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Die Kundgebungen der Freidenker.

Die Freigeistige Woche fand gestern abend durch sieben außerordentlich gut besuchte öffentliche Kund­nebungen, die in der Neuen Welt, Pharusfäle, Moabiter Gesell. schaftshaus und anderen großen Sälen abgehalten wurden, ihren Abschluß. Die Referenten, die zu dem Thema Kulturfampf der Freidenfer sprachen, fanden überall stürmische Zustimmung. In den Brachtjälen Zum Märchenbrunnen" am Friedrichshain   sprachen die Genossen Löwenstein, Sievers, und Maffer, Wien  . Genosse Löwenstein zeigte den Vormarsch der Kulturreaktion, der sich besonders deutlich in der Annahme des Konkordats in Bayern  manifestiert. Wenn die Freidenfer und alle, die den Aufstieg der Menschheit aus den dunklen Mächten der Vergangenheit wollen, nicht cuf den Bosten sind, wird im ganzen Reiche wieder das alte Ber. hältnis zwischen Staat und Kirche hergestellt werden. Genoffe Maffer, Wien  , führte eine Reihe von Beispielen an, die zeigten, mie schmer es für die österreichische Freidenkerbewegung ist, in dem fatholisierten Desterreich Aufklärungsarbeit im Sinne der freigeistigen Bemegung zu leisten. Trotzdem zähle der Freidenferverein bereits 30 000 Mitglieder und der Verein für Feuerbestattung 56 000. Sei auch die Arbeit außerordentlich schmer, so sehe man boch immerhin schon den zufriedenstellenden Anfang. In Wien   beträgt die Rahl der Kirchenaustritte 80 000.- Genoffe Sievers gab eine Uebersicht über die Arbeit des Kongresses, führte die Verbände an, die den Rongreß beschickt haben, und stizzierte ihre Brogramme. Diese seien durchaus nicht einheitlich, aber darin feien sie frog der Berschieden heit der Programme einer Meinung, daß der Rampf gegen die Kulturreaktion mit aller Schärfe geführt werden müsse. Die prole. tarische Freidenferbewegung steht auf dem Standpuntt, baß diefer Rampf ein politischer sein muß. So lange die Kirche noch eine Macht im Staate ift, durch ihre Organisation überall Einfluß hat, jo fange ist Religion teine Privatsache, sondern eine wichtige politische An­gelegenheit.

Schweres Autounglück bei Cladow  .

Fünf Personen verletzt.

Auf der Rückkehr von einer Hochzeitsfeier find in ber vergangenen Nacht der Gastwirt Alfred Solbach aus der Breite Straße 54 zu Spandau   und dessen Ehefrau Marie, der Kaufmann Wilhelm Stephan   und seine Frau Helene aus der Bergstraße zu Spandau   und der Schneider Mag Loebell aus der Seeburger­Straße zu Spandau   schwer verunglückt.

In Cladom feierte gestern die jüngste Tochter der Frau Holbach, der Inhaberin des vielen Ausflüglern befannten Seglerheims" om Bollwert in Cladom, Hochzeit. An der Feier nahmen der Bruder der Braut, Alfred Holbach mit seiner Frau und die anderen Ge­nannten teil. Zur Heimfahrt ließen sich diese aus Spanbau ein Auto tommen, das von dem Chauffeur Arno Schulz aus der 3offener Straße 3 in Berlin   gesteuert wurde. Neben Schulz faß der Monteur horft Lichtenstein aus der Segefeldstraße zu der Segefeldstraße zu Spandau  . Schulz mar des Weges wohl nicht ganz fundig und fuhr trotzdem sehr schnell die Cladow  - Gatower   Chauffee hinunter. Am Jaczo- Weg in der Nähe eines Abflußgrabens geriet er auf den Sommerweg und verlor die Gewalt über den Wagen. Die Borderräder stellten sich quer und pflügten 30 Meter lang ben Sommerweg auf. Der Wagen überschlug fich und ging in Trümmer. Schulz und Lichtenstein tamen unversehrt davon, die übrigen Insassen wurden schwer verlegt. Die Spanbauer Kriminal­ polizei   fuhr mit einem Rettungsmagen hinaus und brachte die Ber legten nach dem Krankenhaus in Spandau  . Der Chauffeur Schulz, den anscheinend die ganze Schuld trifft, weil er übermäßig schnell gefahren ist, wurde vorläufig festgenommen.

