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1848/49 hatte et sich durch hervorragende strategisch« Schach- züge ausgezeichnet. Ein Sohn der fröhlichen Pfalz  , hat er sich mit unverwüstlichem Humor durchs Leben geschlagen. An diesen richtete nun Liebknecht folgende zwei Briefe: 8. Februar 18S6. 10 Bayerische Straße, Leipzig  . .. Es werden hier viele Exemplare(des.Vorboten", des Organs des deutschen   Zweiges der Internationale. Red.) unterge- bracht werden, wie denn überhaupt die Aktien der Internationalen ZlA. trefflich stehen. Für jetzt habe ich bloß 12 Riitglieder. aber ich höbe auch erst direkt zu operieren angefangen(Du kannst Dir denken, daß abgesehen von meinen persönlichen Verhältnissen hier langwierige Vorbereitungen nötig waren) und die gewonnenen Mitglieder umfassen den ganzen Vorstand des SOO Mitglieder starken (ehemals Schulzeschen I!) Arbeitervereins und andere einfluh» reiche Demokraten. Die größten Leipziger   Dereine: besagter Arbelteröercin und der Buchdmckerverein(700 M.) stehen mir zur Disposition, und werde ich dieser Tage in beiden öffentlich« Vor. träge über die IAA.  (Internationale Arbeiterassoziation  . Red.) halten. Mein Plan ist, schließlich die alten Lasialleaner mit den Ex- Schulzeänern unter den Hut der IAA. zu bringen, was mir auch ohne Zweifel gelingen wird.... Dein alter W- L." 11 Braustraße. Leipzig  , den 3. August(1867). Lieber Alter! Da» Briefkuvert, in dem Du die« erhältst, war schon am 27. Mai geschrieben: zwei Tage später starb meine Frau von Bismarck   zu Tode gehetzt! und seitdem habe ich keinen Moment für Dich erübrigen können. Auch setzt gerade einen Moment. Hier in Sachsen   steht unsere Sache gut. die Arbeiterbevölkerung des Erzgebirges ist sozialistisch und demokratisch(aber nicht sozial- demokrätlich im Schweizerischen   Sinn) und das Lugauer Verbrechen (Bergwerksunglück. Red.) hat die ganze Bergarbeiterbevölkerung in Fluß gebracht. Ich war selbst in Lugau  , habe da» nötige Ma» terial gesammelt und werde den Kampf gegen die dortigen Sklavenhalter durchkämpfen. Du sollst bald von mir hören. Mit den Wahlen geht es noch Wunsch. Bebel(Mitglied der IAA  .), Schraps, Wigard, Frese und auch ich werden mit ziemlicher Gewißheit durchkommen. Was die Volkspartei(die Sächsisch« Volks- Partei. Red.) ist, zeigt der 4. Artikel unseres Chemnitzer Programm». das Du abdrucken lasten kannst. Es wurde Im vorigen Jahr ent- warfen und wir halten fest daran. Daß es nicht aus einem Guß ist, hat in der Entstehungsgeschichte seinen Grund. Wenn wir hier direkt nicht viel für die IAA. tun, so liegt das ay den Verhältnissen: wir sind auf da, politische Gebiet ge- drängt. Mit einer bloß sozialen Agitation, wie sie die offiziösen Sozialdemokraten(Lasialleaner. Red.) in Berlin   wollen, würden wir nur dem gemeinsamen Feind aller ehrlichen deutschen   Demo- kraten. Soziallsten und Patrioten, nämlich dem preußischen Cäsiris- mus in die Hände arbeiten. Das darf um keinen Preis geschehen. So viel kann ich sagen, es ist uns gelungen, die meisten sächsischen Arbeitervereine für unsere Prinzipien zu gewinnen, die große Masse der Arbeiter für dt» soziale Frage empfänglich zu »wchen und die Preußische Partei in Sachsen  , die mit der Bourgeois- pyrtei identisch ist, au» allen Stellungen zu verdrängen. In Leipzig  waren die Gothaer früher allmächtig, jetzt dürfen sie sich nicht mucksen.... Run lebe wohl, alter treuer Veteran, und sei nicht länger böse ..... Deinem W. Liebknecht  . n der Arbeiterdewegung. yohnnü Phttipp Becker, war offenbarböfe", weil die Internationale nur "im Schneckentempo in Deutschland   vorwärts ging. Deutsch  - fand lag in den heftigen Zuckungen nationaler Kämpfe. Die Bismarcksche Revolution von oben hatte Deutschland   in zwei Heerlager geschieden: in Gwßdeutsche und Kleindeutsche. Und der Aufruf des Generalrats der Internationale mußte 18S7 in
