Abg. Müller-5r«nken(Soz.): Der neue Reichskanzler hat seine Rede mit einem Lob auf seinen Vorgänger begonnen und ihm seinen Dank ausgesprochen. Das ist üblich, aber bemerkenswert ist, daß dieser Dank diesmal besonders warm klang. Das Kabinett» d«s sich heute vorstellt, ist eigentlich das Kabinett Luther minus Luther . Aber es wäre falsch, bei dem Gedenken an seine Tätigkeit immer nur an ein Minuszeichen zu denken. Auch wir wissen, daß Luther «ine st a r k e Energiequelle darstellt, um so mehr ist es notwendig, zu untersuchen, wodurch diese starke Energie gescheitert ist. Wenn die Energie sich nach falscher Richtung entwickelt und die Ma- schine falsch angekurbelt ist, kann sie nicht zum Segen des Volkes arbeiten. Es muß festgestellt werden, daß der Reichskanzler Luther in seiner letzten Red« im Reichstag sich zum parlamentarischen System bekannt hat und es nach dem verlorenen Krieg« für ge- geben hielt: er hat sich dann aber doch überdieparlamentari- schen Selbstverständlichkeiten hinweggesetzt, und das ist der Grund, warum er über die Fla�aenfrage gestolpert ist. Er Hot einmal gesagt, er wolle keine vom Reichstag regierte, sondern vom Reichstag getragene Regierung führen. Sein großer Fehler aber war, daß er die Fühlung mit dem Parlament nicht ausrecht- erhielt, und es hat sich gezeigt, wie schwer es einem außerhalb des Reichstags stehenden Kanzler wird, die Fühlung mit dem Parlament zu erhalten.(Sehr richtig! bei den Soz.) Das zeigte sich nicht nur bei der F l a g g e n f r a g e, sondern auch bei der Angelegenheit des Volksbegehrens der Sparer. So geht das nicht. Gerade der Abgang Luthers sollte eine Warnung für die folgenden Regierungen sein. Ich bin auch überzeugt davon, daß die Mitglieder der jetzigen Regierung aus den Erfahrungen des zweiten Kabinett» Luther ihre Lehren gezogen haben. Aennutlich würde das auch Luther tun. Wenn er noch einmal in die Gefahr gekommen wäre, hätte er das heiße Eisen der Flaggenfrage nicht wieder in die Hand genommen, und er hätte dann wohl einen anderen Abgang bei einer anderen Gelegenheit gefunden. Im übrigen müßten doch eigentlich alle guten deutschen Patrioten über das Symbol des deutschen Volkes einig sein. Im alten Reich, wo die Flaggenfrage gleichgültig ge- welen ist, wäre ein solcher Kamps um ideale Güter nicht möglich ge- wosen.(Widerspruch rechtsO Die Flaggenfrage war damals ganz gleichgültig.(Stürmischer Widerspruch rechts.) Aber jetzt will da» Volk von fchwarzweißrot nichts mehr wissen, es hat ein anderes Ideal.(Zuruf rechts: Ideal?) Ist da» kein Ideal, für das unsere Väter lS4S gekämpft haben? Wir denken bei unserem Ideal natürlich nicht wie Sie(nach rechts) an das Reich der Reichen.(Sehr richtig! bei den Soz.) Die neue Regierung ist, wie ihre Vorgängerin, eine Minder- heitsregierung. Aber nun ein Wort über die Art, wie diese Regierung gebildet worden ist. Nach dem Sturz des zweiten Kabi- netts Luther waren alle in Betracht kommenden Faktoren und olle Parteien darin einig, daß so schnell wie möglich die Krise gelöst werden solle. Aber es ist dabei ein Verfahren eingeschlagen wor- den, das bisher nicht geübt worden war. Die Lösung der Regie- rungskrise ist von vornherein abgestellt worden auf die Weiter- führung der Geschäfte durch das R u m p f k a b i n e t t. Der Rat der Parteiführer für die Lösung der Krise ist dies- mal nicht eingeholt worden. Es muß die Arage ausgeworfen werden, ob da» eine Abkehr von der alten