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foalition mit der Sozialdemokratie sind gerade angesichts der gespannten Zeitverhältnisse außerordentlich groß. Welche Stel­lung würde diese Regierungstoalition z. B. im Flaggen streit einnehmen? Welche zur Frage der Fürstenent­eignung? Man braucht sich nur der vorangegangenen parlamentarischen Auseinandersetzungen zu erinnern, um zu erkennen, wie groß hier die Schwierigkeiten sind, von Fragen der Sozial-, Finanz- und Handelspolitit gar nicht zu reden! Aber wenn auf der anderen Seite die Absicht besteht, über die Ueberwindung dieser Schwierigkeiten zu verhandeln, so ist die Sozialdemokratie dazu bereit.

In welchem Maß diese Absicht besteht, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Einstweilen sind Bestrebungen zu erkennen, die in einer ganz anderen Richtung gehen: näm lich zur Schaffung einer neuen Regierung der Mitte mit An­lehnung nach rechts oder auch einer Uebergangsregie­rung, die im Amt bleiben soll, bis die Schwierigkeiten einer festen parlamentarischen Mehrheitsbildung hoben sind.

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Unter diesen Umständen konnte die Fühlungnahme, die gestern abend noch zwischen Vertretern des Zentrums und der Sozialdemokratie stattfand, teine greif­baren Ergebnisse zeitigen. Nur eins ist gewiß: Nachdem die Sozialdemokratie ihre Bereitschaft zu Berhandlungen zu er­tennen gegeben hat, liegt die Berantwortung für das Rom mende auf den Parteien der Mitte, das heißt vor allem auf dem Zentrum und den Demokraten. Wäre bei diesen Par­teien der feste Wille vorhanden, eine re publitanische Regierung auftandezubringen, so würde sich auch der Weg zu ihr finden und die Möglichkeit für fie, sich parlamen­tarisch zu behaupten. Fehlt dieser feste Wille, dann sieht man freilich nur Berlegenheitszwischenlösungen, an deren Ende vielleicht die Auflösung des Reichstages steht.

Empfänge beim Reichspräsidenten . Der Sozialdemokratische Pressedienst" meldet: Am Donnerstag wird der Reichspräsident zunächst den Reichs­tagspräsidenten, dann den Borfizenden der sozialdemokra tischen Reichstagsfraktion und anschließend die Führer der Regie­rungsparteien und der deutschnationalen Fraktion empfangen. Bor Freitag nachmittag dürfte ein Antrag zur Reubildung der Regierung nicht erteilt werden. Persönlich soll der Reichspräsident die Absicht haben, den früheren Reichsminister des Innern und jezigen Ober­bürgermeister von Duisburg , Dr. Jarres, mit der Neubildung der Regierung zu betrauen. In unterrichteten Kreisen wird auch davon gesprochen, daß der Reichspräsident die Absicht hat, dem Reichswehrminister Dr. Geßler einen Auftrag zur Bildung der

neuen Regierung zu erteilen.

Herr Jarres und Herr Geßler find beide mit startem Mißtrauen der Sozialdemokratie belastet. Im übrigen dürfte der Reichspräsident faum Entschlüffe faffen, solange er nicht die Parteien gehört hat.

Luthers Ende.

Der Reichskanzler Dr. Luther hat, wie an anderer Stelle schon gemeldet, den Reichspräsidenten gebeten, ihn alsbald von der Führung der Geschäfte zu entbinden, zu deren er nicht mehr zurück­fehren wird. Denn eine Wiederberufung ist nach den Ereignissen der letzten Tage unmöglich, und Herrn Luthers politische Laufbahn ift wohl überhaupt abgeschlossen.

Dr. Hans Luther , ein geborener Berliner , hatte fich der fom munalpolitischen Laufbahn zugewendet und war Oberbürgermeister von Essen , als ihn der Reichskanzler Cuno im Januar 1923 als Ersatz für den bekannten Herrn Müller- Bonn an die Spitze des Ernährungsministeriums berief. Luther blieb Ernährungsminister auch im Kabinett Stresemann , bis er nach dem Rücktritt des Ge­noffen Hilferding Finanzminifter wurde. Als solcher gehörte er auch noch dem Kabinett Marg an, nach dessen Sturz er noch vom Reichspräsidenten Ebert Mitte Januar 1925 aum Reichs. fanzler ernannt wurde. Man kann heute sagen, daß diese Er­nennung dem ersten Reichspräsidenten nicht leicht geworden ist.

