Luther über Deutschlands Wirtschaft. Eine Rede vor dem Industrie- und Handelstag.
Im Plenarsizungsfaal des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates begann heute vormittag die Bollversammlung des Deutschen Indu strie- und Handelstages. Reichsfanzler Dr. Luther führte in einer Ansprache aus:
Benn wir heute die allgemeinen Zustände in Politik und Wirtschaft mit den Verhältnissen bei Kriegsende, somie bei Beendigung Des Ruhrkampfes vergleichen, so sehen wir, daß sich in einer ver hältnismäßig nicht langen Zeit
die Lage Deutschlands erheblich verbessert hat. Dieser Feststellung steht allerdings die Notlage der deutfchen Wirtschaft gegenüber, die uns zeigt, daß wir von einer mirtlichen Genesung noch weit entfernt find. Die Erwerbslosen ziffern find erschreckend; dazu ist die Eingliederung Deutschlands in das Weltwirtschaftsgetriebe noch lange nicht in dem Maße erfolgt, wie es notwendig ist. llm bie uns auferlegten Laſten abzutragen und die aus unserer Berschule bung entstandenen Zinsverpflichtungen abzudecken, brauchen wir eine attive Handelsbilanz. Es hat sich in der legten Zeit unver fennbar eine Verschiebung der Handelsbilanzverhältnisse ergeben. Seit Ende 1925 ist unsere Ausfuhr im Steigen. Daneben besteht die Tatsache, daß Deutschlands Anteil am Belt handel, der 1913 ein Achtel betrug, 1925 nur noch ein Bierzehntel aitsmachte. Dazu kommt, daß die 3iffern der Erwerbs= losen und Kurzarbeiter eine Höhe erreicht haben, die den entsprechenden Zahlen bei Beendigung des Ruhrkampfes und mäh. rend der Nachwirkungen der Inflation nicht viel nachstehen. Es muß auch festgestellt werden, daß in anderen Jahren sich zu dieser Seit eine weit fühlbarere Befferung der Arbeitsverhältnisse gezeigt nat. Dennoch wäre es das Berfehrteste, angesichts dieser Zahlen mutlos zu werden. Wir fönnen jezt aber in dem Bewußtsein an Die Arbeit gehen, daß mir nicht mehr auf Sand bauen, daß die wirtschaftliche Genesung beginnt, wenn nicht unvermutet neues Unheit eintritt. Die Anzeichen bafür sehen wir in den
Zunahme der Spartäfigkeit,
ohne die fein Wiederaufbau möglich ist, in dem Wachsen der Spareinlagen und Bankdepofiten, in dem vermehrten Abfaz von Pfand briefen. Es ist heute die Shinde gefommen, wo von der Wirtschaft jede nicht unbedingt erforderliche Untoftenbelastung genommen merden muß. Die Reichsregierung begrüßt daher jede Sentung der 3ins und Previsionsjage, und hofft, daß auf diefem Wege weitergeschritten wird.( Beifall.) Den Gefahren der
Aufwertungsbestrebungen, die völlig unerfüllbar find, ist seitens der Reichsregierung durch einen Gefeßentwurf entaegengetreten worden. Das Ziel, ruhige Berhältnisse zu haffen, ist Leitschnur der Regierungspolitit in der Innen- und Außenpolitit, damit auch das ausländische Rapital fich bereit findet, für unseren Wiederaufbau tätig zu sein. So umstritten die einzelnen Probleme auch find, so kann ich doch feststellen, daß im letzten Jahre
wichtige Fortfchriffe in der Befriedung Europas gemacht worden sind. Als ich im vorigen Jahre an dieser Stelle sprach, mar das Ruhrgebiet und die erste Rheinlandzone entgegen den uns gemachten Bersprechungen noch befeht, mährend sie heute frei sind. Auch die Verhandlungen in Genf gehen trop des noch nicht erfolgten Beitritts Deutschlands zum Völkerbund weiter, und mit dem inzwischen abgeschlossenen
Bertrag zwischen Deutschland und Rußland ist ein weiterer erheblicher Fortschritt auf der Bahn der friedlichen Zusammenarbeit in Ergänzung der Verhandlungen von Locarno erzielt worden. Hin fichtlich dessen, was der Staat für die Wirtschaft tun tann, dürfen wir natürlich nicht in die Fehler der Bortrisezeit zurückfallen. Es ist selbstverständlich, daß Deutschland , das globe Gebiete vers loren hat, nach Möglichkeit eine Stärkung des inneren Marites erstrebt Bie notwendig eine Stärkung ber. Landwirtschaft ist, dafür hat die vorige Ernte ben Beweis geliefert. Die Absicht Der Reichsregierung, der Landwirtschaft nach Möglichkeit zu helfen, will ich an dieser Stelle nochmals unterstreichen. Gleichzeitig müfien mir aber alles tun, um uns in den weltwirtschaftlichen Baren. austausch so start wie möglich einzufügen, und zwar durch
Handelsverträge, durch internationale Berständigung und durdj private Berständigungsmaßnahmen.
