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Sonntag

25. April 1926

Aus der Film- Welt

Die Filme der Woche.

Das Feuerroß."

( Kapitol.)

Nach all den vielen Mittelmäßigkeiten, die der amerikanische  Filmmarft uns herübersendet, endlich einmal ein Film von echt amerikanischem Gepräge, ein Film, wie ihn fein anderes Land her vorbringen fönnte, ein großes Stück Geschichte aus der fieberhaft schnellen Entwicklung dieses Erdteils. Ein hohes Lied auf die Kraft und den Sieg der Arbeit, strohend von Freude über die Segnungen der Technik und des Fortschritts, ein Film der Masse, in dem die ein Werk leisten. Wie der frühere Film Die Karawane" bie erste Durchquerung des nordamerikanischen Kontinents durch die kühnen Bioniere feierte, so preist dieser Film den Bau der ersten großen Eisenbahn, die vom Atlantischen bis zum Bazifischen Ozean reicht. Es ist die Zeit nach dem amerikanischen   Bürgerkrieg. Abraham Lincoln   ist Präsident, der fühnen Entschlusses seine Zustimmung zu bem großen Plan gibt und die Militärs, die die großen Mittel für ihre Zwede beanspruchen, energisch zurückweist. Nun strömen die Laufende herbei, wandernde Zeltstädte entstehen, die von beiden Seiten her immer weiter vorrüden. Der Rhythmus der unermüd lichen geduldigen Arbeit( nach der Melodie des Dantee Doodle) durchpuift den Film, der die verschiedenartigsten Typen der Arbeiter aufweist, die aus aller Herren Länder stammen und denen sich bereits auch die Chinesen zugesellen. Unermeßlich sind die Mühen und Strapazen. Bald bleibt der Proviant aus, bald wieder sind Kämpfe mit den Indianern zu bestehen, die gelegentlich zu hochdramatischen Kämpfen sich entwickeln. Rücksichtslos wird die verbrecherische Hab­gier der Grundbefizer aufgedeckt, die die Bahn durch ihr Gebiet lenten wollen und im Bunde mit den Indianern die eine andere Straße fuchenden Ingenieure mit dem Tode bedrohen. In dieses große Epos sind natürlich, entsprechend dem amerikanischen   Ge­fchmad, die übliche Liebesgeschichte sowie der Kampf zwischen dem Guten und Bösen und eine Fülle von lustigen Episoden, die das Leben und Treiben der Arbeiter schildern, hineingewoben. Das große Drama muß sich widerspiegeln in dem fleinen Drama des Helben, eines jungen, frischen Burschen, dessen Bater schon die Idee Der Bahnführung hatte, der aus allen Fährnissen, Intrigen und Rämpfen heil hervorgeht und siegreich das große Werf durchführen hilft. Zum Schluß bekommt er natürlich die Braut, seine Jugend­freundin, nachdem ihr Berlobter als Schurke entlarvt ist. Die Regie führt John Ford  , der eine ungeheure Menschenmenge vortrefflich disziplinierte und allen Schneid kühner Indianerritte fich entwickeln ließ. Von den Darstellern ist nicht viel zu sagen. Alles fügt sich zu einem prachtvollen Ensemblespiel zusammen, aber genannt werden foll doch George O'Brien  , der den jungen Helden sehr sympathisch darstellt. Dem Film voraus geht ein Vorspiel, worin die Tragödie des Mannes dargestellt wird, der trotz aller Verkennung dem fühnen Gedanken der Bahnverbindung vorarbeitete.

, Deutsche Herzen am Deutschen Rhein." ( Primus- Palaft.)

D.