Eine Liebestragödie.

beseitigt. Der größte Teil des Dachstuhls fonnte durch das überaus schnelle Eingreifen der Behr gerettet merden. Als Entstehungsurfache wird Unachtsamkeit vermutet.

Raubmord oder Unglücksfall?

Die seltsame Poftfarte.

Unter verdächtigen Umständen ist der Zigarrengroßhändler Ger­hard Barbich aus der Köpenider Str. 25 zu Friedrichs= hagen um das Leben gekommen. Bargsch ging am Mittwoch von Hause weg, um auf dem Finanzamt rückständige Steuern zu be­zahlen. Er nahm etwa 2000 m. mit, erschien aber nicht auf dem Finanzamt, dagegen suchte er in Berlin   Kunden auf und zog bei ihnen noch weitere Gelder ein, so daß er im ganzen etwas über 3000 M. bei sich gehabt haben muß.

Vom Hauptpostamt in der Spandauer Straße fandte er seinem Sohn, der in seinem Geschäft in Friedrichshagen   tätig ist, eine Bottarte, auf der er ihm mitteilte, daß er bei der Kundschaft Geld eingezogen habe, um das Konto zu Hause auf dem laufenden zu halten. Es ist das erstemal, daß er eine derartige Mitteilung machte, die darum auch Verwunderung hervorrief. Die seltsame Karte traf heute früh in Friedrichshagen   ein. Kurz vorher mar Barbich in Oberschönemeibe in der Nähe des Spreeschlög. chens" dicht bei der Liegestelle des Reichswasserschutzes als Leiche aus der Spree   gelandet morden. Von dem Gelde murde nichts mehr bei ihm gefunden, ebenso fehlt die goldene Uhr. Den Trauring hatte der Tode noch auf dem Finger. Die Leiche wurde nach dem Friedhof in Oberschöneweide   gebracht. Mitteilungen zur Aufflärung nimmt die Kriminalpolizei des Bolizeiamis Treptom und des Reniers 233 entgegen. Wer etwas über den Aufenthalt des Großhändlers om vorgeftrigen und geftrigen Tage und über den Berbleib des Geldes weiß, wird ersucht, sich dort zu melden.

Einsturz einer Nofbrüde. Die Rotbrüde über den neu zu er bauenden Ableitungstanal in der Breiten Straße( Schloßplag) ist furz vor 7 Uhr abends eingestürzt. Da in diesem Augenblic der Berkehr etwas nachgelaffen hatte, fonnte größeres Unglüd Bertehr mußte umgeleitet merben. berhütet werben. Es ist niemand zu Schaden gekommen. Der

In die Spree gefallen. Der 10jährige Schüler Hermann Gottmann aus der Grenadierstraße 15 fiel beim Spielen in der leberfahrtgaffe am Monbijoupla in die Spree, wurde aber von einem Baffanten gezette und in das Hedwigstrantenhaus pon einem Baffanten gerettet und in das Hedwigstrantenhaus gebracht.

Bolt und Zeit", unsere illustrierte Wochenschrift, liegt der heutigen Postauflage bei.