5!"'Der Veteran der
fewem Ueberblick üb« das dritte Jahr seiner Tätigkeit fest­stellen. daß Deutschland  , das 1S4S ein so tiefes Interesse für die soziale Frage bekundet hatte. In hohem Maße durch fem« Einhektsbewegiang in Anspruch genommen war. DieSachsische Volkspartei", die Bebel und Liebknecht mitbegründet hatten. war niit kleinbürgerlichen und säch' sch-partikularistischen Ele- menten durchsetzt Das Chemnitzer   Programm dieser Partei nahm in erster Linie zu der damals brennenden nationalen Frag« Stellung, sprach sich grundsätzlich gegen die nord- deutsche Bundesvolitik Bismarcks aus und forderte die Eini- gung Deutschlands   in einer demokratischen Staatsform. Der von Liebknecht erwähnte 4. Artikel des Chemnitzer   Programms war nur schwach sozial gefärbt und begnügte sich mit der inhaltslosen Wendung: Hebung der leiblichen, geistigen und sittlichen Volksbildung. Der ö. Artikel verbreitete sich über die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasie und über Befreiung der Arbeit und der Arbeiter von jeder Fessel. Er emp'ahl die Förderung und Unterstützung des Genossenschafts- wesens. namentlich der Produkttvgcnossenschaftn.damit der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit ausgeglichen werde". Gerade dieser Satz kennzeichnet das Programm als sozial- bürgerlich. Liebknecht wirbt zwar rednerisch für die International«, aber alle seine Werbereden können unter den damaligen politischen Berhällmssen Deutschlands   nur ein schwaches Echo wecken. Er schreibt folgende tröstenden Zeilen an Becker: Ohne Datum(im August 1807 vor den Wahlen?) Lieber Mter? .... Sage den Arbeitern, daß unsere Sache in Deutschland  ganz gut steht, und daß die Opfer, welche sie bringen, nicht um- sonst sind. Was mich betrifft, so habe ich beiläufig seit vorigem Jahr in fünf Volksversammlungen, die von ebenso viel tausend Menschen besucht waren, erfolgreich für die IAA. gewirkt und werde von jetzt an entschieden und bei jeder Gelegenheit für ste eintreten. Darauf mein Wort. Lebe wohl! Dein Liebknecht. Eine günstigere Wendung für die Propaganda der Grund- gedcmken 5er Internationalen Arbeiterassoziation   tritt erst mit 5er Gründung desDemokrctlscf)?« Wochenblatt" ein Gegen den Plan, denVorbote" nach Leipzig   zu verlegen, machte Liebknecht selbst wichtige Gründe geltend. 11. Braustraße. Leipzig.(Ohne Datum.) Schluß de» Jahre, 1867. Lieber Freund! ... Mein Versprechen betr. die IAA. erfülle ich soweit es mir niöalich ist. Aus Sachsen   und von Berlin   aus werden demnächst eine Masse von Anschlußerklärungen kommen. Erinnere mich daran, wenn sie ausbleiben. Schreibe mir, wann derVorbote" gedruckt wird, damit die Briefe, die ich Dir von setzt ab regelmäßig für ihn zu schicken beabsichtige, nicht allzu lange liegen müssen. Mit nächstem Monat werde ich wahrscheinlich hier ein eigenes Wochenblatt haben, in dem ich natürlich für die IAA.   Propaganda machen werde. Wie steht es um den Plan, denVorbote" In Leipzig   erscheinen zu lasten? Die Sache hat mir eine Schmie.» r i g k e i t: manches könnt« nicht, ich will nicht sagen, mit der bis- herigen Schä'rfe, aber.. doch nicht in der bisherigen Form -gedruckt«erben.- Dem Landfrieden ist!» Sachsen Mnesiftcg»-zn trauen. Die Regierung fürchtet uns mehr, als sie Bismarck   haßt und wird ihm, wenn es einen Schlag gegen uns gsst, gern ge. fällig sein. Trotzdem haben wir eine ungleich größere Bewegung?- freiheit als in Preußen. Lebe wohl und sei tausendmal gegrüßt von Deknem W. Liebknecht.
