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D:e Anklagebank als Trtbüne. Ei» Höhepunkt der politischen Tätigkeit Liebknechts. Geschichte im großen Stile hat Liebknecht im L e i p» �iger choch verratsprozeß gemacht. Durch seine kühnen Angriffs' und Verteidigungsreden in diesem Prozeß eroberte er dem Sozialismus mit einem Schlage die breite Oeffentlichkeit. In der Weristatt, im Buerau, im Laden- geschäsl, im Salon, überall wurde die sozialistische Idee leiden- schastlich erörtert. Die dramatische Geschichte des Sozialis- mus, in ihren Hauptszenen im Prozeß selbst vorgetragen, packie Hunderttausende von Köpfen und Heren. Liebknecht hat die von diesem Prozeß ausgehende revolutionäre Wir- kung einmal geschildert: «Die Gegner, die uns vernichten gewollt, hatten un» eine Tribüne gegeben, von der wir zu ganz Deutschland reden und die über unsere Partei verbreiteten Lügen und falschen Vorstellungen widerlegen und aufklären konnten. Diese Tribüne, well mit dem romantischen Apparat eine, Hochverratiprozesses aus- gestattet, war für die Propaganda noch günstiger als die Tribüne des Reichstags, deren Nutzen für uns, solange wir in der Minderheit sind, hauptsächlich darin besteht, daß wir mit Hilfe der Schallrohrs der Presse zu ganz Deutschland , und nicht selten auch über unsere Grenzen hinaus reden und nicht bloß, wie in irgendeiner auch der massenhoitest besuchten Volks­versammlung, zu einem winzigen Bruchteil der Bevölkerung. Das erstemal seit Ansang unserer Bewegung Halle der d e m o k r a- tische und revolutionäre, in der Sozialdemokratischen Partei zu Fleisch und Blut gewordene, Sozialismus sich in seiner ganzen Gestalt und von allen Seiten dem Volte gezeigt. Lm Reichstag hallen wir noch keine Gelegenheit gehabt, unsere sozialdemokratischen Ideen eingehend zu entwickeln,, und das, was wir während des Krieges im Reichstag gesagt und getan hotten, war eher geeignet gewesen, einen großen Teil des Volkes, der uns sonst nicht unsympathisch war, abzustoßen und uns zu ent- fremden. Jetzt von der Tribüne der Anklagebank hotten wir uns gegen alle Mißdeutungen verwahren, unseren vermeinlichen Landesverrat austlären und unsere Grundsätze verteidigen können. Die Wirkung wurde dadurch noch erhöht, daß man sich die denkbar ungünstigsten Vorstellungen von uns gemacht hatte. Zwischen dem Zerrbild, das man von un» entworfen, und dem Bild, das die Wirklichkeit bot zwischen Dichtung und Wahrheit welcher Unterschiedi Und der Kontrast kam uns und der Sozial- demokratie zugute. Di« Naivität, mit welcher der Prozeß geführt wurde, leistete unserer agitatorisch.propagandist'schen Tätigkeit wirksamen Vor- schub. Die Richter selbst waren neugierig, sie betrachteten uns als eine Kuriosität, die sie mit Muße beobachte», erforschen und unter- suchen wollten. Sie hatten oft eine ausrichtige Freude an unseren Antworten das Befremdende des Inhalts reizte ihr Wissenschaft- liche- Forjchcrinteresse. Und einige der Richter vertieften sich so sehr In unsere An- schauungen, daß sie beim Verlesen der Belastungsstücke oft in wahrhaft revolutionären Feuereifer gerieten und sich mehr als einmal dos aufrichtige Bravo! des in seiner Mehrzahl sozialdemokratischen Auditoriums verdienten. Zahllose Zuschriften aus allen Teilen Deutschlands und aus dem fernsten Ausland legten Zeugnis ab von der propa- gandistischen Wirkung des