Aber die damalige Situation bot teine andere Möglichkeit als die Bildung einer Rechtsregierung mit Luther an der Spize, der wenig­stens in der Außenpolitit zuverlässig war. Nach dem Aus­tritt der Deutschnationalen aus der Regierung betraute ihn Reichs= präsident v. Hindenburg mit der Bildung eines neuen Kabinetts, das sich auf die Mitte stützte. Luther selbst hat diesem Kabinett teine lange Lebensdauer zugetraut. Am Tage seiner Wieder ernennung äußerte er halb humoristisch, daß er wohl am 13. Mai d. 3. stürzen werde; er habe das fo im Gefühl". Luther ist nun einen Tag früher gestürzt, als er es erwartet hatte.

Jetzt wird sich der kaum Siebenundvierzigjährige wahrscheinlich wieder dem Gebiet der Verwaltung zuwenden, auf dem er zu Hause ist. Schon vor seinem Sturz wurde er als möglicher Nachfolger des franten Deser im Direktorium der Reichseisenbahn genannt. Sein Ausflug in die Politik ist beendet.

Verbot der Putschverbände.

Beschlagnahme der Vermögen. Amtlich wird gemeldet:

Der preußische Minister des Innern hat auf Grund der§§ 14 Abfah 2 und 19 Abfah 2 in Verbindung mit dem§ 7 3iffer 4 des Gesetzes zum Schuhe der Republit vom 21. Juli 1922 den Berein Olympia, deutscher Verein für Leibesübungen e. B." in Berlin , verboten und aufgelöst. In der Begründung wird angeführt, daß der Verein entgegen feinen vorgefchütten fportlichen Zweden in Wirklichkeit ein militärisch organisierter und durchgebildeter Kampfverband ist. Insbesondere ist auch festgestellt worden, daß der Führer der Olympia, Oberst a. D. von ud, wie ein militärischer Aufmarschplan für die & ampfverbände beweist, im Ernstfalle" gewillt war, die von ihm geleitete Organisation gegen die Reichshaupt­stadt zu führen.

Ferner wird auf Grund der§§ 44 Abfah 2 und 19 Absatz 2 in Verbindung mit§7 3iffer 4 und 5 des Gesetzes zum Schuße der Republik der Wehrbund Ostmark, deutschnationaler Jugendbund e. V.", mit dem Sig in Frankfurt a. d. O., mit allen seinen Kreisverbänden und Ortsverbänden für den Bereich des Freistaats Preußen aufgelöst und ver­boten. Der Bund ist gleichfalls nachweisbar als militärischer Kampfverband anzusehen, deffen Mitglieder in gefchloffenen mili­tärischen Formationen zusammengefaßt und nach militärischen Dienstgraden eingeteilt wurden. Die Mitglieder, die auch Uniform tragen, werden in der Handhabung des Militärgewehrs Modell 98 praktisch unterwiefen und halten Schießübungen ab. Der Bund verfolgt ftaatsfeindliche innerpolitische Zwede in der Richtung einer Untergrabung der verfaß fungsmäßigen republikanischen Staatsform.

Endlich wird auf Grund der gleichen Gefehesbestimmungen der Bund witing" mit allen feinen Bezirken, Gauen und Orts gruppen einfchließlich fämtlicher Organisationen des Jung- Wi­fing" für den Bereich des Freistaats Preußen verboten und auf­gelöst. Der Bund stellt fich gleichfalls als militärisch organisierter und durchgebildeter Kampfverband dar, der eine Fortiehung der verbotenen Brigade Ehrhardt ist und dessen Mit­glieder Waffen besitzen. Der Bund ist gewillt, fein monarchisti­ihes Programm mit Gewalt durchzusehen, um die bestehende Staatsform zu beseitigen.

Das Vermögen der drei genannten Organisationen wird zu gunsten des Reiches beschlagnahmt. Diese Bermögensbeschlag­nahme gründet fich auf§ 18 des Gefehes zum Schuhe der Republik .

Unschuldslämmer.