Uebung ist. oder ob diese» Versahren nur beliebt wurde, weil eine Regierung aus breiter Basis überhaupt nicht gebildet werden sollte, und man die Geschäfte durch das Rumpfkabinett weiterführen lassen wollte. Ueber die Schwierig- kciten einer Kabinettsbildung aus breiter Basis will ich mich nicht naher auslaffen. Ich bin der Ueberzeugung, daß es sehr schwer sein wird, eine Regierung mttfester Mehrheit zu bilden, solange die Deutsche Volkspartei die Politik weiter befolgt, die sie in der letzten Zeit betrie» ben hat. Noch im Januar erklärte sich die Deutsche Volkspartei für die große Koalition und es hat damals Leute gegeben, die diese Erklärung für ernst genommen haben. Räch der Erklärung Adenauers sind wohl jetzt auch diejenige« ausgeklärt, die an die große Koalition geglaubt haben. Auf der anderen Seite ist die Entwicklung der Regierung zu einer Mehrheit nach rechts nur möglich, wenn sich das Zentrum unter das kcudinische Joch der Rechtsparteien begeben wollte. Ich nehme an, daß das vorläufig nicht der Fall sein wird. Das ist der Grund, warum wir zunächst mit Minderheitsregierungen rechnen müssen. Nun haben ja am letzten Sonntag diplomatische VerHand- langen stattgefunden zwischen dem Zentrum und der Deutschen Volkspartei und es ist über die Grundsätze der Regierungsbildung
Musik. Don Kurt Singer . Vor eingeladenen Gästen führte der Geiger Berkowski einen von ihm erfundenen Bogen vor, der imstande ist. zu gleicher Zeit drei und vier Saiten erklingen zu lassen. Soweit man sehen konnte, geht dieser Mechanismus vom Spannen und Entspannen der Bogen- haare bequeni durch einen Druck der rechten Hand vor sich. Die vor- her gerade Linie von Haaren und Stange wandelt sich schnell in eine gebogene, und tatsächlich kann man einen ausgehaltenen Akkord etwa in der Chaconne von Bach hören, wo sonst nur zwei Saiten hintereinander angestrichen wurden. Die Geläufigkeit des üblichen Spielmechanismus ist durch die neue Art nicht gefährdet. So weit da« Positive. Solche Bögen(Berkowski nennt den seinen Polyphon- Bogen) sind schon seit zwei Jahrhunderten vorhanden. Man braucht nur in das staatliche Museum für Musikinstrumente zu gehen, um sie zu sehen und— mit Erlaubnis des Professors Kurt Sachs — auch zu spielen. So original ist also die Idee nicht, und manche der alten, aus Akkordspiel berechneten Bögen sehen wesentlich schöner aus als dieser unförmlich-neue. Das mag für den Orchesterspieler gleichgültig sein, für den Solisten ist es das nicht. Wesentlicher noch ist, daß— nach dem allerdings sehr ungenügenden Spiel des Vor- tragenden— im Moment des Vier-Saite-Strcichens die Qualität de» Tones außerordentlich nachläßt. Man hört ein Reiben und Kratzen und spürt den verstärkten Bogendruck unangenehm. Läßt sich das überwinden? Ich weiß es nicht. Eine Erhöhung de» Klangoolumens ist begrüßenswert, aber sie darf nicht mit einer Schädigung des sinnlich-Tonlichen einhergehen. Die bisherige Geigenliteratur braucht das Akkordspiel in Legats nur oerschwindend selten(Bach. Reger), und die Virtuosen wissen die Schwierigkeiten auch ohne Polyphon- Bögen zu meistern. Aber es ließe sich eine neue Literatur ent- wickeln, und gerade augenblicklich ist das Schreiben von unbegleiteten Geigensonaten sehr in Mode. Für solchen Zweck, eventuell auch für die akkordlichen Griffe im Orchester, die ausgeholtenen Doppelgriff«, dos Tremolo, scheint mir der Bogen brauchbar. Aber da» Experi- ment muß erst gemacht