Einzelbild herunterladen
 

Die Stimmen wachsen! Die Propaganda für den Volksentscheid hat in Groß» Berlin in den letzten Tagen noch erheblich zugchrommen� Allent- halben wurden Demonstrationsumzüge neben zahlreichen Verfamm- lungen veranstaltet. Der Kreis Mitte hatte in der letzten Woche eine Reihe von Versammlungen abgehalten, die glänzend besucht waren und der Partei einen guten Erfolg brachten. In der Schul- aula Auguststraße 68 hatte Genosse S t e i n k o p f referiert, in Büttners Festsülen Genosse Adolf Hoffmann und in den Musitersälen Genosse Dr. Weinberg. Am Sonnabend fand ein Fackelzug statt, der seinen Ausgang vom Koppenplatz nahm, durch die Große Hamburger Straße, die Oranienburger, Tieck -, Garten» und Bernauer Straße zum Arkonaplag und von hier weiter zum Zionskirchplatz, dann den Weinbergswetz entlang zum Rosenthaler Platz und endlich durch die Elsasser und Lmienstraße zum Koppenplatz zurückführte. Eine glänzend verlaufene Versammlung hatte auch in Reinickendorf stattgefunden. Hier hatte der frühere thürin- gische Ministerpräsident, Genosse Frölich, das Referat. Er kenn- zeichnete gerade aus den Erfahrungen heraus, die er in Thüringen machen konnte, die Forderungen der Fürsten . Im Bezirk Tier» an r t e n hatte die 8. Abteilung in zwei Lokalen den Gang der inzeichnung seit Beginn ständig kontrolliert unid daraus auch die nötigen Folgeningen bei der Agitation gezogen. Am gestrigen Tage verbot der geschäftsführende Stadtrat Ball plötzlich diese Kontrolle. Auf seine Anweisung hin werde unseren Genossen der Aufenthalt in den Lokalen zum Zweck der Listenführung versagt. Ein Reichs- bannermann, der zunächst den Vorsteher zu sprechen wünschte, bevor er sich entfernte, wurde zur Feststellung seiner Personalien zur Wache gebracht. « Die Cinzeichnungen nahmen auch gestern einen lebhaften Fort - gang. So schwoll im Bezirk W e d d i n g die Stimmenlawine weiter an und es scheint, als ob gerade die letzten drei Tage noch eine überraschend große Beteiligung bringen werden, denn die Anschauung hat sich durchgesetzt, daß es nicht nur auf die erforderlichen vier Millionen Stim- m e n ankommt. In der Untergrund-, aus der Stadtbahn, in den Wirtschaften, in den Kramläden, überall ist das Volksbegehren zum Tagesgespräch geworden.Haben Sie sich schon ein- gezeichnet?"' ist eine suggestiv wirkende Frage geworden, die man fast überall hört und die ihre Wirkung auf die Säumige,! nicht verfehlt. Es gilt ja auch jede Minute zu nutzen, um an den letzten beiden Tagen noch die Stimmenzahl in stürmischem Tempo in die Höhe zu treiben. In den Eintragungsstellen in der Berchtesgadener Straße, Friedenau Rathaus, Rubens st ratze, war ein reger Besuch zu verzeichnen, und zwar fast ausnahmslos nur von deutschnationalen Wählern und auch von vielen früheren Beamten. Es scheint gerade so, als ob man hier den deutschnationalen Parteiführern eine Lektion darüber erteilen möchte, wie ein großer Teil ihrer Anhängerschaft über die Fürsten , absindung denkt. Auf dem Lande... Unaufhörlich tropft es seit Tagen, die Landstraßen find völlig aufgeweicht, beinahe unpassierbar. In den kleinen Landgemeinden müssen lange Wege zurückgelegt werden, ehe das Einzeichnungs- lokal erreicht wird. In den meisten Landgemeinden liegen die Einzeichnungslisten im Gemeindehaus aus. Ueberall ist die Partei, allen voran, in der Zeit wo die Männer noch arbeiten, die Frauen. Unermüdlich agitieren sie bei den Bauern- und Tagelöhnerfrauen. Und man kann es häufig erleben, daß viele von diesen den Weg zum Einzeichnungslokal finden. Ihnen folgen weitere, meist Klein» dauern. Fragt man sie, warum sie sich einzeichnen, erhält man zur Antwort: Wir sind alle enteignet worden während der Inslations» zeit. Wir haben uns zwar, um unser Geld nicht zu verlieren, Fuhrwerke angeschafft, aber auch die nützen uns heute nichts. Es ist nur die Empörung über eine Ungerechtigkeit, die sie an die Listen bringt. Ein anderer wieder hat, während er im Felde war, den größten Teil seines Landbesitzes verloren. Seine Frau mußte ihn für ein Spottgeld an den zahlungs» kräftigen Gutsherrn verkaufen. Ein anderer wieder stöhnt über die hohen Steuern, und da hat ihm ein pfiffiger Nach- bar verraten, wenn die Hohenzollern das alles bekämen, müßten die Steuern noch viel höher werden. Das hat ihm und vielen, mit denen er darüber sprach, den Mut gegeben(trotz Landbund) sich einzuzeichnen. Wie wirksam gerade die Agitation dieses Bauern unter seinesgleichen gezogen hat, dafür Ziffern. In diesem Ort sind l8tK> Stimmberechtigte, davon haben bei der letzten Wahl I�Sl) gestimmt, und davon hat die Sozialdemokratie und Kommu- nisten 30 Proz. Stimmen erhalten. Heute haben sich schon Proz. der gesamten Stimmberechtigten, also über 866, eingezeichnet, also über 3S6 mehr als bei der Stadtverordnetenwahl sozialdemokratische und kommunistische Stimmen abgegeben wurden.... und die Tagelöhner! Ein kleiner Ort in der Nähe der Reichshauptstadt. An einem umfangreichen Bauerndorf haben sich einige Siedler niedergelassen. Ich fahre hin zu einem Frauenabend, der dort von

