Die Schweiz verfügt jetzt bereits über eine mehr als fünfzigjährige Erfahrung über die Handhabung des Referendums. Der beste Renner der schweizerischen Boltsgesetzgebung, der Demokrat Theodor Curti , nannte in seiner Schrift: Die Resultate des Schweizerischen Referendums ( 3. H. W. Diez Berlag 1898) eine politische Schule und dadurch ein eminentes Kulturelemeht". An die Volksabstimmungen schlossen sich vielfach in den schweizerischen Rantonen tiefgehende Reformen der Volksschulbildung an. Dadurch hob sich das politische Kulturniveau beträchtlich. Die Volksabstimmungen ,, rufen" nach Curti den Barlamentariern ihre Pflicht ins Gedächtnis zurüd", fie ermahnen sie, enge Fühlung mit dem Bolfe zu suchen. Trog möglicher rückläufiger Bewegungen ,, verurteile" das Referendum die Demokratie ,, nicht zum Stillstande" sondern gebe dem Fortschritt selber Stetigkeit".
Gerade um die reine", die wahre" Demokratie im Staate zu verwirklichen, legte sich Rittinghausen mit fast fanatischer Leidenschaft für die direkte Bolksgesetzgebung ein. Er wollte die Dittatur in jeder, felbft in parlamentarischer Form unmöglich machen. Die sich auf die unmittelbare Volksabstimmung stügende Gesetzgebung bedeutete für Rittinghausen die grundsägliche Berneinung der politischen Parteidiktatur, wie sie von dem bolſchewistischen Kommunismus in Rußland geschaffen wurde.
Eine Geschichte der Vaterlandspartei.
Die starke Stellung der gegnerischen Preffe." Nun hat auch die selig entschlafene ,, Deutsche Baterlandspartei" der Herren Rapp und Tirpit ihren Geschichts fchreiber gefunden. Im Rahmen der Hallischen Forschungen zur neueren Geschichte" erschien dieser Tage eine Schrift Geschichte der Deutschen Baterlandspartei" von Karl Wort mann, Oberstleutnant a. D. Der Verfasser fann nach Lage der Dinge nicht anders als einen völligen Mißerfolg der von ihm besungenen ,, Boltsbewegung" feststellen. Interessant ist dabei, daß er den Fehlschlag darauf zurückführt, daß die Bewegung keine Förderung bei der damaligen faiserlichen Regierung gefunden habe. Das angenehme Berhältnis zwischen Bethmann Hollweg und dem von ihm so benannten„ Piraten der öffentlichen Meinung", Dr. Repp, dem späteren Urheber des Kapp- Butsches, ist ja bekannt.
Ueber die Gründe des Mißerfolgs führt dann Wortmann weiter aus:
Der andere Grund liegt in der Stellungnahme der Deutschen Baterlandspartei zu den Fragen der inneren Politit, fpeziell zur Wahlrechts frage. Sie fümmerte sich um diese Angelegenheit nicht und ließ jedem Mitglied seine Bewegungsfreiheit. Der Drewssche Bericht stellt sich auf den Standpunkt, daß die Deutsche Baterlandspartei diejenigen Reformen hätte anerkennen sollen, für welche die Regierung schon festgelegt war. Hiergegen ist aber geltend zu machen, daß ja gerade die absolute Freiheit der Mitglieder in iefer Frage die Blattform abgab, auf der sich die Angehörigen ber verschiedensten Barteien zusammengefunden haben. Der Großadmiral v. Tirpit äußerte: Der zweite Grund war die ungeheure Berleumdung, der wir von solchen ausgefeßt waren, die vor allen Dingen innerpolitische Aenderungen haben mollten; Aenderungen, die wir gar nicht bekämpfen wollten und gar nicht das war gar nicht unsere Aufgabe die aber
befämpft haben
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doch vielleicht glaubten, daß eine solche Hebung unserer Stimmung, mie wir sie anstrebten, die Sonderziele, die sie verfolgten, zu beein trächtigen imftande wären." Die Partei fonnte die starte Stellung der gegnerischen Presse Borwärts"," Berliner Tageblatt" und Frankfurter Beitung" nicht brechen.
