Mr Raöissünöer! Ser Umstand, daß in Berlin fast täglich in größerem Umfange Vefchlagnalzmungen van Rundfunkempfangsanlagen stattfinden, und daß hiervon heute allgemein die minderbemittelte Bevölkerung be- troffen wird, gibt uns Veranlassung, erneut auf ein« Bestimmung der Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs hinzuweisen, über die ein großer Teil der Bevölkerung anscheinend nicht unterrichtet ist, wie aus den täglichen Verhandlungen vor den Gerichten zu ent- nehmen ist. Die Verordnung besagt im Z 2: „Sende- und Empfangseinrichtungen jeder Art usw. dürfen nur mit Genehmigung der Reichstclegraphenverwaltung errichtet oder betrieben werden. Wer vorsätzlich entgegen diesen Be- stirnmungen eine Funkanlage errichtet oder betreibt, wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar." Unkenntnis des Ge- sctzes schützt bekanntlich vor Strafe nicht. Sobald danach eine An- läge errichtet wird, ohne daß eine Genehmigung der Reichspostoer- woltung nicht nur beantragt, sondern auch den kontrollierenden Be- amten vorgelegt werden kann, liegt ein strafbarer Tatbestand vor, der die Beschlagnahme des Geräts und die Ein- leitung eines Strafverfahrens zur Folge hat. gleichviel, ob der In- hober mit dieser Anlage Empfangsversuche angestellt hat oder nicht. Allgemein ist die Ansicht vorherrschend, daß man eine Empfangs- onlage errichten könne, und daß die Anmeldung erst dann zu er- folgen brauche, wenn der Inhaber nach seiner Meinung ausreichen- den und guten Empfang erzielt habe. Streng genommen, ist der Versuch der Errichtung, d. h. die Errichtung einer Antennenanlage mit dazugehöriger Erdung schon strafbar, weil sie ein wesentlicher Teil einer Anlage sind. Dahingehende Verurteilungen sind bereits ergangen. Wir weisen nochmals ausdrücklich darauf hin, vor be- abfichtigter Herstellung einer Rundfunkanlage die Genehmigung beim zuständigen Postamt zu erwirken, die auch in allen Fällen sofort auszuhändigen ist. Die Strafen für Funkoergehen bewegen sich an Stelle der verwirkten Gefängnis st rafenvon 1 Tage bis zu 14 Tagen in der Höhe von 3 bis zu 150 M., gleichzeitig wird auf Einziehung der befchlag» »ahmten Geräte erkannt. Die Strafe steht also in gar keinem Verhältnis zu den hinterzogenen Postgebühren von monatlich 2 M. und machen es fast unbegreiflich, daß auch heute noch monatlich 80 bis 100 Bsfchlagnahmungen wegen Schwarzhörcnz erfolgen. Es kommt weiter hinzu, daß Rundfunkteilnehmer aus irgend welchen Gründen mit ihren Gebühren im Rückstände bleiben. Diese erhalten nach einer gewissen Zeit eine Aufforderung, ihre Gebühren zu be- zahlen oder die Anlage innerhalb 3 Tagen zu beseitigen. Diese An- lagen sind also von der Postverwaltung gekündigt. Die Inhaber werden strafrechtlich verfolgt, sofern bei einer Kontrolle die Anlagen betriebsfertig vorgefunden oder mit wenigen Handgriffen betriebs- fertig hergerichtet werden können. Hier handelt es sich um Anlagen, für die von der Reichsposwerwalwnq die Genehmigung entzogen worden ist, gleichviel, ob der Inhaber noch im Besitze der Genehmi- qungsurkundc ist oder nicht. Dasselbe trifft auch auf die von den Rundfunkteilnehmern abgemeldeten Anlagen zu, die auf Grund der Bestimmungen restlos zu beseitigen sind Wir glauben mit diesem Hinweis eine Mahnung verbinden zu müsien, daß alle diejenigen, die auch heute noch Empfangsversuche anstellen, ohne ihre Anlage angemeldet zu haben, dieses nunmehr sofort nachhclen. Die Kontrolle ist äußerst