Prozesses. d!e Stsllaaina�me zum sir'efle. . LleküiusHt schrieb am 17. Juli. zwei Tag- vox der Kriegserklärung diesen Brief an den Pariser Korrespon- denten des«Volksstaats" M. H e ß: Chemnitz, den 17, Juli 187a Lieber yreundl Teilen Sie den Pariser Blättern mit. daß gestern abend«kn« hker k?n Chemnitz , der Hauptindustriestadt Sachsens ) abgehaltene Volksversammlung von 2000 bis 8000 Arbeitern und daß heute die Landesversammlung der Sächsischen Sozialdemo- kralle, zusammen mindestens SO 000 Parteigenossen vertreten, an­wesend waren,«ine Resolution seinstimmig) angenommen haben. dahingehend, daß die deutsche Demokratie, nainenlllch die vrbeller, mit dem gegenwärtigen reindynasttschen Krieg ebensowenig zu tun haben wie die französische Demotralie, namentlich die fron - zösischen Arbeiter: daß wir die Bruderhand annehmen, welche die französischen Arbeiter in der bekannten, am«Repeil" abgedruckten Adresse un» darreichen: und daß wir, eingedenk de» Wahlspruche « der Internationalen Arbeiter.Associallon«Proletarier oller Länder. vereinigt Euch!" niemal» vergessen wollen, daß die Arbeiter aller Länder unsere Freunde, die Despoten aller Länder aber unsere Feind« sind! Sagen Sie den Arbeitern Frankreich » ferner, daß Volksversammlungen im gleichen Sinn in Leipzig und den anderen Orten verabredet sind und daß unser Parteiausschuß die Adresi« der Pariser Arbeiter vssiziell im Namen der Gosamtportei beantworten wird. Mit sozialdemokratischem Gruß A. Bebel . W. Liebknecht , Louis Eckstein, L. Demmler. Die Kaiserreöen als Propaganöamittel. Liebknechts letzter Brief an Julius Motteler . Julius Motteler zählt zu den intimen Freunden Liebknecht ». An diesen noch in London festgehaltenen Freund schrieb er kurz vor seinem Tod« den folgenden Brief, der sich hauptsächlich auf den Mainzer Jubiläumo-Parteitag und auf seine Rede gegen die im, perialistische Pokitik hezog, ober auch Dinge behandelt, die heute noch Interesse verdienen: B erltn. 31. Juli 1300. Lieber Freund! Den Mainzern wird jetzt Angst. Liepmann meint, das Gin- ,Ioe was zu bestellen sei, sei«ine Einigungsgruppe zum SkSEinigungssubilaum. Das ist aber nicht schwierig. Da könnte man ja Marx darstellen, der L a s s a l l, die eine Hand gibt mit der anderen nach dem Ziel« zeigt. Freilich, Lassoll« war damals schon tot. Deine G-donken teile ich den Mainzern mit. Ich wollte auch Du wärest bei ihnen. Du wärest wohl der Beste, in dieser Sache alle» zu ordnen. An C r a n« schreib» ich so. daß«r mir nur dann eine Skizze schickt, wenn er aus sich selbst heraus Lust hat In Dresden hatte ich Samstag und Sonntag kolossal« Ver­sammlungen über W-ltpolitik etc. Eine riesige Begeisterung! Die Reden des Kaisers machen wunderbare Propaganda. V. wie rasch hoch Kapitalismus in seiner letzten Phase abwirl- schostet. Auch der tote Umberto wird nichts nützen. Am 12. Aug,rst habe ich bei den Schweizern(aus dem Rollen) zu reden _ mit Adler und Greulich. Srllß« an Haus zu Haus- Xttu vttn«5.& ? Cousert. das zerrissen ging,«ar ein redaktionell»? S ch u n d k o u v e r t. Wilhelms Reden haben allerdings ein« prachtvoll« Agitation für die Sozialdemokratie geleistet und selbst der Versuch, die Ermordung de» italienischen König, Humku-xt durch«inen Anarchisten der d-ut. schon Sozialdemokratie aufzubürden, hatte leinen Erfolg.

Liebknechts Kämpferleben.

Von ihm selbst dargestellt.

