gefaßt werden können und nur in Wirksamkeit treten fönnen, wenn weitere Beschlüsse über eine entsprechende Einnahme erhöhung vorliegen. Das wird ein unumgänglicher Grundsatz der Parlamentspraxis und des Budgetrechts werden müssen, der nach meiner Ueberzeugung auch gefeßlich festgelegt werden muß, da die Steuerfenfungen sonst ein untragbares Rifito in fich schließen würden. Das Hohe Haus wird deshalb zu dieser Frage Stellung nehmen müssen."
Diese Worte besagen nicht mehr und nicht weniger, als daß Herr Dr. Reinhold dem Parlament das Budgetrecht nehmen möchte. Denn wenn der Reichstag „ Erhöhungsbeschlüsse nur im Benehmen mit der Regierung faffen tann", so bedeutet das praktisch, daß der Reichstag an die Boranschläge der Regierung gebunden ist, sofern und soweit diese an ihren Voranschlägen festhält. Der Hinweis auf ,, die in England befolgte Pragis", mit dem Herr Dr. Reinhold feinen schweren Bissen verdaulicher machen will, ift gänzlich abwegig. Einen außerhalb des Barlaments ftehenden Finanzminister, wie es&. B. Dr. Reinhold ist, fann es in England nicht geben. Ein jedes Kabinettsmitglied, ja fogar jedes Mitglied des Ministeriums, was in England feineswegs identisch ist, muß einen Sig in einem der beiden Barlamente haben. Im Gegensatz zu dem, was in England durch die jahrhundertelange Braris geltendes Recht geworden ist, haben wir in Deutschland zurzeit, und dieser Fall kann jeden Tag von neuem eintreten, eine Regierung, von der mehrere Mitglieder außerhalb des Parlaments stehen und beren Leiter sich sogar rühmt, nicht einer Partei und nicht bem Barlament anzugehören, sondern überparteil ich" zu sein. Es soll hier davon abgesehen werden, auf diese ,, leberparteilichkeit" und das mit ihrer Hilfe versuchte Spiel nach zwei Seiten des Näheren einzugehen. An dieser Stelle foll vielmehr nur der grundsägliche Gegenjas zwischen unseren deutschen und den englischen Berhältnissen und damit der grundsägliche Irrtum Dr. Reinholds betont werden. In England mit seinen drei Parteien eine Regierung, die nur als ausführendes Organ der jeweiligen Regierungspartei Leben und Betätigungsmöglichkeiten befigt. In Deutschland mit der Berflüftung seiner Parteiverhältnisse nach dem Wunsch von Herrn Dr. Reinhold neue Verfassungs beftimmungen, die die Regierung mindestens in allen Budget fragen zu einem dem Parlament übergeordne ten Organ machen würden. Herr Dr. Reinhold scheint bei feinem Hinweis auf England auch ganz übersehen zu haben, daß England zwar in seinem Oberhaus eine Oberhaus eine 3weite Rammer befigt, wie fie die Rechtsparteien im Reichsrat schaffen möchten, daß aber nach jahrzehntelangen schweren Kämpfen zwischen Unter- und Oberhaus seit 1911 auf gesetzlicher Grundlage allein dem Unterhaus das finanzielle 3nitiativrecht zusteht und das Oberhaus nur noch eine beratende Stimme, also weniger Einfluß befißt, als heute der Reichsrat hat.
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eingriff, den Obermatrofen Scheyfa erschießen ließ, obschon der zuständige Gerichtsherr überhaupt nicht gehört worden war. Troß dieses eigenmächtigen Rommandos zur Tötung eines Mannes, der ein Gnadengefuch eingereicht hatte, ist Schröder der verdienten Strafe entgangen. Er ist nicht verhaftet und abgeurteilt worden, wie der Bor wärts" Anfang 1919 verlangt hatte, vielmehr hat er sich straf. los jedem Putsch bereitwilligst zur Verfügung stellen fönnen. Außerdem bezieht er noch immer, ohne zu erröten, von der Republit eine fette Pension. Die läßt ihn gut leben und Führergedanken" entwickeln.
