Nr. 201 ♦ 4Z. Jahrgang
I. Seilage ües vorwärts
Freltag, 30. Mpril 1020
Die Staötveroröneten Zum Sauunfall im SroMastwerk. Maifeier-Urlaub für Arbeiter, Angestellte und Beamte der Stadt.
:r.
Die Berliner Stadtverordnetenversamsnlung saß gestern zu Gericht. Ein Dringlichkeitsontrag der Sozialdemokratischen Fraktion sührt» zu einer langen und zeitweis« sehr erregten Aussprach« über den schweren Bau- unfall am Rummelsburger Großkraftwerk. Die kommunistische Fraktion folgte mit einem Dringlichkeitsantrag aus demselben traurigen Anlaß. Unser« Genossen Krause und U r i ch richteten in scharfen Ausführungen wuchtige Anklagen gegen die- jenigen, die man für den entsetzlichen Unfall und die beklagenswerten Verluste von Menschenleben verantwortlich machen muß. Bei einer Arbeitszeit von einer so langen Dauer, daß man ihr« Duldung nicht anders als ein Verbrechen nennen kann, sind derartige Unfälle nur zu begreiflich.— In der Sitzung wurde auch über den M a i f e i e r u r l a u b für Arbeiter, Angestellte und Beamte der Stadt abgestimmt, den ein gemeinsamer Antrag der Sozialdemokraten und der Kommunisten forderte. Die in der vorigen Sitzung von den rechtsstehenden Fraktionen ge- machten Obstruktionsversuche hatten ihnen Nichts genützt. Gestern wurde der Antrag von den Linisparteien zum Beschluß erhoben. « In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde der von der sozialdemokratischen Fraktion«ingebrachte und im gestrigen Adend-„Vorwärts" bereit» mitgeteilte Dringlichkeitsantrag wegen der Bauunfällz beim Großkraftwerk Rummelsburg behandelt. Genosse krause begründet« den Antrag: Die sozialdemo- kratische Fraktion hat die Auffassung, daß die Kontrolle, die die Baupolizei auf der Baustelle ausgeübt hat, äußerst mangelhaft gewesen ist. Erst in der vorigen Woche ist es der baugewerb- lichen Arbeiterschaft angesichts der vielen Unfälle gelungen, einen Daukontrolleur nach Rummelsburg zu bekommen, der st ä n- d i g anwesend ist. Allerding» ist für die Schichtarbeiter, die Nachtarbeit haben, kein solcher Schugbeamter vorhanden und da» ist im Interesse der Arbeiterschaft sehr zu bedauern. Wir verlangen daher, daß auch nachts ein Kontrolleur anwesend ist. Die Unfälle, über die fortgesetzt berichtet wird, und die die Bevölke- rung aufs äußerste erregen, brauchten nicht zu fein, wenn die bau- ausführenden Firmen an den Arbeiterleden nicht Raubbau treiben würden. Di« Stadt Berlin hat ein B r ü ck e n b a u a m t. das besonders mit Eisenkonstruktionsarbeiten vertraut ist, und diese» Amt sollt« ständig einen Techniker nach der Baustelle entsenden. Da» Baumaterial für die Kräne liegt jahrelang auf den Lagerplätzen der Eisen- konstruktionsfirmen: kein Mensch bekümmert sich darum, es wird später auf der Baustelle ungeprüft verwandt und so geschehen solche Unfälle. Menschenleben sind den Firmen billiger als gute» Bauhilfsmaterial. Deshalb muß der Magistrat und die Baupolizei, die ja ihre Svltze im Ober- bürgermeister hat, mehr ihre Pflicht tun und die Ausbeuterfirmen mehr kontrollieren. Es muß im besonderen darauf geachtet werden. daß die tariflichen Bestimmungen Anerkennung finden, und man kann billigerweise verlangen, daß bei der Vergebung städtischer Arbeiten die Beachtung der Arbeiter- schutzbestimmungen den Firmen zur Pslicht gemacht wird. Es ist von den Vertretern der Arbeiterorganisationen festgestellt worden, daß die Arbeiter nicht nur 10, 12 und 14 Stunden arbeiten müssen, sondern daß Fälle vorgekommen sind, daß Arbeiter über 30 Stunden Arbeit geleistet haben. Wenn die Arbeiter sich gegen eine so lange Arbeitszeit wehren, droht man ihnen mit Entlassungen. Dieser Raubbau mit der Arbeitskrast und an den Menschenleben muß aushören: die Arbeiterschaft und ihre Verbände werden sich dagegen zu wehren wissen, daß die Arbeiter immer wieder die Opfer solcher Arbeit»- Methoden werden. Der Magistrat und die Baupolizei sollten von sich aus schon ein Interesse an der Vermeidung solcher Massen- Unfälle haben. Wir sordern. daß Abhilfe geschossen wird,
