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Nr. 190 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 94
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
10 Pfennig
Freitag
23. April 1926
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wir hoffen, unser heutiger Standpunkt zur Aufrechterhaltung der Ruhe und zur Zerstörung aller Mißverständnisse beitragen und die Berliner Presse zu einer loyalen Richtigstellung veranlassen. Bandervelde über die letzten politischen Ereignisse.
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Prag , 23. April. ( WTB.) Die gestrige Prager Presse"| gewisse Beruhigung in Berlin eingetreten ist, so wird, wie schreibt in einem Zum Berliner Echo" überschriebenen Leitartikel u. a.: Da uns daran gelegen ist, daß die deutsche öffentliche Meinung nicht überflüssigerweise und unrichtig gegen die Tschechoslowakei alarmiert wird, zögern wir nicht, auf die Kampagne der Berliner Blätter mit einer einfachen Feststellung der Tatsachen zu antworten. Das tschechische Ministerium des Aeußern erhielt vor einiger Zeit aus Paris , London und anderen Städten Mit teilungen über die Vorbereitung eines deutsch - russischen Vertrages. Dieser war eine kurze Gesamtformulierung des Vertrages hinzugefügt zugleich mit dem provisorischen Standpunkt der in Betracht kommenden Staaten und mit der Anfrage, wie die Auffassung Prags sei. Selbstverständlich antwortete das Außenamt und sein Chef mündlich, soweit sie mündlich gefragt wurden, schriftlich, soweit eine Anfrage schriftlich formuliert worden war. Unrichtig ist, daß das tschechische Ministerium des Aeußern irgendeinen Fragebogen an die Locarnomächte verschickt hat. Es fandte lediglich auf Grund des mitgeteilten Vertrages Schreiben nach Paris und London und antwortete auf die Anfrage, die hauptsächlich in einer schriftlichen Analyse juri stischen Inhalts bestand. Der Kern dieser Analyse enthielt im wesentlichen dasselbe, was auch in den Kommentaren der Prager Presse zu den Meldungen über den deutsch - russischen Vertrag gefagt worden war. In ähnlichem Sinne bewegte sich die mündlich e Aufklärung, die vom Prager Auswärtigen Amt auf die offiziellen Mitteilungen amtlicher deutscher Kreise über den deutschrussischen Vertrag erteilt wurde.
Wenn von deutscher Seite festgestellt wird, daß der Bertrag mit dem Völkerbundspakt in feinem Widerspruch stehen werde, so find wir darüber sehr befriedigt. Daß die Tschechoslowakei gegen gute Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland nichts einzuwenden hat, daß sie im Gegenteil dieje als einen Gewinn für Europa betrachtet, fofern fie im Geifte des Friedens und der Konsolidierung angefnüpft und auf Geifte des Friedens und der Konsolidierung angeknüpft und auf rechterhalten werden, wurde bei verschiedenen offiziellen Anlässen gesagt. Die Tschechoslowakei wünscht lediglich Klarheit in den sie betreffenden Fragen, dabei mengen, wir uns in die Vertrags. politik Deutschlands nicht ein und hindern Deutschland nicht, politisch zu tun, was es für gut befindet, wobei mir uns selbst das gleiche
Recht vorbehalten.
Im Hinblick auf diesen flaren und fachlichen Standpunkt sind. mir der Ansicht, daß die Angriffe der deutschen Presse völlig unbegründet und um so merkwürdiger waren, als sie sich gegen einen Minister richteten, der erst vor einigen Monaten seine Demission im Bölterbundsrate angeboten hat, um die schwere Krise, die dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund im Wege stand, lösen zu helfen. Wenn nun bereits heute eine
Otto Braun bei Luther . Preußens Forderungen in der Fürstenfrage. Nachdem die Verhandlungen der Regierungsparteien über das dritte Fürstenkompromiß gestern ergebnislos vertagt worden sind, hat sich der Reichskanzler heute mit dem preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun und dem Finanzminister Höpter Aschoff besprochen.
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Das dritte Fürstenkompromiß räumt die Bedenken, die von der preußischen Regierung im Interesse des preußischen Staates erhoben worden sind, nicht aus dem Wege. Ein Kompromiß, das nicht nur auf den Widerspruch der Linken, sondern auch auf den Widerspruch des größten Bundesstaates stößt, ist politisch unmöglich, ganz abgesehen von der Frage, wie eine Mehrheit dafür zustande kommen soll.