streng und der lieben Freunde und Nachbarn sind lo viele, die um das Wohl und Wehe ihrer Mitmenschen besorgt sind. Die Rundfunksteuer. Wie bereits mitgeteilt, hatte der Magistrat bei der Beratung des Haushalts die Einführung einer Rundfunksteuer in Aussicht genommen. Bei der späteren Beratung des Haushalts in dritter Lesung hat dann der Magistrat aber die Steuer abgelehnt. Nunmehr hat sich heute auch die Finanz- und Steuerdcputation eingehend mit der Frage beschäftigt, die Entscheidung aber bis zur nächsten Sitzung vertagt. Ein Amokläufer. Zu einer schweren Mcsierstecherei, bei der mehrere Personen ouf dem Platze blieben, kam es gestern nacht in einem Lokal in der Birkenstraße. Der 27 Lahre alte Zeichner Karl L ü tz o w aus der Bremer Straße betrat in angeheitertem Zustand das Lokal und nahm weitere Getränke zu sich. L. machte sich in unliebsamer Weise be- merkbar und begann andere Gäste zu belästigen. Die Folge davon war. daß ihn der Wirt kurzerhand an die frische Lust setzte. In größter Wut begab sich L. in seine naheliegende Wohnung und er- schien nochmals, mit zwei Dslchen bewaffnet, vor dem Lokal. Er forderte Einlaß und als die Tür nicht geöffnet wurde, schlug
RicharS Wogner, öer Jüngling. (Zur Aufführung des„Rienzi " in der S t a a t s o p e r.) „Rienzi, der letzte der Tribunen "— das klingt wie der schmetternde Rhythmus einer Fanfare. Das Werk beglaubigt diesen Rhythmus: von der ersten bis zur letzten Note ein mit vollen Backen geblasenes Stück hochgeschraubter Staatsaktion, ein Hineinknien in den Trubel politischer, menschlich untermalter Geschehnisse, ein breites, aber nicht tiefes, ein lautes, aber nicht beredtes Zeugnis für den Willen Wagners, die Tragik des einzelnen schwankenden Menschen gegen den Gesamtwillcn eines Voltes zu stellen. Die suggestive Kraft des Bolkstribunen Rienzi erschöpft sich im äußerlich schwungvollen Rezi. tatio, die Liebesszenen zwischen Adriano und Irene in einem Hin und Her von Schmachten. Beten. Entgleiten. Inaktivität. Chöre des Friedens med des Krieges beleben eine große Oper, die ganz im Banne Spontinischen Effektraufchez steht, die ganz elementar das Grobe. Brutale. Faustdicke eines Orchesters zun, Ausdruck grober, brutaler, ungebändigter Bolkskraft hergibt. Auch Wagner war ein- mal ein Trompeter, auch er hat seine Theorie vom musitalischen Drama erst in einem eigenen Werk widerlegen muffen. Die Lehre, die ihn vom„Rienzi " zum„Fliegenden Holländer", von hier in zwanzig Iahren zu den„Meistersingern " führte, ist unschätzbar. Der Lkjährige Jüngling schrieb sich diese Elesantenpartitur von der Seele, um nie mehr in den theatralischen Pomp Meyerbecrs zu versallen. Vor die Sublimierung des Genies hatten die Götter ihm die krasse künstlerische Entladung dieses Fansarenruses als Aufgabe bestimmt. Zu einer Handlung, die den Ausstieg des Bolkstribunen und seinen Fall mathematisch abgezirkelt durch fünf Akte hindurch episch breit schildert, will die Musik trotz des Lärms nur schüchtern passen. ilalienische Schreibmanicr läßt auch ein jünglinghaftes Fühlen in die ariosen Partien nicht voll, nicht echt, nicht ehrlich ausströmen. Sa wurde der„Rienzi ' eine schmetternde Fansare. kein politisches Drama, kein Liebeslied. So sehr aktuell Glück und Ende dieses Rienzi heute anmutet, so veraltet ist die Musik. Aber ein geschicktes, ja raffiniertes Theater- tum steckt schon darinnen: man muß es nur spüren und gestalten. Der Regisseur H o l y ließ alles