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fr. 15543.Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Osterwanderung zur Altmark.

Die Atmart war der älteste Teil der Mart Brandenburg . Im| Frühjahr ist geeignet zu einer Wanderung im weiten Elbtal. Hin Jahre 1815 wurde sie der neugebildeten Provinz Sachsen zugewiesen, nachdem sie in der napoleonischen Zeit das Departement der Elbe des Königreichs Westfalen gebildet hatte. In ihrer Geschichte und Kulturentwicklung ist aber die Altmark eng mit der Mark Branden­burg verknüpft, so daß sie auch heute noch als ein Teil von ihr be­trachtet werden darf.

Jerichow / Tangermünde .

Mit dem Magdeburger Zug fahren wir vom Botsdamer Haupt. bahnhof über Potsdam und Brandenburg nach Genthin . Bon hier bringt uns die Kleinbahn nach Jerichom. Größeren Gefell. schaften( von 10 Bersonen an) ist zu empfehlen, der Kleinbahn recht zeitig vorher Nachricht zu geben, damit genügend Wagen bereitgestellt werden können. Jerichow ist ein fleines Städtchen im weiten Elbtal, geschützt durch den sich in einiger Entfernung vom Elb strom hinziehenden Deich Das bedeutendste Bauwert Jerichows ist die Rirche des ehemaligen Brämonftratenfertlofters, deren Bau in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts begonnen wurde. Das Jimere dieses gewaltigen romanischen Baus wirkt eigenartig auf denjenigen, der nur an den Anblick der in der Mart rorfommenden gotischen Bauten gewöhnt ist. Die Klosterkirche von Jerichow diente vielen Bauten Norddeutschlands als Borbild. Bon der Klosterkirche führt der Weg erst am Elbdeich, dann gen Nordwest durch die Wiesen zur Fährstelle nach Tangermünde ( 5 Kilometer). Sollten die Wiesen jedoch überschwemmt sein, dann müssen wir den etwas weiteren Weg auf der Deichfrone wandern. Gerade das

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Tangermünde : Roßpforte.

Yamile unter den Zedern.

Von Henri Bordeaux.

( Berechtigte Ueberfeßung von 3. Kunde)

Das war 1860 geschehen. Einige Jahre später- etwa zehn oder zwölf spielt die Geschichte der Vamile. Der Zeuge oder vielmehr einer der Afteure dieses Geschehnisses Beuge oder vielmehr einer der Akteure dieses Geschehnisses erzählte sie mir, nachdem er während eines halben Jahr hunderts Schweigen bewahrt hatte. Er brach es plöglich unter den Zedern, um eines Fremden willen; ein gebieterischer 3wang trieb ihn dazu. Der Liebende wie der Verbrecher muß früher oder später fein Geheimnis, das ihm keine Ruhe läßt, preisgeben... Die Zedern. In Bicherre

Wie heißt dieser Schneedom, der bei Sonnenuntergang die Farbe eines blühenden Mandelbaumes annimmt? D, er wechselt das Kolorit! Eben noch malvenfarbig, wird er jeßt purpurrot, wie wenn der Schnee blutete. Wie heißt er? Ich will ihn besteigen.

und wieder liegen Buschgruppen und fleine Gehölze in der Niede. rung und beleben die Ebene, die sonst einförmig sein würde. Am gegenüberliegenden Ufer erhebt sich Tangermünde , auf der Höhe der hier hart an den Strom tretenden Hochfläche. Die Fähre bringt uns über den Strom. Wir stehen am Fuß gewaltiger Futter mauern, die zu mancher Zeit schon den hochgehenden Bogen des Stromes zu trogen hatten.

