Str. 123 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 62
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Der Borwärts" mit der Sonntags beilage Boll und Reit mit„ Gied lung und Kleingarten" sowie ber Beilage Unterhaltung und Biffen und Frauenbeilage Frauenstimme erfcheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.
Sonntagsausgabe
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
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Sonntag, den 14. März 1926
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Für internationale Demokratie!
Die Krise des Völkerbundes.
Was interessiert uns heute am meisten in der inneren Politik? Das Boltsbegehren! Und was in der äußeren? Genf ! Das eine ist ein Problem der nationalen, bas andere ein Problem der internationalen Demokratie.
Die Sozialdemokratie ist für das Volksbegehren. Sie ist für den Bölkerbund. Beide sind für sie Etappen auf einem langen Weg zu dem Ziel, die Welt vom Elend der Ausbeutung und des Krieges zu erlösen.
Im Kampf gegen die Fürsten schlägt sich Berlin prachtvoll Man darf hoffen, daß die Zahl der Ein tragungen hier über eine Million steigen wird. Eine
| Und würden die Berträge von Locarno morgen für nichtig ertlärt werden, so müßte man übermorgen daran gehen, sie noch einmal abzuschließen.
vom Siegerbund zum echten Bölkerbund, vom weltweiten und Die Krise des Bölterbunds ist eine Krise des Uebergangs weltzerstreuten zum tontinental gegliederten Böllerbund.
Frankreich und Bolen waren bisher im Böllerbund mit China , Brasilien und Uruguay . Jetzt sollen fie mit Deutsch land in ihm zusammen fein. Damit fängt die Aera bes
Heute Sonntag des Volkes!
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Beute gilt co! Millionen haben sich im Reiche für das Volksbegehren eingezeichnet, über 800 000 in Berlin . Noch ist es nicht genug! Es gilt das Recht und die Würde des deutschen Volkes zu wahren gegen Habgier und Würdelosigkeit der enttbronten deutschen fürsten. Heute gibt es kein Säumen und Schwanken mehr!- Die Reichshauptstadt muß voranstehen im Kampf für die Sache des Volkes. Eine Million Eintragungen in Berlin !
Eintragungszeit von 10 bis 5 thr
Heraus zur Maffen- Einzeichnung!
Million tampfbereiter Gegner der Monarchie in der Reichs| hauptstadt, vielleicht noch mehr. Wer fommt dagegen auf? Das eine steht heute schon fest: Nach diesem Kampf werden die Republik und die Sozialdemokratie fefter stehen denn je!
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muß man es erst sagen?- stehen
Bölkerbundes für Europa erst so eigentlich an. Bölkerbundes für Europa erst so eigentlich an. Aber wie man sieht, ist dieser Anfang mit Schwierigkeiten verbunden. Deutschland mit Frankreich und Polen im Bölferbund, das heißt, daß Deutschland und seine Nachbarn ihre Konflikte in Zukunft friedlich austragen wollen. Und das ist ja auch der Sinn der Verträge von Locarno .
Weniger erfreulich Locarno und Genf , das heißt: Nie wieder Krieg!" für die Dinge in Genf . Europa . Das ist ein erster Schritt auf einem Weg, an dessen Die Sozialdemokratie hat stets für den Eintritt Deutsch - Ende die Bereinigten Staaten von Europa stehen: der lands in den Bölferbund gewirkt. Sie stand, als die deutsche Europabund als Glied des Bölkerbundes. Delegation nach Genf reiste, unmittelbar vor der Erreichung eines ihrer Teilziele. Da brach der leidige Streit um die Ratssige aus.
Deutschland hat an diesem Streit teine Schulb. Der Standpunkt, den die deutsche Regierung eingenommen hat, war torreft. Ihr war die Einräumung eines ständigen Rats sizes zugesagt worden, sie war bereit, diesen Sig einzunehmen und damit die Berträge von Locarno in Kraft treten zu laffen. Da tamen die Ansprüche Brasiliens , Spaniens , Bolens.