,,, Gnkel Moses. Roman von Schalom Asch . Der Onkel wurde traurig. Einen Augenblick lang begriff er nichts von dem, was um ihn war. Wozu hielt er eigentlich die ehrsamen Bürger von Kusmin in der dumpfen Wertstatt eingesperrt? Wozu und für wen trieb er sie und sich an und quälte sie mit der langweiligen Arbeit an den Maschinen? Einen Augenblick lang dachte er daran, es wäre am besten, Kusmin aus seiner Haft zu befteien, selbst in das kleine Städtchen zurückzureisen, dort der reichste Mann zu sein, Sabbat und Feiertage zu halten und ein Gespann mit zwei großen Pferden» wie Reb Iizchot der Ochsenhändler, bei dem er gedient hatte--- das alte jüdische Leben seiner Kindheit wieder zu leben. Erinnert Ihr Euch noch, Reb Echlojme, des alten Reb Iizchok? Erinnert Ihr Euch noch, wie es am Sabbat bei ihm zuging? Am Freitag ist er mit seinem Wagen mit den zwei großen Pferden heimgekommen, erinnert Ihr Euch noch?" So fragte der Onkel mit' nassen Augen. Die Juden hatten Furcht, sich des alten Red Iizchok zu erinnern, der Zeit, da der Onkel bei ihm Fuhrknecht gewesen war. Doch die Worte des Onkels rührten sie fies, und eine grenzenlose Liebe zu ihrem Wohltäter durchdrang sie, welcher sich nicht vor ihnen schämte, und sich mit ihnen des alten lieben Kusmin erinnerte, nach dem sie alle Sehnsucht hatten. Wer erinnert sich nicht des alten Reb Iizchok? Er war ein gastfreundlicher Mann, der ist gewiß im Paradies.. warf schüchtern der alle Schlojme hin. Gewiß, im Paradies, ja, Reb Schlojme," der Onkel dachte über Paradies und Hölle nach, die er ganz und gar vergessen hatte... Ihm war, als hätte er sein ganzes Leben verspielt. ohne sich ein Paradies im Jenseits zu schaffen Vielleicht wäre es jetzt Zeit, sich für das Paradies des künstigen Lebens einzurichten, eine große Schull zu erbauen, darin alle Kus- miner beten und lernen könnten, und selbst sich den ganzen Tag mit Wohltätigkeit zu befasien. Für diese Well bin ich schon zu alt ich habe zu spät angefangen. Mag es darum wenig» stens die andere Welt sein, vielleicht haben die alten Juden recht, vielleicht gibt es gar keine Welt hier, sondern das wahre Leben beginnt erst in der anderen Welt... In einem Augenblick flogen alle diese Gedanken dem Onkel durch den Köpft einen Augenblick nur dauerte dieses

