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Gewerkschaftsbewegung

Der Personalabbau bei der Reichsbahn. Er wird zur öffentlichen Gefahr.

Von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer , die fast das gesamte Lokomotivpersonal der Reichsbahn umfaßt, wird uns geschrieben:

Wieder lenkt ein Eisenbahnunfall die Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit auf die Verhältnisse, die fich bei unserer Deutschen Reichsbahn entwidelt haben. Auf der Strecke Reutte - Garmijd) ift ein mit elettrischer Lokomotive gefahrener Zug am 7. April teil weise enfgleift. Nur fünf verlegte Personen werden gemeldet. Ein gütiges Walten des Geschides, nicht etwa verantwortungsvolles Vorbeugen der Reichsbahngesellschaft, spielt hier mit. Im Gegen teil scheint man in der Leitung der Deutschen Reichsbahn nur noch eins zu fennen, und zwar Ueberschußwirtschaft um jeden Preis.

Denn die wahre Ursache des Unfalles ist die Ein= Mann Besetzung auf Lokomotiven der elektrisch gefahrenen Züge. Hier soll durch Personalersparnis im wichtigsten Betriebs­dienst weiterer Ueberschuß herausgewirtschaftet werden. Seit Ein­führung dieser, die Sicherheit der Reisenden gefährdenden Be­stimmungen, haben wir gewarnt und immer wieder die Ver­waltung der Reichsbahn an fleinen: Beispielen darauf hingewiesen, daß der Zugbegleitbeamte gar nicht in der Lage ist, den zweiten Mann auf der Lotomotive zu ersetzen. Er hat mit der Erledigung seiner Arbeiten, wie der Unfall Garmisch beweist, vollauf zu tun und fant dem Lokomotivführer nur in den seltensten Fällen eine Hilfe sein. Dieses haben wir an so vielen Beispielen bewiesen, daß daran kein Zweifel mehr bestehen kann. Diese Tatsache ist auch nicht mit der Behauptung aus der Welt geschafft, daß bisher feine größeren Unfälle passiert sind, im Gegen­teil, man vernehme einmal alle Lokomotivführer elektrischer Fahr­zeuge der Reichsbahn vor einem neutralen Ausschuß, und Berge von Material würden sich ergeben über die Abwendung von Gefahren im letzten Augenblick unter Aufbietung aller geistigen und förperlichen Kräfte.

Unter allen möglichen Strafandrohungen, besonders Abbaumaßnahmen, zwingt man das Personal, die unmög lichsten Dienste möglich zu machen. Wir haben auch keine Hoffnung, daß dieser Beweis von Garmisch etwa eine Verbesserung in Form der Wiederbesetzung der Lokomotive mit dem zweiten technischen Beamten bringen wird. Man wird auch keine Aenderung da ein­treten lassen, wo 3. B. Züge in Steigungen von elektrischen Lokomo tiven geschoben werden und auch nur mit einem Lokomotiv. beamten besezt sind. Bei der Fahrt den Berg hinauf ist diese Schiebelokomotive mit dem Zug verbunden. Mit der Erreichung des Scheitelpunktes wird sie abgehängt und fährt nun allein mit einem Beamten besetzt zu Tale. Angenommen, dieser Lokomotiv. führer stürzt ab, oder wird ohnmächtig, dann saust die Maschine unaufhaltsam schneller werdend den Berg hinab. Kühl rechnend behauptet die Verwaltung, es passieren so wenig Unfälle, daß eine Aenderung der bestehenden Bestimmungen nicht notwendig ist.

Die Reichsbahn fennt nur noch eine Regelung, das ist Ver= schärfung der Vorschriften und erneute Strafan drohung; damit ist der Fall nach der Untersuchung der Ange­legenheit erledigt. Der Sündenbad ist das Personal auf alle Fälle, denn ein Bassus aus den Vorschrifts büchern ist bestimmt nicht eingehalten worden. Dabei meiß jeder Eingeweihte, auch die oberen Stellen selbst, daß, wenn jeder Eisenbahner im Betrieb und Berkehr genau nach den Hunderten von Borschriften arbeiten würde, die ganze Eisenbahn zum Stillstand kommen müßte. Hier muß die doch am stärksten interessierte Deffentlichkeit unbedingt eine durchgreifende Aenderung und Berbesserung verlangen. Sparfamkeit darf nur soweit maßgebend sein, wie eine Minderung der Betriebssicherheit nicht dadurch bedingt wird..