Was tann Deutschland dazu sagen? Daß es noch nicht im Völkerbund ist und sich in einen Streit innerhalb des Böllerbundes nicht einmischen fann, folange es ihm nicht an gehört. Daß also die Aufnahme Deutschlands der Att ist, der allen anderen voranzugehen hat.
Nichts fann logischer, nichts tann forrefter sein. Nur leider, daß Logik und Korrektheit nicht ohne weiteres durch schlagend sind, wo Gefühle und verworrene innere Situationen der verschiedenen Länder mitspielen. Chamberlain und Briand haben Bersprechungen gemacht, die sie nicht hätten machen dürfen. Jetzt fißen fie feft. In Polen find Hoffnungen erwedt worden, die nicht, nicht sofort, nicht voll ständig erfüllt werden können. Chamberlain und Briand wissen nicht, was sie zu Hause sagen sollen, wenn das Werk von Locarno zerbricht oder wenn sie es nur durch einen ungedeckten Rückzug retten tönnen. Dem Grafen Strzynski brohen seine Nationalisten mit dem Aufgefressenwerden, wenn er gar nichts nach Hause bringt.
Qualvoll sucht man eine Lösung. Möge man sie finden! Würde der Bölterbund morgen in Trümmer gehen, so müßte man übermorgen wieder anfangen, ihn aufzubauen.
Eben, weil das Ziel so gewaltig ist, wirkt der fleinliche Hader von Genf so erbärmlich, ist er ein Triumph für diejenigen in Deutschland und anderwärts, die ein höhnisches Lächeln auffeßen, wenn sie von dauerndem Frieden reden hören. Das sind die Leute, die von„ Weltverbesserung" nichts wissen wollen, weil die Welt für sie am besten so ist, wie sie ist. Die Millionen und aber Millionen der arbeitenden Bölker jedoch, die aus Unterdrückung und Ausbeutung mühsam einen Ausweg fuchen und für die der Krieg mit Sieg oder Niederlage doch nichts anderes bedeutet als ein unerträgliches Maß von Leiden, diese Millionen sehen es mit aufrichtiger Entrüftung, daß die Anfänge einer neuen besseren Ordnung der Dinge in Genf von elenden diplomatischen Intrigen bebroht werden, und sie werden es begrüßen, wenn der Böllerbund die schwere Krise, in der er sich befindet, übersteht.
Allerdings wird damit das schwierige Problem noch nicht gelöft fein. In jedem Lande verfuchen nationalistische Strömungen, ihre Regierungen in eine Stellung hineinzutreiben, die sie nicht einnehmen können, ohne zu anderen in Gegensatz zu geraten. Ist dann der Konflikt glücklich da, so wird jeder Regierung zugerufen, fie müsse festbleiben", und sie wird mit allen Schrednissen bedroht, wenn sie nur um Haaresbreite den andern entgegentommt. Ueberall versucht der Nationalismus dem Völkerbund einen Inhalt zu geben, der schließlich das Gefäß sprengen muß. Man denke sich, eines Tages würde ganz Europa mussolinisiert. Was wäre dann der Völkerbund? Höchstens eine Farce.
Die Zukunft des Bölferbundes und, was uns am nächsten liegt, des Europabundes im Bölkerbund hängt ab von
der Kraft der demokratischen und der sozialistischen Ideen in Europa und in der Welt, das heißt in erster Linie von der Stärte der internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung. Republik , Völkerbund und Sozialdemokratie gehören zusammen.
