Die Besatzungsfristen.
Eine erfolglofe Unterhausdebatte.
Im Londoner Unterhaus stellten Arbeitermitglieder den Außenminister zur Rede über die Frage, ob es nunmehr nicht
Eine entsetzliche Familientragödie.
Doppelmord und Selbstmordversuch.
Ein furchtbarer Racheatt versette heute morgen die Bewohner des Hauses Wins ftraße 51 in die größte Aufregung. Der 30jährige Schloffer Leopold Polzenius erschoß hier aus
I nach Vorschrift des Arztes und wird vom Gesundheitsamt über. macht. Die Pflege liegt in den Händen einer erfahrenen Schwester. Kurzeit werftäglich von 9-6 Uhr, Kurdauer mindestens 4 Wochen, Die Beköstigung Berpflegungsfag pro Person und Tag 2,50 M. besteht in Frühſtüd, Mittag und Vesper( abends schiedt es aber eigentlich nach so langem Aufenthalt im Freien auch recht gut!). Auf
an der Zeit sei, nach der Kölner auch die übrigen Zonen zu Radhe seine 13 Jahre alte Tochter Elfe und seine fräftige, fchmackhafte Zubereitung wird besonderes Gewicht geleat.
gebe.
Mächten zu tun. Habe doch die Botschaftertonferenz dem Bölkerbund erklärt, daß Deutschland seine Entwaffnungsverpflichtungen erfüllte, und 1919 hätten doch Lloyd George , Wilson und Clemenceau vereinbart, sich über eine Abkürzung der Besetzungsfristen zu verständigen, sobald Deutschland vollgültige Beweise des Erfüllungswillens Hierauf erklärte Chamberlain, aus dieser Erklärung, deren Vorhandensein er nicht bestritt, könne Deutschland keine Ansprüche herleiten; sie trage nicht Bertragscharakter. Ferner habe die Botschafterfonferenz dem Bölferbund gegenüber nicht festgestellt, daß Deutschland seine Entwaffnung durchgeführt hat, sondern nur, daß es seine Abrüftungsverpflichtungen durchzuführen bereit scheine. Im übrigen sei der Zeitpunft für eine solche Debatte- im Hinblid offenbar auf die wegen der deutsch - russischen Vertragsverhandlungen entstandenen Beunruhigung ungünstig gewählt.
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An dieser Aussprache überrascht zumindest, daß auch nach ausführlichen Berichten zu urteilen, weder die Fragesteller noch der antwortende Minister den Artitel 431 des Versailler Vertrages angeführt haben, der aus drücklich eine frühere Räumung vorsieht, sobald Deutschland erfüllt hat. In der Tat könnten sich Deutschland und alle die jenigen, die sich außerhalb Deutschlands um die Abkürzung der Fristen bemühen, statt auf jene interalliierte und persön der Fristen bemühen, statt auf jene interalliierte und persönliche Vereinbarung beffer auf jenen Paragraphen beziehen, liche Vereinbarung beffer auf jenen Paragraphen beziehen, der ein dauerndes Rechtsverhältnis zwischen den ,, alliierten" Regierungen und Deutschland schafft.
Gemessen an den großen politischen Folgen sind es unbedeutende Einzelheiten, an denen bis jetzt die Feststellung der Botschafterkonferenz gescheitert ist, daß Deutschland seine Abrüftungsverpflichtungen erfüllt hat. Es handelt sich nur noch um Polizeifragen. Hierüber hatte die Reichsregierung Ende Januar der Botschafterkonferenz Borschläge gemacht. Man hatte erwartet, daß bis zum 1. April die Einigung erfolgen und dann sogleich die endder alliierten Militärkontrollfomgültige Zurückziehung der mission beginnen würde. An der Nicht- Aufnahme Deutschlands in den Bölkerbund ist auch die Bereinigung dieser Frage bis jetzt gefcheitert. Die Botschafterkonferenz hat bislang teine Antwort auf die deutschen Vorschläge erteilt. Offensichtlich zögert sie mit der Antwort, um eine Einigung zu vermeiden. Denn die hätte zur Folge, daß die allierte Kontrollkommiffion Deutschland verlassen müßte, was der französische Militarismus nicht erlauben will.