Der Titel läßt Schlimmes ahnen, aber das Ganze verläuft harmloser. Das rheinländische Herz, das sonst wegen seiner Fröhlich­feit bekannt ist, gerät hier stellenweise ins entschieden Sentimentale. Die Franzosen werden mur nebenbei erwähnt, und selbst die Be­freiungsfeier wird nicht einmal zu einem patriotischen Organismus. Hin und wieder stären allerbings goldene Worte den Ablauf des Films. Die Handlung weist darauf hin, daß deutsches Eigentum auch in Inflationszeiten nicht an Ausländer verschleudert werden soll. Hans Schütterhans verlauft feine Maschinenfabrit nicht für einen Dollarsched; seine Braut, ein prächtiges rheinisches Mädchen, bezahlt die Schulden, und dann kommt auch ein großer Auftrag von der Reichsbahn. Der böse Better muß beschämt abziehen, und ein stein­harter Amerikaner entdeckt plötzlich seine weiche Seele und wird zum Wohltäter einer armen Familie. Am Schluß eitel Rührung und Begeisterung. Biele Situationen erscheinen überflüssig, man dehnt den Film, um unter allen Umständen die Befreiungsfeier noch mit zubekommen. Aber man arbeitet zu start auf Rührung hin. Eine alte, verlassene Mutter, die nach Jahren ihre verlorene Tochter wiederfindet, wirft auf das verhärteste Gemüt, besonders da sie Frieda Lehndorff   ohne jebe Bose spielt. Erschütternd das Bild, wenn sie nach dem Tode des Sohnes einsam in der Stube hockt, zusammengefunten, in erfrorenem Schmerz. Die Darsteller und die Regie rettete, was an dem locker gefügten Manuskript zu retten ist. Durch ausgezeichnete Aufnahmen der Weinberge, der Schlösser und Bacherachs werden Lücken in der Handlung verdedt. Der Regiffeur Fred Sauer   verlegt vor diese wirksame Naturkulisse einen Teil des Geschehens. Rein bildhaft gesehen sind diese schmalen, gothischen Gaffen, ausgezeichnet gegeben ist die Atmosphäre der verräucherten rheinischen Gaststuben und der fleinen Handwerterhäuser. Die Dar stellung ist ausgeglichen. Grete Reinwald   spielt das rheinische Mädchen ohne Sentimentalität, gesund, heiter, voll blonder Kraft. Schlettom fann stellenweise nicht vergessen, daß er einmal den Hagen   gespielt hat, er bleibt in manchen Szenen merkwürdig starr und Hans Albers   unterliegt seit langer Zeit wieber einmal feiner Neigung, in betonte Salondämonie zu machen. Titel dieser Art aber, wie Deutsche Herzen am Deutschen Rhein" sollte eine Gesellschaft, die nicht ganz von Courths Mahlerschem Geist besessen ist, fünftig meiden. F. S.

, Seine Söhne." ( Marmorhaus.)

Rudolf Schildkraut   steht uns noch lebendig vor Augen als Shylod in Shakespeares Staufmann von Benedig. Er gab ben gemarterten Juden mit einer Wucht und Kraft, die unver geßlich find. In die Klage des Vaters legte er all die Weichheit eines jüdischen Baters und seine Anklage schrie er hinaus, daß sie uns schmerzlich durchzuckte. In dem neuen Film, der Szenen aus dem New Yorker Judenviertel darstellt, ist er wieder der jüdische

Bater, und wieder hat er Gelegenheit, all die sentimentalen und weichen Züge, den schmerzlichen Humor und den bitteren Schmerz und die Behmut hinreißend zu gestalten. Aber die Kraft und der Troß zuden nur ein paarmal in diesem Lear des Getto auf, der diesmal von seinen Söhnen sich verraten fühlt. Wie im jüdischen Bolen lebt David Cominsky mit seiner braven Frau mitten im New Yorter Einwandererviertel. Neben feinem Straßengeschäftchen ist das Talmudſtudium immer noch seine Lieblingsbeschäftigung. Mitten in der großen haftenden Stadt führt er das beschauliche Leben eines Gläubigen. Aber an seinen beiden Söhnen hat er feine Freude. verkauf ernähren, aber seine Liebhaberei ist der Borkampf, den der Der jüngere energische Sammy hilft zwar die Familie durch Zeitungs­Alte verachtet. Der andere Sohn Morris, der auf Kosten der ganzen Familie studiert, ist zwar scheinheilig, aber als es eine gute Partie zu machen gilt, verleugnet er den Bater. Alle die Demütigungen und Leiden des gekränkten Vaters werden uns vor Augen geführt. Rührend ist es, wie der alte David im stürmischen Schneetreiben über faufen, und dann mantellos zurüdfommt. Ergreifend ist es, wie er, die Straße stolpert, um für seinen Lieblingssohn seinen Pelz zu ver­Sohn ruft und seinen Segen wie jener Batriarch dem zweiten Sohne von schwerer Krankheit niedergestreckt, vergeblich nach demselben Schenken muß. Dieser durch einen glücklichen Filmmatch zu Ehren gekommen, bringt dem Baterherzen den Frieden wieder. Er schleppt den treulosen Bruder direkt von der Berlobung herbei und wirft ihn dem Vater zu Füßen. So endet dieser Milieufilm, in dem sich jüdische und amerikanische   Sentimentalität aufs innigste vereinen. Schildkrauts große Kunst erhebt ihn über die bloße Milieufchilderung hinaus und gibt ihm menschliche Bedeutung. Auch die Nebenrollen waren gut bejezt. Aber gibt es für die Kraft und Originalität diefes Gestalters nicht noch größere Filmaufgaben?

Beilage des Vorwärts

,, Madame Sans Gêne."

( Ufa- Palast am 300.)