Den Arbeiten der Weltwirtschaftsfonferenz ist vom
deutschen Standpunkt bester Erfolg zu wünschen. Wie notwendig private Berständigungsbestrebungen find, beweist das Beispiel der Rohle, deren Produktionsmöglichkeiten außerordentlich gesteigert worden find.
Die berechtigten Bünsche der beteiligten Wirtschaftskreise müssen oft zurüdgedrängt werden im Gebanten an die Schicksalsgemeinschaft des deutschen Boltes. Deshalb richte ich an dieser Stelle die dringende
Bitte an die Wirtschaft, den Sorgen der deutschen Landwirtschaft in jeder Weise Rechnung zu tragen. Unser Hauptziel bleibt die Erhöhung des Warenaustausches zur Kräftigung der Wirtschaft der Welt und damit auch Deutschlands . In erster Linie wird unsere Aufgabe aber immer die Pflege der Qualitätsarbeit sein. Die Reichsregierung ist vor allem be müht, in Rußland gewissermaßen eine industrielle Ausrüstung und damit neue Absatzgebiete für die deutsche Industrie zu schaffen. Die Berhandlungen über die Finanzierung dieser Auftroge werben hoffentlich bald abgeschloffen fein. Grundsäglich noch bedeutungsvoller wird vielleicht die Beteiligung des Reichs an der Förderung des deutschen Exports fein, ber nach aller Tunlichkeit gesteigert merden soll. Ebenso selbstverständlich ist es, daß dies nicht durch unbegründele Hochhaltung der Inlandspreise, geschehen darf. Das Reich hat sich zu einer Steuerfentung bis an die Grenze des Möglichen entschlossen. Diese Attion märe vielleicht durchgreifender gewesen, wenn die Realsteuern gejenft worden wären, die jedoch der Zuständigkeit der Länder unterstehen. Immer hin handelt es sich fast um eine halbe Milliarde Steuern, die entweder in Preissenkungen zum Ausdrud tommen oder
als Betriebsmittel der Wirtschaft verbleiben wird. Sehr start belasten uns noch die öffentlichen Verwaltungstoften, die überall auf die Möglichkeit einer Berringerung nachgeprüft werden müßten. Daneben ist auch eine Verringerung der Verwaltungsaufgaben notwendig. Reichstanzler Dr. Luther fam dann auf die Notwendigkeit der gemeinschaftlichen Arbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sprechen, wobei er der Hoffnung Ausdrud gab, bas burch gegen feitige Berständigung die meisten Streitpunkte gelöst werden fönn ten, wenn erst möglichst allen Boltsgenossen Arbeit gebracht wor den fei. Allerdings werde sich diese Berständigung auf parteipolitischem Bege taum erreichen lajien(!), wie es überhaupt fegensreich wäre, wenn gerade von der Wirtschaft die Berständigungsbestrebungen im deutschen Bolte ausgingen. Breissenkungsaktion der Reichsregierung, so fuhr er fort, hätte zwar nicht uneingeschränkten Beifall gefunden, fei aber troß ge legentlicher Preissteigerungen auf einzelnen Gebieten feineswegs erfolgles geblieben. Er schloß mit den Wor ten: Es geht zwar nur langsam und schrittweise vorwärts, aber 3meifellos auf hoffnungsvoller Bahn!
Die
Tagesbilanz von Kaltulta. Am 27. April murden bei den fich täglich wiederholenden Feindseligkeiten in Rolfutta, die dem Ston feffionshaß zwifchen Hindus und Moslim entspringen, 14 Personen getötet und 50 verleht. Die Polizei ging mit Maschinen gewehren gegen die Ruheftörer vor.
Auftakt im Schulgarten.
