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Nr. 15543. Jahrg. Ausgabe A nr. 78

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Telegramm- Abreffe: .Sozialdemokrat Berlin '

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Freitag, den 2. April 1926

Vorwärts- Verlag G.m.b. H. , Berlin SW. 68, Lindenstr.3

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England und die Abrüstungskonferenz Eine vordringliche Aufgabe.

Eine Erklärung der Regierung. London , 1. April. ( WTB.) Im Unterhaus erwiderte Unter| Haatssekretärs des Aeußeren Locker Lampson auf eine Anfrage des Abg. Ponsonby( Arbeiterpartei): Es ist der britischen Regierung ernst mit der Abrüstungsfrage.

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Rußland hat das Wort!

England in der Frage der Landstreitkräfte in einer ganz anderen Lage sei als. die anderen Länder und hob hervor, daß der Umfang des britischen Landheeres durch den Umfang des Heeres anderer Länder nicht beeinflußt werde. Die Regierung wünsche dringend, bei dem allgemeinen Plan der Verminderung mitzuwirken.

Ich bedaure, daß Rußland nicht vertreten sein wird. Dies ist, wie Ponsonby richtig gesagt hat, besonders bedauerlich, Die Luftschiffahrtsfrage ist ebenfalls sehr schwierig. weil die Haltung der an Rußland grenzenden Länder not­berührt werden muß. Jedenfalls steht die Tür zur vorbereitenden militärischen Wert zu nehmen. Nach dem Kriege sind die britischen wendigerweise von der Tatsache der Nichtteilnahme Rußlands Es ist nahezu unmöglich, der zivilen Luftschiffahrt den Abrüstungskonferenz nach wie vor offen, wenn die Sowjet- Luftstreitkräfte nahezu auf Null vermindert worden. regierung teilzunehmen wünscht. Tut sie es nicht, dann ist es England würde den Plan einer Einschränkung begrüßen, damit eine ihre Schuld. Uebereinstimmung zwischen den britischen Luftstreitkräften und denen Uebereinstimmung zwischen den britischen Luftstreitkräften und denen anderer Länder erzielt wird.

Locker Lampson erklärt weiter: Es wird teine internationale Abrüstungskonferenz vom Völkerbund einberufen werden, bevor die Grundlage einer solchen Konferenz vereinbart ist. Wenn die vor bereitende kommission dem Bölkerbundsrat berichterstattet hat, wird dieser darüber beraten, und den Bericht an die Bölkerbunds versammlung weitergeben, die sich aber schwerlich vor September nächsten Jahres damit befassen können wird, denn die Frage ist außerordentlich vermidelt und erstreckt sich auf zahlreiche Gebiete. Die Weisungen für Lord Cecil find noch nicht aufgestellt. Gegenwärtig tagt unter seinem Borsiz ein Komitee, das die ganze Frage prüft und dessen Bericht nahezu fertig ist. Wenn er dem Kabinett vorliegt, wird dieses die Weisungen für Cecil aufstellen. Wenn Cecil nach Genf geht, können ihm schwerlich mehr als all­gemeine Richtlinien gegeben werden. Wenn ihm strenge Weisungen bezüglich jeder Einzelheit erteilt werden würden, würde er gar nicht die Möglichkeit haben, in Genf zu verhandeln. Hierauf legte Locker­Lampson die Politik der Regierung dar und sagte: Sie ist ganz flar. Die Regierung ist bereit, von ganzem Herzen jeglichen inter­nationalen Schritt zu unterstühen, der zu einer allgemeinen Bewegung in der Richtung auf die Abrüstung führt. Der Dämon des internationalen Mißtrauens muß gebannt werden. Lord Cecil wird sicher nach Genf gehen, um einen endgültigen Plan für die Abrüstung anzuregen. Großbritannien hat mit den Vereinigten Staaten die Initiative für die Abrüstung zur See ergriffen, weil es sehr viel angemessener ist, wenn irgendeine große Militärmacht in Genf die Initiative für die Abrüstung zu Lande ergreift. Meines Erachtens ist es ein Unglück, daß in Washington nur für Großlampfschiffe und nicht auch für U- Boote Ein­schrankungen beschlossen wurden. Es wird sehr sorgsamer Er wägungen bedürfen, herauszufinden, wie weit die in Washington festgelegten Grundfäße noch entwidelt werden können.