Man darf heute sagen, unter den obwaltenden politischen! Verhältnissen in Deutschland   hat Liebknecht das Menschen- mögliche für die Ausbreitung derInternattonale" getan. Einmal veranlasste er die Anerkennung der Grundsätze dieser internationalen Verbindung durch denDereinstag deutsche? Arbeitervereine" in Nürnberg   1868, und zum anderen Mal gründete er in Gemeinschaft mit Bebel   die Sozialdemokratische Arbeiterpartei 1869 in Eisenach  , in deren Programm die Grundgedanken der Internationale lebten. Diese Partei be- trachtete sich direktals Zweig der Interna ttmtalen Arbeiter- assoziation"...., Die nachhaltigste Propaganda für die Internattonale trieb aber Liebknecht in dem Leipziger Hochoerratsprozeß 1872. In diesem kamen die Inaugural-Adresse, die Statuten und De- schlüsse der Internationale zur Verlesung. Hunderttausende und aber Hunderttausende von Zeitungslesern drangen erst durch Liebknechts geschickte Führung des Hochoerratsprozesses in den Geist der Internationalen Arbeiterassoziation   ein. Hält man sich diese Tatsache vor Augen, so kann man nur feststellen, dass kein Mitglied der ganzen Internationale in dem Umfange für die Verbreitung des internationalen Sozialismus gewirkt hat wie Wilhelm Liebknecht  . Die Praxis als Wegweiser. Die deutsche Sozialdemokratie hat das Glück gehabt, durch die Tatsachen sofort auf den Boden der Tatsachen und des praktischen Handels gedrängt worden zu sein. Wtr hatten keine Zeit zu theo- rettsch-phantastischem Spintisieren. Die Behörden eröffneten ohne Zaudern den Kampf gegen uns Staatsanwälte und Polizei wett- eiferten miteinander in ihren Anstrengungen, uns zu vernichten. SlaU unsere Stärke in geschwollenen Kraftphrasen zu suchen und emer den anderen in kühnen Lehrsätzen zu übergipseln, sahen wir un» gezwungen, die sehr tatsächlichen und sehr prosaischen Gesetze dieser Erde zu studieren und die Härte der Mauern zu erproben. gegen die wlr dem Schädel anstießen. Wir mußten fortwährend ringen und kämpfen, und im Ringen und Kämpfen mißt man die Kräfte der Gegner und die eigenen. Hand in Hand mit diesen Kämpfen und Ringen, zu dem wir durch die polltischen Verfolgungen gezwungen wurden, ging da» Kämpfen und Ringen in den öffentlichen Körperschaften. Der Reichstag  , obgleich an Bedeutung voranstehend, genügte uns nicht. Schon vor dem Kriege drangen.unsere Genossen in die G e- meindevertretungen ein. und sobald eine Mög'tchkelt sich darbot und Inorie des Schicksals lieh es im Jahr des Sozialisten- gesetze» sein faßten wir auch in dem Landtage Fuß. Kurz überall wurde von uns praktisch gearbeitet und die Praxis ist die beste Korrektton theoretischer Irrtümer und die sicherste. Wegweiserin. Zur Praxis gehört aber die Theorie: zum Handel das Wissen. Wer das richtig nicht weiß, kann das richtige nicht wollen und das Richtige tun. Die Sozialdemokratie geht nicht noch Willkür und Laune vor, nimmt nicht Träume und Einbildungen für Wirklichkeit sie fußt auf erkannte Tatsachen und handelt den Tatsachen ent- sprechend. Zwei groß« Zucht- und Lehrmeister der Praxi» hat die Sozial- dempkrati« gehabt: da» Bismarcksche Blut- und Eisen- r e g« m e n t mit Sozialistengesetz und sonstigem Gewaltopparat dos den Charakter stählte, und da» allgemeine Wahlrecht. JM Mi jien. VPÜ-v, Ukr�. polmichc q TatMen stellte und M» zu einer politischen, dem Ziel sich nähernden Partei erhob und erzog. Dank Ihrer wissenschaftlichen Grundlage und methodischen Schulung tst die deutsche Sozialdemokratie außer von der Sektlererei auch von allen jenen Berirrungen frei geblieben, die aus einer Ueberschätzung der Macht de» Individuums entspringen. (Liebknecht in der Einleitung zum Leipziger Hochverratzprozeß 18S4.)