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Brüffel, 23. April. ( Meldung der Agence Belge.) In einem Vortrage vor der sozialistischen Studentengruppe der Vortrage vor der sozialistischen Studentengruppe der Universität Brüssel gab gestern abend Minister des Aeußern Bandervelde einen Ueberblick über die letzten politischen und wirtschaftlichen Ereignisse. Vom politischen Standpunkt aus, sagte er, ruft die Haltung Italiens unverhohlene Unruhe in allen Kanzleien hervor. Hiervon aber fann ich nicht sprechen. Der Miß erfolg von Genf hat das ganze Wert, das aus der Politik von Locarno hervorging, wieder in Frage gestellt. Was den deutschrussischen Vertrag anbelangt, so steht es fest, daß seine Be it immungen den Ideen von Locarno nicht zuwider laufen. Rann man aber über den unerfreulichen Ein druck hinwegsehen, den diese in ganz Europa wiedererstehenden Mächte gruppierungen und sogenannten Defensiver träge hervorrufen? Vandervelde schloß mit den Worten: Belgien darf zu keinem der es umgebenden Länder hin neigen; feine auwärtige Politik muß eine Politik mit internationalem Charakter sein.
Baltischer Garantiepakt mit der Sowjetunion .
Riga , 23. April. ( Meldung der Lettischen Telegraphen- Agentur.) Der stellvertretende Minister des Aeußern, Albats, gab Breffevertretern zur Frage eines Sicherheitsvertrages der baltischen Staaten mit Rußland Erklärungen ab. Die Sowjetregierung habe bei sämtlichen baltischen Staaten mündlich angeregt, Einzelverträge, welche Neutralitätstlaufeln und Schlichtungsverfahren enthalten sollten, abzuschließen. Die Regierungen der baltischen Staaten hätten daraufhin ihre grundsägliche Berhandlungsbereitschaft erklärt und schriftliche tonfrete Vorschläge erwartet. Sie hätten jedoch in bestimmtester Form hinzugesetzt, daß für sie jede dem Völkerbundsstatut zuwiderlaufende Bestimmung unannehmbar sei. Ein Vertragsabschluß sei ferner nur möglich zwischen der Sowjetunion und der Gesamtheit der
baltischen Staaten.
Außenpolitischer Kurswechsel in Litauen ? Kowno , 23. April. Wie die Litauische Telegraphen- Agentur heute vormittag bekannt gibt, ist der Minister des Aeußern, Prof. Reinys, durch einen Erlaß des Staatspräsidenten vom 21. April auf eigenen Wunsch aus seinem Amt entlassen worden. Die Geschäfte des Ministeriums des Aeußern hat vorläufig Ministerpräsident Dr. Distras übernommen.
Inen Dollar pro Jahr einzubehalten und das Geld zur Einziehung der Goldbonds zu verwenden. Garner sieht keinen Grund, weshalb dieser Zahlungsplan nicht beiden Regierungen annehmbar sein sollte, da er für beide Länder einen Ausweg aus den Schwierigkeiten eröffne.( Inzwischen hat, nach einer WIB.- Meldung aus Washington, Staatssekretär Mellon den Garnerschen Vorschlag für un durchführbar erflärt. Ned. d.„ B.".) Die Bertreter der Gemischten Entschädigungskommission werden voraussichtlich am Montag zur Aeußerung aufgefordert werden. Dieser Sigung werden auch Sachverständige des Schazamtés beiwohnen. Es ist jedoch noch unbekannt, ob Mellon als Zeuge auftreten wird.
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Der Abgeordnete Mills veröffentlicht im„ New York Herald Review" ein Schreiben, in dem er entschieden für die Rückerstattung des konfiszierten deutschen Eigentums eintritt. Er erinnert an die Erklärung des amerikanischen Staatsdepartements vom 18. Februar
Um Frankreichs Durchdringungspolitik. ( Bon unserem Sonderforrespondenten.)