vermissen, was Sinn für revolutionäre Massenbewegung, für Sturm. Anklage. Volksbegehren. Wut und Rache großer Parteien ist. Das war älteste, starrste, phantasieloss, am Erdboden klebende Inszenierung, zu der die monotonen, farblosen Bilder Dargos paßten. Blech meisterte die Partitur mit Schwung. ohne die Möglichkeit zu haben, in die Massen von innen her Rhyth. mus zu hämmern. Die Rüdelschcn Ehöre klangen allerdings aus. gezeichnet. Soot als Rienzi bot sehr Eindrucksvolles: vier Akte hielt er in Spiel und Gesang»räktlg durch, um im Gebet schließlich zu versagen. Der Arndt» Ob e r liegt die Lyrik des Adriano gar nicht: mit Intelligenz hals sie sich da," wo die Stimme nach ganz anderen Gestaltung-möglichkeiten zu suchen schien. Alle anderen blieben blaß, konsorm der Zeichnung, die ihnen Richard Wagner , der
erdie Scheibe ein. Mit dem Dolch In der Hand stürzte er sich wie ein Amnkläufer zuerst auf den 44 Jahre asten Unternehmer Julius G l a n e r t aus der Wilhelmshavener Str. 11, und stach sinn- los auf ihn ein. Mit schweren Stichen im Kopf und in der rechten Brustseite brach Glanert bewußtlos zusammen. Der Wirt und ein weiterer Gast, die Glanert zu Hilfe kamen, erlitten gleichfalls am Körper und an den Armen Stichwunden. Lützow selbst war auch arg zugerichtet. In einer großen Blutlache lag er bewußtlos am Boden. Das inzwischen herbeigeeilt« Ueberfall- kommando Tiergarten sorgte für die sofortige Ueberführung in das Birchow-Kranketchaus und die Charit«. Eine genaue Unter- suchung des Vorfalles ist bereits eingeleitet. Gesunübrunnen-Neukölln. Der Stand der Untergrundbahnarbeiken. Die Arbeiten zur Herstellung der Fahrbahnabdeckung am Hermonnplotz und Kottbusser Damm sind soweit vor. angeschritten, daß ein großer Teil des in Anspruch genommenen Fahr- dammes bereits dem Fuhrwerksverkehr wieder übergeben werden tonnte. Das bestehende Straßenbahngleis, das zurzeit noch in der Mstte des alten Fahrdammcs liegt, ist zum großen Teil aus die provisorische Fahrbahnabdeckung in der Breite des früheren weft- lichen Bürgersteiges verlegt worden, und es wird in einiger Zeit, genau wie auf der Ostseite des Kottbusser Dammes, der Straßenbahnverkchr auf dem neuen Gleis der Westseite in Betrieb genommen werden können. Der Erdaushub ist voll im Gange. Die Einfahrt zur eigentlichen Untergrundbahnbaugrube ist im Zuge der Boppstraße bereits ausgeschachtet. Der Schachtboden wird zum Teil auf dem Wasserwege mit Kähnen zu Anschüttungen von Ufcrgelände zum Tegeler See abgefahren, zum Teil wird er benutzt, um den fertiggestellten Tunnel der Nordsüdbahn am Hermannplatz und in der Berliner Straße zu verfüllen. Die Zahl der bei diesen Ai-beiten beschäftigten Leute hat sich in der letzten Woche nicht verändert: es sind bei diesen Arbeiten beschäftigt rund 1200 Mann, von denen 600 nach den Bedingungen derproduttivenErwerbslosen- f ü r s o r g e eingestellt sind. Bei den Leitungsverlegunaen. welche zur Freimachung des vom Tunnel beanspruchten Stroßenstreifena in den früheren breiten Bürgersteigen des Kottbusser Damms vorgenommen werden müsien. sind gegenüber der Borwoche rund 550 Arbeiter beschäftigt, von denen 250 Arbeiter als Notstands- arbeiter beschäftigt werden. Die Rammarbeiten für die Aussteifung der Baugruben zur Unterfahrung des Landwehr- k a n a l s sind mit zwei Rammen begonnen. An der B a u st r e ck e Neanderstraße sind die Rammarbeiten bereits vorongeschritten. Die mit Rücksicht aus den Verkehr sehr