Mannigfache Bauten aus dem Mittelalter weist Tangermünde auf, so daß man es mit Rothenburg verglichen hat. Hoch oben liegt das Amtshaus auf den Mauern der alten Burg. Es ist erft um 1700 erbaut worden und will sich mit seiner alt­preußischen Rüchternheit dem mittelalterlichen Standbild nicht ein. fügen. Die Burganlage felbft blickt auf ein Alter von etwa acht Jahrhunderten zurüd. Sie wurde zum Schutz des Elbübergangs gegen die Wenden angelegt. Im 14. Jahrhundert, unter Kaiser Rarl IV., war Tangermünde sogar die zweite Hauptstadt des Deut schen Reichs. Es sollte ein Hauptverkehrspunkt in dem Straßen neg von Konstantinopel und Prag nach Hamburg und Lübeck werden. Auch die hohenzollernschen Kurfürsten refidierten hier bis zur Bertigstellung der Zwingburg in Cölln an der Spree im Jahre 1451. Bon bewundernswerter Schönheit ist der Giebel am Oft flügel des Rathauses mit feinen fein gegliederten zierlichen gotischen Verzierungen. Bon den Toren zeigt die zum Baffer führende Roßpforte einen malerischen Blid, besonders zu dem Straßenübergang und der Stephanskirche. Von der Laterne im höheren der beiden Türme dieser Kirche soll sich ein Fernblick bis Havelberg und Magdeburg bieten. Einen schönen Blick auf die alten Bauten, auf die von Bäumen und Sträuchern begleiteten Futtermauern hat man von der Promenade, die sich an dem zum Hafen erweiterten Tanger hinzieht, einem Flüßchen, das bei Tangermünde in die Elbe mündet. Heute ist die Industrie hier reich vertreten. So befindet sich in Tangermünde die größte Buder. raffinerie Deutschlands . Bom Hühnersdorfer Tor führt die Chauffee nach Hämerten( 7 Kilometer). Man fann auch diese Banderung zum größten Teil auf dem Deich zurücklegen. Bei Hämerten überschreitet die Lehrter Bahn auf gewaltiger eiserner Brücke die Elbe . Kürzlich vorgenommene Erneuerungsarbeiten an der Brücke förderten aus einer Tiefe von mehreren Metern unter der Sohle der Elbe vorgeschichtliche Steinwerkzeuge zutage.

Stendal

Arneburg .

Bon Tangermünde oder von Hämerten bringt uns eine furze Bahnfahrt nach Stendal , der Hauptstadt der Altmart. Ursprüng­lich lag hier das Dorf Steinedal. Bereits 1150 erhielt die aus ihm hervorgegangene Stadt Stendal Stadtrecht. Sie gehörte dann als bedeutende Stadt der Hansa an. Heute ist Stendal ein michtiger Eisenbahntnotenpunti, an dem sich die Bahnen in oft- meftlicher( Warschau- Berlin- Hannover- Köln- Paris und Holland - London ) und nord- südlicher Richtung( Standinavien­Hamburg Magdeburg- Desterreich) freuzen. Der alte Traum vom Berkehrsmittelpunft ist nun micht für Tangermünde , sondern für Stendal m Erfüllung gegangen. Auch Stendal zeichnet sich durch eine große Anzahl mittelalterlicher Bauten aus. Der Dom wurde 1188 gestiftet und im 15. Jahrhundert umgebaut. Er wird als die reiffte Schöpfung der firchlichen Architektur des Spätmittelalters in Norddeutschland angesehen. Die Stendaler Kirchen haben zum größten Teil, ebenso wie die Magdeburger , je zwei Türme. Auch einen Roland besitzt Stendal ; er steht vor dem Rathaus auf dem Markt. Von den Stadttoren ist das um 1440 errichtete Uenglinger Tor das schönste. Die Anlagen vor dem Tangermünder Tor bergen ein Denkmal für den Afrikaforscher Nachtigal , ber 1834 in Eichstedt , nördlich von Stendal , geboren ift.

Ein buntes Glas scheint sich zwischen unsere Augen und die Dinge zu schieben. Goldstaub flirrt den ganzen Tag durch die Luft; des Nachts aber lösen sich vom sametnen Blau des Himmelsgewölbes die unruhig fladernden Lichter der Planeten und rücken dichter aneinander heran.

Das ist der Sanin," wurde mir geantwortet. Er ist neuntausend Fuß hoch und verliert erst gegen Ende August feine Schneefarbe, und nur für kurze Zeit. Aber der Sanin ist noch nicht der höchste Gipfel der Kette. Der König des Libanon ist der Kornet- es- Sauda. Der Weg führt von Tripoli über die Bedern dahin.