Zweifellos fönnen sie noch ein gutes Stüd weiter entwickelt

werden.

Die Regierung wird in dieser Richtung ihr bestes tun. Die englische Marine ist auf Grund des Washingtener Bertrages beträchtlich vermindert worden. Es muß auch berücksichtigt werden, daß Großbritannien sehr ausgedehnte und verleßliche Handelswege zu beschützen hat. Der Unterstaatssekretär mies weiter darauf hin, daß

Der Kampf gegen die kalte Sozialisierung".

Tas Bündnis der Privatindustrie.

Die Nachricht, daß eine Anzahl von Spizenverbänden der Wirt schaft eine größere Aftion gegen die sogenannte falte Sozialisie­rung", d. h. die Ueberführung wichtiger Wirtschaftszweige in den Herrschaftsbereich oder wenigstens die Interessensphäre der öffent lichen Körperschaften vorbereiten, wird von interessierter Seite da durch abgeschwächt, daß man sagt, es handle sich lediglich dar­um, Material und Meinungen über diese Frage zu sam­meln und in zusammenfassender Form einmal niederzulegen.

Tatsächlich haben sich aber zum Kampfe gegen die kalte Sozia­lifierung" unter ausdrücklicher Betonung der Notwendigkeit eines Spartaisen, fystematischen Vorgehens gegen Kommunal- und Kreisbanken, öffentliche Elettri zitätswerke und Unternehmungen, wie Biag( Dach­gesellschaft für die reichseigenen Induſtriebetriebe), folgende Ver­bände zufammengeschlossen:

Zentralverband des Deutschen Bank- und Banfiergewerbes, Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Reichsverband des Deutschen Handwerks, Reichsverband der Deutschen Industrie , Reichsverband der Privatversicherung, Zentralverband des Deutschen Großhandels, Deutscher Induftrie- und Handelstag.

Die Führung liegt anscheinend beim Bantierverband und beim Reichsverband der Deutschen Industrie . Benn es sich lediglich darum handeln würde, die gemeinnüßigen und öffent lich- rechtlichen Unternehmungen sachlich zu kontrollieren und zu revi dieren, so wäre dagegen gewiß nichts einzuwenden. Kritik und Kontrolle sind gut, sie wirken reinigend und zerstören Vorurteile. Es wäre nur zu wünschen, daß auch die großen Unterneh.

Locker- Lampson schloß mit der erneuten Versicherung, daß die englische Regierung bei den Bemühungen, den Weltfrieden zu sichern, nicht zurückbleiben werde. Lord Cecil werde die Verhandlungen in Genf nicht nur mit Sachkenntnis und Energie, sondern auch mit gutem Willen führen.

Man müffe die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Aber er erwarte, daß die vorbereitende Konferenz ein greifbares Ergebnis erzielen und auf dem langen schwierigen Weg des Welt­friedens einen neuen Meilenstein erreichen werde. In der anschließenden Debatte fagte Rennie Smith von der Arbeiterpartei, eine einseitige Abrüstung in Europa jei un möglich. Deutschland werde auf die Dauer nicht damit ein­verstanden sein, die einzige ungerüstete Nation zu bleiben.

Der liberale Abg. Kenworthy erklärte, es müsse auf der Ab­rüftungstonferenz Freiheit und völlige Offenheit herrschen. Es dürfe keine neue Genfer Konferenz mit Intrigen und Gruppenbildungen hinter den Kulissen geben. Großbritannien sollte fich zu großen Opfern bereit zeigen und gewillt sein, den Verzicht auf das Blockaderecht

in die Bagschale zu werfen.

Genf erwartet eine russische Ablehnung. Genf , 1. April. ( Schweizerische Depeschenagentur .) In Bölfer­bundstreifen wird die Antwort Sowjetrußlands auf die Einladung zur Teilnahme an der Abrüftungstonferenz mit Spannung erwartet. Obwohl der offizielle Text der russischen Antwort zur Stunde noch unbekannt ist, zweifelt man in unterrichteten Kreisen doch nicht daran, daß Rußland an seiner Ablehnung einer Beteili­gung an einer Konferenz auf Schweizer Gebiet festhalten werde.