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Für Freunde infernationaler Kleinarbeit! Englische 3irfel für An­fanger unb wirklich Fortgeforittene nehmen noch einige Ge­noffinnen und Genoffen auf. Mitgliedsbuch legitimiert. Infoftenbeitrag 1. wöchentlich. Der Anfänger Birtel tagt ab Freitag, den 9. April. von bis 10 Uhr im Zweigbureau bes 3. b. A., Stommandantenstraße 63/64. unterrichtet mirb nach der biretten Metbobe, b. b. man erlernt die Fremb­( prache wie die Muttersprache; es wird nur englisch gesprochen. Am Kurjus. ende fann jeder Zeilnehmer auf Wunsch Adressen englischer Genoffen goeds Brief- und Beitungsaustausch durch die Freunde internationaler Sleinarbell", Geschäftsstelle Genoffe Dr. Pack, N. 21, Stromstraße 58, erballen. Gegen feitige Befuche sind auch in Aussicht genommen. Der Zirtel für wirklich Fortgeschrittene tagt jeden Dienstag von 8 bis 10 Uhr im Drts­bureau bes 8. d. A., Belle Alliancestraße 7/10. Auch hier wird nur eng if gesprochen. Die Teilnehmer geben fleine Vorträge und jeder fann fich pratili meiterbilden. Anmeldungen nimmt an den Kursusabenden der Leiter ber Sirtel, Genoffe.loerle, langjähriger Lehrer städtischer Fort­bildungsschulen in England und Schottland  , entgegen.

Der Deufiche pazifilische Studentenbund läßt am Sonnabend, 10. April, nachmittags 5 Uhr, im Leifing- Museum, Brüderstraße 18, unter dem Titel .Der Bürger Dichtungen von Gogol  , Eichendorff   u. a. lesen, Eintritt frei!

Die Schiene auf dem Gleife.

Anschlag auf den D- Jug Berlin  - München  .

Amundsen verschiebt die Abreise. Wegen ungünstiger Witterung ist die Abreise des Nordpolflugschiffes, Norge" im letzten Augenblic bis auf weiteres verschoben worden.

Eine Liebestragödie beschäftigt die Kriminalpolizei. Der 29 Jahre alte aus St. Gallen   gebürtige Ingenieur Otto Delaman, der sich schon länger in Berlin   aufhielt und zuletzt in der Groß- Gestern abenb murde ein Anschlag auf den Berlin  - Münchener  beerenstraße wohnte, stieg vorgestern mit der 26jährigen Johanna Schnellzug, bar fahrplanmäßig um 10 Uhr 40 Minuten abends in Reil   aus Eberswalde  , bie er für seine Frau ausgab, in einem mindhen eintrifft, verübt, indem von verbrecherischen Händen eine Hotel in der Dorotheenstraße ab. Die beiden hatten aus noch nicht Eisenbahnschiene über das Gleis gelegt wurde. Es gelong geflärter Beranlaffung befchloffen, gemeiniem aus dem Lebem Zokomotivführer, den Zug turz vor dem Hindernis zum Halten ben zu scheiden. Delaman öffnete dam Mädchen, als es noch zu bringen; doch wurden die Räder der Lokomotive be  im Bett lag, eine Pulsader mit einem Rasiermesser. Nachdem häbigt. Der Zug tonnte erst nach zmeistündiger Bere es die Besinnung verloren hatte, glaubte er wohl, daß es tot fet pätung in München   eintreffen. und versuchte nun, sich selbst auf die gleiche Art das Leben zu nehmen. Davon nahm er jedoch aus irgendeinem Grunde Ab­stand, nachdem er sich eine geringfügige Berlegung beigebracht hatte. Mit der Angabe, daß er sich Zigaretten helen molle, verließ er das Hotel, tam jedoch nicht wieder. Eine Bekannte, die Fräulein Keil vormittags im Hotel besuchen wollte, fand fie in dem blutbejubelten Bett liegen. Sie schlug Lärm, und die Schwerverlegte, die noch Lebenszeichen von sich gab, murde nach der Klinik in der Ziegel. straße   gebracht. Delaman war unterbessen, wie festgestellt wurde, nach Lantmik hinausgefahren, von dort ging er die Schienen ent lang nach Berlin   zurüd und ließ sich zwischen Südende und Bape straße von einem 3offener Borortzug überfahren. Der Lokomotipführer des nächsten Zuges fand ihn abends Uhr regungslos zwischen dem Bahndamm und 3aun liegen, hielt den Zug an, brachte den Schwerverletzten in ein Abteil, nahm ihn nach Berlin   mit und ließ ihn vom Bahnhof nach dem Elisabethtranten haus bringen, wo er im Laufe der Nacht seinen Verlegungen erlag.