Leider noch nicht alle Groß- Berliner Boltsschulen, aber doch schon eine größere Anzahl, gewöhnlich mehrere vereint, haben dan! der Fürsorge der Bezirksämter ihren eigenen Schulpflanzgarten außerhalb des Schulgebäudes. Gleich nach den Osterferien hat mieder das große Bitten um Zulassung zum selbständigen Pflanzen oder richtiger zum Pflanzenlernen begonnen. Für einige tausend Beete fann natürlich mir eine ebenso große Minderzahl von sich meldenden Kindern zugelassen werden, deren Auswahl nach einem bestimmten System geschieht. Mit der Zeit haben ja die die Aufficht führenden Lehrer und Lehrerinnen herausgefunden, welche
brüder lofafer Unruhen. Aus Anlaß des Krönungstages hatte bic Gruppe der perfischen Studenten in Berlin zu einer Protest fundgebung gegen den reaktionäären Staatsstreich in Berfien und das Blutbad in Schiras ( Militärfeuer gegen oppositiotalischen Organisationen waren eingeladen. Die Berjammlung ergab nelle Demonstranten) aufgefordert. Die Repräsentanten der oriendie entschiedenste Opposition der persischen Studentengruppe gegen Riza Khans Machenschaften und ein entschiedenes Bekenntnis zum sozialen Fortschritt. Die Gruppe plaidiert für ein Berfien auf autonomer Grundlage.
Kinder durch ihre besonderen Eigenschaften, Gefundheitszustand, soziale Lage der Eltern den Vorrang beanspruchen dürfen. Deshalb spricht jetzt auch der Schularzt ein Bort mit und weist auf geeignete Rinder hin. Hier und da ist auch der kleinen Sonderklasse für geistig urückgebliebene Kinder, die an Gartenarbeit meist viel Gefallen empfinden, ein eigenes Pflanzfeld zugewiesen. Beim ersten Antritt mit Hade und Spaten harrt der Lehrer und Kinder in jedem Früh jahr eine unangenehme Erscheinung. Unberufene find in die während des Winters verlassenen und abgeschlossenen Schulgärten eingedrungen, haben die Zäune zerstört, die Rafenrabatten zertrampelt und manches schon hübsch gewachsene Bäumchen beschädigt oder vernichtet. Dazu ist ein Schulpflanzgarten nicht da, wenn man auch fonft der Jugend alle möglichen Freiflächen zugänglich machen soll. Die Bezirksämter müssen dann immer wieder zur Beginn des Vortrags ging Heller auf den Locarno - und den Ostvertrag feitigung der Schäden in den Beutel greifen und könnten das Geld hierfür besser anwenden, um beispielsweise bedürftige Kinder mit Aussaatpflanzen zu versehen. Ueberall wird jetzt von den jungen Knochen tüchtig geschafft beim Umgraben, Schmuzbeseitigen, Ab stechen der Beete und Düngen. Ohne Fleiß auch hier kein Preis. Wer den erst nach der Revolution eingerichteten Schulpflanzgärten feinen oder nur geringen Wert beimessen will, hat für das Jugend wohl, dem alle verfügbaren Mittel und Bege offenstehen müffen, nicht das richtige Verständnis. Es ist schon ein großer Borteil, wenn auf diese Weise wochentäglich einige tausend Kinder mehrere Stunden lang ohne 3wang den Gefahren der Großstadtstraße entzogen werden.
Dachstuhlbrand in der Friedrich- Wilhelm- Straße. Menschenleben in Gefahr.