Ms meiner Schulmeisterzeit. Von Wilhelm Liebknecht.  *) In meinem politischen Leben ist mir hundertmal gesagt worden. namentlich nach einer Rod« oder einem Vortrag:Du bist doch der richtig« Schulmeister!" E, war nicht immer im guten gen, eint. Ich habe e» ober, auch wenn es ein Tadel sein sollte, als em Lob auf. Sefaßt und mir dabei gedacht:Keiner kann doch aus seiner Haut heraus?" Man kann fernen Beruf verfehlen, aber nicht seine Natur ändern. Man kann ste verhunzen, man kann sie versdeln, aber Natur bleibt Natur, auch in verschiedenster Gewandung. Und von Natur bin ich Schulmeister, und ich habe alle Zeit bereit- willig, manchmal sogar zerknirscht, zugestanden, daß ich als Politiker meinen Beruf verfohlt habe. Und daß di«. Natur in diesem oer» fehllen Beruf, wo es nur irgend ging, zum Durchbruch kam und kommt, das ist nur natürlich. Ick bin also kein Muß sckutmelster, wie die meistenstudierten" Flüchtlinge und auch sehr viel«unstudierte". obenan der Sohn des Philippe Egalitä, späteren Königs Louis Philippe  , es gewesen sind. Der künftige Bürgerkönig gab in London   Swnden für einen Zix- pence(50 Pfennig), was ich ihm wiederholt nachgemacht habe und zu Zeiten gern nock nachgemacht hätte. Denn uh war eigentlich Schulmeister- Schulmeister von Beruf und hatte schon vor derFlüchtttngazeit"«in« Schulmeisterzett gehabt. Am Lehren hatte ich immer Freud  « gohabt, abgleich nicht immer cm meinen Lehrern: und niein letzter Plan,-he ich in die Fremde getrieben wurde, war. Lehrer zu werden Mi» einer ge. wissen spottischen Wehmut las ich in den siebziger Jahren noch ein Zeugnis, das mein Lehrer in den klassischen Sprachen. Dr. Otto. ein Sachse au? Grimma  , mir nach meinem Maluritätsexamen aus- gestellt hitt, und worin er mir eine glänzend« Laufbahn al, Lehrer voraussagt. Ach e» ist ander» gekommen, und die eherne Not- wendigkeit zwang mich, meinen Beruf zu verfehlen. Bei anderer Gelegenheit habe ich schon«rzähll, daß ich. als der Boden in Marburg   mtr zu heiß wurde,«in» Lehrerstell» an der Fröbelschen Musterschule in Zürich   annahm. Es war das im Herbst 1847. Ich ttat in wein Amt auch sofort ein, und es machte mir viel Freude, trotz der mancherlei Ablenkungen. Die Anstalt war damals noch jung. Aber Karl Fröbeh ein Bruder da» bekannten Julius Fröbel  , war ein ganz öorzügklchsr Pädagoge, Thüringer   seiner Herkunft noch und ein Vetter Friedrich Frobciz, des Gründers der Kindergärten. Das Erziehertalent scheint in der Famtlte gelegen zu haben. Trotz ihrer Jugend erfreute sich die Fröbelsche Anstalt berctts ein«, ausgezeichneten Ruf», namentlich auch in England, wo Karl Fröbel   jahrelang Hauslehrer gewesen und in wetteren Kreisen bekannt geworden war.... Mit Feuereiser stürzt« ich mich in die Arbeit: und zu meiner Ueberroichung entdeckte ich, daß ich«ine dem Pädagogen uu- entbehrliche Eigenschaft besaß, die ich mix nicht zugetraut hatte: Heduld mit dem Schüler sei er Kind aber er, wachsen. Und sonst bin ich von euier nicht bezähmbareu Ungedult). die mir schon viele Unannehmlichketten bereitet hat. In der Schule. und überhaupt im Unterricht, erinnere lch mich aber keine» Falle«, wo ich die Geduld verloren hätte. Und ich hatte doch allerhand Schüler, welche dte Geduld des Geduldigsten auf di« Prob« gestellt hatten- Zum Beispiel in einer Londoner Schul«, in der nur verzogen«»der irgendwie entgleiste Söhne sehr reich»» Eltern zwischen und 34 Jahren erzogen wurden. E, war mir
*) Zlu» texn«Neue Westkalender" fäx 1301