Es erscheint an der Zeit, daß die Reichsleitung nicht länger zögert, nachdrücklich die Erledigung der Polizeifragen zu betreiben. Denn über die notwendige Zurüdziehung der Kontrollkommiffion hinaus hängt von der formalen Feststellung, daß die Einigung erfolgt ist, ab, ob Deutsch land und die Freunde des europäischen Friedens mit dem Hinweis auf Artikel 431 die Abkürzung der Besetzungsfristen betreiben können. Ist wirklich Deutschland in den Völkerbund moralisch" aufgenommen, wie Briand in Genf erklärt hat, dann wird es notwendig, auch die letzten von den Militärs aufgerichteten Schranken gegen die weitere Räumung niederzureißen.
Das Schuldenabkommen ratifiziert! Nicht genügend Stimmen gegen Mussolini . Washington, 22. April. ( WIB.) Der Senat hat das Abkommen über die Regelung der italienischen Schulden mit 54 gegen 33 Stimmen ratifiziert. Das Schuldenabkommen geht nunmehr an Coolidge zur Unterzeichnung.
Für das amerikanisch- italienische Schuldenablommen haben 41 Republikaner und 13 Demokraten gestimmt. Bor der Abstimmung hatten die Gegner des Abkommens, die von Borah und Reed geführt wurden, eine außerordentlich heftige Debatte entfacht. Beide Senatoren haben während einer halben Stunde gesprochen und hätten diese Zeit auch überschritten, wenn die Geschäftsordnung dies gestattet hätte. Der Antrag des Senators Borah wurde mit 54 gegen 33 Stimmen abgelehnt, wonach die ganze Angelegenheit zur Nachprüfung an die Schuldentommission zurüdverwiesen werden soll, um die Zahlungsfähigkeit Italiens untersuchen zu lassen. Die Debatte hatte stellenweise einen außerordentlich heftigen Ton angenommen. Senator Reed bezeichnete unter anderem Mussolini als einen Missetäter, der die Grausamteit eines Wilden mit dem Egoismus cines Nero und der Verworfenheit eines Untiers vereine. New Yorker Bankkreise sehen den Beschluß des Senats zur italienischen Schuldenregelung als bedeutsam für die Weltkredit lage und Europas Wirtschaftsfortschritt an, und betonen, daß auch Frankreich dadurch zu einem ähnlichen Abkommen ermuntert werden sollte.
Schwiegermutter Frau Schudlich und verletzte jeine 31 Jahre alte Frau Emma und feinen Schwager Hugo Schudlich durch mehrere Schüsse und stürzte sich selbst auf den Hof des Grundstücks hinab.
tationsvorsitzenden Genossen Stadtrat Rißner und einen kurzen Vortrag des Stadtrats Dr. Roeder eingeleitet wurde, waren mit den Bezirksamtsmitgliedern eine Reihe von Gästen aus dem Tätiafeitsgebiet der sozialen Fürsorge erschienen.
Die deutschnationalen Protefiler entlarot.
Im Verwaltungsbezirk Kreuzberg wird auf die Bestätigung der im Dezember gewählten unbefoldeten Stadträte noch heute. gewartet. Warum der Oberpräsident sich so lange besinnt, erfuhr man gestern in der Bezirksversammlung.