wir verlangen, daß die Kontrolle verschärft wird. und daß ferner die von der Stadtverordnetenversammlung beschlos- sene Anstellung der Arbeiterbaukontrolleure so- fort vorgenommen wird. Bor diesen haben die Bauunternehmer noch einigermaßen Respekt und nur sie können den Arbeitern den notwendigen Schutz gegen Unfälle bringen.(Lebhafter Bei- fall links.) Inzwischen ist ein ahnlicher Antrag der Kommunisten ein- gegangen, der sich mit dem unseren dem Sinne nach deckt und von der Baupolizei die Vermehrung der sanitären Einrichtungen auf der Baustelle verlangt. Der Oberbürgermeister Löß gab zu, daß die fortgesetzten Unfälle in Rummelsburg die Bevölkerung stark erregt haben. Er und die Direktionsmitglieder der Elektrizitätswerke haben sich sofort an der Unfallstelle informiert. Es ist fest- gestellt worden, daß in vielen Fällen„eigene Unvorsichtig- keit der Arbeiter" die Ursache der Unfälle war! Lebhaste» chört! hört! links. Rufe: Das alte Lied!) Den Anträgen nach Belieferung mit Sanitätsmaterial ist entsprochen worden und der größer« Teil der Baukontrolleure ist bereits eingestellt. Ossenbar hat die seltene Ausführung solcher umfangreichen Eisenkonstruktions- arbeiten das Erkennen der damit verbundenen Gefahren beein- trächtigt(!) und so sind viele Unfälle zu erklären. Es wird geprüft werden, ob eine Vermehrung der Baukontrolleure nötig ist.— Ein Kommissar der Baupolizei gab zu, daß die Arbeiter bis zu 15 Stun- den gearbeitet haben. Im übrigen, gibt er«ine ins einzeln« gehende Darstellung der Vorgänge bei der Aufstellung des Krans. — Der Kommunist Repschläger bestätigte im ganzen die Darstellung Krauses. Er erhob die schwersten Vorwürfe gegen dt« Bau Polizeihund fordert Abstellung der Mängel auf dem Bau. Als zweiter Redner unlerer Fraktion nahm Genosse llrich das Wort. Seit Wochen hat die Arbeiterpresse, ganz besonders der „Vorworts" auf die Unzuverlässigkeit der Arbeits» Verhältnisse in Rummelsburg hingewiesen. Leider ohne Er- folg: der Magistrat und die Baupolizei haben nichts dagegen getan, die Unfälle zu verhüten. Wenn heute von nur 38 Unfällen ge- sprachen wird, so können wir demgegenüber feststellen, daß bereits über 500 Unfälle passiert sind. Wie leichtsinnig gearbeitet wird, beweist die Tatsache, daß sich kürzlich ein Kran unter der Last, die ihm zu heben zugemutet wurde, wie ein Korkenzieher bog. Wir fragen deshalb die Bauvoliaei, ob die Beobachtung oller Unfall- Verhütungsvorschriften geschehen ist. Wir fragen insbesondere, yb die Arbeiterschutzbestimmungen von 1V17 und die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsoenos- senschaften beachtet wurden? Es ist fast unmöglich, daß die Tragserle der Krane mit der üblichen zwanzigfachen Sicherheit ge- prüft worden sind. Der Monteur, der angeblich ein falsches Signal gegeben haben soll, ist tot und kann sich nicht mehr verantworten und so schiebt man ihm jetzt die Schuld zu. Tatsach« sst aber, daß gerade die Arbeiter, die mit der Ausstellung des neuen Krans beschäftigt waren, bereits 20 Stunden an der Arbeit waren. Daß so stark überlastete Arbeiter nicht mehr die nötig« Epannkrast besigen. um solche Unfälle verhüten zu können, ist einigermaßen klar. Der Bauführer hat abend» S Uhr die Arbeits- stelle verlassen und die Aufstellung des Krans ging bei k ü n st- licher Beleuchtung weiter vor sich. Natürlich ist diese dem Tageslicht nicht ebenbürtig: man sollte daher solche gefährlichen Arbeiten bei Tage machen. Wie steht es überhaupt um die Arbei- terschaft auf der Baustelle? Alan zahlt den EisenkonslrukNonsarbeitern Löhne von 65 bis 70 Pfennigen die Stunde und man verweist sie bei Lohnforderungen darauf, daß sie durch Ueberstunden'hr Wocheneinkommen erhöhen könnten.(Lebhaftes Hört! hört! links.) Natürlich bekommt man für solche Schandlöhne keine Fach arbeiter, so daß für quoll- fizierte Arbeiten ungelernt« Arbeiter verwendet werden, die man noch dazu unter Umgehung der städtischen Arbeitsnachweise von außerhalb herholt. Di« Baufirmen setzen sich über tarifliche und kontrakliche Bestimmungen glatt hin-
