Abendausgabe
Nr. 174 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 86
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14. April 1926
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12523939 Eintragungen.
Das endgültige Ergebnis des Volksbegehrens.
deutschnationale Einsprüche.
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Belanglofe
Heute Bormittag frat der Reichswahlausschuß im Büchereifaal| 7. Dezember 1924 abgegebenen Stimmen und 31,8 des ftatiflischen Reichsamts zusammen, um die Ergebniffe für die Prozent der Zahl der Wahlberechtigten bei der Eintragungen für das Boltsbegehren festzustellen. Der Borfihende, Reichspräsidentenwahl aus. Geheimer Regierungsrat Meifinger, teilte mit, daß seinerzeit die amtlichen vorläufigen Feftffellungen 12 512 000 Stimmen ergeben hätten.
Bei der endgültigen Feststellung feien
12 523 939 Stimmen
errechnet worden. Es feien mehrere Einsprüche der Deutschnationalen Volkspartei gegen das Boltsbegehren abgegeben worden. Nach
furzer Debatte wurde beschloffen, Einsprüche dem Reichsminifter des
Innern zu überweisen.
Jm einzelnen beträgt die Zahl der gültigen Eintragungen in Preußen 7 553 631, i Bayern 751 734, in Sadhjen 1 541 066. in Württemberg 467 835, in Baden 500 238, in Thüringen 422 630, in effen 325 609, in Hamburg 395 836, in med lenburg- Schwerin 104 987, in Braunschweig 112 015, in Oldenburg 58 912, in Anhalt 89 024, in Bremen 92 544, in
Lippe 36 250, in£ übed 41 615, in medlenburg- Strelit 14 558, in Walded 4905, in Schaumburg- Lippe 10500, insgesamt 12 523 939 gültige Eintragungen.
Die Gesamtzahl der für die Sozialdemokraten, Unabhängigen Sozialisten und Kommunisten bei der Reichstagwahl am 7. Dezember 1924 abgegebenen Stimmen betrug 10 688 969. Die Zahl der ortsanfäffigen Stimmberechtigten für die Reichspräsidentenwahl ( 3weiter Wahlgang) am 26. April 1925 betrug 39 421 617.
Die Zahl der gültigen Eintragungen machte im ganzen Reiche 1172 Proz. der Gesamtzahl der für die Cinte am
Deutschland in der Studienkommiſſion.
Bertreter Ministerialdirektor Gaud. Reichsaußenminifter Stresemann fehrt Ende dieser Woche von seinem Dfterurlaub aus Locarno nach Berlin zurück. Inzwischen dürften vom Auswärtigen Amt auf die Einladung zur Teilnahme on der Studientommission ein bejahendes Antwort schreiben nach Genf abgehen. Die Rückfragen bei den Regierun. gen der alliierten Länder haben ergeben, daß der grundsägliche Beschluß des Reichskabinetts, sich an der Studienkommission zu beteiligen, berechtigt war und aufrechterhalten werden kann. Als Bertreter der Reichsregierung ist ministerialbirettor Gaus in Aussicht genommen, der bereits in Locarno und Genf als juristischer Beirat der deutschen Delegation angehörte. Indessen dürfte Deutschland auch einen politischen Ber. treter in die Stommiffion entfenden, falls sich die Nachricht bestätigt, daß Englands Vertreter Lord Robert Cecil und Frankreichs Bertreter Abg. Paul Boncour sein werden, die zwar auch Juristen, aber in erster Linie Politiker sind infolgedeffen die zur Diskussion stehenden Reorganisationsfragen des Bölkerbundsrats vorwiegend vom politischen Standpunkt aus behandeln werden, mas vielleicht fein Borteil sein wird, aber eine Tatsache, auf die man fich auch in Deutschland wird einstellen müssen.
Luftprojekte.
Hugenbergs Fürstenschiebung.
Der Hugenbergsche Tag" veröffentlicht einen fauberen Borschlag, wie der Reichstag trotz Boltsentscheid den Fürsten Bermögenswerte zuschieben soll.
so
Eine neue Aktennotiz.