Bolzenius wurde von seiner Frau und seiner Schwiegermutter por längerer Zeit beschuldigt, daß er sich fortgesetzt an feiner Tochter vergangen habe. Die Tochter bestätigte das. Bolzenius Wo bleibt die Bestätigung der Stadträte in Kreuzberg ? selbst bestritt das auch in dem gegen ihn eingeleiteten Gerichtsverfahren. Die Beweisaufnahme überführte ihn jedoch. Die Berfehlungen waren aber nicht so schwer, wie es zunächst ausgesehen hatte. Polzenius tam mit Jahr Gefängnis davon. Nach dem er die Strafe verbüßt hatte, zog er nach der Marienburger Straße 31 in eine Schlafftelle. Er behauptete nach wie vor, daß er unschuldig sei und äußerte wiederholt, daß er sich an Frau und Gd, wiegermutter rächen werde. Die Frauen fühlten fich fo be. droht, daß sie zu ihrem Schuße den Bruder der Frau Bolzenius, Hugo Schudlich, zu sich in ihre Wohnung im 1. Stod des Hauses nahmen. Bolzenius erschien wiederholt in der Winsstraße und vers suchte, in die Wohnung einzudringen. Das gelang ihm jedoch nicht. morgen fam er schon vor 7 Uhr in das Haus, um feiner Frau und Jedesmal machte er großen Lärm und ging dann wieder weg. Heute der Schwiegermutter aufzulauern. Als seine Frau aus der Wohnung auf den Flur herausfam, gab er mehrere Schüsse auf sie ab. Die Frau wurde durch zwei Streifschüsse leicht verlegt und eilte hilfe rufend in die Wohnung zurüd. Bolzenius drang ihr nach und richtete jetzt die Waffe auf seine Schwiegermutter, die ihin entgegentrat. Bon mehreren Kugeln in den Hals getroffen, brach die Frau zusammen. Jetzt schoß Bolzenius auf seine Tochter, die ebenfalls schwer getroffen zu Boden fant. Als auf den furchtbaren Lärm Hausgenossen herbeieilten, verließ er die Wohnung, lief die Treppe hinauf, riß auf dem Absatz zum 4. Stoc das Flurfenster auf und stürzte sich auf den of hinab. Beamte des 67. Reviers und ein Arzt fanden ihn dort mit mehreren Knochenbrüchen beBolizeigefangenen nach dem Staatskrankenhaus bringen. Bei der finnungslos daliegen und ließen ihn mit einem Krantenwagen als Schwiegermutter fonnte der Arzt nur noch den Tod feststellen. Ihre Leiche wurde nach Aufnahme des Befundes beschlagnahmt und nach dem Schauhaufe gebracht. Das Mädchen gab noch Lebenszeichen von sich und wurde ebenso wie Hugo Schudlich, der gleichfalls durch Schüsse erheblich verlegt wurde, nach dem Krankenhaus am Friedrichshain gebracht. Dort starb es schon bald nach der Aufnahme. Frau Polzenius fonnte in der Wohnung bleiben.
Großfeuer in Baumschulenweg.
Ein Holzplatz niedergebrannt.
Ein Großfeuer beschäftigte gestern Nacht die Wehren von Niederschöne weide und Umgegend in Baumschulen wed in der Baumschulen Ede Röpenider Land straße einige Stunden lang. Hier liegt ein umfangreicher Lager plag einer Bau- und Brennmaterialienhandlung. Sufällig Vorübergehende bemerkten gegen 2 Uhr einen Feuer hein, der von dem Holzplatz fam. Die Feuerwehr wurde sofort alarmiert. Nach wenigen Augenblicken erschienen sie unter Beitung des Baurates Sauer an der Brandstelle. Bei dem Eintreffen der Behren stand aber bereits ein 40 Meter langer mit Hölzern angefüllter Schuppen, sowie die sich daranmehreren Rohren größtem Kalibers und einem C- Rohr Wasser gegeben. Da es fast aussichtslos erschien, das Feuer, das sich mit großer Schnelligkeit ausbreitete, niederzufämpfen, mußte alles daran gesetzt werden, die anderen Baulichkeiten und Holzstapel vor der Bernichtung zu schützen. Besonders schwierig gestaltete sich die Löscharbeit durch die gewaltige Higeentwicklung. Der Schuppen und die Stallungen brannten nieder. Leider gelang es den Feuerwehrleuten trotz aller Rettungsversuche nicht ein Pferd zu retten. Es kam in den Flammen un. Größerer Schaden ist auch dadurch entstanden, daß mehrere Holzstapel anbrannten und so wertlos wurden. Erst gegen% 4 Uhr morgens war die Hauptgefahr beseitigt. Die Aufräumungsarbeiten zogen sich noch mehrere Stunden hin. Die Entstehungsursache bedarf noch der Aufklärung.