-
-
Zu einem größeren Feuer wurden gestern nacht gegen 12 Uhr fünf Löschzüge der Berliner Feuerwehr nach dem Hause Fried. rich Wilhelm- Straße 6, in unmittelbarer Nähe der Herkules Brüde gerufen, wo der Dachstuhl des Quer Hertules- Brüde gerufen, wo gebäudes in Flammen stand. Gleichzeitig mit der Feuermeldung erging der Alarm Menschenleben in Gefahr". Unter Leitung des Branddirektors Blöter und der Bauräte Berg, Spohn und Lindner auch Oberbranddirektor Gempp war erschienen wurde mit fünf C- Rohren und einem B- Rohr über die Treppenhäuser und über eine mechanische Leiter gegen das Flammenmeer porgegangen. Das Feuer muß bereits längere Zeit gewütet haben, denn bereits nach dem ersten Löschangriff loderten auch im rechten Seitenflügel, wohin das Feuer übergegriffen hatte, aus den Boden lufen die Flammen heraus. Durch die starke Rauchentwicklung bestand für die im 4. Stodmert wohnenden Mieter große Erstickungs gefahr. Es gelang aber, die Bewohner über die start verqualmien Treppen glücklich ins Freie zu bringen. Einem Maler, der im vierten Stod wohnt, und dem der Weg über die Treppe durch den Qualm abgeschnitten war, gelang es, sich über das Dach hinweg in Sicherheit zu bringen. Erst gegen 1 Uhr war die Hauptgefahr beseitigt. Nachdem zwei Ablösungszüge eingetroffen waren, fonnte mit den Aufräumungsarbeiten begonnen werden. Der Dachstuhl des Quergebäudes und ebenso der des rechten Seitenflügels find um größten Teil vernichtet. Die Entstehungsurfache fonnte bisher noch nicht geklärt werden. Ebenso ist die Höhe des angerichteten Schadens noch unbekannt. Trog der späten Nachtstunden, in der das Feuer austam, hatten sich viele Buschauer eingefunden, die die Zugangsstraßen besetzt hielten. Ein Schupoaufgebot riegelte aber die Brandstelle ab und hielt die Orbnung aufrecht.
Großer Dachstuhlbrand im Grunewald .
Jim Hause Königsallee 28 im Grunewald fam heute mittag turz nach 41 Uhr im Dachstuhl des Hauses aus bisher noch unbekannten Gründen Feuer aus. Auf den Alarm eilten drei Lösch züge an die Brandstelle, die mit vier Rohren gegen das Feuer vor. gingen. Bei Redaktionsschluß dauerte das Feuer, das eine große Ausdehnung gewonnen hat, noch an.
Spritschieber und bestechliche Beamte.
Das Urteil im kleinen Spriffchieberprozeß In dem sogenannten fleinen Spritschieberprozeß Derurteilte nach zehntägiger Verhandlung das Schöffengericht Bedding den Zollsekretär Beder wegen Bestechung, Amtsverbrechens und Monopolvergehens zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust sowie zu 26 000 m. Geldstrafe; den Zollbeamten man they zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis und 165 000 m. Geldstrafe; den 30lbeamten Krause zu 4 Monaten Gefängnis; ben schuldigen Beamten wurde auch die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf längere Zeit abgesprochen. Der Hauptfchuldige bei den Spritschiebungen, Kading, erhielt megen Bestechung und Monopolsteuerhinterziehung 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 250 000 m. Geldstrafe; der Kaufmann Beber 5 Monate Gefängnis und 250 000 m. Geldstrafe; ferner der An geflagte Beitinger megen Beihilfe 3 Monate Gefängnis und 85 000 m. Geldstrafe. Von den übrigen 11 Angeklagten wurde ein Teil freigesprochen, die anderen wurden teilweise in recht empfindliche Geldstrafen genommen.
Noch ein Sonderzug nach Guben !
Bie die Reichsbahndirektion Berlin mitteilt, haben fich die zuständigen Reichsbahndirektionen Berlin und Often entschlossen, den Sonntagsfonderzug IV. Klasse mit 33% Broz. Fahrpreisermäßigung, ber bereits am 25. April etma 1000 Teilnehmer nach Buben brachte, infolge bes guten Ergebnisses am 2. Mai zu mieberholen. Der Zug fährt ab Charlottenburg 6.22 morgens, ab Bahnhof Zoologischer Garten 6.29, ab Bahnhof Friedrichstraße 6.42 , ab Bahnhof Alexander plag 6.50, ab Schlesischer Bahnhof 7.00, an Guben 9.28 morgens. Die Rückkehr erfolgt ab Guben 9.28 abends, an Schlesischer Bahnhof 12.12 nachts, an Bahnhof Alexanderplat 12.26, an Bahnhof Friedrich ftraße 12.33, an Bahnhof Zoologischer Garten 12.45 und an Char fottenburg 12.52 nachts. Die Fahrpreise für die Hin- und Rückfahrt betragen ab Berlin - Stadtbahn 6 M., ab Fürstenwalde/ Spree 3,80 m. Der Fahrtartenverlauf beginnt am Donnerstag morgen und erfolgt nur bei der Fahrkartenausgabe des Bahnhofs Friedrichstraße sowie im Mitteleuropäischen Reisebureau, Potsdamer Bahnhof.
Bei den persischen Studenten.