schwierigen Rammungen im Kreuzdamm der Köpenicker und Reander- bzw. Brückenstrohe sind aufgenommen und müssen in der Hauptsache in den kurzen Betriebs- pausen der Straßenbahn während der Nacht ausgeführt werden. Die Rohbauarbeiten zur Herstellung des Tunnels sollen in öffent- sicher Ausschreibung vergeben werden. Die Angebote sind fällig am 20. d. M. und kann die Dergebuna in kurzer Zeit erfolgen. D>e ZuschüttungsorbeitenamLuisenstädtischenKanal werden in allerkürzester Zeit beginnen können. Bevor die Arbeiten aufgenommen werden, muh für die zahlreichen Notauslässe, die jetzt noch im Luiscnstädtischen Kanal münden, eine Vorflutrinn« offenge- halten werden, welche durch Einrammen einer hölzernen Spund- wand parallel der östlichen Ufermauer des Luisenstädtischen Kanals hergestellt wird. Die Arbeiten zur Herstellung dieser Rinne werden in den nächsten Tagen in Angriff genommen. Am Bahnhos Hermonnplotz der Nordsüdbahn schresten die Arbeiten planmäßig voran, sie werden mit allen Mitteln in mehrschichtigem Betrieb gefördert. Die Inangriffnahme der Strecke Neukölln bis zum Dahnhof Bergstraße ist Mitte April bestimmt in Aussicht genommen. Die Zahl der bei diesen Rost- arbeiten noch beschäftigten Arbeiter.beläuft sich auf rund 650, so daß zurzeit insgesamt bei den Arbeiten der Nordsüdbahn und der Schnellbahn nach Neukölln rund 2400 Arbester beschäftigt sind.
Symphoniekonzert der Schntzpolizei. Gestern»abend veranstallete das Sinfonieorchester der Schutz- Polizei in der Staatlichen Musikschule Charlotten. bürg unter Leitung Friedrich Karl Adlers ein Wohltätigteits- konzert. Das Programm war nicht sehr geschickt zusammengestellt. Nach der Egmont-Ouvertüre und Schuberts Unvollendeter sang der gemischte Chor der Schutzpolizei Bolkslieder, ohne eine Pause da- zwischen einzuschalten. Im zweiten Teil standen Bizets„L'Arlesienne", Griegsche Lieder, Smetanas„Moldau " und das Meistersiingervorspiel ouf dem Programm. Sicherlich«ine reiche Auswahl, aber sich in vielem widersprechend. Vielleicht wollte dadurch das Orchester be- weisen, daß es in allen Sätteln gerecht ist und dieser Beweis gelang.
Jüngling, auf den kurzen Lebensweg mstgegeben hatte. Dieser Jüngling ist tot(und das erkannte auch das schweigsame Publikum): es lebe der Mann und der Greis Richard Wagner . _ Kurt Singer .
Der Sängerchor Tempelhof veranstaltete in der Aula des Real- Gymnasium » Tempelhof einen Liederabend mit gemischtem Chor. Das Konzert begann mit dem Chor„Wach auf" aus Wagner » „Meistersingern " in der Bearbeitung von Siegfried Och». Gleich im ersten Vortrag zeigte sich ein« Schwäche des Chors: Das Ueber- wiegen der Frauenstimmen, besonders des Soprans. Es besteht hier kein befriedigender Ausgleich zwischen Frauen- und Männer- stimmen, die Tenöre und Bässe sind zu schwach vertreten. Dieses Mißverhältnis ist um so mehr zu bedauern, als die Leistungen durch- aus Niveau halten, die Vorträge unter der Leitung des Chormeisters Otto Iantzen künstlerisches Empfinden und gute, technisch« Aus- führung zeigen. Sehr gut war da» irische Volkslied„Des Sommers letzte Rose", wenn auch hier der Sopran, vor allem in der Höhen- läge, manchmal schrill klang: am ausgeglichensten da» russische Volks- lied„An dem Strom der Mutter Wolga ' in der Chorbearbeitung von Felir Walden. ausgezeichnet im Tempo und in der Derinner- lichung des Vortrags. Ueberhaupt gelangen am besten Lieder ge- tragenen Tempos, wie auch der Mendelssohn-Bartholdysche Chor „Abschied vom Walde". Fräulein Fritzi H u s e n b e ck sang da- zwischen Lieder zur Laute. Ihre Stimme ist klein, von warmem Klang: ihr Vortrag kultiviert, zurückhaltend und immer geschmack- voll. Sie sang drei Lautenlieder von Sepp Summer,„Grün ist die Heide" von Hermann Lüns und„'s schläfrige Deandl" von Henze. Am besten jedoch Heimkehr vom geste" aus den Kinder- lieden, von Leo Blech , schlicht und doch witzig, ohne jede Ueber- pointierung.