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Barum hat der Borwärts" die Vaterlandspartei befämpft? Weil fie für den Erfolg der nationalen Berteidigung die allergrößte Gefahr war! Die nationalistischen Kreiſe, aus denen diese Partei sich gebildet hatte, begriffen nicht, daß angesichts der gegebenen Berteilung der Kräfte ein deutscher Selbsterhaltungssieg mit einem Berstän digungsfrieden, dem fog. Scheidemannfrieden", das
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In einem Berliner Restaurant faß ein Demofrat am Tisch. Da fam ein Herr mit einem Jägerhütel, hinten stand ein Rafierpinsel drauf. In dem Augenblick, als er das Hütlein an den Haten hängte, griff der Demokrat nach der Zeitung, die an der Wand am Nagel hing. Unbesehen hatte er den ,, Lokal- Anzeiger" heruntergeholt. Und eh er dies Blatt, das ihn es sei zu seiner Ehre gefagt nicht im Geringsten reizen fonnte, noch mit der anderen übriggebliebenen Zeitung hätte vertauschen fönnen, befand sich diese bereits in den Händen des Herrn, der mit einem Rafierpinsel am Hute getommen mar. Dieser Herr war auf solche Weise, wahllos, zum Berliner Tageblatt" gekommen. Sehr einfach, möchte man fagen, war dieser Fall: Die beiden Leser hätten die Blätter mur tauschen müffen. Aber die beiden hatten merkwürdig feine Nasen, einander zu refognoszieren. Obgleich jeder von ihnen im Leibblatt des anderen las, wußte doch jeder, mit wem er die Ehre hatte. Und beide wagten es nicht, ein Wort zu bemerken.
So verging eine halbe Stunde. Sie faßen, jeber vor seiner ver tehrten Zeitung.
,, Er ochst Annoncen," denkt der Mann, der das Tageblatt hat. ,, Er lernt den Etat auswendig," denkt der andere über dem ,, Lokal- Anzeiger".
,, Er liest noch immer auf derselben Seite," bemerkt der eine im stillen. ,, Er starrt immer noch auf denselben Fleck," beobachtet grollend
der andere.
Es war ein Sonntag, fein Zeitungsverkäufer stand draußen, fein Riost war offen. Der nächste Bahnhof war weit entfernt. Die Luft war scharf, man blieb gerne beim Ofen.
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Und dennoch wollte feiner von beiden- in seiner Partei Interesse das fleinste Kompromiß in dieser Sache zugestehen. Jeder war in den Augen des anderen: ein bestgehaßter Mann.
Endlich schlug die eine der beiden Parteien an's Bierglas. Spidbein und Sauerkraut und einige Liter bayerisches Bier hatte der Mann zu sich genommen. Er stand heftig auf und murmelte: Schifane... Tat sein grünes Hütle auf den breiten Kopf und ging in die stille Kammer, die allen Parteien gemeinsam ist, wie das
Grab in der Erde.
Der Demokrat griff seufzend nach seiner geliebten Zeitung. Aber die Wut ließ ihn in die Lippe beißen. Das Hauptblatt fehlte. Schikane! Schifane!
Man ersieht daraus, zu welchen Mißbilligkeiten es führt, wenn ein Tisch in zwei Parteien zerfällt.
höchste aller erreichbaren Ziele war und daß auch dieses Ziel| nur dann zu ereichen war, wenn man sich vor aller Welt ganz unzweideutig zu ihm befannte und wenn zugleich von den Massen des deutschen Volkes das drückende Gefühl genommen wurde, in ihrem Baterland, das das Lezte von ihnen forderte, doch nur Bürger zweiter Klasse zu sein. Gerade dieses Mißverstehen, das aus einem bornierten Herrensinn entsprang, mußte zur Katastrophe führen und hat zur Katastrophe geführt. Niemand hat dem Baterland in der Zeit schwerster Gefahr schlimmeren Schaden zugefügt als die sog. ,, Baterlandspartei".