Die deutschnationale Bresse ist begreiflicherweise sehr un­gehalten über das Borgehen der Polizei und der Staatsregie­rung gegen die Butschistenverbände. Sie eröffnet ein Trommelfeuer zur Verteidigung der vaterländischen" Sport­klubs, die so harmlos ihre Kleinkaliberschießübungen abhalten, während Reichsbanner und andere Demonstranten nicht ein­mal Stöde mitführen dürfen. Sie weiß natürlich gar nichts Ermal Don Putschplänen, sie kennt nur die schwarze Seele Severings, von Butschplänen, fie fennt nur die schwarze Seele Severings,

der die ganze Aktion nur eingeleitet haben soll, um die dem nächst, wahrscheinlich zu Pfingsten, beginnende kommunistische­Reichsbanner- Repolution zu ermöglichen..!

So ungefähr fann man es in der Deutschen Zeitung" des Wiking- Sodenstern und in der Hugenberg- Bresse mit mehr oder weniger Wig niedergelegt finden. Und naive Lefer dieser Blätter werden es wahrscheinlich glauben, daß die Herrschaften kein Bässerdhen trüben können. Wen rührt nicht etwa der Stoßseufzer des Hugenberg- ,, Lokal- Anzeigers": Bis zum Beweise des Gegenteils wird man auch diesmal an nehmen dürfen, daß selbst noch so rechtsradikale Kreise nicht daran gedacht haben, irgendwelche angesehlichen Maß­nahmen gegen den Staat oder gegen politische Gegner ins Werf zu fetzen. Es versteht sich ven selbst, daß, wenn diese Annahme sich als trügerisch herausstellen sollte, in der Verurteilung ungefeßlicher und verbrecherischer Unternehmungen alle Anhänger einer friedlichen Fortentwicklung unserer innerpolitischen Zustände ohne Unterschied des politischen Glaubensbekenntniffes übereinstimmen würden.

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nach

Das flingt sehr friedlich. Aber es ist nicht daraus zu ent­nehmen, ob nun auch die ,, Lokal- Anzeiger"-Leute selbst zu den Anhängern einer friedlichen Fortentwicklung" gehören, zu­mal doch der Inhaber der Scherl- Betriebe, Hugenberg , in erster Linie als einer der Putschisten genannt wird. vergessen machen, daß Kapps Presseschef. Harnisch , Außerdem aber will man bei Hugenbergs augenscheinlich zu den Leitartiklern des Lokal- Anzeigers" und ber übrigen Hugenberg - Blätter gehört. Will man weiter ver­geffen machen, daß Hugenberg einen seiner Reisejournalisten Hitler Ludendorff- Kahr- Putsch zum München fandte, daß diefer von der Bürgerbräurevolution alle Einzelheiten telephonieren fonnte, während ganz Deutschland von dem Ausbruch des Putsches gerade an diesem Tage über­rascht wurde. Damals wußte die Hugenberg- Bresse von jeder Einzelheit der Vorbereitungen und pries die Persönlichkeiten des Bräurummels in allen Tönen. Heute weiß man zwar wieder nichts ,,, am Tage danach" aber dürfte der ,, Lokal­Anzeiger" um so lauter die Diktatoren preisen, die das ge­reinigte Deutschland ", um mit Claß zu reden, wieder der Hohenzollernherrlichkeit zuführen wollen. Hugenberg weiß, weshalb er statt Krupp- Aktien das Scherl- Bapier gekauft hat.

Der Aufmarschplan.

Das Polizeipräsidium teilt mit:

"

Die gestern erfolgte vorläufige Festnahme des Führers des Sportvereins Olympia" Major a. D. v. Lud, ist auf Grund des folgenden Schriftftüdes vorgenommen worden, das in dem Schreibtisch des Herrn v. Luck gefunden

wurde.

Grundsäte für den Aufmarsch.

Gammelpläge dürfen nicht allen Mitgliedern betannt gegeben werden, da mit Berrat aus Angst oder Leichtsinn zu rechnen ist. Mitteilung an die Führer erfolgt am beften in verschlossenem Umichlag, der erst im Eraftfalle zu öffnen ist. Wie weit diese Mitteilung an die unteren Führer zu machen ist, hängt von den örtlichen Verhältnissen ab. Grenze bei dem Führer, der auch unter schwierigen Berhältnissen noch in der Lage ist, einen bestimmten Bezirt zu benachrichtigen. Den Mann­fchaften ist mitzuteilen, bei wem fie Sammelpläge des Ernst falles au erfragen haben..