weg, so daß die Forderung berechtigt sst, daß die für die Unfälle Verantwortlichen dem Staatsanwalt überliefert werden sollen. Die Unterstützung der Hinterbliebenen Familien ist eine Selbstverständlichkeit, aber keine noch so hohe Unterstützung kann den Ernährer und den Familienvater ersetzen. Diel wichtiger, weil vorbeugender, ist ein ausreichender Unfallschutz. Genosse Urich bat um die Annahme der Anträge.(Beifall links.)— Nachdem noch eine ganze Reihe von Rednern aller Fraktionen gesprochen hatten. erfolgte schließlich die Ueberweisung der Anträge an einen Sonder- ousschuß. Zuvor hatte der Oberbürgermeister die Mit- teilung gemacht, daß er am Freitag mit Vertretern der Fraktionen an Ort und Stelle eine Prüfung der Verhältnisse vorzunehmen gedenke. Die Abstimmung über den Maifeieranlrag der Linksparteien war namentlich. Sie ergab die Annahme mit IIS gegen 84 Stimmen.— Der aus dem vorbereitenden Ausschuß zurückgekommene Antrag auf Erlaß der Turn- und Schwimmhallen- Miete für die Vereine des Kartellverbandes für Arbeiterfport und Körperpflege wurde mit der Abänderung angenommen, daß dies« Vergünstigung auch den Vereinen der anderen sportlichen Spitzen- organisationen zuteil wird, sobald sie 30 Proz. erwerbslos« Mit- glieder haben. Das gleiche geschah mit dem Antrag wegen u n e n t- gelt licher Lieferung der Zeltscheine.— Eine lang« Debatte entspann sich um einen Antrag der kommunistischen Fraktion, der eine unentgeltlich« Lieferung von Mahlzeiten an die unterstützungsbedürftige Bevölkerung von Berlin forderte. Der Antrag wurde mit der Aenderung„soweit dies noch nicht geschehen ist" angenommen.
Ein örkttes Toöesopfer öes Kraneinsturzes. Der bei der Kraneinsturzkakastrophe im Großkraftwerk Rum- melsburg am Millwochabend schwer verunglückte Schlosser Karl K r a u s e ist an den Folgen seines Schädelbruches im Auguste. vlkloria-krankenhau» in Lichtenberg gestorben. Nachdem noch am Vormittag der Zustand der beiden Schwer- oerletzten, des Schlossers Karl Krause au» der Bwmenfeldstr. 22 in Lichtenberg und des Schlossers Krüger unverändert war, trat bei Krause am Nachmittag eine erheblich« Verschlecbterung ein, die gegen Abend wieder zur völligen Bewußtlosigkeit führte. Um 'AS Uhr trat der T o d«in. Die Katastrophe hat somit ihr d r i t t«» Todesopfer gefordert. Das Befinden des Schlosser» Krüger ist verhältnismäßig gut. Die Aerzte hoffen, ihn am Leben zu er- halten. Eine Demonstration vor dem Bezirksamt Lichtenberg . Nach dem Eingreifen der'Gewerkschaften bei dem Bau de» Großkraftwerks Rummelsburg haben die Kommunisten d«n üblichen Versuch gemacht, aus der Katastrophe Kapital zu schlagen. Si« haben eine Demonstration unter Hinzuziehung von Erwerbslosen veranstaltet, zogen vor das Bezirksamt Lichtenberg und schickten ein« Abordnung zu dem Bürgermeister von Lichtenberg , unseren Genossen Dr. G i p p e l. Dieser empfing die Abordnung und nahm ihre B«- schwerden entgegen. Er erklärte, daß er die Beschwerden dem Magistrat weiterreichen werde und soweit das Bezirksamt dafür zuständig sei, alles tun werde, um die Beseitigung der Mißstände herbeizuführen. Mit dieser Erklärung waren die Arbeiter besriedigt und nach einigen kommunistischen Reden vor dem Rathaus zerstreut« sich