Der Republikaner vor Gericht. Die Heze gegen Oberstaatsanwalt Asmus. Chemnih, 10. April. ( Eigener Drahtbericht.) Zu Beginn der Sonnabendverhandlung wurde mitgeteilt, daß das Gericht die Beweisanträge der Berteidigung auf Ladung des ehemaligen Innenministers Liepmann und Herbeischaffung bestimmter Atten und Regierungsverordnungen abgelehnt habe. Was die Berordnung des Justiz ministeriums angehe, so hätte Dr. Asmus wissen müssen, daß diese Verordnungen den Reichs gefeßen zuwiderlaufen. Im Laufe der weiteren Debatte über die Beweisanträge vollzog der Vertreter des Generalstaatsan walts einen Rüd 3 ug, indem er bezüglich der Schußhaftverordmung erklärte, daß dem Angeklagten hier auch nach seiner Auffaffung fein Vorwurf zu machen sei.
Als erster Fall wurde die Angelegenheit des Amtsgerichtsrats Groß behandelt. Ein rechtsstehender Ingenieur hatte gegen Groß ein Meineibsverfahren beantragt, weil diefer in einer Gerichtsver handlung, in der er zugleich nebentläger und Zeuge war, eine falsche Aussage über seine politische Gesinnung und Barteizugehörigkeit gemacht habe. Dr. Asmus hatte eine Strafverfolgung abgelehnt, weil er an der fraglichen Verhandlung selbst als Bertreter der Anflage fungierte und festgestellt hatte, daß der angeschuldigte Amtsgerichtsrat die ganz nebensächliche Aeußerung als Nebentläger getan hatte. Uebrigens hat die Generalstaatsanwaltschaft auf die Beschwerde der nationalistischen Anklageerftattung hin den Oberstaatsanwalt Asmus gedeckt und die Beschwerde abgelehnt.
In einem zweiten Falle hatte der Gewerbeschuldirektor Schwarze Strafantrag wegen Beleidigung gestellt, weil ein Spielwarenfabritant seinen Sehn nicht zum Unterricht geschickt hatte und auf Borhaltung in Gegenwart von Kindern er. flärte: 3u so einem roten Zeichenlehrer schide ich meine Kinder nicht." Nachdem von der Staatsanwaltschaft ein Einschreiten abgelehnt wurde und der Gewerbeschuldirektor sich beschwerdefüh rend an den Oberstaatsanwalt gewendet hatte, eröffnete dieser das Berfahren. Der Spielwarenfabrikant wurde dann auch verurteilt. Interessant war die Feststellung Asmus', daß der betreffende Ge werbeschuldirektor Mitglied der Deutschen Boltspartei war!
Der letzte der Illustrierungsfälle" betraf die Angelegenheit Horn. Aus dem Vortrag des berichterstattenden Amtsgerichtsrats Dr. Hempel war nur zu entnehmen, daß Asmus gegen neun Ra tionalsozialisten Haftbefehle erlassen hatte, weil sie an einer nationalsozialistischen Tagung teilgenommen hatten. In großer Er regung pretestierte Asmus gegen einen derartig unsachlichen Attenvortrag und stellte an Hand von etwa 20 Attenauszügen fest, daß die Nationalsozialistische Arbeiterpartei nalsozialistischen Befehl drei Tage vor dem Hitler. Buts nach of tommandiert wurden, wo sie eingefleibet nach of tommandiert wurden, wo sie eingefleibet und verpflegt wurden, militärische Uebungen abhielten und zum Rampf gegen das rote Sachsen " verwandt werden follten. Die Finanzierung besorgte der Nationalsozialist Küchenmeist er aus Freiberg , ein Bruder des am Rathenau Merd beteiligten Küchenmeister. Die von den Nationalsozialisten eingelegte aftbeschwerde wurde vom Gericht verwor. fen und bei einer zweiten Beschwerde lehnte auch die Generalstaatsanwaltschaft eine Haftentlassung ab. Auf nationalsozialistischen Antrag forderte dann der General Müller die Aften ein und das Oberlandesgericht verfügte schließlich die Freilassung. In der
in Sachsen verboten war und daß diese Hakenkreuzler auf natio
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Berhandlung wurden die Nationalsozialisten bis auf einen su 14 drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Mit Recht wies Asmus darauf hin, daß er gar nicht anders handeln konnte, sondern daß er als Staatsbeamter, der der Republik den Treueid geleistet hatte, alles tun mußte, um die Republik gegen die Hafenkreuzler zu schützen. Er teilte ferner die Namen von 23 Nationalsozialisten mit, die sich damals des gleichen Bergehens schuldig gemacht hatten, gegen die er aber nicht einschreiten fonnte, weil sie als Zeitfreiwillige der Reichswehr beitrafen!