Die Hakenkreuzler von Granfee.

Wir haben bereits über die Ausschreitungen von Bältischen in Gransee   berichtet. Ein Leser teilt uns hierzu noch folgenden Einzel­fall mit: Am Ostersonntag 30g ein Trupp von Hofenfreuzfern durch die Hauptstraße ven Granjee. Er machte vor dem Laden des Genossen Müller halt. Was man beabsichtigte, darf aus den Aeußerungen geschloffen werden, die Müller am Tage vorher zu hören bekommen hatte. Junge Menschen ehne Bart gaben vor, fich rafieren zu lassen. Frau Müller vermehrte ihnen den Eintritt. Darauf nahm der Fahnenträger seine Fahnenstange, eine richtige Militärlanze, und steß durch das Schaufenster in den Baden hinein. Glüdlicherweise war der Stuhl am Fenster im Augenblick unbesetzt. Genosse Müller, der noch beim Untleiden mar, wurde von dem Borfall durch seine Frau benachrichtigt. Er eilte zur Landjägerei und alarmierte auch das Reichsbanner. So gelang es, dieses Gesindels habhaft zu werden und dem Bolizeigewahrjam zuzuführen. Beim Herannahen der Landjäger und des Reichs. banners entledigten sich die Buben schnell ihrer Waffen, wie Revol ver, Dolche, Totschläger usw., die aber zum Teil wieder gefunden wurden. Unerwähnt darf nicht das unerhörte Berhalten der Granjeer Polizei gelassen merden. Genoffe Miter hate fie auf die Drohungen vom Sonnabend aufmerksam gemacht. Sie aber unterließ jede Borsichtsmaßregel und nur dadurch fonnte der Ueberfall ausgeführt werden."

Beisehung der Jurjewffaja in Andermatt  . Herr von Bremer, der Gatte der Frau Juriemffaja, ift am gestrigen Donnerstag in Andermatt   eingetroffen, um dort die nötigen Vorbereitungen für die Beilegung der aufgefundenen Leiche zu treffen. Die zuerst beabsichtigte Ueberführung und Ein äscherung in Berlin   fonnte nicht erfolgen, weil der Zustand der Leiche einen längeren Transport nicht mehr zugelassen hätte. Es wurde deshalb die Beisetzung in Andermatt   angeordnet, bie in zwischen in Undermatt nur in nmesenheit des Gatten der Künstlerin stattgefunden hat.

Sport.

16. Berliner   Sechstagerennen. Nur zwei Spitzenpaare!

Als gestern abend der Gongschlag um 11 Uhr den Beginn der ersten Wertung anzeigte, hatte sich das Besucherbild nur wenig ge­ändert. Die Sensationen, die um Mitternacht eintraten, laffen jedoch vermuten, daß die alle am Kaiserdamm heute auf starten Zuzug rechnen fann.