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Artifel feinen Mund so voll genommen hatte, er brachte einmal nicht den Mut auf, fich offen als Artikelschreiber zu bekennen, ob gleich er die ganze Zeit über in der Schform die Deutung seines Inhalts gab, erklärte mun, daß er die demokratische Republik über. Haupt gemeint habe, nicht aber die deutsche Republik als solche. Das hätten auch natürlich seine Lefer verstehen müssen, an denen er Tag für Tag seine vortreffliche Erziehungsarbeit leistet. Bort Leichentuch" rufe ja die ganze Reihe von Borstellungen her. vor: Dolchftoß, Novemberverbrechen, die verdorrte Hand Scheide manns usw. bis Gflarz. Ebensowenig enthalte der Artikel eine Be schimpfung der Reichrsegierung. Denn die deutsche Regierung fei ja ia nichts anderes als eine Sachwalterin von fremden Staaten.
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Der Staatsanwalt blieb jedoch bei seiner Auffassung und beantragte statt einer verwirkten Gefängnisstrafe- das Gefeß zum Schuße der Republit tennt in diesem Falle feine Geldeine Umwandlung in eine Geldstrafe von 100 Mark. Dr. Lipperts Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Herold, hielt eine groß angelegte politische Rede, die für seine Reise als völlischer Bertreter im Reichstag sprach. Er identifizierte fich mit dem In halt des Artifels und ohrfeigte sich selbst, indem er den Ausdruck fchleimig" erft als ästhetisch geschmucklos bezeichnete, hinterher aber meinte, daß das Wort schleimig" besonders treffend die deutsche Verfassung charakterisiere.
Bei dem Bertretertag des NDD. gedachte er nach der in diesem Punkte wahrscheinlich zuverlässigen Kreuz- Zeitung " ,, des Kaisers und der deutschen Bundesstrafe fürsten , sowie des Generalfeldmarschalls( nicht Reichspräfidenten! Red. d. B.") v. Hindenburg , der Ehren mitglied des Berbandes ist"! Bon diesem Ehrenmitglied erwartet Schröder, daß er mittel und Wege finden werde, die gesetz- und verfassungswidrige Berau bung und die pöllige Rechtlos machung der deut schen Fürstenhäuser zu verhindern"!
Um jeden zweifel an seinen Absichten und denen seines Berbandes auszuschließen, ftellte er als Ziel des NDO. auf: „ Ein befreites und wieder geachtetes deutsches Baterland unter bem mächtigen Schuh und Schirm der deutschen Kaiserkrone der Hohenzollern ."
Hindenburg hat die republikanische Berfaffung beschworen und bis heute fie loyal gehalten.
Was hat der republikanische Reichspräsident noch als Ehrenmitglied in dem Verbande der Put. chi sten zu tun? Wieviel Tattlosigkeit der Führer" gehört übrigens dazu, dieser Ehrenmitgliedschaft befonders zu erwähnen in dem gleichen Augenblid, da der Um ft urz der Republik und die Wiederherstellung der Hohen301lerntrone als Ziel proflamiert wird! Freilich, der Boltsentscheid über die Fürsten ansprüche wird mit dem Hohenzollerntum endgültig ein Ende machen trotz der Redseligteit pensionierter Führer", deren Name die Scham über das Bluturteil von 1918 wieder machruft. Wenn die Herren schon feine Strupel darüber empfinden, daß sie von der verarmten Republik die vielen Tau jende an Ruhegehalt beziehen, dann sollten sie doch wenigstens soviel Taft aus ihrer Kinderstube gerettet haben, den Mund zu halten und nicht immer aufs neue dem Volfe zu zeigen, wieviel Nichtarbeiter von der Republit glänzend er halten werden, während millionen von Arbeitern hungern und barben müssen!