Lohnbewegung der Bautechniker.

Der Bund der technischen Angestellten und Beamten hatte zum Freitag nach dem Nordischen Hof eine öffentliche Bautechnikerver fammlung einberufen, die sehr gut besucht war. Nach einem durch zahlreiche Lichtbilder ergänzten Bortrag des Stadtbaurats Bruno Taut über Die Bautechniker und die neue Baufunft" sprach Ge neffe Snell vom Butab über die Frage: Wie gelangen wir zu einem annehmbaren Bezirkstarif?"

Er ging zunächst auf die langwierigen Berhandlungen ein, die nötig waren, um für die Bautechniker den Reichstarif zustande zu bringen, der am 15. Februar in Kraft getreten ist. Die Ge­hälter der Berliner Bautechniker sollten durch bezirkliche Verhand fungen festgelegt werden. In diesen Verhandlungen am 1. März wurden vom Butab folgende Mindestgehälter gefordert: murden vom Butab folgende Mindest gehälter gefordert: Gruppe 1 150 M., Gruppe 2 200 M., Gruppe 3 300 M., Gruppe 4 400 m. Die Unternehmer stellten diesen Forderungen, denen fich auch der Berband Deutscher Technifer anschloß, folgendes Angebot gegenüber: Gruppe 1 110, Gruppe 2 160 m., Gruppe 3 220 Mart und Gruppe 4 315 GL Da die Bertreter der Technifer dieses Angebot der Unternehmer als völlig undistutabel zurüd­miejen, die Unternehmer zu weiteren Bugeftändnissen nicht zu be wegen waren, scheiterten die Verhandlungen.

Die Unternehmer werden nun wahrscheinlich das Haupt­tarifamt zur Entscheidung anrufen. Genosse Snell forderte die Anwesenden auf, in ihren Reihen die regste Bropaganda zu entfal ten, um auch den letzten nichtorganisierten Bautechniker der Organi fation zuzuführen. Wenn auch das Organisationsverhältnis der Bautechniker an sich gut ist, so müssen sie sich doch an den Unter­nehmern ein Beispiel nehmen und fich wie diese lückenlos organi nehmern ein Beispiel nehmen und fich wie diese lückenlos organi. fieren. Ein Maurer verdient heute bei einem Stundenlohn von 1,25 M. und 200 Arbeitsstunden im Monat 250 M., ein Bauhilfs arbeiter bei einem Stundenlohn von 96 Pf. 192 M. Diese Löhne find den Bauarbeitern aber nicht durch Verhandlungen in den Schoß gefallen, sondern mußten schwer erfämpft werden. An

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ben Handarbeitern müssen fich die Bautechnifer ein Betfpte[] nehmen. Durch Verhandlungen allein werden sie bei dem Starrsinn der Bauunternehmer niemals ausfömmliche Gehälter erreichen; fie müssen schließlich auch einmal zu dem letzten gewerf­schaftlichen Mittel, dem Streit, greifen. Boraussetzung für dessen Gelingen ist nun aber eine geschlossene Organisation.

Nach dem beifällig aufgenommenen Referat fand eine Ent schließung einstimmig Annahme, die das Angebot der Unter­nehmer entschieden ablehnt und den Butab auffordert, kein Mittel unversucht zu laffen, um zu einer annehmbaren Regelung Eine weitere Ent­der Gehälter der Bautechniker zu fommen. schießung, die sich gegen die falsche Verwendung der Haus: ins ft euer mendet und ihre beffere Berteilung fordert, die eine zinssteuer Belebung des Baumarftes und Verminderung der Arbeitslosigkeit nach fich ziehen würde, fand ebenfalls einstimmige Annahme.

Das Handwerk der Fensterpuher.

Ein Zünftlerstreich.

Die Arbeit des Stiefelpuzzers oder die des Fensterpuzzers ist gewiß ebenso achtenswert wie irgendeine andere Arbeit. Allein die Fenster- und Glasreinigungsmeifter" in Leipzig begnüngten sich mit dieser Anerkennung feineswegs. Sie strebten nach höherem", nach Anerkennung ihrer Tätigkeit als besonderes Handwerk. Böse Zungen behaupten, es drehe sich dabei hauptsächlich um das Recht, Lehrlinge zu halten. Die Leipziger Gewerbekammer jah feinen Anlaß geboten, die Beiträge der Fensterreinigungsmeister zu verachten und hob das neue Handwerk aus der Taufe. Auch seine 3 wangsinnung hat das neugebadene Fensterreinigungs­gewerbe befommen.