den Frauen der Siedler veranstaltet wurde. Di« Hauptsache kommt erst: die Arbeitsverteilung. Jeder Frau wird ein Bauernhof oder auch mehrere zugeteilt. Dort soll versucht werden die Frauen zur Einzeichnung zu bewegen. All« die Tagelöhner mit ihren Frauen trauen sich nicht zum Gemeindevorsteher. Erst die größten An- strengungen sie zu überzeugen, daß der Beamte d u rch Schwei-

söl die eiiMSdlUWldse Mgnaiig der Puten

Heute, vienstag, den 16. März: Schöneberg -Frledenau: abends 8 Uhr in der Siedlung Lindenhof, im großen Saal des Ledigenheims. Redner: Pastor Francke. Schlußdemonstration auf dem Winterfeldtplatz. Treffpunkt aller Abteilungen, außer der 79., abends 6% Uhr Rudolf- Wilde-Platz. Die 79. Abteilung trifft sich um 6 Uhr bei Groß, Sedansttaß« 17. Oberschöneweide : abend« 7X Uhr in Moerner« Blumengarten. Oitendstratze. Redner: Dr. Kurt Löwenstein, M. d. R.

gepflicht gebunden ist und niemandem die Namen der Ein- zeichnenden sagen darf, bringt die Tagelöhner mit ihren Frauen auf den Weg. Durch Dreck und ausgeweichte Landstraßen geht» zum Gemeinoeomt. Und wie so oft müssen sie umkehren, wenn ihr Bauer" davor stehr. Nochmals hin und so müssen manche zwei- und dreimal den Weg machen, immer unterstützt von den wackeren Frauen. Aber e« Hilst. A n einem Tage haben sich über 66 Tagelöhner«ingezeichnet. Bezeichnend, mit welchen Mitteln der Landbund arbeitet, ist, daß er den Beamten einge- trichtert hat. sie dürften sich nicht einzeichnen, so daß oftmal» ein Beamter seine Frau hinbringt, sich ober nicht bewegen läßt, sich selbst einzuzeichnen. Auch in diesem Dorf ist die Zahl der Ein- zeichnenden schon um 18 Proz. höher al» der Prozentsatz der seiner- zeit für Sozialdemokratie und Kommunisten abgegebenen Stimmen.

Kus der Krbeit der weltlichen Schule. Ausstellung von Schulkinderarbeiten in Reinickendorf . Was ist eine weltliche Schule? Auf diese Frage wird in der Regel kurz geantwottet: Eine weltliche Schule gibt keinen Religions- Unterricht. Die Antwott ist richtig, aber unvollständig. Eine wellliche Schule ist mehr als nur eine religionsunterrichtslose Schule. Die Lehrerkollegien der weltlichen Schulen sind Sammelstätten besonders jüngerer Lehrer und Lehrerinnen, die freudig sich zu den An- schauungen der neueren und fortgeschrittenen Pädagogik bekennen und sie überall in ihrer Arbeit an den Kindern zur Geltung zu bringen sich bemühen. Es ist nötig, das zu betonen gegenüber denen, die es lieben, in feindseliger und bös- willigen Absicht, die Eltern vor den weltlichen Schulengraullg zu machen". Und man kann nur wünschen, daß die wellllchen Schulen jede Gelegenheit wahrnehmen, den E l t i' n weitgehend en Einblick in ihre Arbeit zu geben. In Reinickendorf -West wendet sich jetzt die weltliche Volksschule VA wieder an die Ellernschast und darüber hinaus an eine weitere Oeffentlichkeit mit einer Ausstellung von Schulkinderarbeiten. Wir emvfehlen, diese im Schulhause Auguste-Diktoria-Allee 37 untergebracht« Ausstellung zu besuchen und eingehend zu besichtigen. Der aufmerksame Bettachter kann an diesen Arbesten die Erfolg« der neuen Unterrichtsweise erkennen. die den Drang de, Kinde» zu eigenem Schaffen weckt und fördert und entwickelt. Viele der ausgestellten Zeichnungen. Papparbesten. Holzarbeiten, Schnitzarbeiten sind nach eigenen Eist- würfen der Kinder angefertigt, und es sind dabei Leistungen zu- stände gekommen, an denen mancher Besucher seine recht« Freude haben wird. Auch aus dem Handarbeitsunterricht der Mädchen, der ja eine schon reichlich alt« Einrichtung ist, sind sehr hübsche Sachen da. Die Ausstellung kann nicht nur von den Eltern, sondern von jedermann unentgeltlich besucht werden, sie ist aber leider nur noch am heutigen Dienstag in den Abendstunden von 5 bis 8 Uhr geöffnet. Die Frage einer Verlängerung über den Dienstag hinaus wird erwogen, doch liegt darüber noch kein Be- schluß vor und es ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Aus- stellung nur noch heute besucht werden kann. Genosse Julius Jaenicke aus dem früheren 2. Reichstagswahl­kreis feiert heute seinen 66. Geburtstag. Er hat in der Patteibewe- gung von der Pieke auf gedient. Wenn er auch nicht in die weitere Oessentlichkest trat, so hat er doch schon unter dem Sozialisten- x e s e tz seinen Mann gestellt. Da« Vertrauen seiner Genossen berief ihn bis zum heutigen Tage in dt« verschiedensten Ehrenänster. Wir wünschen ihm noch viele Jahr« parteigenössischen Wirkens.