— t. Eine Universität in Zentralafrika . An der Grldküste. im tro- pischen Afrika , will die englische Regierung die erste Universität bauen, um dadurch auf die osrikanischrn Neger einen heilsamen Ein- fluß zu gewinnen. Die englische Regierung hosit, damit den Kultur- stand der Neger zu heben und die Eingeborenen zu veranlassen, sich mit den großen Fragen der Zivilisation zu befassen. Die Universität, die bereits im Bau und kurz vor der Fertigstellung ist. befindet sich in Achimota. Der Rettor der Universität ist bereit» ernannt und zwar ist es der frühere Rektor der Universität ouf Ceylon Professor Dr. Fräser. Der Unioersttätslehrtörper wird selbstverständlich, da unter den Negern noch wenig Hochschulgelchrte sind, haupisächlich von weißen Professoren gebildet werden. Um die Vermittlung zwischen den Negern und den Weißen aus wissenschaftlichem Gebiete vorzuberesten, ist von der englischen Regierung der bekannte Negergelehrte Dr. Kwegir Aggrey zum stellvertretenden Rektor der Uni- versität ernannt worden. Dr. Aggrey hat sich bereits nach Afrika begeben. Er stammt aus dem Stamme der Fantis.-der mst den Aschantis eng verwandt ist. Der Stamm der Fantis lebt an der Küste von Fischetei und Schiffahrt. Dr. Aggrey war selbst noch Kanzler des König» Amohu V.— Der Grundstein für die Universi- tat ist seinerzeit vom Prinzen von Wale» gelegt worden. Haupt- sächlich soll hier natürlich englischer Geist und"englisches Volkstum gepflegt werden.
Wenn manches auch kn der„L'Arlesienne", besonders im ersten Satz, zu übethitzt klang, wenn man sich auch die Egmont-Ouvertüre wuch- tiger vorstellen kann, so hinterließ doch das Konzert den Eindruck, daß hier ein gut zusammengesetzes und geübtes Orchester spielte. Besonders reln klangen die Streicher, die in der Unvollendeten im Andante voll und tonschön spielten. Adler selbst, der stellenweise die Neigung hat, ein Tempo zu stark zu beschleunigen, dämpfte auch die Bläser zugunsten ds» Streichkörpers, nur nicht genügend im Cavillon der„L'Arlesienne". Ueberhaupt liegt ihm Bizet weniger als Schubert. Hier ist er in der Ausdeutung eines Themas, in der Schattierung der Instrumente, im Tempo und Rhythmus, auch in der künstlerischen Durchdringung ausgezeichnet, während er bei Bizet allein durch Tempobeschleunigung das Glitzernde, Tänzerische dieser Musik zum Ausdruck zu bringen meint. Im Ganzen bot das Orchester unter Führung Adlers ein gutes Bild, es steht weit über bloßem Dilettantismus, es ist ein Instrument, das sehr gut gespielt werden kann,- aber vielleicht wäre es möglich, bei einem der nächsten Konzerte das Programm mehr nach künstlerischen Gesichtspunkten auszugestalten. Pauline D o b e r t sang Gnegs„Schwan " und..Vom Monte Pincio ". Ihre Stimme ist nicht groß, aber in Mittellage und Höhe gut ausgebildet von dunkler, samtartiger Färbung, weich und ausdrucksvoll. Auch der Chor der Schutzpolizei unter Leitung Hans Mersmanns brachte ausgeglichene Leistungen, sang rhythmisch, exakt mit richtigem Gefühl für Tempo.