In der Nachmittagsverhandlung werden nun die sieben zur Anklage stehenden Punkte erledigt werden. Nach Abschluß des Falles Hern tritt das Gericht in die Mittagspause ein.
Nach der Befreiung.
Dank der preußischen Staatsregierung. Köln , 10. April. ( Mtb.) Aus Anlaß der Befreiungsfeierlichfeiten in der ersten Rheinlandzone hat der preußische Innenminiſter Severing an den Vorsitzenden der rheinischen Zentrumspartei Justizrat Mönning ein Dankschreiben gerichtet, in dem es heißt: In der Geschichte der Besetzung des linken Rheinufers werden die Räumung der ersten 3one und die erhebenden Räumungsveranstaltungen in Köln , Bonn und Krefeld einen markanten Abschnitt bilden. Ein bleibendes geschichtliches Verdienst der fünf Kölner Parteiführer ist es, daß die im Rheinland maßgebenden Barteien und die Gewerkschaften in besagungspoliti schen Angelegenheiten gegenüber scharfen Drohungen und Lockungen der Besagung eine einheitliche Abwehrfront gebildet haben und feine Bevölkerungsschicht einen Sonderschritt für fich allein unternommen hat. Darüber hinaus haben die Kölner Barteiführer es verstanden, durch ihre Freunde im übrigen be fegten Gebiet, die angesichts des damaligen Befagungs- und Separatiftenterrors in der Sorge um Leben, Freiheit und das tägliche Brot in einer fast unerträglichen Lage sich befanden, das Vertrauen auf die Hilfe, die Kraft des Staates, den Zusammenhalt des deutschen Boltes zu sichern und zu bewahren. In dem historischen Augenblid, in dem mit der Räumung der ersten Zone des altbejezten Gebiets gewiffe ausländische machtpolitische Pläne auf deutschem Boden zurüdgedämmt wurden, ist es mir ein Bedürfnis und eine Freude, Ihnen, sehr verehrter Herr Justizrat, namens der preußischen Staatsregierung herzlichsten Dant für alles das zu sagen, was Eie in schwerster Zeit für Ihre rheinische Heimat, für Reich, Staat und Bolt durch Rat und Tat geleistet haben.
Erholung an der Börse.
Da aus Holland und London Käufe vorlagen und die Provinz und die Abritage zu Deckungen am Wochenende schritt, erholte sich an der heutigen Sonnabendbörse die Tendenz von den gestrigen Ermattungen. Montanaftien gewannen bis zu 3 Proz. und mehr, auch Kalimerte lagen fest, ebenso Farben- und Elektropapiere. Die Spezialitäten des Industrieaktienmarktes gleichfalls gut gefragt. Echiffahrtsattien sehr still. Banken freundlich. Der Rentenmarkt zeigte für alte Pfandbriefe freundliches Aussehen. Kriegsanleihe 0,462. Schutzgebiet 6,45. Eroten nicht ganz einheitlich. Der Geldmarft bleibt leicht.
Neue Arbeitslojendemonftrationen in Warschau . Am Freitag fanden in Warschau wieder große Arbeitslosendemonstrationen statt, die vor dem Arbeitsministerium Aufstellung nahmen, Nach längeren Bemühungen gelang es der Polizei, die Demonstranten zum Auseinandergehen zu veranlaſſen.m Der neue französische Aderbauminiffer. An Stelle des zum Innenminister ernannten bisherigen Ackerbauministers Durand, ist der radikale Abgeordnete Binet heute vormittag zum Ackerbauminister ernannt worden.