Was die Arbeitgebervereinigung berichtet. Nach Abschluß der Londoner Konferenz über die Möglichkeit einer gemeinsamen Ratifitation des Washingtoner Abkommens über den Achtstundentag durch Belgien , Deutsch land , Frankreich und Großbritannien - Italien hat bekanntlich unter dem Vorbehalt der Ratifizieung der anderen Hauptindustriestaaten Europas bereits ratifiziert hat der Reichs arbeitsminister Vertreter der Gewerkschaften und der Unternehmer empfangen, um sie über den Verlauf der Konferenz zu unterrichten. Die Ergebnisse von London sind im amtlichen Teil des Reichsarbeitsblattes veröffentlicht, wo auch der Oberregierungsrat Kuttig vom Reichsarbeitsministerium , ein Teilnehmer dieser Konferenz, ihre Bedeutung erläutert.
Nun aber erläßt auch die Vereinigung der deutschen ArbeitZunächst soll das Fürstentompromiß, nach deutschnatio- geberverbände ein geheimes Rundschreiben, das sich, nalen Wünschen verändert, schleunigst angenommen und oben Konferenzergebnissen beschäftigt. In diesem Rundschreiben geſtüßt auf eine Aussprache im Reichsarbeitsministerium, mit fort durchgeführt werden. Das heißt, möglichst noch vor dem Boltsentscheid sollen den Fürsten Bermögensmerte zugesprochen und überliefert werden.
Bird der Boltsentscheid angenommen, so soll der Reichs. tag mit einfacher Mehrheit das Boltsentscheids gefeß fofort wieder aufheben.
Dies Schiebungsprojekt ist so lustig, daß man es nicht ernst nehmen tann. Bollte der Reichstag das Boltsentscheidsgesetz gegen den Willen des Boltes wieder aufheben, so hätte es die Sozialdemokratie in der Hand, in fürzester Frist die Auflösung des Reichstags und Neumahlen zu er 3mingen unter der Parole: Der Reichstag gegen bas Bolt. Der Ausgang wäre nicht zweifelhaft und für eine Reichstagsmehrheit nach dem Wunsche Hugenbergs zerSchmetternd.
Nein, diese Abart des Spiels mit der Dittatur gegen das Volt ist nicht ernst zu nehmen.
rung zuftande gekommen. Auch die tschechischen Nationalsozialisten treten fehr scharf gegen die Regierung auf, und ihr Führer Stri. brny möchte mit einer parlamentarischen Minderheitsregierung gern einen faschistischen Versuch unternehmen. Die tschechischen Sezialdemokraten lehnen aber jede Diskussion über eine Minderheitsregierung ab. Da auch die deutschen Klerifalen der Beamtenregierung ziemlich unfreundlich gegenüberstehen, dürfte die Einberufung des Parlaments bis in den Mai hinausgeschoben werden. Nur der Senat soll Ende dieses Monats eine furze Tagung abhalten, um einige befristete Vorlagen zu erledigen. Wie da ein Ausweg gefunden werden soll, ist nicht abzusehen. Auch der von Stribrny vorgeschlagene Ausweg einer Bahlreform auf Rosten der nationalen Minderheiten, durch die in deutschen Bezirfen eine dreimal so große Wahlzahl eingeführt werden soll wie in den tschechischen, wird von den tschechischen Sozial demotraten auf das schärffte betämpft.
Bie aus Beting berichtet wird, ist einer der Generäle Bupeifus, Tienweichin, mit seinen Truppen in das Militärlager von Nanyuan bei Befing eingerüdt, größere Detachements find ferner in der Borstadt Bromatfchang eingetroffen. Mit der National armee und ihren Führern soll eine völlige Berständigung erzielt sein. Die Rämpfe an den anderen Fronten dauern fert. Aupaffung beider Verpflichtungen Deutschlands . Die nationalen" Streitkräfte haben die Truppen des Generals London , 14. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Times" melden, daß zwischen dem Deutschen Reich und Moskau Berhand- itschinglin, eines Anhängers Tfchangtfolins, über lungen stattfinden über den Abschluß eines Bertrages, durch den die Fengtai hinaus zurüdgetrieben. Bei Tungtschau wurden Berträge von Rapallo und Locarno in Einklang gebracht werden einige Mulbenstreitkräfte ebenfalls zurückgeworfen. sollen.