werden, ob das Umlernen sich lohnt, ob Havemann oder Flesch mit ihren alten Bögen nicht da« gleiche leisten. wie es der Polyphon-Bogen zu leisten»erspricht. Man soll den Bogen nicht überspannen. Josef Schwarz, unvergessen, beliebt wie je, tut das, indem er eine neue Rolle kreiert, die ihm nicht ganz liegt. Er singt zum erstenmal den Scarpi» in der.T»sc«�. Seine Stimme, einst s» weich und voll, wie keine oller lebenden Baritone, ist zuerst kaum zu erkennen. Da» Orchester. sicher in Zanders Hand, erdrückt ihn. Kultur und Qualität sind zwar geblieben, aber vom Lyrischen fort drückt der Sänger und wird grob. Dieses breit« Ausströmen, diese» Blühen des Ton» fehlt. Vielleicht geschieht es, um zu charakterisieren, wozu dann auch die Schieshaltung des Mundes gehörte. Schwarz hat den Scarpia sicher
ein Kommunique veröffentlicht worden. In Punkt 3 wird gesagt, daß für die Mehrheitsbildung nur die Parteien in Frage kämen, die die-Rechtsgültigkeit der de. stehenden Staatsordnung anerkennen und für die Durchführung der bisherigen auswärtigen Poli- tik Gewahr bieten. Das ist nicht nur vieldeutig, sondern so- gor zweideutig.(Sehr richtig! bei den Soz.) Einige werden der Ueberzeugung sein, dag dos Zentrum darin die Grundlage einer großen Koalition erblickt, während die Volkspartei der Meinung sein wird, daß hier ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Deutsch - nationalen gerichtet wird, sie möchten sich doch aus dem Boden der Locarno -Tatsachen stellen. Ich erinnere mich dabei an eine Aeußerung Philip Eulenburgs, wonach die Politik eine Brutstätte der Schlangeneier sei.(Große Heiterkeit.) Nun haben wir wieder ein Kabinett der Minderheit, das nur ein K a b i n e t t d e s U e b e r- g a n g s sein soll. Ich nehme nicht an, daß die Dauer des Kabinetts bemessen werden soll nach der Länge der Regierungserklärung. (Stürmische Heiterkeit.) Einige Bemerkungen zu den Einzelheiten der Erklärung: Was die Bemerkungen über den Völkerbund anlangen, so möchte ich ent- sprechend der bisherigen Haltung unserer Partei erklären, daß wir mit der Fortführung dieser Politik einverstanden sind und daß wir wünschen, daß bei den Verhandlungen im September ohne neue Reibungen und Zwischensolle der Eintritt Deuifch- lond» in den Völkerbund vollzogen wird, damit wir wirklich mit allen Rechtsgrundlagen die Rückwirkungen durchsehen können, die. wie ich zugebe, im einzelnen noch nicht eingetreten sind. (Zurufe rechts.) Glauben Sie(nach rechts) etwa, daß bei Ihrer aus- wärtigen Politik die Rückwirkungen stärker eingetreten wären? Die Bevölkerung im besetzten Gebiet würde davon wohl nichts merken. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Dann ist der Reichs- kanzler auf die Flaggenfrage eingegangen und hat. wenn ich ihn recht verstanden habe, auseinandergesetzt, daß die Verordnung zu Recht besteht, und daß beabsichtigt ist, eine Einigung durch einen Ausschuß herbeizuführen, der die Normierung und Typisierung der deutschen Reichsflagge vornehmen soll.