In der ersten Stunde hatte das Feld 41 610 Kilometer zurückgelegt. Die fechs Spurts brachten folgende Ergebnisse: 1. Spurt: 1. 2ouet por Standaert, Häußler und Junge. 2. Spurt: 1. Sergent vor Hahn, Hürtgen und Saldow. 3. Spurt: 1. Louet vor Junge, Bauer und Häußler. 4. Spurt: 1. Knappe vor Beedmann, Sergent und Gottfried. 5. Spurt: 1. 2ouet vor Frederic, Rieger und Eaton. 6. Spurt: 1. Gottfried por Behrend, Sergent und Hahn. Die meisten Bunfte holte sich bei dieser Wertung die fran­zöfifche Mannschaft Louet Sergent. Belegte boch Louet allein breimal ben ersten Plaz. Linari- Binda, Koch- Miethe und Bohl martin mußten ohne Puntigewinn ausgehen. Stand des Rennens nach der 1. Wertung: 1. 2oues. Sergent 24, 2. Gottfried- Junge 10, 3. Stanbaert Hahn 7, 4 Knappe Rieger 7, 5. Beedmann Eaton 4, 6. Frederic Lorenz 3, 7. Longardt Behrendt 3, 8. Dobe- Häußler 3, 9. Buysse- Bauer 2, 10. Mühlhoff- Hürtgen 2, 11. Debaets- Saldom 1, 12. Linari- Binda 0, 13. Stoch Miethe 0, 14. Bohl- Martin 0 Punkte.

Weiter umtreifen die Fahrer die Bahn. Hahn will losgehen,

muß aber bald das Vorhaben aufgeben. Etwa eine halbe Stunde nach Mitternacht   zieht Miethe los. Junge hinterher und im nächsten Augenblid ist die den ganzen Abend fehlende Sechstage ftimmung hervorgezaubert. Miethes Bartner och und Junges Partner Gottfried sind auf dem Posten und vergrößern den gesponnenen Vorsprung so, bis sie das ganze Feld über, rundet haben...

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Bei der Zweiuhrnachtwertung.

gibt es einige Jagden zu sehen, die zuerst von Saldom und später ven Buffe allerdings ohne Erfolg entfesselt werden. Nach Beendigung der Wertung, die fabelhafte Glanzstüde des rangofen Louet zeigte, hatte fich folgender Stand des Rennens ergeben: 1. Gottfried Junge 17, 2. Spch.Miethe 0 Bunfte. Cine Runde zurüd: 3. Sergent- Louet 62, 4. Beed­ann- Eaton 19, 5. Frederid Lorenz 15, 6. Knappe Rieger 14, 7. Stanbaert- Hahn 10, 8. Linari- Binda 8, 9. Buysse Bauer 7. 10. Bohl­Martin 7, 11. Mühlhoff Hürtgen 4, 12. Longardt- Behrendt 4. 13. Debaets Saldom 3 Bunfte. 3 mei Runden zurüd: 14. Dobe Häußler 6 Punkte.( Eine Runde bisher zurüd. dazu eine Ein Dachstuhlbrand in dem Haufe Spreestraße 11 be Strafrunde megen fchlechter blösung!) Schäftigte heute vormittag längere Zeit 2 Böschzuge der Berliner   Mehrere Mannschaften erhielten eine Berwarnung! Bis zur Feuerwehr. Das Feuer murde um 10 Uhr von Hausbewohnern Neutralisation des Rennens fie mährt von 6 bis 12 Uhr vor bemerkt, Radh etwa einstündigem Waffergehen war die Hauptgefahr i mittags hatte das Feld 309,250 Rilometer bebedt

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Gewerkschaftsbewegung

Der englische   Bergbaukonflikt.

Seine Ursachen und Wirkungen.

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Eine eingehende Darstellung des Konflifts im englischen   Berg bau, der Ende April durch Ablauf der staatlichen Subvention an die Bechenbefizer afut wird, veröffentlicht die Bergarbeiter- Zeitung" aus der Feder des Genossen Franf Hodges, Sekretär der inter­nationalen Föderation der Bergarbeiter, die wir auszugsweise be­nuzen.

Bekanntlich hatte die englische   Regierung eine Kommission ein­gefegt zur Untersuchung über den Bergbau. Die Kommission machte hauptsächlich folgende Borschläge:

Der Staat wird die sogenannten Royalities", d. h. die Rechte der Grundbefizer auf die unter ihren Ländereien gelegene Rohle, zu einem Preise von 100 000 000 Bfund Sterling( 2 Milliarden Mark) zurüdtaufen.

