Nr. 210+43. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Kampf gegen§ 218!
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Donnerstag, 6. Mai 1926
Genossin Agnes über das Elend der werdenden Mutter.
Saison teilnehmen zu können, dann findet sich schon ein Hausarzt für sie, oder jte fährt ins Ausland, wo ihr bestimmt geholfen wird. Sie( zu den bürgerlichen Parteien) treiben die Frauen der unteren Klassen dazu, die Abtreibungen hinter verschloffenen Türen vorzunehmen, von berufenen und auch von unberufenen Händen. Die heutige Gesellschaftsordnuna träat die Schuld daran, daß so viele Frauen elend und fiech werden, dak die Familien darunter leiden und Kinder, die leben fönnten, zu grunde gehen müssen.
Der Reichstag erledigte in feiner Mittwochfihung die namerliche Abstimmung über bodenreformerische An. trage. Der Gaz in dem entscheidenden Antrag, der von der Reichsregierung verlangt, daß dem Bodengesezentwurf die Vorschläge des Ständigen Beirals für Heimstättenwesen beim Reichsarbeitsministerium zugrunde liegen sollen, also die bodenreforme. rischen Forderungen, wird bei 33 Stimmenthaltungen mit 237 gegen 141 Stimmen der Rechtsparteien angenommen. Die Deutsch nationalen, Deutschvolksparteiler und die Wirtschaftsparteiler haben fich mithin als geschworene Feinde der Bodenreform gezeigt. Das Haus tritt dann in die Beratung der sozialdemokratischen Durch die hohen Strafen wird eine Einschränkung diefes JuAntrages ein, der die Aufhebung der bayerischen Ausstandes nicht erzielt. Und welche Strafen werden verhängt! nahmeverordnung verlangt. Der Rechtsausschuß, der sich mit Hören Sie zu. Noch im Jahre 1923 ist wegen Abtreibung in der Materie eingehend beschäftigt hat, schlägt vor, die Anträge der 23 Fällen auf Zuchthaus, in 252 Fällen auf mehr als 1 Jahr GeSozialdemokraten und Kommunisten abzulehnen, da die Verordnung fänguis, in 1444 Fällen auf 3 bis 12 Monate Gefängnis, und in inzwischen von dem Freistaat Bayern aufgehoben worden sei, jedoch 1769 Fällen auf Gefängnis unter drei Monaten erkannt worden. befürwortet der Ausschuß eine Entschließung, die von der Reichsregie( Lebh. hört, hört bei den Soz.) Diese vielen schweren Strafen rung den Gesezentwurf zur Errichtung eines Reichsverwaltungszwingen zuschleunigster Milderung der Abtreibunas gerichtshofes verlangt, damit ein geordneter Rechtsweg möglich wird, paragraphen. Wenn wir anerkennen, daß die Not des Volfes wenn in einzelnen Ländern Streitigkeiten über die Verlegung der so ungeheuer groß ist, dam müssen wir für die Milberung der Abstaatsbürgerlichen Rechte entstehen. Der Kommunist Buchmann treibungsparagraphen eintreten. Das dürfen wir auch nom Das dürfen wir auch nom brachte startes Material für die verfassungswidrigen Zustände in 3entrum verlangen, daß es Weltanschauungsfragen gegen Bayern . Aehnliche Klagen erhob der Böltische Dr. Frid für seine über den sozialen Notwendigkeiten zurückstellt. Ist es nicht beffer, Bartei, und auch der sozialdemokratische Abg. Saenger brachte Be einem Kinde das Leben zu geben, daß froh und glücklich das Licht weismaterial für unerhörte verfassungswidrige Vorgänge der bane der Welt erblickt, als Kinder zu gebären, die von Geburt an dazu rischen Behörden bei. Aufsehen im ganzen Hause erregte es, als er verurteilt sind, zugrunde zu gehen? Sie( zum Zentrum) erkennen mitteilte, daß beispielsweise den Arbeiter Turn- und Sport doch an, daß die Lebensbedingungen der unteren Boltsschichten unverbänden Derboten fei, Turnunterricht geheuer schlecht sind, aber nur aus Weltanschauungsfragen wollen Jugendliche zu erteilen, weil im Vorstand dieser Vereine Sie unserem Antrag nicht zustimmen. Mitglieder figen, die freireligiös gesinnt sind oder deren firchlicher Glaube nicht ganz sicher erscheint. 3war, so führte Saenger aus, sei die Ausnahmeverordnung aufgehoben, aber in der Verwaltungs. nraris würde doch noch mit Resten von ihr gearbeitet. Die Entschließung des Ausschusses wird angenommen.