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Bilder über Bilder vor unseren Augen erstehen. Tripolis : Von Tripoli über die Zedern! Gewisse Säße lassen die Prinzessin Lointaine erblickte von ihrer Terraffe die Ga leere Geoffroy Rudels. Die Bedern: ich denke an eine Ju­stration in der Bibel Gustave Dorés, der mir in früheren Jahren einen Begriff des Orients vermittelte; zeigten sich Die Ankunft in Syrien an einem wolfenlosen Abend nicht ich bin dessen, ohne nachzuschauen, sicher diese ver fann man nur mit dem Augenblic eines Rendezvous verstümmelten Riesen, die wie unterworfene Könige im Triumph gleichen, da man am Wegrande eine lichte, ungeduldig er des Tempels von Jerusalem mitgeführt wurden? Ja, ich wartete Robe wahrnimmt. Und erleben wir nicht an ge- wollte als getreuer Alpinist, der Gipfel am Wege nicht gern wissen Orten der Erde, nach denen wir uns besonders sehnen, unbestiegen läßt, durch Tripolis und die Zedern zum Kornet folche Rendezvous? es- Sauda hinauf. Aber andere Touren durchfreuzten ziem­lich lange diesen Plan: Damastus, das im Schmud feiner frischen Dafen einem in grünen und roten Lichtern spielenden Opal gleicht, Palmyra , das verstümmelt in der Wüste liegt- mit Säulenalleen und Bogen, welche die Sonne mit einer Goldpatina überhaucht; Alep, das fein ziselierte, das sich als Diese Frage, glaube ich, war die erste, welche ich in Beirut fostbare Ringfaffung um die Zitadelle legt, deren Ruinen bei der Landung ftellte noch auf der Brüde des Lotus", noch auf der Brücke des Lotus", wie Oder und Blut leuchten; Deir- ez- 3or am Euphrat ( der bevor ich in das Boot stieg. Man führt die Landschaften seiner so breit wie der Nil ist) mit seinen singenden, von Nachti­Jugend wie einen Teppich, der stets aufgerollt werden kann, gallen erfüllten Gärten; Hamah , dessen Norias " sich drehen, überall mit sich hin und breitet ihn aus, wenn das Leben neue um Waffer den Aequaduften zuzuführen; wie ferner Orgel Horizonte zeigt. Aufgewachsen am Ufer eines Sees, welchem ton flingt es oder wie Bienensummen; Antiochia am munteren die Herbstnebel eine unbestimmbare Ausdehnung zu geben Drontes, im Schatten des wilden, von Befestigungen starren­scheinen, daran gewöhnt, ringsum Berge zu fuchen, würde ich den Habib- en- Nediar; die Städte am Meer, Saida, das alte bei der Ankunft im Orient- ohne die Lichtwirkung mir Sidon , welches Ludwig der Heilige wehrbar machte und dem nicht fremd vorgekommen fein? Beirut erhebt sich über dem der brave Joinville Interesse widmete- seine Neugier lüftete Meere; vorgelagert ist ihm ein Geftade von rosa Sand; die leise den Schleier über arabische Sitten Saida, das der Etagen seiner roten Dächer ragen aus sporadischem Grün; Duft der vielen Orangenbäume allzusehr schwängert, so daß an die Hügel lehnt es sich und wird durch die Schüßende Ma- einem im Frühjahr der Kopf davon benommen wird; die jeftät des Libanons beherrscht. Erhebt sich- in meiner Burgen der Kreuzfahrer, die ein wunderbares Zeugnis ab­favonischen Heimat Lausanne nicht so über dem Genfer legen von unserer machtvollen Bauweise und unserem Ewig See wie eine Sirene? Aber Lausanne erscheint felbst in teitswillen; diefes Kalaat- el- Hofn oder Krach, die völlig über der Erinnerung matt und fühl neben dieser Stadt, welche raschend erhalten auf einer Berglehne liegen; wenn Roffes­die Abendsonne überglüht. Alle unsere Borstellungen vom| hufe im Borhofe hallen, fragt man fich, ob nicht der Groß Drient verblaffen, wenn wir diesen neuen Ländern nahen. Imeister in vollem Bomp, an der Spize friegerischer

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Freitag, 2. April 1926

Bon Stendal mit der Bahn nach Hämerten zurüd aber anch nach Arneburg . Von Hämerten führt die Wanderung über Stortau und Billberge, teils auf der Höhe mit schönem Blick auf das Elbtal und die jenseitigen Uferhänge, teils am Fuß der Hochfläche nach Arneburg ( 9 Kilometer). Die Stadt liegt hoch über der Elbe . Bon dem schwer zugänglichen Schloßberg läßt sich das weite Eibtal gut überschauen. Hier stand einst die Schußburg gegen die Benden, die bereits 981 ermähnt wird und die in den Wendentriegen den Deutschen als Stüßpunkt diente. Jetzt ist von ihr nichts mehr er­halten. Sandau / Werben.