Vor dem Schwurgericht Leipzig , das 1872 gegen Liebknecht . Bebel und Heppner in dem berüchtigten Hochverrätsprozeß ver- handelt«, wurde ein von der Polizeibehörde in Gießen , der Heimat. stadt Liebknechts, hergestelltes Aktenstück vorgelesen, das Auskunft über Liebknechts Persönlichkeit geben sollte. Zur genaueren Charakteristik Liebknechts, von dem der Gieße. ner Polizei«sonst nur wenig bekannt ist-, bringt das Aktenstück nun eineGeschichte der politisch-kommunistischen Verschwörungen fest der ersten französischen Revolution". Als ob Liebknecht in dies« sämtlichen Verschwörungen mehr oder weniger verwickelt gewesen wäret Zu diesem polizeilichen Musterwerk gab Liebknecht sodann folgend« denkwürdige Erklärung ab, die eine Art Selbskblograph'.e Liebknecht» darstellt und aus der wir deshalb einige der wichtigsten Partien hier wiedergeben: Am 23. Februar 1848 kam die Nachricht von dem Beginn des Kampfes in Paris . Meine sehnlichste Hofsnung war nun erfüllt denn an dem Sieg des Volkes zweifelte ich nicht. Aber es duldete mich nicht länger in der Schweiz . Ich verlieg nach hasti- gem Abschied den Freundeszirkel in dem ich mich gerade befand, l nd war zwei Stunden später schon auf dem Wege nach Paris . So sehr ich mich eilte, der Kampi war beendet, die Barrikaden schon zum Teil abgetragen, als ich das Ziel erreichte: doch meine Hoff- nung hotte mich nicht bet ogen, der Julithron war gefallen. Bei der Februarrevolution halte ich mich nicht länger auf. Ihre Wir- kungen auf Deutschland sind n friichem Gedächtnis. Ich zweifelte nicht, daß es möglich sei, den Gedanken einer Deutschen Republik zu verwirklichen. Herwcgh bereitete seinen bekannten Z g vor; ich schloß mich an und tat mein Möglichstes im Interesse des Unter- nehmens. E» handelte sich um die Erkämpfung der deutschen Republik. der Moment schien mir günstig ich wäre in meinen eigenen Augen ein Feigling oder«in Verräter gewesen, hätte ich anders gehandelt. Sie sehen, meine Herren Richter und Geschwore- nen, ich verleugne nicht meine Vergangenheit, nicht meine Grundsotze und Ueberzeugunaen. Ich leugne nichts, ich vertzehle nichts. Und um zu zeigen, daß ich ein G e g n e r der Monarchie, der beutigen Gesellschaft bin und, wenn die Pflicht«» erheischt, auch nicht vor dem Kampfe zurückschrecke, dazu bedurfte es fürwahr nicht der albernen Erfindungen dieses Gießener Polizeimachwerts. Ich spreche es hier frei und offen aus: Seil ich fähig bin zu denken, bin ich Republikaner und als Republikaner werde ich sterben! Unglücklicherweise erkrankte ich in Paris infolge der Ueber- anstrengung, tonnt« den Zug nicht bis zu Ende mitmachen und war bei der Schlußkataftrophe von Dosenbach, wo die Herweghsche Ko. tonne gesprengt wurde, nicht zugegen. Wieder genesen, kehrte ich, da sich in Deutschland mittlerweile die erst« Wog« oer revol. tionären Springflut verlaufen und auch in Baden die monarchische Partei die Oberhand gewonnen hatte, nach Zürich zurück, zu meinen alten Plänen und Studien. Doch nur sür wenige Monate. Mitte Sep- tember entfaltete Struoe das Banneroer Republik . A f seinen Ruf überschritt ich mit einem Dutzend Gesinnnungsgenossen bei Säckingen den Rhein , und es gelang uns, binnen 3 Tagen ein- zlemkhh stärkt»' Vrers charemkorp» zufammenzu- -bringen. Um di« Vereinigung mitrmderen�.im Ober la nde Ich. lJD eir, den Freischarenkorvs zu berve.kstelttgen, begab ich mich nach Lausfen» bürg, wo ein solckes Korps konzentriert sein sollte. Statt der er, warteten Hilfe erhielt ich dl« Nachricht, daß Struve sich hob« ver» leiten lassen, mit seinen ungeübten Truppen au« dem Gebirge in die Ebene zu rücken und daß er g e I ch l a g»n und gefangen