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Damit ist die Aussprache beendet, die Anträge merden abgelehnt, die Entschließung des Ausschusses wird angenommen.
Kampf dem§ 218.
Es folgt die zweite Beratung des sozialdemokratischen Antrags.
Dem Strafgesetzbuch wird folgender§ 219a eingefügt: Die in den§§ 218 und 219 des Strafgesetzbuches bezeichneten Handlungen sind nicht strafbar, wenn sie von einem staatlich an erfannten( approbierten) Arzte innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft vorgenommen worden find.
Der Rechtsausschuß, für den Abg. Wegmann( 3.) berichtet, empfiehlt, diesem Antrag folgende Form eines Gefeßentwurfs zu geben: An Stelle der§§ 218 und 219 und 220 des Strafgesetzbuches tritt folgender neuer§ 218:
Eine Frau, die ihre Frucht im Mutterleibe oder durch Abtreibung tötet oder die Tötung durch einen anderen zuläßt, wird mit Gefängnis bestraft.
Ebenso wird ein anderer bestraft, der eine Frucht im Mutterleibe oder durch Abtreibung tötet.
Der Versuch ist strafbar. Ber die im Absatz 2 bezeichnete Tat ohne Einwilligung der Schwangeren oder gewerbsmäßig begeht, wird mit Zuchthaus bestraft. Ebenso wird bestraft, wer einer Schwangeren ein Mittel oder Werkzeug zur Abtreibung der Frucht gewerbsmäßig verschafft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein.
Abg. Frau Agnes( Soz.):
Seit Jahr und Tag hat sich schon die Sozialdemokratie für die Aenderung der Strafgefeßgebung in dieser Frage eingefeßt. Nach langem Kampfe soll jegt ein neuer Paragraph geschaffen werden, wir fönnen uns aber damit nicht zufrieden geben, denn eine wesentliche Milderung der bisherigen Zustände wird dadurch nicht erreicht werden. Deshalb ftellen mir heute von Neuem unferen Antrag, und mir ersuchen um Ihre Zustimmung. Wir Leben in einer Zeit der schwersten wirtschaftlichen Krise, der Unsicherheit der Eristenz, wo der Lebensunterhalt unzähliger Familien der untersten Bolfstreife in Frage gestellt ist. Wie soll unter folchen Umständen eine Frau noch freudig einem Kinde das Leben geben.
Auf der einen Seite die wirtschaftliche Not, auf der anderen Seite die entfehlichen Wohnungsverhältniffe, und da verlangen Sie( nach rechts) von den arbeitenden Frauen, daß sie ohne Rüdficht auf diese Berhältniffe immer mehr Kindern das Leben geben follen!
Jede Frau hat die Sehnsucht nach einem Kide. Sie hat den Bunsch, Mutter zu werden, aber unter den heutigen Umständen ist das für die arbeitende Frau unfäglich schwer. Die Frauen möchten niel lieber ihrer schweren Stunde entgegensehen, als durch einen Eingriff die Schwangerschaft zu unterbrechen. Aber wie können fie ihrer Mutterschaft froh werden, wenn sie unter den heutigen wirt schaftlichen Verhältnissen so unendlich zu leiden haben. Sie wiffen. menn sie einem Rinde das Leben schenken, daß sie das farge Brot noch in mehr Stücke teilen, daß dann die anderen Kinder noch mehr leiden müssen. Dann wissen sie nicht mehr ein und aus. Besonders schwer ist das Los der unehelichen Mütter, die nicht nur unter materieller Rot, sondern auch unter den Vorurteilen einer veralteten Zeit zu leiden haben. Dazu fommt, daß die soziale Sürsorge für Mutter und Kind ganz ungenügend ist, unseren Forde rungen auf diesem Gebiet sind bisher mur fleine Konzelfionen gemacht worden. Die wirtschaftliche Lage der werdenden Mütter wird von der Gesetzgebung nicht genügend beachtet, es wird über. fehen, daß unter den heutigen Verhältnissen das Kind nicht froh erwartet werden kann, die Mutter dabei zugrunde gehen muß. ( Schr wahr bei den Goz.)