Paris , 21. April. ( Eig. Drahtber.) In den französischen Regierungsfreisen zeigt man sich am Borabend der Wiederaufnahme der Borverhandlungen mit den Vertretern des Rifs ziemlich optimistisch in bezug auf die Aussicht, verhältnismäßig rasch zum Frieden zu fommen. Man erklärt die Befürchtungen eines Teiles der Linken, daß Frankreich sich durch Spanien dazu verleiten lassen werde, Forderungen aufzustellen, die für Abd el Krim un annehmbar sind, für ungerechtfertigt. Aber in Wirklichkeit ist man trotz dieser beruhigenden Erklärungen im sozialistischen und auch im radikalfozialen Lager der Ansicht, daß gewisse Forderungen, die den Eindruck erweckten, als ob es Paris und Madrid nicht ganz ernst um den Frieden zu tun sei, ihre Wiege in Spanien haben, vor allem die Verbannung Abd el Krims nicht nur aus dem Rif, sondern überhaupt aus allen Ländern des Islams. Unzweifelhaft hat es noch am Tage, an dem sich die Vertreter Frankreichs und Spaniens zum erstenmal mit den Delegierten Abd el Krims trafen, ziemlich tiefgehende Unstimmigkeiten zwischen den Regierungen von Paris und Madrid gegeben. Das enge persönliche Freundschaftsverhältnis zwischen dem gegenwärtigen französischen Ministerpräsidenten und dem spanischen Botschafter in Paris , Quinones de Leon, hat dazu beigetragen, daß die Meinungsverschiedenheiten keine öffentliche 3uspigung erfahren haben. Aber es ist in eingeweihten Kreisen bekannt, daß Primo de Rivera dem starten Druck, den der französische Generalgouverneur in Marokko , Senator Steeg, sein zibiler Mitarbeiter, Generalsekretär Duvernois und sein militärischer Hauptmitarbeiter, General Mougin, zugunsten eines raschen Friedensschlusses ausüben, höchft unzufrieden gegenübersteht.
Die französische nationalistische Presse zeigt sich nicht be friedigter als die Madrider Regierung. Ohne es zu wagen, ganz offen gegen den Frieden zu Felde zu ziehen, veröffentlichen die Rechtsblätter lange Artikel, in denen sie nachzu weisen fuchen, daß die ich wächliche Methode", die versuche, man Abd el Krim gegenüber anwende und Frieden mit ihm zu schließen, ehe er militärisch völlig niedergekämpft sei, auf die Dauer zum Verlust Marokkos führen müsse. Selbst in einem Blatt wie dem Figaro", der zu den gemäßigten Rechtsblättern gehört, fonnte man einen Artikel finden, in dem fategorisch gefordert wurde, daß Frankreidh mit dem gegenwärtigen Protektoratsregime, das weder Fisch noch Fleisch sei, ein Ende machen und Marokko einfach annettieren solle, um endlich keinerlei Rücksicht mehr nehmen zu müffen auf die Wünsche anderer Völker. Den Regierungsabsichten entspricht dieses vom Figaro" emp fohlene Vorgehen keineswegs. Die Algeciras - Akte von 1907 und die ergänzenden Abkommen von 1911 werden von ihr nach wie vor als Grundlage für die Aufrechterhaltung der Berhältnisse in Maroffo betrachtet. Gewisse Kreise der In dustrie und der Finanz, die besondere Interessen in Marokko und auch im Rif haben, möchten allerdings die Regierung dazu bewegen, an den Grundlagen der Verhältnisse selbst zu rütteln. Vielleicht würde man in Rom ganz gern sehen, daß ihr Drängen von Erfolg begleitet sei; denn in diesem Falle tönnte auch Mussolini , der nach seinen jüngsten aufpeitschenden Kolonialreden hungrig auf der Lauer liegt, sich mit dem Wunsche melden, an den Verhandlungen ebenfalls teilzunehmen. Für das französische Auswärtige Amt wird das wohl ein Grund mehr sein, große Vorsicht bei den Verhandlungen in Maroffo an den Tag zu legen. Im Rahmen der seit Jahrzehnten von Frankreich verfolgten Kolonialpolitik, für die sich besonders auch die herrschende radikalfoziale Bartei eingesetzt hat die vor dem Weltkriege in der Ablenkung des öffentlichen Interesses von den Vogesen auf ferne Länder ein Mittel im Kampf gegen die Revancheluft
1917, worin ausdrücklich versichert wird, daß die deutschen und sah österreichischen Staatsangehörigen im Kriegsfalle teine Ronfiszierung ihres Eigentums zu befürchten hätten. Diese Erflärung wird von informierten Kreisen als Richtlinie für die Haltung der Regierung und aus Ausdruck der persönlichen Stellungnahme Coolidges aufgefaßt.
Herriot will den Parteivorsitz aufgeben. Aus Gesundheitsgründen.