Bitus Heller, Führer der christlich- jozialen Reichspartei und Herausgeber der Wochenschrift„ Neues Boll", der vor wenigen Jahren schon der partikularistisch - reaktionär monarchistischen Bolitik der Bayerischen Volkspartei die Gefolgschaft aufsagte und eine Gruppe für radikalfoziale und raditalchriftliche Bolitit" in Würzburg tonstituierte, sprach in der Aula des Friedrich- Wilhelm- Gymnasiums in der Kochstraße über, Deutschlands Rot und Rettung" vor einem recht zahlreichen Publikum. Wenn auch manches, was heller aus. führte, recht abstraft und legten Endes viel zu unpolitisch gesehen war, jo muß man vor dem entschiedenen sozialen Ethos dieses aufrechten und fonsequenten christlichen Lintsrepublikaners alle Achtung haben. Vitus Heller ist sicherlich ein Weggenosse, mit dem sich, trog fultureller Gegenfäße, in zahlreichen Dingen sehr viel gemeinsam schaffen läßt. Wohltuend berührt sein tapferer Pazi fismus, den er aus der christlichen Glaubenslehre herleitet. Zu Be ein, deren praktischen Auswirkungen er steptisch gegenübersteht. Solange der Geist der Nationen militaristisch und nationalistisch sei, bliebe alle Bertragspolitit nur Dedungs- und Bündnispolitif einzelner Mächtegruppen gegeneinander. Nicht die Außenpolitik iſt nach Heller für uns zurzeit primär, sondern die Innenpolitif. Bas zu beweisen wäre. Sehr heftig wandte fich der Redner gegen ben Militäretat, der bei einer Arbeitslosenziffer von fast zwei Millionen mit 500 Millionen Marf an das Militärbudget von 1913 heranreiche. Für 784 000 Kriegsbeschädigte nur einige hundert Millionen Mark für den dringend notwendigen Wohnungsneubau 200 Millionen Kredit, und für die finnlose Soldatenspielerei eine halbe Milliarde; 48 Millionen für Munition!. Das ist typisch für den Geist unserer Militärbureaufratie. Mit überzeugenden Worten wandte fich Heller gegen die Fürstenforderungen und erläuterte aus christlicher Ideologie heraus die gebieterische Notwendig feit des Boltsentscheids auf Fürstenenteignung. Einen breiten Raum nahm die soziale Frage in Hellers Bortrag ein, auch den Fememordfomplex ließ der Redner nicht unbeleuchtet. Reichsgesundheitsmochen schafft man nicht durch Ausstellungen, sondern durch soziale Taten. Die Schutzzollpolitik der schwerindustriellen Regierung war ein Fiasko, die Arbeitslosentrise ist durch die Untätigkeit der LutherRegierung chronisch geworden. Wir dürfen weder Rechtspolitit, noch eine Politit der Mitte, sondern müssen entschiedene Linkspolitit treiben.
Konzert für Erwerbslose.
Der große Saal des„ Orpheums" in der Hasenheide war überfüllt. Der Gesangperein Berliner Buchdrucker und Schriftgießer Typographia" gibt unter seinem Chormeister Alexander einbaum ein Konzert für die Erwerbslosen. Begeistert folgt die große Schar der Zuhörer, und tief empfunden ist der Dank, den ein Erwerbsloser dem Chor und dem Solisten Jcsef Wolfsthal, dem ersten Konzertmeister der Staatsoper, ausspricht. Die Chöre flingen machtvoll, der Ton füllt den großen Gaal, wächst und wird beinahe zu groß für den Raum. Weinbaum schattiert die Stimmen virtuos, dämpft, deckt ab und läßt sie zu größter Intensität anschwellen. Der Chor singt Volkslieder, Chöre und das Lied des Steuermanns aus Wagners Fliegender Holländer ". Der Beifall mächst nach jeder Darbietung. Josef Wolfs that spielt Baganini, Tartini , Glud, einen ungarischen Tanz non Brahms und ein Wiener Boltslied in der Bearbeitung von Kreisler, pernehm, ruhig, mit breitem Strich, fein Instrument hat einen prachtvoll fonoren Ton. Wolfsthal spielt fein großes Konzert, aber Stüde , die zünden und den Bebrüdten mehr geben, als ein großes Biolinkonzert Don Mozart, Beethoven oder Mendelssohn . Weinbaum ist ein anpaffungsfähiger, tezenter Begleiter. Es wäre münichenswert, wenn auch andere Chöre dem Beispiel der„ Inpographia" folgen würden.