In einer Unteredung mit dem Bertreter der Schweizerischen Broblem hat ja längst bestanden, ehe Deutschlands Anmeldung zum Depeschenagentur sagte Reichskanzler Luther u. a.: Das ganze Bölkerbund vorlag. Der Umstand, daß es nicht früher gelöst worden ist, ist ein Beweis dafür, daß es
als Bölkerbundsproblem mit dem Eintritt Deutschlands überhaupt nichts zu fun
hat. Für Deutschland tommt in Betracht, daß während der ganzen Berhandlungen mit den Locarnomächten über den Eintritt Deutsch lands niemals auch nur ein einziges Wort darüber gesprochen worden ist, daß die Zusammensetzung des Rats vor Deutsch lands Eintritt verändert werden könnte. Die ganze Zustimmung nicht nur der parlamentarischen Körperschaften, sondern auch der deutschen Boltsmeinung selbst zum Eintritt in den Bölkerbund ist also aufgebaut auf dem Zustand des Rats, wie er jetzt besteht. Das gilt auch für die weitere Entwicklung der deutschen Gesamtstimmung, die für den Völkerbundsgedanken sehr günstig ist und von mir auf das wärmste begrüßt wird. All das ist geworden und wächst weiter auf der Grundlage, daß wir bei unserem Eintritt in den Rat den Völkerbund so finden würden, wie er vorhanden war und daß alle fünftigen Umgestaltungen, denen wir uns selbstverständlich in feiner Weise widersehen,
nur unter unserer Beteiligung als Ratsmitglied sich vollziehen würden.
Deutschland hat neben seiner auf eigener Anschauung beruhenden Hinneigung zum Völkerbundsgedanten eine ron den anderen Teilnehmern des Sicherheitspattes gewünschte Bedingung erfüllt, indem es seinen Eintritt anmeldete. Gerade dieser Umstand macht es besonders unbegreiflich, daß andere Sicherheitspaktmächte zu der Bedingung des Eintritts in den Völkerbund noch die Forderung einer schon vor dem Eintritt abzugebenden 3ustimmung zu einer bestimmten Veränderung in der Völkerbundsorganisation noch in legter Stunde hinfügen.
Auf die Frage, ob Luther von der Erklärung einer solchen Bu ftimmung eine Belastung der allgemeinen politischen Lage Deutschlands befürchte, antwortete der Kanzler: Diese Befürchtungen haben wir in der Tat. Erst wenn wir Ratsmitglied find und Gelegenheit gehabt haben, von innen heraus die Lebensvoraussetzungen des Bölkerbundes zu kennen, fann Deutschland auf der Grundlage dieser neuen Berantwortung entscheiden, welche Veränderungen in der Organisation des Bölkerbundes im Völkerbundsinteresse sind und welche nicht. Würde Deutschland sich vorher dazu drängen laffen, eine Entscheidung anzunehmen, die unmittelbar
oder mittelbar hischen den verschiedenen Ausgestaltungsmöglicaveiten wählt, so würde es damit auch außer halb des Bölferoundes seine gesamte Politit in einer Weise festlegen, die, ganz gleichgültig nach welcher Richtung die Entscheidung geht, den deutschen Interessen nur nachteilig sein könnte. Deutsch land muß zuerst das Recht und die Pflicht haben, als Völkerbundsmacht zu handeln, bevor es bei einer solchen Entscheidung mitwirkt.
Briands und Vanderveldes Einigungsbemühungen.
V. Sch. Genf , 13. März.( Eig. Drahtber.) Der Völkerbundsrat hat wieder einmal drei Stunden lang bei Sir Eric Drummond ,, Tee getrunken". Ob bei dieser Besprechung etwas herausgekommen ist, läßt sich schwer sagen. Immerhin muß man feststellen, daß
die gestern abgebrochenen Verhandlungen wieder
aufgenommen
werden. Nicht allein, daß Chamberlain bei Luther und Stresemann gefrühstückt hat, sondern vor allem werden sich Stresemann und Briand treffen, um neue Anregungen zu erörtern, die im Laufe der offiziösen Ratssitzung des Nachmittags besprochen worden waren. Welcher Art diese neuen Borschläge sind, die von französischer und belgischer Seite als sehr gemäßigt bezeichnet werden, darüber kann man zurzeit nur Bermutungen aussprechen. Einerseits spricht man davon, daß irgendeine Macht, die gegenwärtig einen provisorischen Ratssitz inne hat, auf diesen Siz der= ich ten würde, um Bolen die Möglichkeit zu geben, in den Rat schon jetzt hineingewählt zu werden. Das wäre zwar nicht sehr angenehm für Deutschland , doch ließe sich dagegen taum etwas einwenden, da die Völkerbundsversammlung