Auf seiner Reife durch die Weltliteratur ist der Film jetzt auch bei Sardous wißigem und pointenreichem Drama aus der Napoleon­zeit Madame Sans Gene" angelangt. Da die historische Anekdote hierbei die Hauptrolle spielt, ist der Stoff an sich filmgerecht, wenn natürlich auch der Reiz des Dialoges in der Filmbearbeitung ver­loren gehen muß. Was das Drama mit zwei Worten sagen fann, muß der Film umständlicher verdeutlichen; aber man ist auch sonst einen Stich ins Burleste bekommen, Gloria Swanson   unterstreicht vom Sardouschen Geist weit abgerüdt. Die ganze Handlung hat die Wäscherin von ehemals, die zur Herzogin geworden ist, bei Hof Anstoß erregt durch ihre Recheiten und erst Napoleon felber be­weisen muß, daß sie eine Frau von Herz und Berstand ist. Sie will nicht nur drastisch sein, sondern gerät direkt ins Barodistische hinein, wenn sie die Ungeschicklichkeiten und die Etikettewidrigkeiten über­Baris drehen lassen. Das Milieu ist also besonders in den kaiserlichen treibt. Die amerikanische   Paramountgesellschaft hat den Film in und Dran der Möbel und Trachten ist sicher bis ins Kleinste richtig Schlössern mit großer Echtheit herausgekommen. Das ganze Drum getroffen. Ja, man ist in der Entfaltung des napoleonischen Glanzes bei Festen und Feuerwerken sogar allzu üppig geworden. Bor lauter Ueberfülle verschwinden zeitweise die Hauptpersonen. Vortrefflich find dagegen die Szenen geraten aus der Zeit, da Madame Sans Gêne noch ihre Wäscherei betrieb und dem damaligen Leutnant Napoleon feine Rechnung stundete, da sie mit ihrem Sergeanten Lefebre auf den Ball geht( der Galopp in Bauxhall zeigt wirkliche Tanzleidenschaft) und dem verwundeten Grafen Reipperg das Leben rettete. Gloria Swanson   ist das Mädchen aus dem Volke mit dem Mutterwitz und gesunden Gefühl in Person, sie ist mit dem feden Näschen und dem gaminhaften Zuden des Mundes franzö fischer als eine Französin. Aber muß sie sich gar so tölpelhaft bei Hofe aufführen, nur um billige Lacherfolge zu erzielen? Von der übrigen Belegung ist nicht viel zu sagen: Drains Napoleon ist Das Heiraten ist solche Sache, namentlich, wenn der Verlobte ein Provinzfrämer, der Neipperg Wards zwar elegant und höfisch von dem Nebenbuhler bezichtigt wird, den Küstenverteidigungsplan genug, aber ohne Leben. Mit Komitermimit gibt Favieres den gestohlen zu haben. Aber es fommit alles ins Lot und die Re- intriganten Fouché  . Ein faftiges Stück Natur liefert M. Guitty mit ihrer runden Waschfrau. giffeure Frant Urson und Baul Jribe benutzten das Durcheinander, um einen Film aufzuziehen, der jenseits aller Grenzen des mög lichen spielt. Man sieht darüber hinweg, daß von Filmvorgängern verwertbares Material entlehnt wurde. Man wird zu famos unter holten. Es ist kein Bierult, es ist echt amerikanischer Humbug mit Tempo vermischt. Mitunter wirft legteres allein. Zuweilen holt man nur photographisch Sondereffekte heraus, so, wenn bei einer allgenieinen Balgerei es plötzlich dunkel wird und man einzig einen Wirrwarr huschender Schatten erkennt. Lachsalven sind nicht zu unterdrücken, und Beifallsstürme auf offener Szene blieben nicht cus. Biola Dana war blaß im Spiel, das lag nicht an ihr, son­dern an der Rolle. Raymond Griffith   stand zu Recht im Mittel­punft. Der vergnüglich stimmende Raymond ist so gewandt mie eine Stage, so brollig tolpatschig wie ein Bär. Die Ufa- Wochenschau brachte Sensationen, Katastrophen und Interessantes aus aller Welt.

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Heiraten ist kein Kinderspiel." ( Tauenhien- Palast.)

Panzerkreuzer Potemkin  

Der Aufstand der Matrosen

vor Odessa   im Juni 1905

Regie: S.M. Eisenstein  

Das gewaltigste russische Filmwerk URAUFFÜHRUNG  

ab Donnerstag, den 29. April

Apollo Theater

Friedrichstraße 218 ( Untergrundbahn Kochstraße)

D.

e. b.

Qualen der Nacht." ( Richard- Oswald- Cichtspiele.)