Die Zusammenfassung zahlreicher fleiner 3echen ist wünschenswert und möglich. In Fällen, wo diese Zu. fammenfassung megen übertriebener Forderungen der betroffenen Barteien erschwert wird, soll zur 3 mangsmeisen Fusion übergegangen werden.

Es soll eine systematischere 3usammenarbeit der Kohlenindustrie mit verwandten Gewerben, wie der Elektrizitäts­und Gasindustrie sowie dem Transportgewerbe usw. in die Wege geleitet werden.

Schaffung eines nationalen Komitees für Brenn Kraftgewinnung. Förderung technischer stoffe und Forschungen seitens des Staates.

Sowohl im Interesse des inländischen Konsums als auch des Exports foll im Verkauf der Kohle zwischen den verschiedenen Gruppen eine Zusammenarbeit herbeigeführt werden, und zwar voraussichtlich nach dem Muster der deutschen   Kohlensyndi.

fate.

Der gegenwärtige Arbeitstag, d. h. 7% Stunden unter Tage, foll beibehalten werden, und zwar in der Weise, daß die Arbeitsstunden der ganzen Woche auf 5 anstatt auf 6 Tage ver­teilt werden.

Einführung von Familienzulagen auf nationaler Basis oder in den einzelnen Distritten. Der Staat soll den Bergarbeitern durch Herausgabe von Aftien eine Gewinnbeteiligung garantieren. garantieren. Sobald die Gruben wieder Gewinne erzielen, sollen bezahlte Ferien eingeführt werden.

Die

Das gegenwärtig in Kraft stehende Prinzip der Festlegung der Löhne auf nationaler Bajis hat sich bewährt, es muß jedoch durch örtliche Uebereinkommen, die vont nationalen Lohnamt gutzuheißen sind, ergänzt werden. Kommiffion empfiehlt in diesem Zusammenhang die zeitweilige Herabjegung der Minimallöhne in jedem Distritt unter die im Jahre 1924 festgefeßten Säße. Selbst wenn die Löhne in diefer Weife herabgefegt werden, werden die Bergherren noch in feinem Diftrift angemessene Gewinne und in den meisten Distrikten fogar überhaupt feine Gewinne erzielen. Falls die Bergarbeiter eine gewisse Berlängerung der Arbeitszeit unter ge­ringerer Herabsetzung der Löhne vorziehen, so wird das Parlament ohne Zweifel bereit sein, diese Maßnahme zu bewilligen. Die Kommission hofft jedoch, daß ein solcher Schritt nicht nötig sein wird.

Der Standpunkt der Bergarbeiter. Folgendes find die Punkte, an melchen die Mitglieder der Berg­arbeiterinternationale unmittelbar interessiert sind:

Die Einstellung der Subvention. Die Ablehnung des Planes betr. die Verstaatlichung der Gruben. Die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Arbeitszeit. Der Plan betr. die einheitliche Organi sation des Kohlenerports.

Die Subvention wurde im August 1925 beschlossen, um deit Grubenbefizern die Bezahlung der im Lohnabkommen des Jahres 1924 feftgelegten Löhne zu ermöglichen. Bis zum Januar 1926 zahlte die Regierung insgesamt über 15 Millionen Pfund Sterling  an Subpentionen, b. h. 2 Schilling 6 Pence für jede geförderte Tonne Kohle ober 17 Broz. des Breises ab Zeche. Wahrscheinlich mird die Gesamtfumme bis Ende April die Höhe von 20 Millionen Pfund Sterling erreichen.

Durch die Subvention murde die herabjegung der Egportpreise für Kohlenfendungen nach Deutschland  , Frank reich, Belgien   und Holland   möglich.

werden.