war. Noch gab ich nicht alle» verloren. Statt über den Rhein zu fliehen, an vessen User ich war. machte ick einen Versuch, mein Korps zu erreichen. Der Versuch mißglückte: ick wurde gefangen, und nackvem ich nebst meinem Schicksalsgefährten durch einen glück» lichen Zufall dem Standrecht entronnen war, hatte ich drei- viertel Jahr Untersuchungshaft zu verbrinaen. Im Mai 1849 kam unser Prozeß in Freiburg zur Verhandlung: un- mittelbar vorher war daselbst die Militärrevolutlon aus- gebrochen, und gleich bei Beginn der Sitz' ng erklärte der Staats» anwalt. daß er die Anklage gegen un» sollen lasse und die Frei» sprechung beantrage. Ich protestiert«: 9 Monate lang habe man uns mißhandelt, jetzt wollten wir uns nicht des Rechts berauben lassen, unsererseits als Anklager aufzutreten. Allein'der Gerichlshof nahm eiligst den Antrag des Staatsanwalt» an und wir wurden freigesprochen. Auf die folgenden Ereignlsie gehe Ich hier nicht weiter ein. An der Reich, Verfassung». Kampagne beteiligte ich mich als Journalist und als Soldat. Wir kämpften für da» freie einig« Deutschland , und Preußens Armee, befehligt von dem heutigen Kaiser von Deutschland . schlug die Bewegung nieder und stellt« die alle Zerrissenheit und Unfreiheit wieder her. Ich entkam in die Schweiz und ließ mich, wei' meiner Rückkehr nach Zürich Hindennss« Im Weg standen, iu Genf nieder, von wo aus ich die deutschen Arbeiterverein« der Schweiz , deren Mitgliederzahl da- mal» eine sehr große war. sür«ine einheitliche Organisa. tio» und ei» streng sozialistisches Programm zu go» Winnen suchte. Ein Kongreß wurde zur Erledigung d«r Angelegen- hcli nach Murten berufen. Der Schweizer Bundesrat, durch die auswärtigen Mächte gedrängt, tat. a's ob er glaube, daß der«lgent- liche Zweck des Kongresses ein Einfall in Baden sei und ließ samt, liche Delegierte, darunter auch mich, oerhasten. Das war im Februar 1830. Zwei Monate lang wurde untersucht und natürlich kein Beweis für die Existenz des un» imputierten wohn. sinnigen Jnvosionoproiekts gesund«.'. Trotzdem wurde ich auf bundesratlichcn Befehl au» der Schweiz transportiert und den französtschen Behörden überliefert, die mich mit einem Zwangspaß nach London schickten. In London wurde ich Mitglied des Kommunistenbundes. Die Angabe des Gießener Aktenstücks, daß ich demselben schon früher angehört habe, ist falsch. Das einzige Mitglied, das ich vorher g«. tonnt hatte, war Engels, mit dem ich in Genf zusammengetrofsen. Marx kernte ich erst in London kennen. Der Kommunistenbund war übrigens nicht eine k o ns p ira t o r i s ch«. sondern«ine propagandistisch» Gesellschaft. Geheim m'ßte sie sein, weil da? Bereins- und Bersammlungsrecht in Deutschland unterdrückt war. Auch d'c ersten Christen versammelten sich geheim> in den Katakomben. In London lebte ich dreizehn Jahre lang, mtt pelitisch-sazialsn Studien beschäftigt, noch mehr mit dem Kamps um da» Dasei«. Mitte 1862 wurde ich van August Braß , dem roten Re- publikaner von 1848, der uns in der Fehde mtt dem Plonplonisten Karl Vogt drei Jahr» vorher sekrndiert hatte, zum Eintritt in die Redaktion der von ihm in Berlm neubegrünketm,«Rorddeut» scheu Allgemeinen Zeitung " eingeladen. Die Rückkehr nach Deutschland war mir duxch die mzwischen publizierte Amnestie ermöglicht. Bekämpfung des Bonopartismu» nach außen'md des falschen Louigevis.Liberalismu» nach innen im Sinne der Demo» tratie und de» R«publtkani»mv»(zu dem Herr Braß, damals noch«Bürger der Republik Genf ", sich mtt großer Emphase