Die Sammelpläne müssen grundfählich außerhalb der Stadt liegen. Im Süden erscheint die Linie Bahnhof Grunewald, Dahlem , Lichterfelde , Buckow , Rudom geeignet zur Bersammlung der füdlich der Spree liegenben Teile. Besonderer Ueberlegung bedarf tie Sammlung der Mannschaft aus Gegend Char. tottenburg, da diese Gegend ungünstig zwischen Berlin und Spandau eingetlemmt liegt. Es tommt in Betracht: Entweder feitliches Ausweichen auf Bahnhof Grunewald oder Bersammlung in Westend und

Zerstörung der Straßen von Spandau . Erst bei Anrüden überlegener Kräfte ist nach Süben auszuweichen. Da aus den nördlichen Teilen der Mart, aus Medlenburg­

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Ballettabend in der Städtischen Oper. iſt ein, wenn auch etwas verschämt auftretendes, Balletttorps.| Rhythmus, motivisch zeichnende Arbeit sie brauchte nur belauscht,

Der Tanz.

Das alte Ballett bietet als 3weckkunft" gegenüber dem modernen Tanzspiel mancherlei Vorteile. Es verfügt über einen ficheren Fundus an Ausdrucksmitteln, die sich in einer Jahrhunderte alten Bühnentradition gefestigt, fultiviert und nüanciert haben. Tritt an den Ballettmeister die Aufgabe heran, für eine bestimmte Oper Tanzeinlagen eder Tanzbegleitungen zu schaffen, so wird er in der Regel nur in seine Borratskammer zu greifen brauchen, um das für den Fall Geeignete zu finden. Die Fülle der zur Berfügung stehenden Tänze und Tanzszenen ist fast unerschöpflich und die Einstudierung relativ mühelos, da die zur Produktion nötigen Kunst mittel bis in alle Einzelheiten gegeben sind und die Technit jedem Mitwirkenden geläufig ist.

Der Leiter einer modernen Theatertanzgruppe hat mit un­gleich größeren Schwierigkeiten zu fämpfen. Für ihn gibt es feine Tradition, feine gebrauchsfähig fertigen Tänze, feine feststehenden, erprobten Ausdrucksmittel, auf deren Wirkung er sich für alle Fälle verlassen kann, und feine allgemein befannte, anerkannte und sicher fundierte Technik. Jede ihm gestellte Aufgabe zwingt ihn zu einer fundamentalen Neufchöpfung. Er fann in teine Borratskammer greifen, er muß den gesamten Bau von Grund auf selbständig ent­merfen und errichten. Jede Komposition ift in allen Einzelheiten fein persönliches Wert, jede Einstudlerung trägt mehr oder weniger den Charakter des Experiments und da die zur Verfügung stehende Borbereitungszeit in der Regel sehr knapp bemessen ist den des Improvisierten. Moderne Tanzgruppen, die in jeder Lei­ftung nur schlechthin Bollkommenes bieten wollen, wie etwa die Wig­ man - Gruppe, find für die Zwecke des szenischen Tagesbetriebs da her faum verwendbar. Sie arbeiten unter anderen Bedingungen. Die übrigen sehen sich auf Schritt und Tritt zu Kompromissen ge zwungen und es wäre unbillig, an ihre Tagesleistungen die höchsten fünstlerischen Maßstäbe legen zu wollen.

Was die seit dem vorigen Herbst bestehende Tanzgruppe unserer Städtischen Oper bisher unter dem fatalen 3wange des Tages. betriebs hat produzieren müssen, ist aus den angegebenen Gründen von uns unerörtert geblieben. Es fonnten nur Gelegenheitsleistun gen sein, deren Gelingen stets mehr oder weniger vom Zufall ab­hängig sein mußte. Jeßt aber, am Schlusse der Saison, wird etwas geboten, was gewiffermaßen als Reifeprüfungsarbeit gelten fann. Ein Ballettabend, bei dem der Tanz nicht Begleitung und Unterstützung der Mufit, sondern Haupt- und Mittelpunkt, 3med der Veranstaltung ist. An dieser Schöpfung fonnte man mit Ruhe und Sorgfalt arbeiten. Sie muß daher offenbaren, weffen die Leiterin Lizzie Maudrik und das von ihr gebildete und geschulte Korps fähig ist.