Rußland läßt sich Zeit.

Notwendige der Erwerbslosenfürsorge.

Bald nach der Einberufung des gegenwärtigen Reichs­tages brachte die sozialdemokratische Reichstags­fraktion bereits am 10. Januar 1925 den Entwurf eines Gesezes zur Aenderung der Erwe bs= losenfürsorge ein. Der Entwurf enthielt Borschläge zur Beseitigung der größten Mißstände; seine Verabschiedung hätte gleichzeitig ein wichtiges Stück Vorarbeit für die fünftige Arbeitslosenversicherung bedeutet.

Die Regierung lehnte die hier vorgeschlagene gesetzliche nahme hat sich als grundfalsch erwiesen. Seit Einbringung Neuregelung ab, weil mit einer baldigen Verabschiedung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu rechnen sei. Diese An­des sozialdemokratischen Antrages ist über ein Jahr ins Land gegangen, ohne daß heute auch nur zu übersehen ist, wann mit einer Verabschiedung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gerechnet werden kann. So dringend erwünscht eine um­gerechnet werden kann. fassende gesetzliche Neuregelung der Erwerbslosenfürsorge durch die Arbeitslosenversicherung ist, es geht nicht an, mit diesem Argument noch länger die notwendigen Aen­derungen der Erwerbslosenfürsorge zu hinter­

treiben.

Einige tatsächliche Feststellungen mögen das beweisen: Der Reichswirtschaftsrat hat die Behandlung der Re­gierungsvorlage immer wieder vertagen müssen, weil ihre Begründung durch die Reichsregierung fehlte. Die jetzt einsehenden Beratungen werden langwierig sein, weil die Auffassungen über die fünftige Organisation der Arbeitslosen­versicherung und über das materielle Versicherungsrecht weit auseinandergehen. Das zeigen nicht nur die Forderungen der freien Gemerffchaften, es ergibt sich auch aus dem Gegenentwurf des Deutschen Städtetages. Dazu tommt der systematische Kampf der Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gegen je de Arbeitslosenver­sicherung. Diese Denkschrift der Unternehmer ist im ,, Bor­wärts" vom 19. März eingehend besprochen worden. Für die Auseinandersetzungen im Reichswirtschaftsrat hat die Bereini­gung der Deutschen Arbeitgeberverbände außerdem umfang­reiche Anträge zur Verschlechterung der Regierungsvorlage ausgearbeitet.

Angesichts dieser Situation muß mit allem Nachdruck ver­langt werden, daß die längst erforderliche A e nderung der Erwerbslosenfürsorge nicht länger verzögert wird.

Bei dieser Neuregelung handelt es sich vornehmlich um drei Fragen: Aenderung des Unterstützungssystems unter Beibehaltung der Kurzarbeiterfürsorge, Beseitigung der Bedürftigkeit als Voraussetzung des Unterstützungsanspruches und Verbesserung der Verfahrensvorschriften.

Das gegenwärtige Unterstützungssystem ist nicht nur un­übersichtlich und erschwert in hohem Maße die Verwaltung,

Moskau , 1. April. ( WTB.) Im Volkskommissariat des Aeußern wird die Pressemeldung, wonach bereits eine ab lehes differenziert vor allen Dingen die Unterstützungssäge nach nende Antwort Sowjetrußlands auf die Einladung zur Teilnahme an der Abrüftungskonferenz ergangen sei, dementiert. Die Antwort werde vorbereitet; sie werde in allernächster Zeit ergehen.