Bon internationalen Gefichtspunkten aus ist diese Methode der Gewinnung von Märften schlecht und sie muß verurteilt Was die Verstaatlichung der Gruben betrifft, so lehnte die Kommission den von der Britischen   Bergarbeiterföderation unter­breiteten Plan unter dem Vorwand ab, daß er undurchführbar sei. Die Kommiffion gab jedoch zu, daß die Gründe, die die Bergarbeiter zur Aufstellung des Blanes bemogen, richtig seien, d. h. daß die rationellste Organisation der Produktion und die Erweiterung des Einflusses der Bergarbeiter in der Festlegung ihrer Arbeitsbedingungen angestrebt merden müffen. Diese Ziele tonnen jedoch nach Ansicht der Kommission erreicht wer­den, ohne daß es nätig fit, fich auf die weitgehende und unsichtbare Operation der Nationalisierung einzulassen.

Auf dem Gebiete der Arbeitszeit wurde eine eingehende Erhebung über die Arbeitsstunden der Bergarbeiter über und unter Tage in allen fehlenproduzierenden Ländern der Welt vorgenommen. Danach beträgt die Arbeitszeit in England, Frankreich   und Belgien  7% Stunden täglich, in Holland   und Deutschland  ( Ruhrgebiet  ) 8, mn Oberschlesien   8%, in der Tschechoslowakei   7% bis 8 Stunden. Bei näherer Brüfung zeigte es sich, daß die Annahme des Bor­schlages der Gruben besiger bedeuten würde, daß die britischen  Bergarbeiter eine halbe bis eine Stunde. Iänger als alle Berg­mit Ausnahme Oberschlesiens   zu arbeiten arbeiter Europas  hätten. Aus diesem Grunde trat die Kommission für die Auf­cechterhaltung der jegigen Arbeitszeit ein. Die internationale Bergarbeiterföderation steht auf dem Standpunti der Einführung einer einheitlichen Stundenzahl in allen Ländern auf Grund der Arbeitszeit des am besten gestellten Landes. Wenn die Sub­pention eingestellt wird und die Industrie auf sich selbst angewiesen ift, fo wird die Lage der Bergarbeiter Großbritanniens   ungünstig sein, wenn sie gezwungen find, mit einem Land, wie z. B. Deutsch  land und speziell mit Oberschlesien  , auf dem Exportmarkt zu fon furrieren und die Arbeitszeit in diesen Kohlengebieten die gleiche bleibt wie fetzt.

Internationale Kontrolle ist das einzige Heilmittel gegen Ueberproduktion. Großbritannien   fann feinen dauernden Ge­minn daraus ziehen, wenn es versucht, Deutschland   und Polen   vom Weltmarkt fernzubalien und die Breise zu drücken. Eine derartige alle anderen Bänder und vielleicht in noch höherem Maße- be Bolitif ift ungünftig für die Bergarbeiter aller Länder. Wie nötigt Großbritannien   Stabilität im Exporthandel. Geht Groß­ britannien   auf den Gedanken eines internationalen Kontrollamtes ein, so wäre dies einer der wichtigsten Schritte in der Herbeiführung der Stabilität. Ueberall, wo Kohle verkauft wird, soll ein miri­schaftlicher Preis dafür bezahlt werden, sowohl im Interesse des Lohnes der in der Industrie beschäftigten Arbeiter als auch ange meffener Gewinne für den Ausbau der Industrie. Die Fortsetzung des gegenwärtigen Kampfes auf dem Weltmarkt wird den Ruin aller bebeuten.

London  , 9. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Bergarbeiter egefutive beschloß am Donnerstag, nicht wie onfänglich verlautete, die Borschläge der Bergbauindustriellen direkt abzulehnen, sondern ihren endgültigen Beschluß über Annahme oder Ablehnung vorläufig noch ausstehen zu laffen und von den Unternehmern zunächst eine eindeutige Erflärung über den Sinn ihrer mit Hinblick auf die zu­fünftige Bohnregelung und Reorganisation der Industrie gemachten Vorschläge zu fordern. Von dieser Erklärung der Unternehmer dürfte der Ausgang der Krije in entscheidendem Maße abhängen.