Drei Werte wurden gestern gezeigt: Die Nußtnader. Suite" von Tschaikowsky , die Tanz- Suite" von Couperin in der Bearbeitung von Richard Strauß und die Tanz- Pantomime Der große Krug" von Alfredo Cafella( nach Pirandello).

Wos zunächst mit zwingender Deutlichkeit zutage trat, war die Tatsache, daß es sich hier überhaupt nicht um eine Tanzgruppe im modernen Sinne handelt. Die Gruppe der Städtischen Oper

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Daran ändert nichts die Mitwirkung einiger aus der Wigman - und Trümpy- Schule hervorgegangener Künstler und Künstlerinnen. Daran ändert auch nichts der gelegentliche Verzicht auf den Ballett schuh und die Einfügung moderner Schwünge, Rhythmen und Bewe gungsfolgen. In einem Dreitanz der Rußknader- Suite" zeigte das Zusammenwirten zweier moderner Künstler mit einer Spigen tänzerin, daß aus solchem Ensemble intereffante Wirkungen zu er zielen wären. Nur muß das Ensemble ein organisches Gebilde fein, nicht ein Chaos aus widerstrebenden und auseinanderfallenden Ele menten. Was die Tanzgruppe der Städtischen Oper bot, war aber fast durchweg ein stilloses Gemisch. Ballett mit Fremdförpern. Ueberdies ein sehr mangelhaftes Ballett. Solche tänzerisch faden Spielereien, wie die Tanz- Suite" und den Großen Krug" läßt man sich allenfalls gefallen, wenn sie mit dem ganzen Raffine ment der alten Ballettechnik gegeben werden und in der Kompofition der Einzelszenen choreographische Phantasie bekunden. Hier fehlten diese mildernden Umstände. Aneinanderfügen trivialer Bewe­gungsrhythmen. Eintöniges Abrollen ungegliederter und unge­steigerter Massenszenen, die auf die Dauer bleierne Langeweile er zeugen mußten. Kein origineller Einfall, fein Stil, kein Schmiß, fein Wille, fein Ziel. Gegenüber diesem katastrophalen Gesamt­eindruck erübrigt es sich, auf Details einzugehen. Die Tanzgruppe der Städtischen Oper hat ihre Reiseprüfung gestern nicht bestanden. Eine durchgreifende radikale Neuorgani­fation diefes Korps an Haupt und Gliedern ist dringende, zwin. gende Notwendigkeit.

Die Musif.

John Schifowsti.

Das Bersönlichste in der Mufit der drei Balletts ging vom Orchester Tschaifowitys aus. Die Nußtnader Suite" ist eine graziös fließende Unterhaltung, in der das Franzöfifch. elegante durchflingt wie das Ruffisch- tänzerische. Die Spieldofen imitation ift allerliebst, Walzer und Schlußensemble geben einer wirklich schöpferischen Tanzphantafie üppige Anregung. Das Sinn liche der Melodie packt und zündet. In Straußens Tan3 Suite" ist von solcher finnlichen Note taum mehr etwas zu spüren. Ste nimmt Weisen des großen Franzosen Couperin so wichtig und breit, als feien sie nicht für ein Spieldoſeninstrument gefchaffen Die sogenannten kontrapunktischen Feinheiten stören eher als daß fie erfrischten. Eine Monotonie der anständigen Gesinnung und des französischen Tanzstils ist hier festgehalten und fonserviert, ohne daß fie Mut und Laune bekämen, das Alte aus dem 18. Jahrhundert noch einmal für uns aufzuwecken. Gavotte, Menuette, Bavane darf man verraten, daß all dies auch unter der Flagge Strauß sehr langweilig werden kann? Merkwürdig leblos wurde zudem im Orchester musiziert. Da hatte es Casella mit feiner Komödie wesentlich besser. Hier gibt Pirandellos Spiel doch zahllose Boin ten ab, die gerade aus dem Tanz heraus geboren find. Cafella zeichnet den Charakter des Buckligen, das Temperament des Guts befizers, die Zierlichkeit der Tochter deutlich und musikalisch an sprechend. Im Bauerntanz das Grotesfe, im unglücklichen Topf flicker das Wehmütige, im Bolt das Ausgelassene, im Mondes= glanz das ruhig Flackernde all das gibt ein feines Instrumenten ensemble lebenswahr wieder. Und ein sizilianisches Volkslied läßt den Atem Italiens mild ausströmen. Ueberall Bewegung,

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ins Körperhafte umgesetzt zu werden.

