Der Zweck ist. die Zögling« im„Geis« van Powiom' zu erzieh«». Sind Zögling« dieser Schul« in die Reichsmarine aufgenommen worden? Die Marine bildet setzt ganz im geHelmen K Wtlhelmshaven- Rüstrinzen Zeiifreiwillige aus.(Hört, hört! links.) Wir fordern, daß mit diesem Spuk sofort Schluß gemacht wird. Der Tirpitz-Geist findet ja auch im E t a t seinen Ausdruck. Ungeachtet der furchtbaren Not des Volkes und besonders auch der Kriegsbeschädigten stellt die Marine von Jahr zu Jahr höhere Anforderungen. Um nach außen den Schein der Sparsamkeit zu wahren, werden nach dem Muster Tirpitz' kleine Abstrichs gemacht. Nachdem die Reichs- tagsabgeardneten an Lord der Schifs« gastsreundlich aufgenommen worden sind, kehren sie mit dem notigen V e w i l l I g u n g s e i f e r nach Berlin zurück. Unsere winzige Marine hat allein in der Zeutraloerwallung etwa lw Offiziere vnd über Z00 Deamke, dazu noch ein Hcfern von Hilsskrösten. I Die Marineoerwalmng„braucht" 26 Ministerialräte, die Preußische Innenverwaltung, die mit 73006 Polizeibeamten sehr wichtige Aufgaben zu erfüllen Hai, zählt nur 16 Ministerialräte. Im Zeitaller des Automobils hält sich die Marine noch 402 Pferde, damit die Ofiiziere daeReiten nichtverlernen. Wir lehnen die Mittel für den Neubau von 2 Kreuzern und 7 Torpedobooten ab. Die von uns oerlangten fünf Millionen Mari zum Bau von Wohnungen für Schwerkriegsbeschädigte lehnen Sie ab, aber zum Bau von Kriegsschiffen ist Geld vorhanden! Für den Schutz unserer Küsten, der Kaufsahrteischlffe und der Fischerei treten auch wir ein, ober dazu brauchen wir keine Kriegsflotte mit Linien- schiften und zehn A d m I r a l e n. Die Polen werden nie so töricht
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„Ich verstehe dich nicht, Charlies „Stelle dir vor, es käme jemand in eine Stadt, würde alles Brot in der Stadt aufkaufen und es dann für sich in großen Magazinen verschließen. Oder er würde alle Brunnen der Stadt erwerben und für sich verschließen— die Bewohner würden einen solchen Menschen sicher steinigen. Ist das hier besser, als wenn man Brot und Wasser verschließt? Die Stadt besitzt einige kühle Plätze an den Parks, am River, und diese kühlen, schönen Plätze haben reiche Leute für sich aufgekauft, sie mit schönen Palästen oerbaut und während des Sommers, da die Menschen am meisten solche Plätze nötig haben, verschlossen und sind fortgereift. Weder sie haben einen Nutzen davon noch sonst jemand. Und das sehen die Menschen Tag für Tag; tausende und aber tausende sehen es und schweigen. Ich glaube, so etwas ist nur in Amerika möglich."'' „Gibt es denn in anderen Ländern keine Reichen, welche große Paläste besitzen?" JD ja, doch in anderen Ländern, so glaube Ich, ich weih es nicht, doch ich glaube es, gibt es gewisse Beschränkungen des Eigentumsrechts. Die Macht des Goldes ist auf gewisse Rechte"beschränkt. Sie geht nur so weit, als sie nicht die Interessen der Gesamtheit schädigt. Hier in Amerika hat das Gold unbeschränkte Rechte. Du darfst alles für Gold kaufen. Der beste Beweis dafür sind die Paläste da— vielmehr nicht die Paläste, sondern die Plätze, aus denen sie stehen, die Plätze, welche in andern Ländern dem Volk, der Allgemeinheit ge- hören würden, während sie hier in Amerika für Geld an einzelne Menschen verkauft werden Das ist das Recht der verschlossenen Brunnen. Es ist spezifisch amerikanisch." „Warum?" „Amerikanisch heißt demokratisch. Die Demokratie ist meiner Meinung nach der größte Feind, welcher der Menschheit erstanden ist. seit die Welt besteht: denn Demokratie, wie sie bei uns in Amerika verstanden wird, gibt jedem einzelnen. welcher die Fähigkeit dazu besitzt, das Recht, als fein Eigen- tum eins unbegrenzte Zahl von Gütern, mögen sie nun aus totem Material oder aus lebendem Individualwillen bestehen. hörig zu machen. Die Demokratie ist der Zar im Inkognito. Oder, besser gesagt, der anonnm? Zar. Die Zarenkrone wurde von dem Haupte eines Individuums genommen und den- jenigen übergeben, welche die besten Fähigkeiten für Raub und Verbrechen besitzen. Dadurch hat sich der Zarismus in Amerika in viel« kleinen Zarismen geteilt. Wer die Fähigkeit