Lossagen von dieser Welt, von Mascha, von all den wunder- vollen Genüssen, auf die er quälend lang gewartet hatte. Bald aber wurde alles wieder in Onkel Moses lebendig. Er erhob sich plötzlich, fein Gesicht bekam den Ausdruck, vor welchem alle zitterten, und mit starren, unbeweglichen, gleichgültigen Augen, mit dem verächtlichen Lächeln auf den Lippen, sprach er zu Sam: Die Arbeit muß bis zum Ersten fertig sein. Vergiß nicht der Austrag aus Balttmorel" und ohne den Lands- leuten einen Blick zuzuwerfen, ging er in fein Kontor hinab und vergrub sich in die Post, die Austräge, die Geschäftsbücher. Doch sein Kopf war nicht bei der Sache. So sehr er sich be- müht«, sich mit dem Geschäft zu befassen, es gelang ihm nicht. Nach Hause gehen wollte er nicht. Es war langweilig zu Hause, und er hatte Furcht, daheim zu sein. Am liebsten wäre er jetzt zu Mascha gefahren, um sie mit einem Auto irgendwo aufs Land zu bringen, in der küylen Nacht neben ihr zu fein, ihr« Gestalt, ihr Lachen, sie ganz voll Entzücken in sich aufzu- nehmen und in den süßen, entzückten Hoffnungen zu leben. welche sein Leben und seine Träume in der ganzen Welt des Wartens erfüllten... Diese Verzückung dauerte auch jetzt noch fort, und Onkel Moses machten Maschas Worte nicht bange. Er wußte, daß er alles erreichen konnte, wenn er wollte, mochte sie nun wollen oder nicht. Es kostete ihn bloß einen Wink. Doch er begann vor sich selbst Furcht zu haben. In seinem Innern saß etwas, was ihm sagte, er sei schon zu alt, um ein neues Leben anzufangen. Er werde das Leben, welches er sich wünschte, nicht erreichen, er werde es weder mtt seinem Gelds, noch mit seiner Macht erkaufen können... Onkel Moses wollte diesen Gedanken nicht Macht über sich ge- Winnen lassen und kämpfte gegen ihn. Und um sich selbst zu überzeugen, daß er noch die Kraft besaß, ein neue« Leben zu beginnen, erfaßte ihn die Lust, etwas Böses zu tun, Mascha zu zerstören. Er hatte Lust, Mascha mit dem Auto abzu- holen, sie mitzunehmen, irgendwo mtt ihr über Nacht zu bleiben, sie zu zerbrechen, zu zertreten, und sie dann nicht zu heiraten: ihr zur Entschädigung Geld, eine Mitgift zu geben. doch sie nicht heiraten. Er wuHe, daß er dies tun tonnte, daß ihn niemand deswegen zur Rechenschaft ziehen würde: nie- mand tonnte ihm etwas tun. In seiner Phantasie sah er Mascha schon zerbrochen, sah sie weinend und klagend zu Hause sitzen. Sie, ihr Dater, ihre Mutter, sie kommen, um ihn zu bitten, zu flehen... »Las Kind ist unglücklich gemacht worden,,» Und er:Ich