Das„ Deutsche Tageblatt" freigesprochen. Die Sozialdemokratie wird allen Versuchen, die verEs bebeutet augenblicklich immerhin einen nicht alltäglichen faffungsmäßigen Rechte des Parlaments einzuengen, gleich Fall, daß einem der jungen Leute, die fich Tag für Tag in der Beviel von wem und aus welchen Motiven fie gemacht werden, schimpfung der deutschen Republif üben, burch Antlageerhebung ein fchroff entgegentreten und sie zu vereiteln wissen. Herr wenig das Handwerk erschwert wird. Diesmal war es Herr Dr. Julius Dr. Reinhold sollte Befferes zu tun haben, als Dinge zu beippert, der im Deutschen Tageblatt" als verantwortlicher Retreiben, bei denen weder Erfolge, noch Lorbeeren zu blikanischen Staatsform bas Schlimmste an Geschmacklofigkeit ge batteur einen Artikel gezeichnet hat, der sich in der Kritik der repu holen find. Leiftet hat, was sich ein normal fühlender Mensch vorstellen tann. Nachdem der Artikelschreiber sich in den üblichen Beschimpfungen der Demokratischen Partei und ihrer Bresseorgane gefallen und von Krippenwirtschaft", Barmat" und bergleichen mehr gefafelt hatte, meinte er, zum Unglück der Deutschen hat die schleimige und breiige demokratische Republif gewissermaßen ihr Leichentuch über das Land gelegt". Ueber die Regierung fagt er:„ BRD . Gouverne ment der Reparationsfolonie Deutschlands, versehentlich noch Reichs: regierung genannt". Herr Dr. Lippert hatte sich heute vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zu verantworten. Den Borsiz führte Landgerichtsdirektor Dr. Gay L. Die Anflage, die auf Beschimpfung der republikanischen Staatsform und ihrer Regierung lautete, wurde von Staatsanwalt Dr. Burkhardi vertreten.
Pensionierte„ Führer." Admiral Schröder und sein NDO. Der sogenannte„ Nationalverband deutscher Offiziere" hat in Berlin einen Reichsvertretertag abgehalten. An der Epiße dieses Berbandes steht jener. frühere Admiral v. Schröder, der erst fürzlich in seiner Auseinandersehung mit Ludendorff feierlich bekräftigte, daß er sich noch je de mi Butsch bereitwilligst zur Verfügung gestellt habe. Es ist derselbe Schröder, der noch am 10. November 1918, indem er unzulässigerweise in ein Militärgerichtsverfahren
Der Mann im Sattel.
Bon Hans Bauer.
Sven Hedin , der in Tibet so zu Hause ist, wie er es in der deutschen Politik nicht ist, Sven Hedin , der große Forscher und fleine Politiker, ist bei Wilhelm in Doorn gewesen und ist auf das fpru delnde Temperament, die außergewöhnliche Wärme und die bligen den Augen" der Ausreißermajestät prompt hereingefallen. Er hat sich aber nicht damit begnügt, die Gebärden des Egkaisers zu hestaunen, sondern er hat sich auch in deffen Wohnung umgefehen und festgestellt, daß Wilhelm sich einer sehr originellen Sitzgelegenheit bedient, wenn er sich an feinem Schreibtisch zu schaffen macht. Er lehnt sich da nämlich nicht, wie andere Menschen, bequem in einen Etuhl, sandern er hockt auf einem Sattel, der natürlich nicht nur ein schlichtes Reitzeug ist, sondern, wie alles um diesen Mann herum, feine besondere Tradition und Geschichte hat: es ist eben der Sattel, den Wilhelms Sigfleisch dereinst bei den Kaiserparaden gedrückt hat. Da jigt er nun also, über seine Bücher und Schriftstücke gebeugt, der abgetakelte. Herrscher der Deutschen , und von dem Gegenteil jeines Kopfes her wird seine Gebantenkraft beständig durch die Er innerung an jene herrlichen Zeiten befruchtet, als er noch behaupten fonnte, uns ihnen entgegenführen zu wollen. Hin und wieder mag ihn die Gefahr umlauern, der schließlich auch zuweilen ein Staijer ausgesetzt ist, die Gefahr, sich in eine fremde Idee zu verirren und in eine fremde Gefühlswelt eingesponnen zu werden. Rechtzeitig mahnt ihn dann die gespreizte Beinhaltung daran, daß er ja eigent lich auf den hohen Pferde sigt, von dem herab nur die Kommandoftimme des Leutnants und die Uniform des Generals Geltung hat. Rein physisch prädestiniert der Sitz auf dem Sattel zur Straffheit und Eckigkeit der Körperstellung. Für Wilhelm bedeutet sie gewiß ein treffliches Abbild der geistigen Haltung. Auch am Schreibtisch will er Parade abnehmen: Gedantenparade. Er sißt auf seinem Bock, und die Worte und Säße müssen fein ausgerichtet daher tommen. Sie fönnen hohl flingen wie der Stechschritt eines Grenadiers. Macht gar nichts. Aber sie müssen ihm Achtung bezeugen und in die Formen seines Systems fich einfügen laffen.