Rote Frontkämpfer und Reichsbanner. Eine gestern im Saalbau Friedrichsham von den sieben ausge- schiosienen Reichsbannermitgliedern abgehaltene Versammlung gibt einem MittagsblaU Veranlassung, von einer Reichs- bannerkrise zu schreiben. Demgegenüber wird festgestellt, daß der Ausschluß nicht erfolgte, wegen der Teilnahme an der Be- erdigung, sondern bereits zwei Tage vor der Beerdigung des Roten Frontkämpfers Klaffert, und zwar aus dem Grunde, weil sich die in Frage kommenden ehemaligen Reichsbannermitglieder an einer kommunistischen Demonstration beteiligt haben. Die gestrige Dersammlung ließ klar erkennen, daß die eigentlichen Drahtzieher in den Reihen des-Roten Frontkämpferbundes und der K o m m u n i, stischen Partei zu suchen sind. Der ganze Verlauf der Per« sammlung bestätigte, daß vom RFB. beabsichtigt ist, ein« S p al» tung des Reichsbanners herbeizuführen, was insbesondere auch aus dem Rundschreiben des RFB., das in der letzten Zeil an feine Mitglieder ergongen ist, deutlich hervorgeht. In seinem Referat be- mühte sich Hermann B e r n st e i n, nachzuweisen, daß der Ausschluß wegen der Teilnahme an der Beerdigung des Roten Frontkämpfers Klaffert erfolgt wäre und oerlangte eine größere Aktivität bei den verschiedenen politischen Fragen, die jedoch nicht durch das Reichs- bonner gelöst werden können. Bezeichnend war, daß alle D i s- kussionsredner. soweit sie nicht Kommunisten waren, niedergeschrien wurden, daß man dagegen dem Vertreter des RFB. willig Gehör schenkte. Ein Teil der Reichs« bannerleute sah sich deshalb veranlaßt, den Saal zu ver« lassen. Bor der Abstimmung über die vorgelegt« Resolution forderte dann der Versammlungsleiter Hermann Bernstein die noch anwesenden Reichsbannerkameraden auf, den Saal zu verlasien, so daß es kein Wunder ist, daß eine Resolution, die die Wiederaufnahm« der Ausgeschlossenen fordert, einstimmig vom Roten Frontkämpfer- bund angenommen wurde. « Der Polizeipräsident teilt mit:„Die„Rote Fahne" veröffentlicht mit Ausdrücken heftigster Entrüstung ein« Kommando- Verfügung der Berliner Schutzpolizei . Dies« Berfügung und die An» ordnung zu einem rücksichtslosen Einschresten der Schutzpolizei bei Ruhestörungen sowie meine wiederholten Warnungen waren not- wendig,«eil in den letzten Wochen unzählige lieberfülle— Darunter weit mehr als 50 durch Angehörige des Roten Frontkämpferbundes ---zu verzeichnen waren und dauernd Angriife auch auf Polizeibeamte erfolgten. Sänitltche Fälle sind naturlich der Staatsanwaltschaft zur zuständigen Erledigung überwiesen worden._ Zu einem schweren Siroßenbahnzusammenstoß kam es auch-« heute mittag gegen?L1 Ilhr in Eharlotienburg an der Ecke S u a r e z-" S t e i f« n s a n d st r a ß e. Ein Triebwagen der Linie 84 für einem um die Ecke biegenden Lastkraftwagen in die Flanke. Durch den starten Anprall wurde der Vorderoerron total eingedrückt, sämtliche Scheiben gingen in Trümmer. Einige Personen wurden durch Giassplitter glücklicherweise nur leicht verletzt. Der Triebwagen mußte abgeschleppt werden. Zuternatioaaler Boxkampf tettland. Berlin . Der für Mittwoch. den 24. März, abends 8 Uhr. im Schweizergarten. Am Friedrichs, Hain 29/32. angesetzte Boxkampsabend fällt aus.