Die Fleischvergiftung bei der Schups. Zu den Fleischpergiftungen bei der Polizei mit: Sofort nachdem sich die ersten Anzeichen einer Fleischvergiftung infpettion Kreuzberg teilt der Polizeipräsident folgendes bemerkbar machten, wurde eine eingehende ärztliche und veterinäre Untersuchung der ganzen Angelegenheit angeordnet. Insbesondere wurden die noch vorhandenen Fleischreste einer Untersuchung mit unterzogen. Diese Untersuchungen sind jedoch noch nicht beendet. Es ist aber einstweilen anzunehmen, daß die Erkrankungen der Beamten auf das am Montag gefochte und am Dienstag zur Ausgabe gelangte Fleisch zurückzuführen sind. Erkrankt find insgesamt 53 Beamte, von denen zwei dem Staatsfrankenhaus überwiesen wurden. Im allgemeinen handelt es sich um leichte Bergiftungserscheinungen und die Mehrzahl der er frankten Beamten ist bereits heute wieder im Dienst. Bei der Ausgabe des Fleisches am Mittwoch, den 21. April, das also am Dienstag gefocht ist, wurde beim Zerschneiden des Fleisches festgestellt, daß das Fleisch Maden enthielt. Obwohl nur an zwei fleinen Stellen Maden gefunden wurden, wurde selbstverständlich sofort die Ausgabe des gesamten Fleisches verboten und Büchsenfleisch an die Beamten verausgabt. Das beanstandete Fleisch wurde dem Fleischermeister zurückgegeben. Auch in diesem Falle ist eine eingehende Untersuchung fofort eingeleitet worden. Die Schuldigen werden gegebenenfalls zur Rechenschaft gezogen werden.
inner
Eine Tageserholungsstätte für Frauen. Wenn auch die Minderheit stattlich war, die sich gegen den Eine praktische Erfüllung erfuhren die Bestrebungen der ReichsEchuldennachlaß an Mussolini wandte, der demokratische Wille Gesundheitswoche durch die Schaffung einer Tageserholungs Ameritas war nicht start genug, sich gegen ein Abkommen durchstätte für Frauen und Mädchen im Verwaltungsbezirk zusetzen, das für Mussolini ein politischer Erfolg war. Mit der Mit der Treptow . Wir alle wissen, wie viele Taufende von Menschen Ablehnung des Antrages, den Bertrag von neuem der Finanzkom die große Zahl der Kriegstranten gar nicht mitgerechnet mission zu überweisen, verzichtet Amerita auf ein wirksames Drud- halb ihrer Berufsarbeit Schaden an Körper und Nerven nehmen. mittel im Interesse der vom Faschismus bedrohten europäischen Dazu kommt noch, daß auch die Wohnungsverhältnisse bekannter Demofratien. So nehmen die europäischen Demokratien den amemaßen sehr ungesunde find. In erster Linie sind es die Frauen und Mädchen, die heute dem Manne gleich im harten Lebenstampf rikanischen Senatsbeschluß mit schmerzlichem Bedauern stehen; sie sind den förperlichen Strapazen nicht in gleicher Weise auf. gewachsen und ihnen soll Gelegenheit geboten werden, bei leichteren, nicht infettiösen Erkrankungen, wie Blutarmut , Nervofität, ferner als Nachfur einer überstandenen Krankheit, ihre Gesundheit wieder völlig herzustellen. Die günstige Lage und leichte Erreich barkeit bieten für einen Erholungsaufenthalt einen guten, billigen Erfaß und bedeuten gleichzeitig für die Patienten feine vollständige Trennung von den Angehörigen. Das Grundstück wurde im Jahre 1920 von der damaligen Gemeinde Oberschöneweide zu Wohlfahrtsbis auf ein Freibad zwecken erworben, forte aber bisher feiner eigentlichen Bestimmung nicht zugeführt werden. Die Erholungsstätte entspricht in jeder Weise den Anforderungen der Hygiene. Für den Betrieb stehen vorerst eine Barade, demnächst ein massives Gebäude, sowie der girta 12 300 Quadratmeter große Park und Obstgarten mit Strand, Spiel- und Sommenplähen zur Berfügung. Die Mahlzeiten werden in dem großen, luftigen Speise jaal gemeinsam eingenommen außerdem ist ein Aufnahmeraum, ein behaglicher Unterhaltungsraum und ein Sanitätsraum vor handen. Die Behandlung ist hauptsächlich eine hygienisch- diätetische
Die Affäre Scheible. Die neuesten Nachrichten von der Berhaftung des badischen Landrates Scheible befagen, daß es sich nicht um eine politische Berhaftung gehandelt habe. Scheible wurde bei einer gewöhnlichen Polizeirazzia in dem Vergnügungspiertel Mont martre mit anderen Besuchern festgenommen und dann, wie gemeldet wird, in höflichem Formen entlassen". Damit ist aber noch nicht erklärt, warum von Scheible ein Brief nach Karlsruhe gesandt wurde und erst die deutsche Botschaft eingreifen mußte, um feine Freilaffung zu erreichen.