Die neuen Inmungsmeister wollen natürlich von ihren aner­fannten Rechten Gebrauch machen und fordern vom Arbeitsamt die Suweisung von Lehrlingen. Von der Meisterprüfung sind die Glasreinigungs- 3wangsinnungsmeister hoffentlich befreit, so daß fie unbeschadet der Vorschrift des§ 133 der Gewerbeordnung die Be­fugnis zur Anleitung von Lehrlingen von der Gewerbekammer ver­liehen bekommen haben. Es fehlen mur noch die Eltern oder Bormünder, die derart mit Dummheit gestraft sind, daß sie diesem ,, Handwerk" Borichub leisten, indem sie ihm Lehrlinge zuführen. Die bisherige tarifliche Bestimmung, daß Anfänger im Glas­reinigen während der ersten drei Monate nur die Hälfte des vollen Lohnes erhalten, hat den Unternehmern offenbar nicht genügt. Aber aus den bisher ungelernten Arbeitern der Fenster­reinigungsinstitute sind jetzt Handwerksgesellen geworden, die sich selbständig nicht länger mehr mit den Löhnen für Ungelernte begnügen fönnen, sondern Gesellenlöhne fordern werden. Das haben die Meister wohl nicht bedacht.

Einigung in der Solinger Scherenindustrie. Köln , 10. April. ( Mtb.) Seit Monaten herrscht in der Solinger Scherenindustrie ein Streif, der zur Aussperrung von 3000 Scheren­arbeitern geführt hat. Jetzt ist es endlich gelungen, nach langen Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, endgültig zu einer Einigung zu gelangen. Das Abkommen fichert die Wiederaufnahme der Arbeit, bringt die Erklärung der Arbeitgeber, nicht die Heimarbeit in ihrer Gesamtheit zu beseitigen und anderer feits die Garantie der Gewerkschaften, notwendig erscheinende Teil. arbeit und Einführung von Fabritarbeit nicht hindern zu wollen.

Eröffnung des Balfangewerkschaftskongreffes. Sofia , 10. April. ( Bom Brivatberichterstatter des BIB.) Heute vormittag wurde die von der Amsterdamer Internationale veran ftaltete Balfangewerkschaftskonferenz hier eröffnet. Anwesend waren außer dem Bizepräsidenten Mertens und dem Sekretär Saffenbach Dom Internationalen Gewerkschaftsbund vier Bertreter internationa ler Berufssekretariate, darunter der Transportarbeiterfetrefär ler Berufssekretariate, darunter Fimmen, der gleichzeitig für den Kongreß bulgarischer Eisenbahner gekommen ist, sowie je 10 Vertreter bulgarischer und füdslawischer Gewerkschaften. Die griechischen Vertreter find noch nicht einge: troffen. Rumänien hat drei, Ungaren zwei und die Tschechoslowakei einen Vertreter ihrer Gewerkschaften entsandt. Auf der Tagesordnung Der zweitägigen Konferenz stehen folgende drei Punkte: 1. Die Wirtschaftslage der Arbeiter des Balkans und die Lage ihrer Ge­werkschaften. 2. Koalitionsrecht und Praxis der Behörden auf dem Balkan . 3. Sozialpolitische Forderungen. 3wed der Konferenz ist die Aufstellung allgemeiner gemerffchaftlicher Grund­säge für die Baltanländer, Förderung und evtl. Neubildung gemertschaftlicher Bereinigungen, Annäherung der Balfangemertschaften unter einander sowie Erbringung des Beweises vor den Balkanregie­rungen, daß die Gewerkschaften existenzberechtig und für den Weltfrieden notwendig seien.