gesagt worden, ich würde mein« lieb« Rat haben. Und so war ich denn vorberettet. In der ersten Stund  « besah ich mir meine Gesell- schaft sehr genau, wie sich ein Tierbändiger seine Tier« besteht. E» soll dieser vergleich kein« frivol« Herabsetzung des Lehramt» sein, ich habe aber gesuicken, daß jeder, der Menschen zähmen kann, auch Tier« zähmen kann und umgekehrt: genug Ich iah mir mein« Leutchen an, behandelte sie, wie die Individualität jede» einzelnen es mir zu ersordern schien, und wußte vor allem meine V e r- achtun g für Reichtum und Mangel an Bildung und Anstand so eindringlich zum Ausdruck zu bringen, daß ich die jungen Bürfchchen bald ganz für mich gewann und während vier oder füns Iahren, die ich an der Schule war d. h. bis zu meinem Weggang aus London   nie auch nur die leiseste Mißhelligkett mit Ihnen gehabt habe. Mtt meiner Lehrtätigkeit in Zürich   ging ez bald zu Ende. Von Paris   und der Herweghschen Legion kam ich noch Heller Haut wieder zurück nach Zürick. aber wenige Monate nachher geriet ich in den zweiten badischen Ausstand, den sogenannten Struoe- Putsch, von dem Ich nicht wieder zurückkam. Cr führte mich in» Gefängnis, aus dem Gefängnis ln die Reichsverfassungskampagn» und aus der Reichsoerfassungskampagne in» Exil erst in die französische Schweiz   und dann nach England. Di« Rückkehr nach Zürich  , wo ich bereits Schritte getan hatte, mich dauernd nlsderzu. lasten, wurde mir von den Kantonsbehörden verwehrt, und in Genf  , wo ich meinen Aufenthalt nahm, bot sich mir kein« Geiegenhett zur Ausübung de» Lehrerberuf». Im Sommer 1850 kam ich nach London  , und nach kurzer Zett mußte ich dort die Frage, die ich schon so manchem der Spionage Verdächtigen vorgelegt hatte: Wovon lebst Du? ln anderem Sinne mir selber vorlegen.Wovon lebst Du?" Ein paar Wochen reichte. wa» ich au» dem Schiffbruch gerettet, und Karl Fröbel  , dem ich vor Ausbruch der Märzrevolulion mit einem Anleihen ausgeholfen hall«, zähste es mir gerade in der kritischsten Zett zurück beiläufig der einzige aus senor Zeit, der mir ein Anlechen zurückaezal>tt hat, und deshalb schon mir unvergeßlich. Aber auch das reichtk nicht well. EinStudierter", der plötzlich aus seinen gewohnten Verhältnissen in ein fremde» Land, in fremde Verhältnisse geworfen wird, mit dein kategorischen Schicksalimperatio: Nun verdiene Dir Dein Leben! ist in einer ungleich schlimmeren Lage als der Arbetter, d. h. der sogenannte.�haudarbeuer". DieArbeit" ist international---- der deutsche Schuster. Schneider. Uhrmacher usw. ist in England»der Frankreich   ebenso gut zu Haus« wie in Deutschland  , ja, sobald er die ersten Sprochschwierigketten überwunden hat und nicht inyhr von freundlichen Landsleuten" abhängig ist, besser gestellt und wird bester behandelt als in Deutickland. Aber der.�studierte"! Der deutsche Jurist, der deutschePhilosoph" usw. iit in derFremde" ganz HUflos, well feine Jurist«r»i und Philosophie dort ganz wertlos ist. Dem Philologen gehts schon etwas besser, wall der donilche Lehrer in allen Ländern geschätzt, freilich picht immer geachtet ist. lind der Mediziner, von dem man denken sollte, di« Dell stünde ihm offen, stößt in England auf sehr groß« Schwierig kell«,. w»U da» Hellgeschäft dort ander» betrieben wird als bei un». Nun. ich war Phllolog und mein erste? Gedanke war natürlich eine Lehrerstell» zu suchen. Man riet mtr jedoch ab. Wir Flüchtling« seien verrufen, ohne.Referenzen" sei gar nichts zu machen, und die Religion oder vielmehr dl« Nichtreligion! Sa gab ich zunächst diesen Gedanken wieder auf und suchte nach anderem. vbe? wa«. was? Irgend etwa». Der Hunaer drängte. Mtt her Schr lftsetz«rei hall« lch es schon in Genf   promert und ein Haar dann gesunden. Aber wa». wa»? Da kam mtr durch«inen Kameraden eine Votschaft, die Aussicht auf Rettung erstrahlen sieh. Der Postmaster General Sir Rowland Hill, der Organisator der