In Maroffo hat die zweite Zusammenkunft zwischen den Ber. tretern des Rifs und den französischen und spanischen Delegierten nicht zu einer Einigung über die von Frankreich und Spanien geftellten Borbedingungen geführt. Das Datum einer neuen Begegnung ist noch nicht festgesetzt worden. Die einzelnen Delegationen werden fich inzwischen mit ihren Regierungen in Verbindung setzen.
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Die Kommunisten beantragten, die Bezirksversammlung solle Schritte zu tun, damit die Stadträte endlich bedas Bezirksamt beauftragen, beim Oberpräsidenten stätigt werden. Die Bürgerliche Bereinigung aber, in ber die Deutschnationalen sich tummeln, fam mt dem Antrag, den Oberpräsidenten zu ersuchen, daß er die Angelegenheit der Stadträtemöglichst schleunige Erledigung durch nicht bestätigung, denn wahlen mit möglichster Beschleunigung erledigt. Sie meinten eine fie selber haben den Oberpräsidenten durch eine Beschwerde aufgeheßt, in der sie von einem bei der Wahl angeblich begangenen Rechtsbruch fafelten. Bei der Wahl hatten die Deutschnatio= nalen unter Führung ihres Pfarrers Koch aus einem formalen Bersehen- vom Vorsteher waren irrtümlich die verbundenen Listen der SPD. und der KPD. als Listen einer„ Bereinigten Linfen" bezeichnet worden- den Borteil herausschlagen mellen, daß die Stimmen für die SPD. und die KPD. ungültig feien und nur die Liste der Bürgerlichen Verinigung gewählt fei. Als aber ein Bersammlungsbeschluß die ganze Wahl für nichtig erflärte, verließ bei der neuen Wahl die Bürgerliche Vereinigung wütend den Saal, so daß sie ganz ausfiel. Hinterher wurde nach der Bezirksversammlung auch die zweite Wahl für nichtig erklärt einer Besprechung der Vorstände aller Fraktionen ohne Widerspruch und aus der nun wieder unter Beteiligung der Bürgerlichen Bereinigung vollzogenen dritten Wahl ging dann das Ergebnis hervor, dessen Bestätigung dem Oberpräsidenten soviel Kopfzerbrechen macht. In der gestrigen Sizung wurde auf Antrag des Genossen Litte nach zustimmendem Beschluß der Versammlung vom Vorsteher Genossen Gerber der ganze zwischen ihm und dem Ober. präsidenten Stadträtemahl geführte Schriftwechsel verlesen, der die oben geschilderten Borgänge tlarlegt und auch die Rolle der Deutschnationalen beleuchtet. Man erfuhr, daß die Deutschnationalen durch Beschwerde beim Oberpräsi denten bemängelt haben, die dritte Wahl sei vorgenommen worden, obwohl das Ergebnis der zweiten Wahl( das ja nach dem Auszug der Bürgerlichen Bereinigung nicht zweifelhaft sein fonnte) gar nicht durch Auszählung festgestellt worden sei. In der Debatte stellte Genoffe Litte feft, daß alle Frattionen einschließlich Deutschnationale in der Vorständebesprechung über die Notwendigfeit einer dritten Wahl einig waren. Die nachher voi den Deutsch nationalen eingefchlagene Tattit verstoße gegen Treu und Glauben, von ihrer deutschen Mannes. treue" fei hier nichts zu merten gewesen, unbefümmert um die Abmachungen habe man ein gegebenes Wort gebrechen. Daß die Bestätigung sich verzögert habe, fei Schuld der Deutsch nationalen. Es heiße die Heuchelel auf die Spike treiben, wenn sie jetzt mit dem Antrag auf schleunigste" Erledigung fommen. Die Deutschnationalen, denen so die Maske vom Gesicht geriffen wurde, blieben die Antwort schuldig. Für die Deutsche Bolkspartei, die nicht mehr zur Bürgerlichen Bereinigung gehört, erklärte Dr. Faly, daß er die Beschwerde der Bürgerlichen Ver. einigung, wenn ihm der Wortlaut bekannt gewesen wäre, nicht mit seinem Namen gedeckt hätte. Sie ist nur von drei Deutschnatio nalen unterzeichnet worden. Es war beinahe belustigend zu sehen, wie hier die Deutschnationalen von ihren bisherigen Bundesbrüdern preisgegeben wurden.