Um die Rückgabe des deutschen Eigentums. Der Kampf um die Vorlage. New Bort, 23. April. ( EP.) Augenblicklich ist es noch zweifelhaft, ob die sogenannte Mills Bill in der jezigen Session noch Aussicht auf Annahme hat. Der Standpunkt Coolidges ist troß der sogenannten Enthüllungen des Republifaners Darner unverändert. Präsident Coolidge und Schatzsekretär Mellon treten nach wie vor für die Annahme der Vorlage ein, was aus der Teilnahme Mellons an einer Besprechung im Kapitol hervorgeht, wo beschlossen wurde, durch das Komitee, vor dem die Beratungen vor sich gehen, weitere Zeugen zu vernehmen. Demzufolge werden die Mitglieder der Gemischten Entschädigungsfommission am Montag vernommen werden. Der Abgeordnete Hawley, der den Vorsiz im Komitee führte, hat keinen Versuch gemacht, die von der Kommission gebilligte Entschädigung nachzuprüfen. Der Abgeordnete Garner feinerseits erklärt, seine Beschuldigungen feien lediglich gegen die vorgeschlagene Methode der Emission von Bonde gerichtet, jedoch nicht gegen die Gültigkeit der Ansprüche an sich. Er bezeichnete die Anfegung weiterer Zeugen vernehmungen für Montag als eine Gelegenheit für die Republitaner, Staub aufzuwirbeln, um sich aus der Affäre zu ziehen. Garner will an Stelle der Mills- Vorlage eine andere Vorlage einbringen, der zufolge Deutschland Goldbonds in Höhe von 250 Millionen Dollars ausgeben soll. Ferner soll das Reich ermächtigt werden, von den nach dem Dawes- Plan fälligen jährlichen Zahlungen 11 Millio- Lösung beschließen wird.
Paris , 23. April. ( Eigener Drahtbericht.) Im Anschluß an eine längere Unterredung, die am Donnerstag nachmittag der Präfi dent der französischen Kammer Herriot , der bekanntlich zugleich Borsigender der Radikalfozialen Partei ist, mit verschiedenen führenden Barteigenoffen gehabt hat, verlautet in parlamentarischen Kreisen, daß Herriot den Borsiz der Partei aufzugeben gedenkt, da es ihm aus Gesundheitsgründen nicht möglich sei, neben seinem Amt als Rammerpräsident die Parteipropaganda in dem erwünschten Umfange zu betreiben. Als seinen Nachfolger habe Herriot Daladier vorgeschlagen. Die Entscheidung über diese Frage ist dem Parteivorstand vorbehalten, dem Herriot bei deffen nächstem Zusammentreffen seinen Entschluß vortragen wird. In radifalfozialen Kreisen bedauert man vielfach den Entschluß Herriots und hofft, daß er sich doch dazu bewegen lasse, den Vorsiz der Partei zu behalten und zu seiner Entlastung einen zweiten Vorsigenden, etwa Daladier, an seine Seite zu bitten, bis der im Sommer in Bordeaux stattfindende Parteitag über eine endgültige
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wird die französische Regierung wohl versuchen, ein blommen zu treffen, das dem Ausbruch neuer blutiger AufStände in Marotto möglichst einen Riegel vorschiebt. Seitdem Frankreich 1881 die Schuhherrschaft in Tunis errichtete, hat es die Errichtung einer ähnlichen Schußherrschaft in Marofto nie aus dem Auge gelaffen. Der gewaltige Naturreichtum Marottos an Erzen der verschiedensten Art und die Fruchtbarkeit eines großen Teils feines Bodens haben ihm viele Konkurrenten erstehen lassen, und die schweren Gewitterwolfen, die im Jahre 1911 vom marokkanischen Himmel über Europa heraufzogen, sind noch in aller Erinnerung. Seitdem Eduard VII . im Jahre 1904 mit Frankreich einen Freundschaftsvertrag abgeschlossen hatte, der an Stelle der im Jahre 1881 auf der Madrider Konferenz beschlossenen„ Offenen Tür" Frankreich eine Borzugsstellung in ganz Nordafrika gewährte, hat die französische Durchdringung Maroffos gewaltige Fortschritte gemacht. Der von Abd el Krim geführte Rif - Aufstand hätte sich, wenn er von Erfolg begleitet gewesen wäre sicherlich nicht auf das Ausbruchsgebiet beschränkt, sondern hätte das Ende des französischen Protettorats in ganz Marokko und damit den Zusammenbruch einer seit Jahrzehnten systematisch verfolgten Politik bedeutet. Daraus erklärt sich die Anwendung großer militärischer Mittel durch Frankreich , um einen Sieg Abd el Krims zu verhindern.
Für beide Parteien stand viel mehr auf dem Spiele als nur das Schicksal des Rifs. Gelingt es, die Verhandlungen in Udschida mit einem Friedensschluß zu beenden, der dem
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