Verschließen Sie( zu den bürgerlichen Barteien) doch nicht die Augen vor der Tatsache, daß die unerhörten Strafen bei Abfreibungen die Sadje nicht verbessert, sondern im Gegenteil die Mißstände eher noch vermehrt haben. Man muß sagen, dak in Deutschland mehr Geburten verhindert, als lebende Kinder zur Welt gebracht werden.( hört, hört bei den Soz.) Meine Herren, als Frau muß ich Ihnen fagen: Sie haben nicht das richtige Verständnis und nicht das rechte Gefühl für die Not der Frauen. Wenn Sie all das Klagen und Jammern. das an unser Ohr bringt, mit anhören müßten, dann würden Sie eine andere Meinung von dieser Frage bekommen.( Sehr richtia bei Den Soz.) Freilich, in den Kreisen der besigenden Klassen liegt das Problem anders, hier ist es viel leichter zu nehmen als in den Familien der unteren Schichten, wo die Kinderzahl durchwea crößer ist, als bei den Familien der oberen Klaffen. Wenn eine Dame der fogenannten befferen Gesellschaft feine Suft hat, das Kind auszutragen, weil sie Angst hat, ihre schlanke Linie zu verlieren, oder nicht mehr an den Bergnügungen der
Ein Zeichen der Not ist es doch auch, wenn die Berliner Ortstranfenfaffe berichtet, daß sie in über 4000 Fällen Wöchnerinnen- Unterstützung gegeben hat, dagegen in über 5000 Fällen, in denen es fich um die Unterbrechung der Schwangerschaft handelte( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Früher ist aus„ nationalen Gründen" von den arbeitenden Frauen verlangt worden, recht viele Kinder in die Welt zu setzen, damit genug Soldaten da sind. Aber was ist mit unseren Kindern geschehen? Im Westen und im Osten modern sie in den Gräbern des Weltkrieges. Wir wollen jetzt andere Wege gehen, wir wollen die Menschheit von der sozialen Not und von den Vorurteilen einer ver. gangenen Zeit befreien, wir wollen, daß die Frauen leicht und froh ihrer schweren Stunde entgegensehen. Wenn die Frauen nicht mehr vor ihrer schweren Stunde zittern
müssen, dann werden sie auch nicht mehr das Berlangen haben, ihre Schwangerschaft zu unterbrechen, dann werden sie freudig dem Kinde das Leben geben! Bir Sozialdemokraten haben kein Interesse an einer Verminderung der Bolfszahl, aber wir wollen, daß die Kinder auch am Leben bleiben und daß sie zu gefunden und frohen Menschen herangezogen werden können.( Lebhafter Betfall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Dr. Barth( Dnat.) bekämpft den Ausschußvorschlag. Selbst nichtchriftliche Staaten, wie Japan , bestraften die Abtreibung scharf. Wenn der Vorschlag des Ausschusses Gefeß werde, hätten irir mit einer maßlosen Zunahme der Abtreibungen zu rechnen; es werde eine wahre Seuche ausbrechen. Dagegen schützten Strafbestimmungen immer noch am besten. Gegenüber dem Hinweis auf die soziale Lage müffe er daran erinnern, daß es auch in früheren Zeiten in Deutschland sehr fnapp hergegangen sei. Die Deutschnationalen lehnten den sozialdemokratischen Antrag wie auch den Ausschußvorschlag ab.
Abg. Dr. Bodis( 3.) erklärt, daß seine Partei den Ausschußantrag ablehne( hört! hört! lints), nicht nur aus dem formalen Grunde, daß hier von dem allgemeinen neuen Strafgesetz buch eine einzige Materie geregelt werden solle, sondern auch aus dem materiellen Grunde, weil der Ausschußantrag nur die Bor. ft ufe aur völligen Abschaffung der Abtreibungsbeſtrafung sei.( Unruhe links.) Das Leben des Menschen sei eines der größten Güter; jeder Mensch empfinde einen Schauer bei dem Wort„ Tötung". Hier aber sollten straflos Millionen getötet merden und die Zahl der Frauen würde unendlich wachsen, die ihr lebelang Gewissensbisse hätten.
Abg. Dr. Kahl( D. Bp.): Zweifellos lägen hier schwere soziale Mißstände vor; aber das Mittel zu ihrer Beseitigung sei nicht die Lötung, fondern Staat und Gesellschaft müßten ausgleichen und helfend eingreifen. Das geltende Recht sei mangelhaft. Bei der reichen Stala der Motive für die Abtreibung müffe dem Richter Freiheit im Strafmaß gegeben werden. In dieser Be ziehung helfe der Ausschußbeschluß den schwersten Mißständen ab. Abg. Frau Dr. Lüders( Dem.) schließt sich diesen Ausführungen an. Es gelte, schwere Härten zu mildern und darum stimme die Demokratische Partei dem Ausschußantrag zu. Völlige Straffreiheit sei ausgeschlossen; aber die heutige harte Gejezgebung könne
nicht beibehalten werden.