Man muß es sagen: Der Sattel vorm Schreibtisch ist die ideale geistige Ausdrucksform dieses Kaiſers: Immer hoch zu Roh. Auch in feine Welt der Tinte trägt er die Pose der Berittenheit hinein. Vielleicht schwebt ihm der Gedanke vor, die Haltung des Ebel mannes in jeglicher Lebenssituation wahren zu müssen. Aber ach, er nimmt alles wörtlich und versteht immer Aufgerichtetheit, wo er Aufrichtigkeit verstehen sollte.
Ein unheimliches Spufmotiv für einen phantaftischen Roman: der Mann. der den Schein mit dem Sein verwechselte und der an dem Schein noch festhielt, als das Sein ihn zerstört hatte. Der Mann, der aus dem Sattel geworfen wurde und der über den Umfang der Katastrophe sich dadurch hinwegtäuschte, daß er sich in den Sattel jezte.
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Herr Dr. Julius Lippert versuchte eine lahme Berteidigung, die einem feigen Kneifen verdammt ähnlich sah. Er, der in dem
Aus Ellen Keys Leben.
Das Gericht erfannte auf Freispruch. Der Borsigende führte in der Begründung aus, daß der§ 8, 3iffer 1 des Republitschuß= gefeßes eine Beschimpfung oder Herabwürdigung der Republik vor ausseßt, die in besonders rohen oder besonders verlegenden Ausbrüden erfolgt ist und eine Berächtlichmachung in sich birgt. Die Berhältnisse liegen jedoch im Augenblick so, daß die Presse im politischen Kampfe gegenseitig sich sehr scharf angreift. Unter folchen Umständen find die gebrauchten Ausdrüde nicht als befonders roh und als besonders verlehend zu betrachten, wenn ste auch eine Berachtung in fich schließen. Was die Beschimpfung der Regierung betrifft, so ist nicht erwiesen worden, daß die ge brauchten Ausbrüde besagen wollten, daß die Regierung ſelbſt den Zustand verschuldet habe.
Als in Magdeburg , in einem völkischen Blatt, dem Reichsaußenminister Dr. Stresemann vorgeworfen wurde, er sei von der Tschechoslowakei be sto dhe n, erklärte der Vorfitzende des Gerichts, der ehrenwerte Herr Bewersdorff, ein solcher Vorwurf gehe nicht weit über das im politischen Rampf üblich gewordene Maß hinaus! Die Ehre des Außen ministers wurde deshalb nur mit 100 m. tagiert. Dieses Urteil gehörte zu denen, auf die sich der Reichsjustizminister Dr. Mary berief, als er von der Tribüne des Reichstages herab erflärte, es habe feinen 3wed, den Schutz der Gerichte anzu rufen, wenn man von vornherein wiffe, daß man dochschuhlos fei. An diese Begründung wird erinnert, wenn man hört, daß das Gericht den völkischen Schimpfhelden Dr. Lippert freigesprochen hat. Die Beschimpfungen der Republik find nach Meinung des Gerichts nicht so roh und gemein, daß sie bestraft werden müssen. Die Beschimpfung der Regierung ist nicht nach weislich eine Beschimpfung. sondern angeblich nur eine Feststellung objettiner Tatsachen! Das Gericht verwandelt sich zum pölti fchen Tribunal und spricht völtisches Recht. Wie lange will man eigentlich noch ange dyts eines solch standa lösen Berhaltens die Fiktion von der absoluten Objektivitä Eine Begründung, wie sie in diesem Prozeß für das fre ber deutschen Richter in politischen Prozessen aufrechterhalten? fprechende Urteil gegeben worden ist, fönnte von einen Parteigericht auch nicht anders gegeben sein. Die C richte madhen mit solchen Urteilen die Republit fchuglos, e geben jedem Schimpfhelden einen Freibrief. Aber sie sollen sich nicht täuschen. Am Ende dieser Standale steht die gründliche Ausräucherung solcher Rechtspflege, die mit gründliche Ausräucherung solcher Rechtspflege, die mit Recht nichts mehr zu tun hat.