(Heiterkeit.) Ich weiß nicht. ob ein parlamentarischer oder außerparlamentarischer Ausschuß ge- bildet werden soll, ob neben den Parteiführern auch die Verbände hinzugezogen werden, der Stahlhelm, die Frontkämpfer usw., und ob er noch durch Heraldiker und Historiker ergänzt werden soll. Wir können annehmen, daß dieser Ausschuß einige Zeit zu hm haben wird, und daß während dieser Zeit die Flaggenoerordnung bestehen bleiben soll. Weine Fraktion kann sich damit nicht begnügen. Wir werden deshalb einen Antrag in Form eines Gesetzentwurf» dem haus« vorlegen, wonach die veflaggung der Gebäude der Reichs- und Staatsbehörden endlich gesetzlich geregelt und insbesondere fest- gelegt werden soll, daß die diplomatischen Vertretungen im Aus- lande ausnahmslos die schwarzrotgoldene Flagge zu hissen haben. Das Haus wird also in die Lage kommen, zu unserem Antrag sachlich Stellung zu nehmen. Das ist das mindeste, was die Bevölkerung oerlangen kann. Ich habe keinen Zweifel darüber, daß die B e» oölterung, die durch die Provokation der Flaggenverordnung außerordentlich aufgeregt ist(Widerspruch recht»), verlangt, daß etwas mehr getan wird, als die Annahme einer Resolution und die Einsetzung eines Ausschusses. Ich bin davon überzeugt, daß die meisten Auslandsdeutschen mit dieser unserer Lösung zu- frieden sind. Nach der letzten Debatte über diese Frage sind un» von Auslandsdeutschen, allerdings zumeist von Arbeitern, Angestellten und Werkmeistern, Zustimmungen in großer Zahl zu- gegangen.(Zuruf rechts.) Sollen diese Leute etwa als Parias be> trachtet werden? Sie(nach rechts) können doch nicht leugnen, daß unter dem Kaiserreich die Arbeiter im In- und Ausland« nicht gut behandelt worden sind. Nun zur Enteignung der Fürstenvermögen! Die Stellung der Parteien der Mitte zu dieser Frage ist bekannt. Im Augenblick hat sich das Parlament nicht damit zu beschäftigen. Der Termin für den Volksentscheid ist festgesetzt, da» Volk hat jetzt da» wort, wir werden alle» daran setzen, um dem Gesetz. entwuri zum Siege zu verhelfen.(Lebh. Zustimmung bei den Soz.) Einverstanden sind wir mit den Bemerkungen des Kanzlers über die Erwerbslosenfürsorge. Di« von einigen Leuten anpekün- digte Besserung der Wirtschaftslage ist bisher nicht eingetreten. Wenn sie nicht bald kommt, dann werden wir mit einer dauernden großen Zahl von Arbeitslosen zu rechnen haben. Da« Elend der Erwerbs. losen sst furchtbar. Dieser Teil der Bevölkerung leidet heute mehr als zur Zeit der englischen Blockade. (Graf Reventlow sVölt.s ruft dem Redner Lüge zu, dafür wird er vom
oft, leider wohl zu oft gesehen. Man möchte darauf schwören, daß sein energisches Vorstoßen in den Bewegungen, fein nachdenkendes Mundöfsnen, seine markante, doch monotone Handbewegung Schal- japin abgeguckt, abgelauscht ist. Ein so schön gewachsener, schön aussehender Tyrann stand selten noch auf der Bühne. Der junge Goethe in der Rolle des Tartufse! Das geht nicht ohne Verbiegen der natürlichen Spiel- und Sinnesart. Studiert hatte Schwarz alles bis aufs Tüpfelchen. Aber wir wollen ihn doch lieber als Renö oder Rigoletto wiedersehen! Er sang italienisch, wie O e h m a n n und wie Gerda H e n i u s. Der Tenor war prächtig bei Stimme und sang sich in einen geradezu berauschenden Affekt hinein, natürlich, hitzig, lebendig. Die H e n i u s schien zum Morden eher prädlspo- niert als zum Lieben, mehr Lady Macbeth und Medea als ein wandelndes Symbol des Eros. Die Synthese aber ist zu finden: Die schöngewachsene Frau ist im Dramatischen recht zupackend, ihr Furioso, gesprochen oder gesungen, atmet Vitalität. Ihr Singen aber wird leicht zum Schrei, in der Kantilene zum Säuseln, und die Bewegungen sind noch alle mimenhaft berechnet, nicht natürlich. Auch bei ihr wird das Urteil vielleicht zu revidieren sein, wenn sie aus der Gluthitze in die Wärme einer gesungeneren, gesunderen Partie gerät. Ein Konzert