*
Gestern abend veranstaltete der Boltschor esten" sein erstes Werbefonzert in der Aula der Gemeindeschule Hohenstauffen ftraße. Der Chor ist Anfang Oftober porigen Jahres gegründet worden und zählt heute etwa vierzig Mitglieder. Da im Westen teine Boltschöre bestanden, erscheint diese Gründung als Notwendig teit, und es wäre zu wünschen, daß die Mitgliederzahl fich bald Dervielfältigen möge. Hauptsächlich will sich der Chor der Pflege bes Bolksliedes mibmen. Schon heute fann man feststellen, daß der Dirigent fehr gut die Stimmen ausgeglichen und den Chor im Tempo gefchult hat. Mängel in der Rhythmisierung sind auf die kurze lebungszeit zurückzuführen. Preis der Liebsten"," Dein Herzlein mild" und„ Es fiel ein Reif" fiangen rein und ausgefeilt im Bortrag. Hoffentlich gelingt es bald, den Cher als vollwertig den anderen Chören des DASB. gleichzustellen.
"
Der männliche Sommerhut.
Das Modeamt der Hut- und Müzenbranche" lub zu einer Besprechung bes löblichen Vorhabens ein, der Herrenhutbranche durch einen sogenannten„ Strohhuttag", ber in nächster Beit stattfinden soll, ein wenig auf die Beine zu helfen. Die Gefahr der Sommerzeit und der damit verbundenen großen Mehrheit der unbehüteten Männer macht ihnen Sorge und sie wollen alles daranseßen, den Hutmachern nach Kräften beizustehen. Selbstver ständlich teilt das Huimachergewerbe sein Schicksal des schlechten Geschäftsganges mit allen anderen Branchen und man fann es verstehen, daß jede Zunft bestrebt ist, mieder etwas hochzukommen. Die Hauptaufgabe des Modeamtes( die Bezeichnung flingt etwas start bureaukratisch) besteht darin, die von den verschiedenen Fabrifanten vorgelegten Muster zu prüfen und daraus die nach ihrer Ansicht besten Fabrikate auszuwählen und auf den Markt zu bringen. Die Art der Reflame soll bereits im Auslande vielfach Nachahmung gefunden haben, was die Hutmacher nicht als Kon turrenz, fondern als gutes Omen betrachten. Man ist versucht zu bemerken: Der Herr behüte euch, oder besser gesagt, jeber Herr behüte" sich!
Der Stlarz- Prozeß. In dem Betrugsprozeß gegen den Kaufmann Heinrich Stlarz stellte der Angeklagte, nachdem die Verteidiger ihre Berteidigungsreden, die auf Freisprechung hinaus. zielten, beendet hatten, noch eine ganze. Serie von Beweisanträgen, bie in nicht weniger als 150 Buntten neue Beweisermittlungen forderten. Das Gericht wird seine Stellungnahme zu diesen neuen Anträgen zugleich mit ber Urteilsverkündung, die vom Amtsgerichts. rat Reßner auf Sonnabend mittag anberaumt worden ist, befannigeben.
Zwei schwere Explosionstatastrophen. Am Dienstag vormittag ereignete fich in den Staatlichen Bulverfabriken in Leoben in Defterreich eine schwere Explosion, durch die das Mitschwert in die Luft flog. 3 mei Arbeiter murden getötet. Die zerstümmelten Leichen fand man in einer Entfernung von 40 Metern Wie aus Datland( Bereinigte von der Explosionsstätte. Staaten) gemeldet wird, explodierten bei Sprengungsarbeiten in Stüde gerissen wurden. 1500 fund Dynamit, wodurch vier Arbeiter völlig
Am Sonntag fand in Teheran in Berfien bie Krönung Riza Rhans als Schah von Bersten statt. Der theatralische Bompaft des perfischen Gewalthabers mar sozusagen der offizielle Schlußpunkt hinter einer feit etwa fünf Jahren bestehenden Machttatsache. Im Jugzufammenstoß in Belgien . In der Nähe von Antwerpen Jahre 1921 gelang es Riza Khan durch einen Staatsstreich das Heft in die Hand zu bekommen. Er betätigte sich, wie die Bulletins find z mei Arbeiterzüge zusammengestoßen. 50 Reisende melden, als energischer Reorganisator" und erfolgreicher Unter- find berlegt worden, davon 15 schwer.