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Der Pariser Emigrantenfongreß nahm zum Agrarproblem zwei Entschließungen an: 1. Der Kongres tritt für die Wiederherstellung geordneter wirtschaftlicher und juristischer Zustände ein, auf denen die Zivilisation aufgebaut ist, besonders aber auch für die Wiederherstellung des Privatbesizes. 2. Der Boden soll denjenigen überlaffen bleiben, die ihn bebauen; diese sollen als seine Eigentümer anerkannt werden.
eine Aufflärungsschrift von Mag Winkler, die nicht verboten ist, die Leiterin der Bersammlung gab bekannt, daß diese Broschüre auf einem Büchertisch zum Verkauf ausliege. Dies ist der Tatbestand, um deffentwillen am 9. Juni 1925 das Amtsgericht in Dülken , am 29. Juni 1925 das Landgericht in München- Gladbach und am 7. Oftober 1925 der Straffenat des Oberlandgerichts in Düsseldorf fich in Bewegung setzten. Troß zweimaligen Revisionseinspruchs ber Angeklagten wurde schließlich vom Oberlandesgericht das Urteil des Amtsgerichts Dülten bestätigt: Der Referent erhält 200 m., die Versammlungsleiterin 100 m. Geldstrafe wegen Anleitung und Hin deutung auf unzüchtige" Schriften. Und nun bestreite noch einer, daß wir in einem Rechtsstaate leben!
Paul- Zech - Abend. Die lebendige Boltsbühnenjugend| oder Verhütung der Schwangerschaft" hielt. Der Referent empfahl lud für den Freitagabend in den Rittersaal der Kroll- Oper ein, um den Dichter und starten Uebersetzer Don Verlaine und Rimbaud , Paul 3 ech, einem weiteren Kreise näherzubringen. Karl Bogt lich dem Dichter die Zunge und las zuerst Gedichte Bechs aus dem schwarzen Revier und anderen Werken. Den stärksten Eindruck erzielte er mit dem erschütternden Gedicht von dem Grubenpferde und einem Prosastück„ Das Grab der Welt", das die ververzweifelten Rämpfe um Douamont mit atembeflemmender Anschaulichkeit beschreibt. Die Gedichte Verlaines, besonders die fündig zerfnirschten, in religiöser Inbrunst zitternden, sind uns fern geworden, auch reicht hier das sprecherische Rönnen Karl Bogts nicht aus. Biel mehr lag ihm Rimbaud , dessen phantastisch reiche Welt und drängendes Erleben immer wieder in ihren Bann ziehen. Ergreifend trug er die Betteltinder" vor, auch im Schmied" und dem " Siebenjährigen Dichter" bewies er fein Können und steigerte am Ende in dem wundervollen„ Trunkenen Schiff" sich selbst zu einer B. Sch. ftarten Leistung.
Die Sanierung des Salzburger Festspielhauses, dessen Arise eine Sorge des österreichischen Kunstlebens war, ist auf eine nicht alltägliche Weise erfolgt. Der ursprüngliche Plan, ein Weihefefispiel haus für Mozart zu errichten, wurde bekanntlich infolge der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Umbau einer großen Reitschule im Komplexe des ehemaligen fürsterzbischöflichen Marſtalles eingeschränkt. Die bereitstehenden Baukosten wurden aber trozdem um das Dreifache überschritten, so daß schließlich ein Schuldenstand von 2 Millionen Schilling bestand. Hauptgläubigerin ist die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank München . Die Sanierung erfolgte nunmehr auf der eigenartigen Grundlage, daß Stadt und Land Salzburg mit der Bank jolidarisch für eine Anleihe von 3 Millionen Dollar( 21 Millionen Schilling) haften, welche die Salzburger Filiale der Bank für ihre Zwecke aufnimmt, um aus dem Gewinn hrer Geschäfte einen Ersatz dafür zu haben, daß fie auf ihre Forderung gegen das Salzburger Festspielhaus vollständig verzichtet. Außerdem streckt sie auch die übrigen zur Sanierung nötigen Mittel vor. Damit scheint der Bestand der salzburgischen Festspiele gesichert, deren Programm für diesen Sommer bereits fertig vorliegt. Es verheißt drei Inszenierungen von Reinhardt, nämlich Hoffmannsthals 3cdermann", Goethes Faust"( beide Teile an einem Abend) und Goldonis Diener zweier Herren"; ferner drei Opern, die Entführung", die Fledermaus "," Ariadne " und außer dem Orchester und Solistenkonzerte im Festspielhaus, Mozarthaus
und Dom.