des Staats- und Domchors machte mit einem neuen Werk des durch sein« Messe schnell bekannt gewordenen Leipziger Komponisten Kurt Thomas bekannt. Dieser Psalm 137 für zwei Chöre a cappell» ist eine ganz große Talentprob«. So schreibt nur ein Berufener, nur einer, der in die Tiefen Bachscher Vokal- kunst eingedrungen ist und mit jugendlicher Kraft, als Heutiger, diesen Geist alter Musik neu erlebt. Die Gewagtheiten der Partitur können mehr gesehen als gehört werden, die dramatischen und tonmalerischen Effekte sind mit klugem Verständnis und, was mehr heißt, mit tiefem Gefühl erfaßt und gestaltet. Die Stimmung der klagenden Verse dieses Psalms ist vorzüglich ausgeschöpft: da die Schwierig- leiten vom Domchor unter Rudels Leitung spielend überwunden wurden, so war der Eindruck allgemein ein großer. Das gilt nicht im gleichen Maße von dem Te veum opus 26 von Wilhelm K e m p f f. Diese Musik ist recht äußerlich, wenn auch klanglich gut geraten, sie arbeitet bewußt mit Effekten und hat nach manchen An- läufen nicht die Kraft, sich au» sich selbst heraus ausschwingen und auswirken zu lassen. Ein paar lithurgifch empfundene Stellen helfen über das wirkungsvoll Konzertmäßige des ganzen Stückes nicht hinweg.
,die ewige Revolution.� Sen»sse Dr. Siegfried Kawerau h«t auf der internationalen Gefchichtstagung de« Bundes entschiedener Schulreformer Anfang Oktober 1924 gehaltene Vorträge herausgegeben.(Verlag von E. A. Schwetfchk« und Sohn. Berlin , SK2 Seiten, 10,50 M, gebunden 12,50 M.) Er hat für sein Werk den Titel„Die ewige Revolution" gewählt, weil die Redner wie die Mitglieder des Bundes von dem Glauben an den sich nie vollendende« Rcoolutivnsprvzeß beseelt
Präsidenten Löbe zur Ordnung gerufen.) In der Erklärung, soweit die Sozialpolitik in Betracht kommt, oermissen wir die Erwähnung des Abkommens von Washington. Ich erinnere an die Konferenz der Arbeitsminister in London und hoffe, daß alle Bor- bereitungen getroffen werden, um die D u rch j ü h r u n g des Ab- kommens zu sichern. Mit den Schlußbemerkungen des Reichskanzlers über den Wiederaufbau Deutschlands auf Grund der Weimarer Dersassüng sind wir einverstanden. In diesem Punkte stimmen wir mit den Parteien der Mitte übcrein, denn Deutschlands Wiederaufbau kann irgendwelche politische Experimente nicht vertragen.(Zuruf rechts: Wie sie Severing in Preußen macht!) Tie Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses scheint anderer Meinung zu sein. Ein so erfahrener Politiker wie der Abg. P o r s ch hat darauf hingewiesen, daß es die Pflicht des neuen Staates sei, größte Wachsamkeit und weniger Gutmütigkeit zu üben.(Sehr richtig links.) Unruhe ist in die Oesfentllchkeit hinein- getragen worden durch die Mitteilungen über einen bevorstehenden Linksputsch. Wer die Dinge so sieht, wie sie sind, der weiß, daß die Zeit für einen Linksputsch vorbei ist, weil die „revolutionäre Kampfkraft" der Kommuni lten ge- brachen i st.(Lärm bei den Kommunisten.) Ich bestreite ja gar nicht, daß Sie(zu den Kommunisten) noch Klamauk machen rönnen, aber das ist doch keine Entfaltung revolutionärer Kampf- kraft.(Heiterkeit, Lärm bei den Kommunisten. Zurufe bei den Sozialdemokraten: Ruhe in der Sünderstube!) Zu den durch die Mitteilungen der Polizei aufgedeckten Vorgängen will ich mich im einzelnen nicht äußern, das Verfahren schwebt, wir werden noch hören, welches Ergebnis es haben wird. Ich will mich allerdings mit der Rechten darüber nicht streiten, ob Herr Claß jetzt mehr ernst zu nehmen ist als früher. Was feine beiden Briefe an den ehemaligen Kaiser betrifft, so kann man dabei an ein Zitat von Heine denken, daß ihm nur der Schwanz zum wedeln fehlt.