Dies Haus vertagt sich gegen 6 Uhr auf Donnerstag 2 Uhr: Kleinere Borlagen, Gefeß über die Enteignung der Fürstenvermögen, Fortseßung der heutigen Beratung.
Künstliche Verteuerung der Margarine.
Wirkungen des Schutzzolls auf Margarinerohstoffe.
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Bei den vorjährigen Zolldebatten standen naturgemäß die Getreidezölle im Vordergrunde des Interesses, und bei der Haft, mit der diese Angelegenheiten von der damaligen Schuzzollmehrheit erledigt" wurden, war es nicht möglich, eine befriedigende Rege. lung für andere wichtige Ernährungsstoffe wie z. B. für die Roh materialien der Margarine industrie( pflanzliche und tierische Dele und Fette) zu erreichen. Den energischen Bemühungen der sozialdemokratischen Frattion gelang es wenigstens durchzufezen, daß eine Anzahl der wichtigsten Dele und Fette schließlich im 3olltarif etwas günstiger gestellt wurden als es in der Regierungsvorlage der Fall gewesen war. Inzwischen sind aber auch hier die Schutz 8ollintereffenten in aller Stille sehr fleißig am Werte gewesen, um die zuständigen Regierungsstellen für ihre Wünsche zu gewinnen und, möglichst ohne die Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit zu erregen, Erhöhungen der bisher geltenden Säße durchzu drücken. Es besteht tatsächlich die Gefahr, daß in dieser Richtung unter Umgehung des handelspolitischen Ausschusses des Reichstages schwerwiegende Anordnungen getroffen werden. Die wichtige Ber. fügung des Reichsministers der Finanzen, die z. B. die zollfreie Einfuhr von Pflanzentalg zur Herstellung von Margarine( Bof. 171 des Zolltarifs) sichern sollte, ist trotz aller Zusagen bis heute noch nicht ausreichend gesetzlich veranfert.
Das Intereffe der ausländischen Konzerne. Gegenüber den Schußzollbestrebungen gewiffer Großintereflenten der Delmühlen- und Magarineinduftrie tann im Interesse der Konfu menten nicht dringend genug die vollkommene Beseitigung aller 3olle auf pflanzliche und tierische Dele und Wie schon von uns im Sommer v. 3. ette gefordert werden wiederholt betont wurde, haben diese Zölle in der Hauptsache den 3wed, die Abhängigkeit der noch freien deutschen Margarinefabriken von den großen englisch holländischen Del- und Fett fonzernen zu verstärken und der Monopolbildung bzw. der Kartellierung auf diesen Gebieten Vorschub zu leisten. Schon heute tontrollieren Jürgens und van den Bergh etwa 60 Broz. Der gesamten deutschen Margarineindustrie und zirka 80 Proz. der deutschen Delmühlen. Diese Konzerne beherrschen außerdem faft ausschließlich die holländische und englische Margarineindustrie. Die Aftienkapitale der zum Jürgens- Konzern gehörenden Gesellschaften haben einen Nennwert von etwa 175 millionen Mart. 3um van den Bergh- Konzern gehören über 70 zum Teil große Gefell schaften in Holland und Deutschland . Diesen Großintereffen ten, in deren Händen die Kontrolle über Delmühlen und Margarinefabriken liegt, tommt es darauf an, durch möglichst hohe Schutzölle auf die Einfuhr von Margarinerohstoffen die noch unab. hängigen deutschen Margarinefabriken niederzukonkurrieren. Bei der Eigenart des ganzen Handels mit derartigen Rohstoffen find heute schon die freien Margarinefabriken weitgehend darauf an gewiesen, ihre Rohstoffe von den Konzernölmühlen, d. h. also von Gesellschaften ihrer erbittertsten Ronkurrenz zu faufen. Von dieser Abhängigkeit fann man sie nur dadurch befreien, daß man ihnen die Möglichkeit gibt, ihren Bedarf an raffinierten Bilanzen ölen und tierischen Fetten ohne 3oll und 3ollauflicht im Auslande zu decken. Der Zoll hat den 3wed, die aus. ländischen Offerten, deren Bedeutung als Preisrequ lator außerordentlich groß ist, vom Inlandsmarkte fernzuhalten. Die Delmühlen versprechen zwar, sie würden den Schutzzoll über. haupt nicht ausnußen. Die Preisstatistik zeigt aber deutlich, daß dieser Zoll sich schon bisher bei einer ganzen Reihe wichtiger Roh stoffe voll ausgewirkt hat. Wenn z. B. bei Erdnusöl die Preise im Inlande vorübergehend stort gesenkt wurden, fo handelt es fich um offensichtliche planmäßige Preismanöver. Derartige gelegentliche Manöver ändern nichts an der vollkommenen Laren Gesamttenbenz