Norden. Ueber Dalchau, Niedergörne und Altenzaun tommen mir Wir bleiben dem Elbstrom treu und folgen feinem Lauf nach zur Fährstelle nach Sandau ( 14 Kilometer). Dieses Städtchen besitzt ebenfalls eine Kirche in reinem romanischen Stil. Auf dem Deich am Dftufer der Elbe, stellenweise durch schönen Auwald, Wasserstandsmarten angebracht, die anzeigen, welche Höhe das wandern wir bis zur Fährstelle nach Räbel. An den Bäumen find Baffer in den einzelnen Jahren erreicht hat. Auf der Fähre treuzen recht bescheidenen Städtchen in der Nähe der Mündung der Havel wir den Elbstrom und wandern gen Nordwest nach Werben, einem in die Elbe ( 11 Kilometer). Beachtenswert ist das Elbtor von 1460 und ein Wartturm. Von Werben entweder mit der Bahn über Goldbed und Stendal nach Berlin zurüd oder zu Fuß nach Havel

Stendal : Unglinger Tor.

Mönche einziehen wird; die Zitadelle von Tortose und Martab, das drohend über dem Meere ragt und Kaalat- esch Schefif, das, von Oleandern umfäumt, sich steil über den grünen Wassern des schmalen Litani erhebt.

Endlich, an einem Maitag, fam ich nach Tripoli ; deutlich unterscheidet man seine drei Stadtteile nur von den Festungs­terrassen, die Raymond von Toulouse erbaut hat: al Mina liegt am Strande des Meeres, das seine Schiffe in der Reede wiegt. Landeinwärts verschwindet es faft in einem Zitronen­und Orangenhain; das Zentrum- am Fuß der Zitadelle­ift mit seinen Basaren, Gäßchen und Schlupfwinkeln die ältefte fich an den Berg, um den es nach italienischer Art einen Kranz Partie, und Kubbe, das sozusagen die neue Stadt bildet, lehnt bildet. Der alte Palaft der Melisande ist heute nur noch ein Gewirr von roten Mauern, wonach man den Bau schwer retonftruieren tönnte. Aber der Blid ist so schön, daß man sich nur schwer zu trennen vermag. Man denkt an Beirut zurüd. Auch hier geht von dem erhigten Schnee der Berge ein Leuchten aus. Der Kadischa bäumt sich im haftigen Laufe gegen sein Felsenbett und fließt um ein reizend gelegenes Derwischkloster, das halb versteckt zwischen Orangenbüschen liegt. Die Sonne fintt langfam, wie mit berechnender Wir­tung, ins Meer, in dem sich eine zweite Sonne spiegelt. Und auch eine Prinzessin soll hier leben, wenigstens dem Gerede der Leute nach.

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Ein kleiner, nicht eingezäunter Friedhof ohne bestimmte Abgrenzung führt seine gen Metta gerichteten Grabsteine wie eine Herde weißer Schafe bis zur Burgpforte heran. Das ist ein gar stiller Ort, so recht geeignet, um sich beschaulichen Träumen über die Nichtigkeit des Daseins hinzugeben. Ich weiß, daß Damile- nach muselmanischem Brauch ver schleiert hier oft mit Haremsdamen verweilte. Die ara­bischen Frauen lieben es, nahe dem Frieden des Todes stundenlang von den Alltäglichkeiten des Lebens zu plaudern. Wenn sie sicher find, allein zu sein, entschleiern sie ihre Ges fichter, um leighter zu atmen und geben sich, wenn sie schön find, dem Behagen hin, ihre entblößten Wangen von der Luft umfächeln zu lassen. Die Wasser des schäumenden Ka­discha stören mit ihrem Geräusch nur ein wenig die Ruhe diefes einst herrlichen, heute vernachlässigten Erdenflecks. Wenn Yamile dem Spiel der Waffer lauschte, erinnerte fie fich dann an ihren Heimatsort, an Bscherre, das der Fluß an feiner Quelle bespült und an jene, die sie in ihrem Bahnwiz verlassen hatte. In diesem Friedhof mochte die Sechzehn­jährige wohl über das Allzuvergängliche der Jugend nach denten...

( Fortlegung folgt.)