über die
In der Abstimmung wurde der kommunistische Antrag, der dem Bezirksamt aufgibt, beim Oberpräsidenten auf Be. stätigung zu bringen, gegen die Bürgerliche Vereinigung angenommen. Danach fiel der Antrag der Bürgerlichen Ber. einigung, den ihr der Wunsch nach Bestätigungsversagung diftiert hat. Angenommen wurde noch ein sozialdemokratischer Antrag auf Entsendung des Vorstehers und des Bersammlungsbureaus zum Oberpräsidenten, um gleichfalls auf Be ftätigung zu bringen.
Die Pleite des„ Märchentraumes".
Große Blafate zeigten an, daß im Ulap in der Zeit vom 21. bis 23. April, abends um 8½ Uhr ein großes Sommerfest der Moden stattfinden sollte. Ein Herr Cohen, der für das Feftfomitee ver antwortlich zeichnete, hatte sogar die neueste Attraktion von Berlin , den Hungerkünstler Jolly, verpflichtet, einen Vortrag über sein Hungersystem zu halten, und Jolln hatte jogar erklärt, sich am Tanz zu beteiligen und sich aus der Schar seiner Tänzerinnen eine Chegatlin zu wählen. Geschäfte aller Branchen follten feſtlich die Bühne dekorieren, auf der man die Revue„ Ein Märchentraum von schönster Wäsche zu spielen beabsichtigte, und dazu noch Borkämpfe, Mannequins und ähnliche sportliche Ereignisse. Tombola und Ball bedeuteten natürlich Selbstverständlichkeiten. Aber alles tam anders. Von den angekündigten Firmen hatten nur drei ausgestellt, und als die dreihundert Damen erschienen, die sich auf das Inserat als Mannequins gemeldet hatten, mußten sie die Enttäuschung erleben, daß der Herr Direktor" nicht in der Lage war, das Honorar aus. zuzahlen, ebenso wenig war auch für die engagierten Artisten, Filmschauspieler und Bortampfer vorhanden. Der Herr Direttor Cohen erklärte, er jei vollständig mittellos, und das Ganze wirfte wie ein verspäteter Aprilscherz. Natürlich wird Herrn Cohen noch das Ver. güngen haben, sich mit seinen engagierten Künstlern, Mannequins und Bogern eingehend vor Gericht über die Frage zu unterhalten, ob man Engagements abschließen darf, wenn man von vornherein nicht in der Lage ist, die Gagen zu bezahlen.
Das Bezirksamt Tiergarten veranstaltete gestern Abend in der Aula der Augustaschule Elsholzstraße einen Hans- Brennert - Abend. Hans Brennert ist heute vielleicht der letzte Wertreter des Ber liner Humors, nicht eines Allerwelthumors, der sich des Berliner Dialekts bedient, sondern eines Humors, der echt berlinisch, der im Berliner Boden verwurzelt ist. Sein Wig verwundet nie, er hat feine tödliche Spize, Brennert lächelt über die Irrungen der Menschen, über ihre Dummheiten, ein Weifer, der erkannt hat, daß alles tam, wie es tommen mußte". Nichts ist in diesen Bersen von dem Jazzband der Gegenwart, fie fließen ruhig dahin, sie erinnern an vergangene Zeiten. Und dieser Humor, milde und versöhnend, leise fentimental und mit der Ahnung einer Träne, umniant por allem die kleinen Dinge dieser Welt, die man übersicht, und die doch wichtig sind. In" Der erdbeerfüße Mund" ist es ein alter Bureau rod, hinter dem sich die verschwiegene Tragödie eines kleinen Beamten verbirgt, ein verlorener Brief, der erst nach dreißig Jahren im Futter des Rockes gefunden wird, ist zum Schicksal geworden. Unaufdringliche Tragit, eingehüllt in ein versöhnendes Lächeln. Emil Kühne spricht diese Dinge sehr nett, leicht, manchmal allerdings zu mimifch betont. Dem Bezirksamt Tiergarten bleibt es zu danken, daß es Hans Brennert einen Volksbildungsabend einräumte, diesem letzten Bertreter einer volkstümlichen Kunst, die ganz aus dem Boden Berlins erwachsen ist.