die Meng« in friedlicher Weise. Zu der Katastrophe am Mittwochabend wird uns von unterrichteter Seite noch folgende» geschrieben: Der Unfall ereignete sich an der Neuen M o n t a g e h a l l«. Die Arbeit wird von der Anhaltischen Maschinenfabrik ausgeführt. An dieser Halle sollte ein Lauskran im Gewicht von 1400 Zentner — der«in« Tragkraft von 40000 Kilogramm hat— vermittelst Flaschenzug» hochgezogen werden. Die Montage dieses schweren Kranes war bereits um die Frühstückszeit soweit, daß er in die Drahtseile gebracht wurde, um dann vermittelst de» Flafchenzuge»
Tamile unter den Zedern. 231 von Henri Bordeaux. (Berechtigte Uebersetzung von I. Kund e.) Währenddessen stand«ine Fellahgrupve am Rand der Felder und blickte zurück auf das zertretene Korn. Ich entsann mich, daß Dusuf Abded gesagt hatte, Omar schone bei der Jagd die Ernten. Wir hatten unter den Reitern Abdul- Rajak-Bei-el-Osman erkannt, aber Omar war nicht darunter. Butros befürchtete einen Augenblick, daß er fein Palais in Tripolis schon verlassen hätte, um in die Berge zurückzukehren. Die blutbefleckten Falken hatten mit ihrem Schnabel und ihren Krallen die zitternde Beut« gepackt. Glichen wir ihnen nicht an Grausamkeit, wir. die auf«in Opfer Jagd machten. das viel leidensfähiger war? Ich hatte die verzweifelte Flucht der Wachteln vor dem Tode mit angesehen. Würde Damile vor ihren Verfolgern ebenso zu flüchten versuchen? Ange» widert von dieser schändlichen Jagd, faßte mich Ekel vor mir selbst. Konnte ich Butros Spießgeselle sein? Mein Blick suchte meinen Gefährten: er lächelte: er beneidete diese arabi- ichcn Folkenier. fand Gefallen an dieser jämmerlichen, leichten Jagd. Keine Bedenken, keine Gewissensbisse waren scharf und «inschneidend genug, um den Panzer dieser brutalen Kraft zu durchdringen. Ich fühlte in mir den Wunsch, müh sofort von ihm zu trennen, um ollein nach Bescherre zurückzukehren. Aber ich sah in der Ferne die Terrassen des Hauses, wo die Gattin vom Gemahl am Abend des Brauttages empfangen worden war und ich empfand in mir den wieder erstarkenden Zorn der Liebe. Im Garten Omars. Nachdem wir diesem Schauspiel beigewohnt, langten wir bald bei dem alten Busuf Abdud an, � der uns, wenig erfreut, seine dürftige Gastfreundschaft gewährte. Cr wollte seine Tage in Frieden verbringen, ohne sich in Abenteuer einzu» losten. Wider seinen Willen leistete er uns Beistand: dos oer» setzte ihn in tausend Aengste und Butros sorgte dafür, daß er aus dem Schrecken nicht herauskam. Wir baten ihn, uns die Lage von Omars Palais in TripoNs zu beschreiben. Er war nur einmal nach dieser Stadt gekommen, damals, als sich sein« Familie nach Amerika einschiffte. Er wußte nichts und be- dauerte, uns keine Auskunft geben zu können.„Das ttit Nichts," spöttelte mein Gefährte.„Mein Pferd ist listiger als du, ich werde mich ihm überlasten und es wird mich führen." Am anderen Morgen, vor dem Aufbruch, bat ich unsere»
Wirt, ob ich mir nicht die oberhalb des Dorfes gelegene Be- sitzung des Deis ansehen könnte. Eine seltsame Versuchung trieb mich dazu: Ich wollte die Orte kennen, wo sich Omar und Damile geliebt hatten, um meinen Schmerz und meinen Zorn aufs äußerste zu stacheln. Würde ich dort nicht in mir die teuflischen Mächte erwecken, welche bewirken, daß der Mensch über seinesgleichen den Tod verhängt? Der alte Bufuf brachte in seinem Schreck allerlei Einwände vor. Auf mein Drängen fragte er mich schließlich, ob ich die Blumen liebte. In diesem Falle ließen sich die Gärtner vielleicht über- reden: „Sie kommen von weit her, um die Gartenanlagen Omars zu bewundern." Ich entdeckte alsbald in mir ein leidenschaftliches Interesse für die Gartenkunst. „Wozu das?" entgegnete Butros.