Die Kraft der Uhrfeder. Die Uhrfedern werden zum größten Teil aus schwedischem Stahl fabriziert, weil Schweden die reinsten Eisenerze besitzt, und weil die Verwendung de» besten Stahles erforderlich ist, um die unangenehme Eigenschaft des Platzens der Zugfedern nach Möglichkeit zu verringern. Die kleinen Zugfedern für Taschenuhren werden aus Stahldraht bis zur erforderlichen Breite und Dicke ausgewalzt, die Federn für größere Uhren da- gegen aus langen Stahlblcchbändern ausgeschnitten. Ueber die Kraft solcher Federn in ausgezogenem Zustande macht man sich leicht falsche Borstellungen. Ein Uhrcntechniker hat sie jetzt einmal genauer berechnet, indem er als Versuchsobjekt die Zugfeder einer größeren Uhr mit Schlagwerk benutzte. Sie war 2,1 Mete« lang. 22 Millimeter breit und«inen halben Millimeter dick. Ins Federhaus«ingesperrt, zeigte sie 14�, Umgänge oder Windungen. im aufgezogenen Zustande 16� Windungen: sie war also sehr erheb- lich„gespannt". Bei Anwendung der zur Errechnung der in diesem Zustande«ntwickellen Kraftwirkung erforderlichen Formel ergab sich diese Kraft gleich 204,5 Kilogramm-Millimeter. Das heitzt: Die Federkraft ist so groß, als wenn an einem Hebelarm von nur 1 Millimeter Läng««in Gewicht von rund 4 Zentnern wirken würde? Auf einen Hebelarm von 1 Zentimeter Länge bezogen, wären es immer noch über 40 Pfund. Daß auf so enorme Weise angespannte Federn, die ohne Unter« brechung«in Uhrwerk zu treiben haben, schließlich einmal platzen. darf nicht Wunoer nehmen, und am wenigsten darf es dem Uhr« macher zur Last gelegt werden. Daß diese» Platzen in völlig unbe. rechenbarer Weise einmal früher, einmal später und manchmal über- raschend spät vorkommt, hängt mit de» feinsten molekularen Etrukturvcrhältniflen des Stahles zusammen, ferner damit, daß der Stahl mit der Zeit dttHfc Umlagerimg der Molekeln ein mehr und mehr kristallinisches und oadurch brüchigeres Gcfüge annimmt. L. L. Eine Bibliothek im Kraftwagen. Die Stadtbibliothek Worms hat von dort, wie berichtet wird, einen regelmäßigen Ueberland- dienst zur Bücherversorgung der Landorte eingerichtet. Die Ort- schaften werden allwöchentlich mit Hilfe eines eigenen Bücherkraft» wagens mit allen bestellten Büchern wissenschaitlicher und unterhal- tender Literatur versehen. Die Wormser Stadtbibliothet, deren Direktor Dr. Illert diese Neuerung eingeführt hat. ist die erste deutsch « Bibliothek, die einen derartigen Dienst geschaffen. Bisher wird ein Bezirk von 40 Ortschaften mit etwa 70 000 Ein- wohnern mit Büchern versorgt.
die lboelbe-tdesellschast sOrtSgrupve Berlin) veranjtallet Miltwoch. 8 Uhr. s)r.»Eberlslr. 27. einen EesellschasiSabenö. iLolsgana Koetz I!cü seine Goethe» Novelle„Der Vater". Daran schliefen sich Rejitaiillnen.Von, jung- n und heitern Aoeth«, gejprochen von junge» Menschen". Dl« Zean-Poal-Sesevschost. die sich am 100. Todestage bei Dichters in Bahreulh bildete, hat tn Berlin eine Ortsgruppe erhalten. Sie will die Schipsungen Lea» Pauls durch öficntliche Borträg'. Vorlesung« und tünsllcrische DeranstaUungen einem weiteren Kreise näher bringen. Di« Deutsche Hochschule für Politik gibt soeben ihr Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemesicr heraus, daS am 3. Mai, Echintelplatz 6, beginnt. 3m JnNlu»(6t Sexvalwissenschoft spricht Donnerstag. S Uhr, Arnolt Bronnen über„Die Rolle der Erotik i« der modernen Literatur". Beschränkte KartenaaSgabe.«ingang Beethovmstr. Z.)