Der jugoslawische Parteiführer Jowanowitsch ist auf Betreiben des alten Baschitsch aus der radikalen Partei ausgeschlossen worden. Der offoberschlesische deutsche Abgeordnete Ulig, der im„ Bolks. bund".Brozeß mit verfolgt werden sollte, ist vom Rattowißer Sejm nicht ausgeliefert worden.
Ellen Ken, die große Berkämpferin für Frauenrechte und Frauenwesen, schöpfte die reiche Erfahrung, die sie in ihren Büchern ausgebreitet. aus ihrem eigenen Leben, und der Zauber, der von ihrer Persönlichkeit ausging, fam von dieser Wärme und Ueberfahren Einspruch zu erheben, das Bauaufgaben, die für den fünft zeugungskraft eines echten Gefühls. Sie war bie Tochter eines Gutsbesigers und bedeutenden Bolitikers, der fein Geschlecht auf schottischen Ursprung zurüdleitete. Aber seit dem Dreißigjährigen Kriege war die Familie in Schweden heimisch. Der Urgroßvater Ellens war ein großer Berehrer Rousseaus und gab feinem Sohn, ber sich im politischen Leben auszeichnete, den Namen Emil. Diese Rouffeau Berehrung, die in ihrem Geschlecht erblich war, zeugt von dem starken Erziehungs- und Besserungsstreben, das bereits in dem jungen Mädchen durch Ueberlieferung eingepflanzt war. brachte ihre Jugend auf dem Lande, und auch später, als fie gezwungen war, in Stockholm zu leben, hat sie doch nicht aufgehört, fich als Landlind zu fühlen; auf ihrer ländlichen Besigung hat sie den schönsten Teil ihres Daseins verbracht und ist jetzt bort zur Ruhe eingegangen.
Sie ver
Opernhausumbau und Architektenschaft. Der Umbau des Berliner Opernhauses, dessen Durchführung das Finanzministerium nach eigenem Plane in aller Stille gesichert hat, gibt dem Bunde Deutscher Architekten als der Bereinigung freischaffender Baufünstler Deutschlands Beranlassung, mit aller Entschiedenheit gegen ein Berferischen Ausdruck eines der historisch- repräsentativen Bläge der Reichshauptstadt von einschneidender Bedeutung sind, der Kenntnis und damit der Stellungnahme der Deffentlichkeit entzieht. Der Bund Deutscher Architekten hält sich zu der Forderung für berufen, daß ein Bauprojekt wie diefes, auch wenn es ein Provisorium darstellt, vor der Ausführung der Staatlichen Akademie des Bauwesens als der für die Fragen dieser Art zuständigen Instanz vorgelegt wird. Sie hätte darüber zu befinden, ob der geplante Umbau diejenige Lösung der Aufgabe darstellt, die sich in Berücksichtigung der gegebenen Berhältniffe wünschen läßt und ob eine Diskussion der Frage vor der Deffentlichkeit am Blaze ift. Mit diesem Einspruch wendet sich der Bund gegen die vom Finansministerium beliebte Ueberrumpelung der Deffentlichkeit, um nicht ein Schweigen zu be wahren, das als Duldung, wenn nicht als Einverständnis mit jenem Berfahren ausgelegt werden fönnte. Leider aber haben ja alle diese Broteste nur literarischen Wert, da die Durchführung des vom Finanzministerium durchzuführenden Projekts schon beschloffene Sache war, als die Deffentlichkeit davon Kenntnis erhielt.
Ellen Ren hat ftets in ihrer Kinderstube die Reime ihrer ganzen Entwicklung aufgefunden. Sie wuchs in einem wohlgeordneten, bellen Heim auf, gefördert ven einen bedeutenden Bater und einer sütigen Mutter, ohne je eine richtige Schule zu befuchen, von Privat lehrern unterrichtet. Die Mutter stand auf dem Standpunkte, daß man die Kinder fich frei entwickeln lassen müsse und nichts weiter tun törme, als ihre natürlichen Anlagen zu beachten und zu pflegen. Diese Erziehungsmethode, die ihr bei Ellen so vorzüglich glückte, iftylograph stellte sich Brenner in der schwierigsten Zeit der sozia von der Ken dann später zur Grundlage ihres Systems gemacht worden, mit dem fie das Jahrhundert des Rindes" einleitete. Uebrigens gewann die deutsche Dichtung schon früh einen großen Einfluß auf ihre Weltanschauung. Goethes Hermann und Doro thea" erschien ihr als das Ideal einer harmonischen Lebensauffaffung, und immer hat sie sich zu Goethe bekannt.