Der Fememorb- Untersuchungsausschuß des Breu Bifchen Landtags trot am Mittwoch vormittag wieder zusammen. Die Plädoyers zum Fall Meyer- Behrens Schulz wurden fortgesetzt.
heißt es:
Irgendwelche Beschlüsse über die Ratifizierung des Washingtoner Uebereinkommens felbft find in London nicht gefaßt worden, da man lediglich über die Auslegung des Abkommens verhandelte. In der Ratifikationsfrage selbst find also die einzelnen an der Londoner Konferenz beteiligten Staaten nach wie vor völlig frei. Die Ergebnisse der Konferenz haben auf diesen Kreis der grundsäglichen Entschließungen keinen Einfluß.
Demgegenüber heißt es in der amtlichen Veröffentlichung des Reichsarbeitsblattes, daß Großbritannien die Einladung ergehen ließ, weil es densehnlichen Wunsch hatte, eines der in Teil XIII des Friedensvertrages aufge. stellter Hauptziele zu erreichen und in Verbinbung damit die Schwierigkeiten, welche bisher die Ratifitation des Washingtoner Arbeitszeitübereinkommens verhindert hatten, einer Prüfung zu unterziehen. Es heißt weiter, daß die beteiligten Mächte von den gleichen Beweggründen beseelt waren. Also doch wohl auch Deutschland ! Im Gegensatz u ter Behauptung im Rundschreiben der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, daß die Ergebnisse der Konferenz auf die Ratifikationsfrage teinen Einfluß hätten, erklärt Oberregierungsrat Ruttig in seinem Artikel im Reichsarbeitsblatt zum Schluß:
„ Sollten die Ergebnisse der Konferenz von London zur Ratifizierung des Washingtoner Uebereinkommens führen, so wäre da mit ein wichtiger Fortschritt auf dem Gebiete der internationalen Sozialpolitik getan."
Wir nehmen also an, daß die Unternehmerweisheit eigenes Fabritat ist. Nach den letzten Erklärungen des Reichsarbeitsministeriums sollen die Ergebnisse der Londoner Arbeitszeittonferenz in dem geplanten Gesetzentwurf über ein einheitliches Arbeitsschutzgesetz hineingearbeitet und der Entwurf alsdann peröffentlicht werden. Das kann doch nur den Sinn haben, daß die Regierung bereit ist, zu ratifizieren.
Die Londoner Konferenz hat bei Artikel V zu dem Ergebnis geführt, daß diese Bestimmungen auf das Bauge. werbe angewendet werden können. Wir halten das für eine unzulässige Auslegung. Der Artikel V befagt, daß durch Vereinbarungen zwischen Arbeiter und Arbeitgeberverbänden die tägliche Arbeitszeit auf der Grundlage eines für einen längeren Zeitraum aufgestellten Arbeitsplanes geregelt merden fann, wenn sich die Bestimmungen über die Arbeitszeit von acht Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich ausnahmsweise als undurchführbar erweisen. Nur in diesem Falle ist eine solche Abweichung möglich, wobei die durchschnittliche Arbeitszeit, berechnet nach der Zahl der im Plan festgesetzten Wochen, unter feinen Umständen 48 Stunden wöchentlich überschreiten darf. Außerdem muß die Regierung, der solche Vereinbarungen vorzulegen sind, diesen die Kraft von Verordnungen geben.
In ihrem Rundschreiben behauptet die Bereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände zu Artikel V:
Wie uns im Reichsarbeitsminifterium mitgeteilt wird, läßt der Artitel V selbstverständlich die Möglichkeit zu, auch auf andere Industrien als das Baugewerbe in dem entsprechenden Sinne angewandt zu werden."