Seid fruchtbar und mehret euch! Daß die deutsche Justiz in den legten Monaten unzählige Bücher verboten und beschlagnahmt, die Autoren und Verleger durch Verhaftungen und Strafen drangfaliert hat, ist heute allgemein bekannt. Eine Zusammenfassung aller dieser fulturellen Bergemaltigungen bringt die Dentschrift von Gerhart Bohl, die die Vereinigung linksgerichteter Verleger" in Rürze herausgeben wird. Dort findet man auch folgenden Fall, der des halb besonders interessant ist, weil er zeigt, daß nicht mir das Schreiben und die Herausgabe auffässiger" Bücher verboten ist, sondern auch Hinweis und Empfehlung. In Süchteln , einem Städtchen des Rheinlandes, fand eine Frauenversammlung statt, in der ein Herr Gerlach aus Düsseldorf ein Referat über Kinderfegen
Ganz wie bei uns. Der amerikanische Schriftsteller H. L. Men den, der Herausgeber des„ Ameritan Mercurn", ist zweifellos einer der geistvollsten und originellsten Köpfe, die das amerikanische Schrifttum befigt. Mit seiner scharfen Kritit der Verhältnisse in den Bereinigten Staaten hat er aber viel böses Blut gemacht, und man nennt ihn zusammen mit seinem bedeutenden Mitarbeiter George Jean Nathan die bösen Buben der amerikanischen Literatur". Es ist daher nicht weiter verwunderlich, daß ihre Zeitschrift des öfteren verboten wird. Dieses Schicksal wiederfuhr auch der Aprilnummer, deren Verbreitung durch die Post und die Zeitungstioste wegen ,, Obscönität" verboten wurde. Menden aber wollte sich das nicht gefallen lassen; er fündigte also öffentlich in den Zeitungen an, daß er felbst seine Zeitschrift feilbieten würde, und lud das Publikum ein, die beanstandete Nummer zu erwerben und dann selbst zu urteilen. Dieser Tage mun erschien er auf einem freien Blag in Boston ( Massachusetts ) in einer Autodroichte, begleitet von einem Rechtsanwalt, und begann die verbotene Nummer der großen versammelten Menge anzubieten. Er machte glänzende Geschäfte, denn das Publikum prügelte sich geradezu darum, eine Nummer der Zeitschrift zu erstehen. Dieser Aufruhr dauerte aber nur fünf Minuten, dann wurde Menden verhaftet. Er wird jetzt megen des Besiges und Verkaufes objcöner Literatur angeklagt werden und hat damit wenigstens erreicht, daß die Angelegenheit vor aller Deffentlichkeit aufgerollt wird.
Erstaufführungen der Woche. Dienstag: Sloßbart Theater: Brinzessin bom Nil. Donnerstag: Residens Theater:" Pla tonische Liebe ". Freitag: Renaissance- heater: Montmartre Abend".
Urania - Borträge. Montag( 5, 7), Dienstag( 5, 7), Mittwoch( 5), Donn.( 5, 7), Freit.( 5, 7), Sonnab.( 5, 7), Sonnt.( 5, 7):„ ochseefischerei. Die Säge des Meeres." Mont.( 9), Dienst( 9), Mittw.( 9), Donn.( 9), Freit.( 9), Sonnab.( 9), Sonnt.( 9):„ Das Alpenland im Eismeer." Mittw.( 7): Die Geheimnisse der Tierfcele
Neue Direttion im Leffing- Theater? Die Verhandlungen zwischen den Brüdern Rotter, den Besizern des Lessing- Theaters, und Bittor Barnowsky sweds Uebernahme des Theaters find, wie berichtet wird, in letter Stunde gefcheitert. Das Haus soll nunmehr an Direttor Saltenberg verpachtet werden.
Richard Strauß dirigiert in London . Richard Strauß i gestern in London eingetroffen. Er wird am Montag, den 12. April im Tivolitheater bei ber ersten Aufführung des Films, Der Rosenkavalier " dirigieren.