Ausschaltung der Konkurrenz des Weltmarkies. Es ist tatsächlich eine auffallende Erscheinung, daß verschiedene der bisher noch als unabhängig geltenden deutschen Delmühlen
die Zollpolitik der ausländischen Großinteressenten unterstützen. Hier ipielen finanzielle Abhängigteiten als Folge der Geld fnappheit und gewiffe tartellfreundliche Tendenzen eine Rolle. An zuständiger amtlicher Stelle ist man fogar naiv genug gewesen, den freien Delmühlen eine Verständigung untereinander und mit den Konzernen anzuraten. Das würde bedeuten, daß der gesamte deutsche Delmarkt entscheidend von den ausländischen Konzernen beeinflußt werden fönnte und daß durch hohe Schußzölle die regulierende Birtung ber Weltmarti preife ferngehalten würde. Dann wäre natürlich der Zeitpunkt gekommen, wo man auch die freien deutschen Margarinefabriken erdrosseln und dem Konsum die Preise diftieren tönnte. Ganz nebenbei gehen die Bestrebungen diefer Kreise dahin, der deutschen Margarine. industrie den Bezug gewisser tierischer Fette aus dem Auslande, die zur Herstellung besonders hochwertiger Marga rine in Verbindung mit großen Quantitäten Milch benutzt werden, durch Prohibitivzölle ganz unmöglich zu machen.
mal Zweierlei Maß!
Die bisher veröffentlichten Geschäftsberichte der großen Konzerngesellschaften für 1925 laffen bereits erkennen, welchen Vorsprung der Schutzoll schon im jezigen Ausmaße diefen Betrieben gewährt. Interessant sind allerdings die allgemeinen Klagen der Del mühlen über unzureichenden Ablaß von Deltuchen. Vor dem Kriege murde der Delfuchen rechnungsmäßig vollkommen als Nebenprodukt( ähnlich wie die wertvollen Leererzeugnisse des Rohlenbergbaues) behandelt. Offenbar möchte man auch jetzt noch in dieser Weise verfahren. Dabei ist aber zu berüdfichtigen, daß die Delfaaten etwa 80 Prog. Delfuchen( Futtermittel) und tnapp 20 Prozent Del liefern. Es ist nicht zu verstehen, warum gerade der Geminn aus der Del fabrikation restlos die Dividenden liefern foll, während der von der Landwirtschaft verbrauchte Delkuchen als Nebenfächlichkeit betrachtet wird. Die Regierung macht fich diese seltsame Betrachtungsweise der Delmühlen zu eigen, wenn sie ausgerechnet bie Delpreise durch Zölle hochtreibt und damit der ärmeren Bevölkerung bie Margarine verteuert, während sie ängstlich darüber wacht, daß die Deltuchenpreise( durch zollfreie Einfuhr aus. ländischer Delfuchen usw.) niedrig gehalten werden, damit die beffer fituierten Kreise ihre Kuhbutter nicht zu teuer bezahlen brauchen.
Die wohlwollende Behandlung der schutzöllnerischen Bünsche ber Delmühlen im Reichsernährungsministerium ist ein hohn anf bie fogenannte Preisfentungsattion und die Rartellpolitik der Reichsregierung.
Die Reichsbank Ende April. Beherrscht die Reichsbank noch die Kreditwirtschaft? Die Reichsbant verzeichnet für Ende April eine derart gering fügige Inanspruchnahme durch Wirtschaft und Banfen, wie sie seit Stabilisierung der Währung an einem Monatsende noch nicht da war. Die gesamte Kapitalanlage erhöhte sich gegen die Borwoche um nicht mehr als 106,2 Millionen Mart auf 1364 Milfirnen. Davon entfiel nur der geringere Teil, nämlich 52,7 Millionen auf hereingenommene Wechsel, deren Gesamtbestand auf 1214 Millionen stieg. Das ist ber tiefste jeweils am Ende des Monats bisher verzeichnete Bestand an In. Der größere Teil, 53,5 Mile landswechseln und Scheds. lionen, entfiel auf Lombardierung von Effekten, so daß sich die Lombardbestände auf 61,1 Millionen Mart erhöhten. Auch die Summe der an öffentliche Stellen weitergegebenen Inlandswechsel ging beträchtlich, um 66 Millionen auf 198,1 Millionen, zurüd. Die einzige Beanspruchung ber Reid) sbant, die als normal für das Manatsende bezeichnet merden barf, erfolgte auf dem Ronto ber unverzinslichen fremden Gelder, die um 448,6 Millionen auf