besitzt, bringt ein größeres Stück Zarentum an sich. Demo- kratie ohne Beschränkung der Eigentumsrecht«— das ist ein Wettrennen, ein Wettlauf um die Macht. Ein« wahrhaft demokratische West— es gibt keine Beschränkungen, keine Rassenunterschiede: wer irgendeinen Einsatz hat, sei es Schlau- heit, fei es verbrecherische Begabung, der kann an der Macht teilnehmen. Dadurch ist hier das Zarentum viel gefährlicher und viel schwerer zu bekämpfen als in Rußland : denn hier wird es immer wieder durch neue Dlutzuflüsse gestärkt. Es wird immer wieder durch stärkere, energischere Menschen ausgeübt und von Seiner Majestät, Seiner Helligkeit, dem Abgott Demokratie beschützt." '„Ich verstehe dich nicht ganz, doch aus allen deinen Reden fühle ich heraus, daß du die Reichen sehr hassest. Muß denn jeder Reiche ein schlechter Mensch sein, kann man nicht reich und dabei gut fein?" warf Mascha ein, als wollte sie irgend etwas im voraus entschuldigen. „Ja, Mascha, du hast recht, ich gebe zu. daß ick, instinktiv jeden Reichen hasse. Den Guten noch mehr als den Schlechten. Denn Reichtum an und für sich ist«ine Gemeinheit. Reich- tum ist ein Deweis von Verbrechen, von Raub. Wie immer du ihn erworben haben magst— sobald du mehr besitzest als du brauchst, beraubst du andere— und das ist gemein. Aber nicht bloß deshalb hasse ich die Reichen, sondern auch aus einem ganz anderen Grunde: Ich glaube, daß ein reicher Mensch ein häßlicher Mensch sein muß:« kann keine schönen Empfindungen haben. Ich weiß nicht, warum ich so denke, vielleicht ist meine Erziehung daran schuld, die Armut, in welcher wir gelebt haben, doch ich hasse instinktiv die Reichen." „Das sagst du nur, weil du nicht reich bist— aber wenn du Geld bekämest...* „Ich habe schon darüber nachgedacht und versucht, mir in der Phantasie vorzustellen, was geschähe, Wenn ich plötzlich Geld bekäme oder über Rächt reich würde. Schöne Paläste, Pferde, Sommervillen, eine Europareise— ich könnte unserer „Society of Foreigners" helfen, von der ich dir noch später erzählen werde— nein, ich möchte es nicht wollen, es kommt mir so vor, als ob man alle Empfindungen, die man durch den Besitz des Geldes erlangen kann, alle die verschiedenen Gefühle und Möglichkeiten, nicht mit dem Gefühl vergleichen kann, das man hat. wenn man arm ist: nicht vergleichen mit dem Gefühl, das ich habe, wenn ich in unserer Gasse die armen Leute, die Frauen, die Kinder sehe, mit dem Gefühl, das ich habe, wenn ich über den Reichtum nachdenke— mir ist wohl, ich bin arm, ich wollte immer arm fein, immer so sein, wie ich jetzt bin." Mascha schwieg. Bisher hatte das Gespräch für sie keine sonderliche Bedeutung gehabt. Es schien ihr. daß Charlie ihr seilte Gelehrsamkeit zeigen wollte und deshalb so sprach. Doch
seine letzten Worte berührten sie plötzlich ganz eigenartig. Sie suhlte sich getroffen und empfand, daß er so fühlte, wie er sprach. Seine Worte brachten sie dazu, an ihre Kindheit zu denken und an die Wohnung in der Hopkinsstreet. „Jetzt verstehe ich." „Was verstehst du?" ..Jetzt verstehe ich. warum du mich hajsest— o, ich weiß, du hassest mich und deine Mutter haßt mich, und alle hassen mich, all« armen und guten Menschen hassen mich, seit ich mit dem Onkel verlobt bin." Mascha hob ihre großen Augen und heftete ihren Blick auf Charlie. Ihre Augen waren groß und länglich, mit dem Schnitt feiner spanischer Trauben und genau so voll wie eine Traube. Der Augapfel leuchtete hell, und Mascha lächelte wie ein Kind, doch Charlie merkte, daß sie seden Augenblick in Weinen auszubrechen drohte— und der ganze Saft der Traubenangen würde hervorquellen. Er fürchtete. die Traubenaugen würden Tränen vergießen, und deshalb sagte er mit demselben Lächeln wie Majcha: „Es ist nicht deine Schuld, ich weiß es." Diese Worte zwangen Mascha weit mehr als alles, was Charlie bisher gesprochen kzatte, über sich und ihre ganze Lage nachzudenken. In ihre Gedanken vertieft, schwieg sie aus dem ganzen Wege: dach ihre Augen hörten nicht einen Augenblick aus zu lächeln und zu glänzen, als wollten sie statt gesprochener Worte Charli« unterhalten. 8. Coney Island . In Coney Island vergaß Charlie das ernste Gespräch, das er mst Mascha geführt hatte, und wurde ein„American boy". Kaum hatte er die Badekabine betreten, kaum spürten seine nackten Arme und Bein« die Meerbrise, da faßte es ihn wie ein Sturmwind. Er wartete ungeduldig ans Mascha. welche aus der Frauenkabine kommen sollte. Das Strandbad war voll mst Menschen und schien ein zweites Meer zu sein. Doch das Meer von Menschen störte Charlie nicht. Er fühlte sich stets wohl unter der Menge. Er liebte die Masse und ihr Geräusch. Die vielfarbige Menschenmasse, welche das Ufer des Meeres umrahmte, erweckte in ihm Freude und Lebenslust. Die halbnackten Frauen mit den roten, blauen und vielfarbigen Bodehaubett, die nackten Kinder, welche mit lautem, freudigem Geschrei, Essen in den Händen, umherliefen, die Familien, welche rings um die Kinder lagerten, sie erweckten in ihm dio Vorstellung, als wäre er bei einem Picknick am Freiheitstage, als wären die Menschen zusammengekommen, ein großes Freudenfest zu feiern: alle sind nackt, alle essen, baden, waschen sich und schwimmen, und all«» ist an diesem Fest erlaubt. (Fortsetzung folgt.)