Nach dem Russen, dem Franz fen, dem Italiener, endlich der gute Deutsche . Borgings Opernprobe" hat eine Ouvertüre, wie Mozart durch eine Bürgerlichkeit dividiert. Lieb, fed, springend und wißig ist das ganze parodistische Element diefer Selbstperfiflage. Das ganze Opernmetier scheint fich in seiner Eitelfeit zugleich zu spiegeln und zu blamieren. Das Rezitativduett, ein Couplet der Kammerzofe und ein sehr schmuckes Septett sind, wenn auch mit der linken Hand geschrieben, doch nicht zu verachten. Ein Spaß, gedacht für Dilettantenbühnen und auf die großen Humore solcher Spieler eingestellt, die imftande sind, Stimme und Gefte auch in der Ber­zerrung noch fünstlerisch zu nivellieren. Bötel, Heyer, Kandi gaben davon einen Borgeschmad. Auch Magarete Thal. Ballerstein war noch fein 3deal einer Rammerzofe. Betrachten wir bie ganze Aufführung zunächst noch als Opernprobe".

Kurt Singer .

Die Bühnenleiter gegen den Rundfunt. Bei der Kieler Tagung des Deutschen Bühnenvereins wurde unter anderem auch beschlossen, einen energischen Borstoß gegen den Rundfunt zu unternehmen. Aehnlich wie einft in den Anfängen des Films beabsichtigt man den Bersuch eines Berbotes der Mitwirtung angestellter Bühnenfünstler bei Rundfunksendungen. Hierdurch werden natürlich die Intereffen sowohl der Schauspieler wie der Rundfunkfendeftellen aufs stärtste berührt; von den Schauspielern wird andererseits schon jetzt Klage darüber geführt, daß namentlich an größeren Provingtheatern viel fach die Vorstellungen geschlossen zur Rundfuntsendung abgegeben werden, ohne daß die Mitwirkenden babet materiell beteiligt find. Neben diesem Borstoß beabsichtigt der Bühnenverein auch gegen die Dilettanten theater in der Weise vorzugeben, daß die von den Bühnen angenommenen Stücke für die Aufführung durch Dilet­tantentheater, dramatische Bereine usw. gesperrt werden.

300 Jahre New York . Der Gründer dieser jezigen Riesenstadt ftammte aus Wesel . Ein Sohn der deutschen Stadt Wesel hat vor 300 Jahren den Grundstein für das heutige New York gelegt. Er hieß Peter Minnit und war damals Direttor der Nieder­ländisch Westindischen Kompanie. Aus diesem Anlaß hielt der Stadtrat von Wesel jegt eine Ehrenfißung ab, in welcher der Bürgermeister die Tatsache, baß ein Weseler New Dorf gegründet habe, hervorhob. Rebenbei sei bemerkt, daß Beter Minnit ein guter Geschäftsmann gewesen sein muß, denn er zahlte den Indianern für den gesamten Grund und Boden des heutigen New York damals nur Waren im Werte von 24 Dollar!

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James Klein ohne Konjeffion. Der Bezirksausschus Berlin hat am 11. Wat auf Antrag des Berliner Polizeipräsidiums dem bisherigen Leiter der Berliner Stomilchen Oper ble Stongeffion entzogen, da er in allge meinen und finanzieller Beziehung nicht mehr als zuverlässig anerkannt werden könne.

nsbreifung der Cepra in Rußland . Nach Meldungen aus Moskau breitet sich die Lepra in Rußland start aus, vor allem in den Gebieten am stafpischen Meer und weiter oftwärts. Aus der Ukraine werden fünfhundert neue Fälle von Aussat gemeldet.