Sofia , 10. April. ( Bulgarische Telegraphen Agentur.) Die Er öffnungsrede auf dem Kongreß der Gewerbschaften des Balkans hielt der Sekretär des Bulgarischen Gewerkschaftsbundes Danow. Den Vorsiz führt Mertens. Nach Ansprachen der Delegierten der verschiedenen Nationen seßte der Kongreß drei Ausschüsse ein, die während des ganzen Nachmittags arbeiteten. Morgen werden die Ausschüsse dem Kongreß Bericht erstatten, worauf die Abstimmungen Ausschüsse dem Kongreß Bericht erstatten, worauf die Abstimmungen über die von ihnen vorgelegten Entschließungen stattfinden werden. In der heutigen Eröffnungssigung wurde mit besonderem Beifall die Rede des jugoslawischen Delegierten Papicemitsch aufge­nommen, der nachdrücklich auf die Notwendigkeit für die Arbeiter flaffen Jugoslamiens und Bulgariens hinwies, mit allen Mitteln eine bulgarisch - jugoslawische Verbrüderung herbeizuführen.

In der Juflationszange.

Baris, 10. April. ( Eigener Drahtbericht.) In Frankreich find gegenwärtig Berhandlungen über die Erhöhung der Löhne und Ge­hälter der franzöfifchen Eisenbahner im Gange. Die Eisen bahngesellschaften haben eine vorläufige Erhöhung fämtlicher Ge hälter und Löhne von 12 Broz. vergeschlagen. Dieser Borschlag wird von den Eisenbahnern als unzureichend' betrachtet. Sie fördern eine Erhöhung der niedrigen Lohnstufen um 35 und der besonderen Teuerungszuschlag. Die Verhandlungen gehen weiter. mittleren und höheren Stufen um 30 bzw. 20 Pro3. fomie einen

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Wendung in England?

Unser Londoner Korrespondent schreibt uns:

Das britische Volt hat geraume Zeit gebraucht, um die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, insbesondere die sinkenden Ausfuhrziffern, als Folge des verminderten Weltbedarfs an Waren 3u begreifen, nachdem es sie jahrelang als Auswirkungen eines vorübergehenden Rückschlages des Konjunkturpendels, der durch Währungszerrüttung auf dem Festland erzeugten ungewöhnlichen Markt und Wettbewerbsverhältnisse und der Konkurrenzunfähigkeit der englischen Industrie bewertet hatte. Für den engen 3u fammenhang der Wirtschaftstrije in England mit der verminderten Nachfrage nach Waren auf dem Weltmarti spricht besonders die Tatsache, daß Großbritannien trotz seiner hohen Gestehungskosten und seiner hohen Preise seinen prozentualen Anteil am Welthandel auch in den Nachkriegsjahren aufrechterhalten konnte. Das beweist, wie sehr auf dem Weltmarkt die britische Ware ihrer Qualität wegen felbft angesichts der durch Inflation und andere Ursachen verbilligten festländischen Warenproduktion geschätzt wird, ändert aber nichts daran, daß die englischen Ausfuhrziffern absolut gesunken sind. Die unbefriedigenden Produktions­statistiken, die Betriebsstillegungen und die, in einem bisher nicht gefannten Ausmaß wachsende industrielle Reservearmee Englands sprechen auch eine allzu deutliche Sprache.

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Gegenüber dieser Entwicklung war der Gedanke nur natürlich, den Kampf um eine Vergrößerung des britischen Anteils am Belt­handel aufzunehmen, ebenso wie der Schlachtruf nach Verbilligung der Produktion durch herabjegung der Löhne bei der Geistesverfassung des englischen Unternehmertums fast selbstverständ lich erscheint. Die Tragödie einer Senkung der Gesichungskosten durch Lohnreduktion füllt die Jahre 1921 bis 1924 aus. sinkenden Löhne drückten den einst auf seinen Lebens. standard so stolzen britischen Arbeiter, soweit die Kauftraft feines Lohnes in Frage kommt, unter den Stand des fest ländischen Arbeiters herab. Aber von einer le ber mindung der Krise mit diesen Mitteln bemerkte man nichts und so hat das Ende des Jahres 1925 den völligen Zusammenbruch des großen Versuches gebracht, die Krise durch Lohnreduktion zu beenden. Die Exportquote war trotz dieses verzweifelten Verfuchs nicht vergrößert worden. Vielmehr hatte die Aushöhlung des Binnenmarktes durch Lohnkürzung zu einer verhängnispollen Berschärfung der Krise geführt. Der Refler der mißglückten Liquidation der Krise war ein in England noch nie gekannter Wirt­schaftspeffimismus. In Zeitungsartiteln wurde die Frage auf­geworfen, ob es mit England zu Ende gehe" und besonders in der ,, Neuen Welt" entstand der Eindrud, daß Großbritannien für die Bukunft der Weltwirtschaft nur einen Faftor von abnehmender Bedeutung darstelle. Der schiefe Turm, mit dem Heinrich Heine fchon vor beinahe 100 Jahren England verglichen hatte, schien wieder einmal bedenklich zu wanten und das um so mehr, da Groß­ britannien in diesem Zeitpunkt auch in seiner Kolonial- und Dominal­politif auf ein Jahr nie gefannter Instinktlosigkeit zurückblicken

fonnte.