vas Urteil km Prozeß Sothmer. 2 Monate 14 Tage Gefängnis. Um die beiden medizinischen Sachverständigen, San.-Rat Dr. E e i ß l e r und Nervenarzt Dr. Sinn-Neubabelsberg. über den der Anklage zugrundeliegenden Sachverhalt in» Bild zu setzen, gab der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Westerkamp, auf Wunsch der Verteidigung in hypothetischer Form einen Ueberblick über die Beweisaufnahme, damit sie aus der Handlungsweise der Angeklagten auf deren Geisteszustand schließen könnten. Nachdem Rechtsanwalt Bahn noch darauf hingewiesen hatte, daß die Angc- klagte mehrere Unfälle, und nach einer Operation Gehirnkrämpfe erlitten, außerdem im Gefängnis Wahnvorstellungen gehabt habe, erstattete Dr. Sinn-Neubabelsberg sodann sein Gutachten, in dem er ausführte, daß eine direkte erbliche Belastung der Gräfin Bothmer nicht nachgewiesen worden sei. In ihrem Charakter seien Hem- mungslosigkeiten. Vergnügungssucht, sprunghaftes Denken und Flüchtigkeit zu finden. Das hervorstechendste Charaktermerkmal sc, eine unnatürlich gehobene Stimmung, die auch nicht einmal während der Haft gewichen sei. Die freie Willensbestimmung würde in ge- wissem Maße beeinflußt. Wenn auch nicht der§ 51 im Sinne des Strafgesetzbuches vorliege, so sei doch eine gewisse Minder- Wertigkeit als gegeben zu erachten. Besonders bemerkte der Sachverständige, daß ein höheres Strafmaß auf die Angeklagte keinen Eindruck mache und es sei daher zu erwägen, ob das Ger cht nicht Mild« wallen lassen wolle. Sanitätsrat Dr. Geißler schto» sich im wesentlichen diesen Ausführungen an. Der Anklagevertreter, Er st erStaatsanwalt Gerlach, beantragte wegen schwerer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug unter Zubilligung mildernder Umstände 9 Monate Gesängni s und 366 Mark Geldstrafe. Mit Rücksicht auf die Gutachten der Sochvefttandlgen verzichte er auf Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Nach zweistündiger Beratung erkannte das Potsdamer Schöffengericht wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Be» trug in zwei Fällen auf zwei Monat- und vier- zehn Tage Gefängnis unter Freisprechung in den ubngen Fällen. Der Vorsitzende hob in der Urteilsbegründung hervor, daß der Brief der verstorbenen Präsidentin sich als eine v l u m p« Fälschung erwiesen habe. Es ist ferner festgestellt, daß Frau Riek kern Geld verloren, noch geborgt habe.

Neff� und Oulel. Neffe und Onkel standen sich vor dem Schöffenaericht Mitte al» AngeklogterundZeuge gegenüber, da der Angeklagte selnem Onkel als Räuber entgegengetreten war. Der Angeklagte W i l N Bauer ist ein zwanzigjähriger kräftiger Bursche, der Onkel ein schwächlicher vierundsiebzigjähriger Greis mit schneeweißem Haar und Bart. Hilfreich war der junge Mann von ihm in der Wohnung aufgenommen worden. Er bewirtete ihn nicht nur, sondern gab Ihm auch noch bares Geld. Zum Dank dafür stürzte sich der Bursche. dem das noch nicht genug war, auf den alten Mann und bedrohte chn mit einem K ü ch e n m e s f e r. Es kam nun zu einem Ringen und in seiner Todesangst gelang es dem Greis das Messer zu zer« brechen. Er zog sich aber Verletzungen an den Händen zu. Der Räuber entriß jetzt seinem Onkel die Brieftasche, aus der er 25 Mark entnahm und die Uhr. dann rief er ihm drohend zu. nicht zu mucksen, bis er chn auf dem Hof pfeifen höre. Alsdann verschwand er. Der Angeklagte kam billig weg. da das Gericht seine Jugend berücksichtigte und nur auf ein Jahr sechs Monate Gefängnis und fünf Jahre Ehrverlust erkannte. Wenig An- erkennung fand das Gericht jedoch bei dem Angeklagten, denn er erklärte auf die Frage, ob er das Urteil annehme:Ich lege Berufung gegen die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte ein." Dorsitzender:Ueberlegen Sie sich das noch. WennderStaats» anwalt Berufung einlegt, kann es Zuchthau» geben, das Sie eigentlich auch verdient haben." Angeklagter:Ra, dann will ich es lieber gleich annehmen." Nur ein Tropfen Morphium. Ein Tropfen Morphium hat über zwei Familien schwe- res Leid gebracht. Infolge eines bösen Berhängnisies büßte ein oiersähriges Kind das Leben ein, während die Tante der Kleinen, der eine kleine Nachlässigkeit zur Lost siel, im Anschluß an diesen Unglücksfall eine Anklage wegen Tötung erhiell und auch vom Schöffengericht zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Seit 13 Jahren gebrauchte Frau Böttcher wegen eines Gallenleidens Morphium. Zur Füllung der Morphium- spritz« pflegt« sie das entsprechende Quantum in eine Tasse zu gießen. Eines Tages hatte sie min nach der Füllung die Tasse mit dein Ueberrest aus Versehen unausgespült auf dem Tisch stehenlassen. Ihre kleine Nichte, die bei ihr zum Besuch weill«, bekam die Tasse in die Hände und leckte den Rückstand aus. Obwohl es sich um kaum mehr als einen Tropfen Morphium handelle, starb das Kind an ichwererMorphi umvergiftung. Da» Schöffengericht bejahte die Frage nach Fahrläsiigkeit und kam zu der Derutteilung. Auch die Sttafkammer des Landgerichts III schloß sich als Be-