Ich lernte viel, viel aus den Büchern, aber noch mehr draußen im Walde und auf dem Felde," hat sie selbst von ihrer Jugend erzählt. Die Freiheit, die in der Natur herrscht, war auch in meinem Elternheim zu Hause. Als ich schon etwas tonnte, nahm ich mir die Gutskinder ver, unterrichtete sie und schuf ihnen eine Bücherei." Diefer Hang zum Lehren, der tief in ihrem Besen wurzelte, fonnte sich erst entfalten, ais fie mit 30 Jahren gezwungen war, fich auf eigene Füße zu stellen. Der Vater hatte ein Bermögen verloren; nun mußte sie selbst eine Schule eröffnen und vereinigte mit ihrer Lehrtätigkeit das wirken für ihre sozialen Anschauungen. Ibsens und Björnsons aufrüttelnde Schriften hatten den tiefsten Eindrud auf fie gemacht; fie gründete eine Arbeiter- Afademie", durch die fie für die Hebung des Bildungsniveaus und für die Annäherung der Klassen untereinander wirtte. Ueber den Rechten der Frauen, für die sie eintrat, vergaß sie aber auch nicht ihre Pflichten, und bas Unvergänglichste in ihrem Wert war es gerade, daß fie als Krone und Blüte alles Frauenlebens die Mutterschaft hinstellte, die andere Frauenrechtlerinnen über dem Wettkampf mit dem Manne vergaßen. Sie selbst, die das Glück der Mutter so begeistert ge. priesen und fich fo fein in die Seelen der Kinder verfenft hat, mar niemals verheiratet, aber auch von ihr galt das tiefe Wort der Ebner- Eschenbach :" Die Kinderlofe hat die meisten Kinder."
Der Altmeister der württembergischen Arbeiterfänger felert in diefen Tagen fein vierzigjähriges Dirigentenjubiläum. Als junger liftischen Bewegung zur Verfügung und hat seitdem außerordentlich Derbienftliche Leistungen für die Arbeiterfänger- Bewegung vollbracht. Noch heute steht der Jubilar, deffen Kompofitionen weit über die Grenzen feiner engeren Heimat hinaus befannigeworden find, als Chormeister an der Spige der größeren Arbeitergesangvereine in Württemberg.
Die fterbende Rezitationsfunff. Der foeben burchgeführte öffentliche Wettbewerb der englischen Gesellschaft für Dichtkunst im Rezitieren von Gedichten hat das Ergebnis gehabt, daß von neunzehn Kandidaten nur ein einziger überhaupt würdig befunden wurde, fidh um die goldene Medaille der Gesellschaft zu bewerben. Bo allen anderen behaupteten die Preisrichter, fie feien entweder in der Stinimbehandlung oder in der Auffassung des geistigen Gehaltes oder schließlich in der Behandlung der Berse und Reime Dillettanten. Die meisten gefielen sich in einer übertrieben emphatischen Tonart, und viele agierten, wie wenn sie als Schauspieler auf der Bühne tänden. Uebrigens waren unter den neunzehn Kandidaten sechzehn Frauen, unter ihnen auch die Preisträgerin.
Jm Theater am Schiffbauerdamm surde die Erstaufführung von Eichen borks Luitipiel. Die reier( Bearbeitung und Regie Otto Boff) auf ben 8. Mat verlegt. Bis dahin geht allabendlich Marlborough" in Szene. Deutschlands flaffi'che Annft behandelt als Borbereitung für eine Bfingit. reife Dr. Cobn Biener in einem Lichtbildvortrag Donnerstag 8 1hr, in der Aula Dorotheenstr. 12.
Eröffnung der Internationalen Kunstausstellung in Venedig . Die 15. Inter nationale Kunstausstellung ist in Gegenwart des Königs und der Minister eröffnet worden.