Nachdem sich die Unmöglichkeit der Wirtschaftssanierung auf Rosten der Arbeiterschaft durch Lohnfürzung und schutzöllnerische Politit erwiesen hatte, vielleicht auch im Zusammenhang mit der großen, von den ungeahnten technischen Fortschritten ständig neuen Impuls erhaltenden Rationalisierungsmelle trat im Anfang des Jahres 1926 gegenüber dem Krisenproblem auch in England ein neuer Gedanfe in Erscheinung: man ist, ähnlich wie in anderen Bändern, mehr geneigt, das aussichtslose Rennen um eine Bergröße rung der Ausfuhrquote aufzugeben und von der Schuzzollpolitit teine wesentlichen Korrekturen der augenblicklichen Wirtschaftslage zu erwarten; dagegen ist man zu dem Versuch bereit, die Krife von innen herauszuüberwinden. Der von den deutschen fozialistischen Wirtschaftstheoretikern seit drei Jahren propagierte Gedanke, daß der Warenabsatz weniger von der Kopfzahl und ber Größe eines Wirtschaftsgebietes als von der Gestaltung der Kauf­fraft abhängt, hat in die englische Wirtschaftsschicht Eingang ge­funden. Die Agrarfampagne, die Lloyd George mit seiner feinen Witterung für Wirtschaftsnotwendigkeiten in Szene seßte, war ein ernstes Borfpiel für den neuen Schritt in England zur Ueber mindung der Krise und die fonstruktiven Gedanken des britischen Elektrizitätsplanes( Elektrizitätsbill) und die bekannten Borschläge des Kohlenberichtes feine Begleitmufit.

Bei alledem handelt es sich um die Entscheidung, ob die englische Wirtschaft weiter in traditionellen Bahnen wandeln oder ob sie sich an dem amerikanischen Beispiel( Erhöhung der Löhne zmeds Stärkung der Kaufkraft) neu orientieren und durch eine Bolitif der hohen Löhne und der damit zwangsweise verbundenen technischen Umstellung des ganzen Produktionsapparates und des Produktionsprozesses einen besseren Versuch zur Liqui­dierung der Wirtschaftskrise machen will. Auf jeden Fall hat das amerikanische Beispiel, diese revolutionäre Wendung des Kapitalis­mus, alle denkenden Wirtschafter in England aufs tiefste aufgerüttelt und die Presse hat sich, indem sie Berichte aus Amerita mit Schil­derung des erhöhten Lebensstandards brachte, für den Versuch dieser neuen Krisenliquidation start ins 3eug gelegt. Wenn nicht alles täuscht, ist in dem zu beobachtenden Ringen um eine Anpassung der amerikanischen Methoden an die englischen Berhältnisse, ähnlich mie man das Problem technisch in Deutschland angefaßt hat, mit einer neuen, und zwar ganz ent­scheidenden Situation in der britischen Wirtschaft zu rechnen. Frag lich ist es aber, ob die britische Industrie die Entschlußfähig. teit findet, dem amerikanischen Beispiel restlos zu folgen. Bisher hat sich immer gezeigt und das wurde auch vor einigen Tagen im New Statesman " betont-, daß wissenschaftliche Betriebsführung in England nichts anderes bedeutet, als Mittel und Wege zu finden, aus dem Arbeiter mehr als bisher herauszuwirtschaften, ohne Laffen. ihm entsprechende Lohnerhöhungen zukommen zu

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Berantwortlich für Bolitik: Richard Bernstein; Wirtschaft: Artur Saternus; Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton : Dr. John Schilowski; Lokales und Sonstiges: Arik Raritädt: Anzeigen: Tb. Glode: fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlaa 6. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts- Buchdruderel und Berlaasanftalt Baul Singer u. Co., Berlin SB 68. Lindenstraße 3.

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