Auf Anfrage an zuständiger Stelle in Berlin wird bestätigt, daß fortgeschrittene Berhandlungen in diesem Sinne seit längerer Beit gepflogen werden, ohne daß jedoch schon feststeht, wann sie zu einem endgültigen Abschluß führen. Russischer Proteft gegen Boncours Warschauer Rede. Dem Soz. Bressedienst zufolge wird aus Moskau gemeldet, daß die Sowjetregierung ihren Bariser Gesandten beauf tragt hat, bei dem französischen Außenminister gegen die Tätigkeit Paul Boncours in Polen , insbesondere gegen deffen letzte Barschauer Rede zu protestieren. In dieser Rede sprach sich Boncour nicht nur für den polnischen Ratsfiß aus, fondern feierte wirft der Interessenkampf der Parteien hemmend auf die Ergeb Artifels VIa erflärt das Rundschreiben der Arbeitgeberverauch den nach miffe der Untersuchung. Es sich große fulturelle Aufgabe zu vertreten habe.
Durcheinander in Prag . Dauerkrise und fein Ausweg.- Zölle und Wahlrecht. Die tschechische Beamtenregierung hat die Schwierigkeiten ber früheren Koalitionsregierung nicht zu überwinden vermocht. Die Agrarier machen auch ihr gegenüber ihr Berhalten davon abhängig, ob sie die festen 3ölle an Stelle der gleitenden durch fegen wird. Die tschechischen Sozialbemotraten menben fich fehr faarf gegen diefe Forderung und erklären zu gleich, in der Frage der Beamtengehälter ihre Stellungnahme von ber der Gemertschaften abhängig zu machen. Die sozialdemokratischen Beamtengewerkschaften verhandeln seit einigen Tagen mit der Regierung; boch ist bisher noch nicht die geringste Annähe
Abg. Obuch( Komm.) führte aus, von Plädoyers tönne man erft sprechen, wenn der Sachverhalt erschöpfend behandelt fei. Schon aus den drei Denkschriften der Minister Geßler, Dr. Külz und Severing ergeben sich die politischen Zusammenhänge des Jahres 1923. Hier vor diesem Forum des Ausschusses
Morden in der Schwarzen Reichswehr, die in systematischem Zufammenhang standen. Die Arbeitskommandos haben fich zu Dr. ganisationen entwickelt, die eine Staatsumwälzung planten und auch vor weiteren Morden von Politifern nicht zurückschreckten. Hierzu bedurfte es großer Mittel. Der Redner geht dann auf Einzelheiten des Falles Schulz- Meyer- Behrens ein und bemerkt, die Bernehmung des Schulz über feine Beziehungen zum Zentralverband der Bandarbeiter fei völlig unzureichend gewesen. Das onto für nationale Aufklärung", so fährt der Redner fort, zeigt besonders deutlich die engen Beziehungen zwischen Meyer und Schulz. Eine Nebenfache ist das Darlehen des Arbeitgeberverbandes an eine Ge
Es sprachen noch der Vertreter der Wirtschaftspartei, Abgeord neter Schön, fowie Abgeordneter Roth für die Deutschnationalen.
Noch ein griechisches Todesurteil. Das außerordentliche Striegs. gericht hat noch einen Führer der Aufstandsbewegung in Saloniti, Oberstleutnant Batirbjis, zum Tode verurteilt.
Diese allgemeine Behauptung bedarf um so mehr einer ausreichenden Klarstellung, da, wie bereits beiont, die Einbeziehung des Baugewerbes schon eine unzulässige Auslegung ist.
Zur Frage der Arbeitsbereitschaft im Sinne des bände:
,, Welche Arten von Arbeitnehmern und Arbeitsverhältnissen im einzelnen unter die Begriffsabgrenzung des Londoner Konferenzergebnisses fallen, ist nach den uns im Reichsarbeitsministerium zuteil gewordenen Mitteilungen im übrigen Auslegungsfrage im einzelnen Falle. Dies gilt auch besonders gegenüber der Frage, inwieweit die Beschäftigungsverhältnisse der Maschi nisten, Heizer usw., insbesondere die Bedienung automatischer oder halbautomatischer Rejselanlagen und dergleichen unter diesen Begriff fallen tönnen."
Diese Darstellung der Arbeitgebervereinigung läuft unter Berufung auf das Reichsarbeitsministerium darauf hinaus, den Einleitungsfag zu Artikel VIa der Londoner Konferenz ergebnisse, monach der Ausdrud Arbeitsbereitschaft nicht zu meit ausgelegt werden darf, in sein Gegenteil zu verfehren. Eine solche Auslegung ist auch unvereinbar mit