rein äußerlichen Merkmalen und wirkt dadurch äußerst un­sozial. Da sind zunächst die drei Wirtschaftsgebiete: I( Osten), II( Mitte ) und III( Westen). Welche innere Begründung liegt heute noch vor, daß der verheiratete Arbeitslose mit zwei Kindern in Berlin , weil er zum Wirtschaftsgebiet II( Mitte) gehört, 17,70 m. pro Woche an Unterstützung erhält, während mungen der Privatwirtschaft der öffentlichen der gleiche Arbeitslose einer Stadt der Ortsklasse A des Wirt­Kritit mehr Einblick in ihre Berhältniffe gewähr schaftsgebiets III( Besten) 19,10 m. pro Woche erhält? Der ten, dann könnten ähnliche Schlampereien, wie sie in der Betriebs gleiche Arbeitslose in einer Stadt der Ortsklasse A des Wirt­führung des verfrachten Stimmes- Konzerns geherrscht haben, wenig schaftsgebiets I( Often) erhält nur 15,15 m. pro Woche Unter­stens vermieden werden. Die Kritik, die von oben erwähnten Berstützung. Abgesehen davon, daß in allen drei Fällen der bänden an den öffentlichen Unternehmungen geübt wird, entspringt unterstützungssatz unzureichend bleibt, wird durch die Ein­nicht der Sorge um das öffentliche Interesse, als vielmehr dem teilung nach Wirtschaftsgebieten in willkürlicher Weise die Konkurrenzneid. Unterstüßung differenziert, obwohl die Lebenshaltungskosten in der Ortsklasse A vielleicht überall die gleichen sind. Aber nicht nur nach solchen Gesichtspunkten ist die Erwerbslosen­unterstützung differenziert. Es wird außerdem unterschieden zwischen Ledigen unter und über 21 Jahre, zwischen Ver= heirateten mit und ohne Kindern, wobei die Zuschläge für die Kinder wiederum durch die Höchstsäge nach oben begrenzt sind. Die Berheirateten erhalten in den ersten acht Wochen andere Unterſtüßungsfäße wie in den späteren Wochen. Für die Kurzarbeiter gelten überhaupt nicht die vom Reichstag zuletzt beschlossenen Unterstüßungsfäße, sondern die alten Unter­stützungsfäße vom Dezember vorigen Jahres.

Briands Rettung.

Durch Stimmenthaltung der Sozialisten. Paris , 1. April. ( Eigener Drahtbericht.) Vor der am Donners: tag erfolgten entscheidenden Abstimmung der Kammer über die Jinanzvorlage gab der sozialistische Abg. Vincent Auriol zur Begründung der Haltung seiner Fraktion eine Erklärung ab, in der es heißt, daß im gegenwärtigen Augenblid, wo die Börse all. mächtig und das Land durch die Unfähigkeit des Barlaments ermüdet sei, eine neue Ministerkrise weiteren Eturz des Franken, neue Inflation und eine der Rechten noch mehr zuneigende Regierung zur Folge haben würde. Um Frankreich eine neue gefährliche finanzielle und politische Krise zu ersparen, schen fich die Sozialisten gezwungen, durch Stimmenthaltung für die Regierung in die Bresche zu springen.

Die von der Kammer verabschiedete Finanzvorlage geht nun mehr an den Senat und man nimmt an, daß dieser dem Gesetz in der Fassung der Kammer zustimmen wird. Das finanzielle Pro­blem wird durch dieses neue Finanzgesetz allerdings noch nicht gelöst; es ist lediglich dazu bestimmt, das Gleichgewicht im Haus. balt herzustellen. Der Zukunft bleibt noch die Erledigung zahlreicher anderer Probleme vorbehalten, so die Tilgung der inneren Schuld, die Regelung der interalliierten Schulden und die Stabilisierung der Währung.

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Während sonst in der Sozialversicherung, wie Kranken­ versicherung , Invaliden-, Angestellten-, Knappschaftsversiche­rung, Beitragsleistung und Unterſtügungsanspruch in einem bestimmten Berhältnis zueinander stehen, ist es in der Er­merbslosenfürsorge nicht der Fall. Und so ergibt sich in der Erwerbslosenfürsorge die groteske Möglichkeit, daß jemand den höchsten Beitrag zahlt und im Falle der Arbeits­losigkeit den niedrigsten Unterstügungssag er­hält. Bei der gegenwärtigen Regelung ist es sogar möglich, daß die Beitragsbefreitenes sind einige Millionen, die also überhaupt keine Beiträge zahlen, Unterstügung erhalten tönnen.

Ein sozial gerechter Ausgleich kann deshalb nur durch Einführung von Lohntlassen herbeigeführt werden. Der Re­