T.

einem Broblem ausweicht, und dessen eigenes können bloß so weit Das Bublifum will nur Gesellschaftsfitsch, sagt jeder, der selbsh reicht, breitausgetretene Wege gehen zu dürfen. Dennoch, das Publikum interessiert sich auch für schwierige Fragen und verzwickte Lebensangelegenheiten. Das bewies der Beifall, den die Qualen der Nacht" fanden, obwohl der Regiffeur Kurt Bernhardt   für Karl Budmayers Ideen nicht die richtige Lösung fand. Der Sohn des reichen Fabrikanten liebt ein Schreibmaschinenmädel. Das ist natürlich dem herrschsüchtigen, brutalen Vater nicht angenehm, und strophe Das Liebespaar verläßt das Haus, verjucht im Ausland als er aufgebracht den Sohn ohrfeigt, tommt die Familienfata­fein Glüd. Dort wartet aber nichts als Unglüd auf die Beiden. Endlich bekommt er Arbeit als Kohlenschipper. Er märe förperlich verfommen, wenn nicht ein Arbeiter fich seiner angenommen hätte. Der nimmt die Beiden bei sich auf, fie führen ein idyllisches Leben, doch geht der junge Mann wieder heim zu seinem Vater, und die Liebe der jungen Frau ist zum Arbeiter hinübergewechselt. Das wird im Film, ebzwar es sehr gut möglich wäre, logisch gar nicht begründet. So wirkt der Schluß befremdend. Oder hat man die Entwidlung herausgeschnitten? Schauspielerisch ist der Film voll tommen falsch angelegt. Tiefftes Geelenerleben soll geschildert wer­den, da muß man im Mienenspiel knappste Mittel gebrauchen. Hier sieht man nur hohle Gesten. Auf der Bühne kann man durch Aufschrei, Stöhnen Wirkungen erzielen, der Film ist stumm, der aufgerissene Mund wirft unmotiviert, wenn nicht gar lächerlich. Die Einzige, die angängig spielte, war Claire Rommer  . Thre Routine fonnte der Regisseur ihr nicht nehmen. Wilhelm Die­ terle   hette als Arbeiter, dank seiner Körperlichkeit, gute Momente. Er legt alle Rollen schwer an, das war diesmal sehr zutreffend, doch muß dieser Schauspieler im Film ftets zu einer gewissen Zu rüdhaltung gezwungen werden. Die Immer- feste- druff" Devise ist für ihn nicht angebracht. Der Film zeugt oft von sehr netten Beob achtungen, doch fehlte die Geschlossenheit. g.

, Der Prinz und die Tänzerin." ( Gloria- Palast.)

Wenn man das diesem Film zugrunde liegende Manuskript betrachtet, ringt man sich vielleicht zu der Ansicht durch, daß Alt­Heidelberg und Förster- Christel sehr ernst zu nehmende Arbeiten find. Also, die Tänzerin hat Talent zur großen Kolotte und der Prinz ist ein unverdorbenes Bürschchen. Die Tänzerin hat nicht nur viele Verehrer, fie hat auch eine lugiös eingerichtete Villa, doch menn Mutter Geburtstag hat, erscheint sie bei der alten Frau mit vielen Bateten bepackt als fleines, einfaches Mädel. Und auf dem Berded eines Omnibusses, auf der Fahrt zu Muttern, lernt der Prinz die Tänzerin fennen. Natürlich lieben sich beide sofort, er liebt zum ersten Male überhaupt und sie liebt zum ersten Male echt. Nach diversen, bildlich vorzüglich ausgenuzten Zwischen­fällen, Familienidyllen, Ausflügen in Schneelandschaften, Tanz­fzenen und einer unglücklichen Berlobung, fommt ein guter Ab­schluß, denn jeder hat, was er braucht, die Tänzerin einen Galan und der Prinz was für's Herz. Wer von all den prinzlichen Liebesgeschichten und den daraus entstehenden Ansprüchen der barin verwickelten, verdienstvollen Dämchen genug hat, wird durch den Titel schon abgeschreckt. Wer aber eine Unterhaltung auf jeden Fall sucht, fommt auf seine Kosten, denn Eichberg hatte bie Regie. Er führt alle oft ausgeprobten und noch neue, fein überlegte Bildwirtungen ins Treffen. Lucy Doraine   ver. förperte die Hauptrolle mit großem Erfolge, wenn sie auch nicht nuancenreich genug spielte Ein Tanz in der Manier der Man Murray fand besonderen Beifall. Willi Fritsch   blieb frets frisch und natürlich, selbst dann noch, wenn er schmachtend viele Szenen füllen mußte. Heinrich Gärtner   forgte für eine lobensmerte Photographie.

e. b.

Preussengold

Edelcigarette Phänomen

Die

Marke für Kenner

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