bekannte), bildete das Programm, auf Grund besten ich im August 1862 den angebotenen Posten übernahm. Anfangs ging alles gut. Doch es dauert« nicht lange, so kam Ende September 1862 Herr v. Bismarck ans Ruder und ich merkte bald, daß sich«ine Aenderung in der hallung de» Blatte» vollzog. Ich schöpft« Verdacht und äi ßerte ihn: Braß leugnete hartnäckig, daß er Verpflichtungen gegen dos neue Ministerium eingegangen sei und gab mir carte blanche(freie Hand) in meinem Departement(der auswärtigen Polttit). Doch die Verdachtsmomente häuften sich und ich erlangte schließlich die Beweise, daß und wie Vraß sich an Herrn v. Bis- marck als literarischer Hausknecht verdingt hatte. Es versteht sich, daß ich mein Verhältnis zurNorddeutschen All- gemeinen Zeitung" nr.n lösen mußte, obgleich ich damit auf meine einzige Subsistenzquelle verzichtete. Um lene Zeit und später, wur- den wiederholtVersuche gemacht a uch mich zu kaufen. Ich kann nicht positiv sagen, daß Herr v. Bismarck mich kaufen wollte. aber ich kann sagen, daß A g e n t e n des Herrn v. Bismarck mich kaufen wollten, und zwar unter Bedingungen, die außer vor mir selbst und meinen Parteigenossen, meine persönliche Würde voll- ständig gewahrt hätten. Der preußischen Regierung kam damals sehr viel darauf an. die widerspenstige Bourgeoisie zu Paaren zu treiben. Man wollte sie nach dem von dem englischen Torychef Disraeli vor dreißig Jahren gegebenen Rezept denn originell war auch in diesem Punkt die Politik des Herrn o. Bismarck nickt zwischen Junkertum und Proletariat wie zwischen zwei Mühlsteinen zermalmen, falls sie nicht vorzöge, sich zu fügen. Man stellte mir und meinen Freunde« wiederholt die«Rorddeulsche Allgemeine Zeitung" für Artikel ex- lrem-sszialisiischer. ja kommunistischer Richtung zur versüguug. Ich brauche nicht zu sagen, daß ich mich zu diesem schnöden Spiel nicht mißbrauchen ließ und die Bestechungsversrche der Agenten des Herrn v. Bismarck mit gebührender Verachtung zurückwies. Hätte ich es nicht getan, hätte ich die Niederträchtigkeit besesten, meine Prinzipien meinem persönlichen Interesse zu opfern, ich wäre jetzt in glänzender Stellung, anstatt hier auf der Bank der Angeklagten, wohin mich die gebracht haben, die mich vor Jahren vergebens zu kaufe» suchten. Sobald meine Weige�mj der Polizei bekannt wurde, die wich bis dahin unbehelligt gelassen hatte, begann eine Ausweisung aus Preußen. Die Polizeischikanen verdoppelten sich. Man verlangt« von mir ein F ü H r u n g s a t t« st der Behörden meines letzten Llufent- Haltsortes. Umsonst setzte ich auskinonder, daß in England keine Behörde existiere, die sich mit der polizeilichm Ueberwachuna von Nlchtoerbrcchern veschöstige und ein solches Attest ausstellen könne. Umsonst brachte ich ein Zeugnis der Polizei meiner G e b u r t s- stadt Gießen bei, welches beiagte, daß nichtsNachteiliges" von mir b e k a n n t sei die Gießener Polizei scheint damals da»Schwarze Buch" noch nicht studiert zu haben; eines schöne« Morgens, im Sommer 1863, wurde ich von einem Schutzmann auf die Polizeisistiert" und dort bedeutet, daß ich Berlin und den preußischen Staat binnen 24 Stunden zu ver- lassen habe. Ich meldete Rek rs an das Ministerium des Innern an und erwirkte, daß bis zu erfolgendem Bescheid die Ausweisung»- order suspendiert blieb. Noch etwa einem Monat kam der Bescheid: die Ausweisungsorder wurde bestätigt, well meine weitere Anwesen- heit in Preußen die Sicherheit des Staates gefährde. Von einer persönlichen Unterredung mit dem Minister des Innern, zu der mir offiziell Metten w. röe, konnte bei meinen poli- tischen Grundsätzen uia�.Ue-Rede, sein, ttud-ichchalle�also Bltan zu verlassen, wo es mir noch langen Anstrengungen endlich gelungen war, auoreichends'ElwsrbsqüeUcn zu öffnen. Ich siedelte nach" Leipzig über. Im Sommer des