„Ist das nicht ver- lorene Zeit und wird man unsere Anwesenheit nicht bemerken?" Aber er sah, wie mein Gesicht glühte und erkannte sofort, daß dieser Besuch meinen Haß steigern würde; darum pflichtete er mir bei.„Also gut," meinte nachgebend der Alte; er fühlte, daß er unserem Brlangen nicht widerstehen konnte. Omar-Bel-el-Hussein war der Herr der Ländereien und des Dorfes. Sein Wohnsitz entsprach seinem Rang. Die weißen Gebäude mit den Terrassen beherrschten das Tal und «inen Garten, den nur ein Graben und Baumre'chen um- grenzten. Die Gebüsch« und Beete darin boten in ihrer ge- schmacknollen Anlage eine Augenweide. Silberpappeln, Zy- pressen und Platanen hüteten mit ihrem Schatten die Stille und das Geheimnis seines Aufenthalts. Um die Bassins blühten Rosen, blasse Assodillen, Lilien und malvenfarbige Iris, während der rote Ibiseus und persische Lilien die Innen» wände oder die Boskette zierten. Ich schwelgt« in den Wohl- gerüchen, welch« der junge Lenz verschwendete, und lauschte der monotonen Musik der Springbrunnen. Mein Unglück brachte eine besondere Note in diestm Rausch. Ich fand die verlorene Spur Vamiles wieder. Sie hatte diesen Rosendust eingesogen, hatte sich über die Wasser geneigt und ich konnte nicht wissen, ob diese Bassins ihr verschleiertes Bild zurück- gestrahlt hatten oder den Glanz ihrer unverhüllten Augen und den Mund, der einem Purpurband glich. Ich hatte recht gehabt, mein Weh dahin zu führen! Es spannte meine Nerven über mein« Erwartung. War nicht der Schmerz die einzige Form, unter der ich die quälende Wonne der Liebe genießen durstet
Yusuf Abdud hatte mich dem ersten Gärtner als«inen erfahrenen Liebhaber der Gartenkunst vorgestellt. Ich fand geschickt schmeichelnde Worte des Lobes und gewann damit diesen Mann, den ich jetzt zu meinen Fragen ausnutzte. Ohne Zweifel hatten die Damen des Harems die Kühle dieser Alleen aufgesucht. Mitleidig lächelnd fragte er:„Die Damen? Hier gibt es nur eine Dame." „Ist Omar-Bei-el-Hustein nicht reich genug, um sich den Luxus mehrerer Frauen zu gönnen?" „Unser Herr will nur«ine. Es ist«ine Christin, die er von weit her mitgebracht und bekehrt hat." „Weißt du ihren Namen?" „Sicher: sie heißt Schönheit." „Schönheit?" Ich wagte weitere Fragen.„Wer hat sie gesehen?" .Lein Mann außer ibrem Gatten. Doch die Frauen haben eine Zunge, um zu sprechen und zu erzählen. Als sie bei ihrer Ankunft vor der Tür des Mohammeo-Bei-el-Hussein vom Pferde gestiegen ist, als sie der würdigen Abla anver- traut wurde, war sie noch nicht verschleiert. Sie muß sehr schön gewesen sein, so daß die Augen, geblendet von ihrer leuchtenden Schönheit, sich selbst vor ihr senkten. Sie muß... aber ich war ja gar nicht dabei." Ich stand einen Moment sprachlos da, gleichfalls ge- blendet von diesem Anblick, den meine Augen nicht zu suchen brauchte». Noch vermochte ich es nicht, diese Unterhaltung, die mich quälte, abzubrechen; ich fragte:„Ging sie niemals in diesen Gärten spazieren?" „Bei Sonnenuntergang mußten alle auf Befehl Omars die Gärten verlassen. Es war keinem gestattet, sie unter irgendeinem Vorwand zu betreten. Das war die Stunde, die er gewählt hatte, um mit ihr hier zu weilen." Und ich sah in einer grausamen deutlichen Halluzination das Paar an mir vorüberschreiten. Er stützte sie mit dem Arm, sie lehnte sich an seine Schulter und beugte sich ein wenig, um sich ihm bester anzupassen: denn sie mußte fast seine Größe haben. Das Gesicht war-unverschleiert, d«s sonnige Gesicht, das man nicht lange ansehen konnte, ohne die Lider zu senken. Ich suchte im Gespräch das grausame Bild zu verscheuchen. „Ja, wenn er hier war; er wird aber nicht oft in Chrar gewesen sein; er liebt ja die Falkenbeize so sehr." „Er hatte auf die Jagd verzichtet." „Er zähmte gern Pferde." „Gr stieg nicht mehr zu Pferd,"(Fortsetzung folgt-I 1