bin bereit, ihr Geld zu geben, doch heiraten werde ich sie nicht." Das Vorgefühl der Rache erquickte ihn. Er hätte diesen Gedanken auch ausgeführt, doch in seinem innersten Herzen sagte ihm etwas, das fei nicht der richtige Weg. Das väterliche Gefühl, welches in der Zeit, da er für Mascha sorgte, in seinem Herzen für sie erwachsen war, kam jetzt wieder hervor und widersprach seinem Gedanken. Und er fühlte, daß es nicht das war, was er von Mascha wollte. Hätte er sie nur besitzen wollen, er hätte es schon lange können. Daß er so lange auf Mascha gewartet, sich so viel um sie gesqrgt hatte, es war nur deshalb, weil er wollte. daß sie wolle. Sie sollte allein wollen, nicht deshalb, weil der Onkel es wollte. Er wollte, daß sie ibn lieben solle, wirtlich lieben und ebenso die Heirat wünschen, wie er. Darauf wartete er. Das war seine ganze Hoffnung in den letzten Jahren gewesen, in der ganzen Zeit, da er sich um Ma'cha gesorgt hatte. In seiner Phantasie hatte er es jeden Tag gesehen und sich des Gedanken gefreut, daß sie seine Frau wurde: sie wird schwach, bleich, und er hat Mitleid mit ihr. Sie liegt im Wochenbett, hat ein Kind von ihm. Bleich blickt sie auf ihn mit ihren großen Tränenaugen, und er hat Mit- leid mit ihr. Darauf hatte Onkel Moses gewartet, und er fühlte, das würde nun nicht mehr kommen. Alles würde kommen: Hochzeit, Kinder, doch daß sie selbst all das wollte, das würde nie kommen. Das hatte er gestern in ihrem Blick. in ihrem tränenverschleierten Blick ganz deutlich gesehen. Und warum sollte das nicht kommen? Warum konnte es nicht mehr sein? Darauf hatte er doch gehofft, dafür hatte es sich ihm gelohnt zu leben und solange zu warten! Onkel Moses wurde böse. Wieder loderte in ihm die böse Lust auf. Wenn es nicht fein konnte, so sollte es nicht sein. Sie zertreten, zerbrechen und fortwerfen! Das Gefühl der Rache gärte in ihm: sie nicht mtt einem Male zerbrechen. sondern jeden Tag! Mit ihr Hochzeit machen, sie mag wollen oder nicht! Doch vorher muß sie bitten kommen, sich selbst erniedrigen, bitten, auf den Knien stehen, seine Hand küsien und bitten: heirate mich. O, ich werde sie schon dazu bringen, daß sie vor mir kniet. Und sie muß Kinder haben, sie mag wollen oder nicht. Dem Onkel Kinder gebären! Und wie einen Hund will ich sie an mich gebunden halten, neben meinem Bett, daß sie die halbe Nacht lang im Bett auf mich wartet und ich will andere Frauen haben. O, sie wird ein schönes Leben bei mir habenl (Fortsetzung folgt.)