nächsten Jahres brachte die preußische Politik uns den 1866er Bruderkrieg. Nach dem Friedencschluß zwischen Preußen und Oesterreich gewann ich die Leitung der hier erscheinenden, bis dahin nationalliberalenMittel. deutschen Botkszeitung" Noch nicht volle vier Wochen hatte ich das Dlatt, so wurde es von der preußischen Militärverwaltung unterdrückt. Kurz darauf, Mitte September, reiste ich zur Ordnung von Familienangelegen- Helten nach Berlin : die volitilchen Verhältnisse hatten seit meiner Ausweisung«ine totale Umgestaltung erlitten, eine Revolution von oben hatte den alle« Devischen Bund zerstöri, ein gemeinsames Siaaisbürger recht war durch da, in dm Grundzügen bereits ver- össentlichle Wahlgesetz für den Relchclag des neugeschaffenen Ttoid- deulschen Bundes heigcsteltt und obendrein war in Preußen eins Amnestie für alle politischen Vergehen und Verbrechen erso'.gl. Wie tonnte ich unter solchen Umständen annehmen, daß das Aus- welsungsdekret vom vorhergehenden Jahre nock zu Kraft bestehe und ich noch immer einAueländer" in Preußen sei? Ich b e- wegt« mich daher auch ganz öffentlich in Berlin und trug nach mehreren Tägen ungestörten Aufenthalt» kein Be- denken, in dem Buchdruckeroerein, der, wie alle Pereine in Preußen. polizeilich überwacht wird, einen Vortrag zu hatten. Aus dem Heimwege von dein Vereinslokal, nachts 11 Uhr wurde Ich ver- haftet und in die Gtadtoo igtet abgeführt, unter der An- klag« des B a n n b r u ch s. Nach dreiwöchiger Untersuchungshaft wurde ich vom Berliner Stadtgericht zu dreimonatiger Gefängnisstrafe verur- teilt. Ich verschmähte es, gegen das Urteil zy appellieren, da ich günstigenfalles auf länger als drei Monate in Untersuchungshast hätte bleiben müssen, also auch bei definitiver Freisprech ng für den Appell gegen das ungerechte Urteil tatsächlich noch bestraft worden wäre. Im erklärte den Herrm vom Stadtgericht, nicht an bis Richter von Berlin" werde ich appellieren, sondern an eine höher« Instanz: an die öffentliche Meinung. Und ich habe die» noch meiner Freilassung getan, in der Presse und von der Tribüne de» Norddeutschen Reichstags. Liedknechts politisches Glaubensbekenntnis. Ich habe Ihnen mein Leben und Wirken bloßgelegt, Ich bin, wa, ich war. In vielen Punkten habe ich mich wetter entwickelt» im wosenllichen stehe ich aus demselben Standpunkt wie vor W Jahren. In den Mitteln, in der Beurteilung einzelner Menschm und Dinge habe ich manchmal geirrt, in meinem Zweck, in meiner Gesaintauffassung habe ich mich nur befestigt. Ich bin nicht der verkommene Abenteurer, zu dem mein Berleum- der mich machen will. Schon in frühester Jugend habe'ich die Schisse hinter mir verbrannt und seitdem ununterbrochen für mein« Prinzipien gerungen. Meinen persönlichen Vorteil habe ich nie! ge­sucht! wa e» die Wahl gall zwischen meinen Interessen und Pistn- zipien, habe ich nie gezögert, meine Interessen zu opfern. Wenn ich nach unerhörten Berfolgungen arm bin. so ist das keine Schande nein, ich bin stolz darauf, denn es ist das beredest« Zeugnis für meine polttisch« Ehre. Noch einmal: ich bin. nf ch t ein Verschwörer von Profession, nicht ein fahrender Landsknecht der Konspircttian. Rennen Sie mich meinethalben einen Soldat der Reuolution dagegen habe ich nichj». Ein zwiefach«, Zdeal hak mir so« Zugend an vorgeschwebt: da» freie und einige Deutschland und die Emanzlpallon de, arbeitenden Volke», d. h. die Abschasfuag der Klassenherrschaft, was gleich- bedeutend ist azil der Befreiung der Menschhell. Für diese» Doppel- ziel habe ich nach besten Kräften gekämpft und sür dieses Doppclzlet werde ich kämpfen, solange noch ein Hauch in mir ist. Das will die Pflichtt...,tm