Venny-Post. brauchte ein paar huttdett neue Briefträger. Ein guter Läufer war ich immer gewesen. Ausdauer hatte ich auch warum nicht Briefträger werden, bis etwas Postendere» sich finden würde? Ich erfuhr auch, daß«ine Anzahl Deutscher   schon zum Postdienst angenommen waren. Da schwanden dte letzten Le- denken und ich meldete mich ln aller Form bei den zuständigen Post« behörden. Ei» Tag banger Erwartung. Zwei Tage. Drei Tage--. Und W» heute nach 49 Iahren habe ich noch kein, Antwort. Kurz. ,ch bin so wenig Briefträger geworden wie S ch r t s t f e tz e r. Und es wurde weiter gehungert. Bis es zu arg wurde, und der knurrend« Magen mich vor das Dllemna stellt«: entweder irgend«in Broterwerb oder verhungern Und zum Ver- hungern hatte ich kein« Lust, obgleich mancher brave Ken. dem«a di, Mutter nicht an der Wieg« gesungen, mir mit seinem Beispiel vorausgegangen war. Ich mochte mein Hirn zerwühlen wie ich wollte, noch allen Richtungen Ausschau halten es öffnete sich keine Lichtung in dem Gewölk, und so muht« Ich schließlich doch zu der Schulmeistere! greifen, als zu der letzten Rottungsplaicke oder dem letzten Strohhalm. Ich hatte inzwischen ermittelt, daß ohne einen Agenten nichts zu erhoffen war, aber ich hatte von den Agenten auch da. Schlimmst« gehört. Indes, sie waren ein unvermeidliches Uebel wie leider noch haute. Meine Zeugnisse wuoden herausgesucht, die verschleißten Kleider zurückgebürstet und ein»aar zusamniengeborgie halbe Kronen(3% Markstücke) In die Tasche gesteckt denn ein» halbe Krone kostet» damals bei den kleineren Agenten das Einschreiben in die List» de» Stellesuchenden und lch begab mich aus den Weg. Einem nach dem anderen der Herren machte ich mein, Auf- Wartungen, wurde mit samt meinen halben Kronen sehr freundlich empfangen, ob meiner guten Zeugniste sogar mtt Komplimenten überhäuft und von meinen halben Kronen erlöst Mtt nicht viel Vertrauen harrt« ich daim der Eot«. die mir für die ausgesäten blanken Geldstück« erwachsen und erblühen sollt«. Ich hatte noch zuviel Vertrauen gehabt. Tag um Tag. Woche um Woche ver- strich keine Nachricht von meinen biederen Agenten.... ... Da» Hungern dauerte lang, aber ich bin nicht verhungert. Mtt der Zeit bekam ich Privat stunden und auch Stunden an verschieden» Schulen, so daß ich mich zur Rot durchschlagen tonnte. Di» beste Stelle, die ick) fand, verlor ich beiläufig mit dem mir an, hastenden Pech infolge von Veränderungen in der Fannlie, deren zahlreiche Kinderwelt Ich einige Stunden täglich zu unterrichten hatte unmittelbar nachdem Ich. auf die Festtgkett dieser Stelle mich v«r, lastend, da» Wagni» gemocht, eine Familie zu gründen. Bi» zum lag«, wo ich England verließ, lebte ich wesentlich von der Schulmeister«. Wohl beschäftigte ich mich auch journalistisch, der Verdienst war jedoch äußerst prekär, da die uns intransizenten Flüchllingen zu Gebote stehenden Zeitungen zumeist die fatale Ge- vohnheit hatten, kein Honorar zu bezahlen. Nach der Schweizer   Lehrzett war ich in England ungefähr zehn Jahre lang Lehrer hauptsächsich Tprachlchrer: ick erteilte jedoch auch w anderen Fächern UntemÄ. Besondere Freude bereitet« mir der Unterricht Im Londoner   ArbetterbiSungsverein dem berühmten und viel verleumdeten �komnmnisten. Klub" oder .Kammvniiiischen Berein"(in dem da» karnnmnisiischs Manifest ent- standen), wo ich acht Jahr« hindurch auch wöchenttich Vorträge Über wissensHaslliche Themen und über Tagespolitik hielt _A5��Skett setzte ich nach dramatischer BceuMgunq weine» verhaltniste»»urDlorddeurchen Allgemelnen Zeitung" in Berltn etwa zwei Jahr« lang fort, und dann nach gewsüsamer Beendigung meines dreijährigen Aufenrhalls daselbst igHZ bis 1865 in Leipzig   und im Leipziger   Arbeiterb ildungsverein,..