(Pfuirufe rechts.) Auf der anderen Seile müssen wir aber erklären, daß die Mit- leilungen im preußischen Abgeordnetenhaus über die Beziehungen der Reichswehr zu den Rechtsverbänden außerordentlich ernst zu nehmen find und wir werden Gelegenheit nehmen, den Reichswehr - minister in diesem Punkte zu stellen. Bisher liegen noch keine Anträge zur Regierungserklärung vor. Es ist nicht unmöglich, daß von völkisch«? oder kommunistischer Seite noch ein Mißtrauensvotum kommt. Meine Parte« wird in der gegen- wärtigen Situation nach Kenntnisnahme der Regierungserklärung solche Mißtrauensvoten ablehnen.(Hört hört bei den Kommunisten.) Haben Sie(zu den Komm.) etwa die Absicht, eine neue Regierungskrise zu machen? Glauben Sie. daß damit den Erwerbslosen gedient wäre? Wir sind gern bereit, mit den Erwerbslosen draußen uns auseinanderzujetzen und ihnen zu sagen, warum unsere Haltung nicht anders fern kann. Im übrigen find wir der Ueberzeugung. daß diese Regierung einsteht, daß die Politik des Lavierens mit dazu beigetragen hat, den Kanzler Luther zu stürzen. Ziel und Richtung der Regiernngspolitlk muß feststehen und wir sind bereit, diese Rrgirrung zu unterstützen, solange sie die von ihr heute vertretene Politik beibehält. Im übrigen möchte ich aber keinen Zweifel darüber lassen, daß. wir mit einer etwaigen Auflösung des Reichstags «inverstanden sind, und daß wir den Appell an da» Volt nicht zu fürchten haben. 12� Millionen Stimmen sind beim Volks- begehren für unsere Politik abgegeben worden und das dürfte Ihnen (nach rechts) wohl in die Glieder gefahren sein. Wir haben keine Veranlassung, die Möglichkeit der Reichstagsauflösung irgendwie ängstlich zu betrachten. Wir sind jeden Tag bereit, vor dem Volke zu stehen. Lösen Sie nur auf, wir werden unseren Mann stehen!(Lebh. Beifall bei den Soz.) Reichsminisker Dr. Külz erklärt zu den Mitteilungen, die im Preuß. Landtag gemacht worden sind, daß zwischen dem Nationaloerband Deutscher Offiziere und der Reichswehr Verbindungen nicht bestehen. Verbindungen mit politischen Verbänden seien streng verboten, werde dagegen verstoßen, so werde eingeschritten. Einen Major o. Zedlitz» Wartenberg, der auf Dienstvertrag angestellt und Mittelsmann zwischen Verbanden und Reichswehr sein soll, gebe es bei der Reichs- wehr nicht. In vereinzelten Fällen habe der Mtnifler feststellen müssen, daß vor Einstellung von jungen Leuten in die Reichswehr bei Oberst v. Luck angefragt worden sei, ob der betreffende sich in jeder Beziehung für die Reichswehr eigene. Oberst v. Luck war Führer der Olympia , die ein Verband im Sinne von ß 36 de» wehr- gefetzes sei. Die Anfrage bei Luck war unzulässig, e» werde in dicfen Fällen rücksichtslos eingeschritten werden. An den Aufmarsch der Olympia am 1. Mai hätten sich Reichswehrofflziere nicht beteiligt. Im
sind. Die Zahl der Referenten beträgt LS. Es ist daher unmöglich, auf all« eingugchen. Das meiste Interesse beanspruchen dje Aus- länder. D«r frühere französische Untcrrichtsminister Buisfon, der Begründer der weltlichen Schulen und Vorkämpfer der deutsch . französischen Verständigung, oertritt den Standpunkt, den kurz vorher die französischen Lehrer auf einem Kongreß in Lyon eingenommen haben: der nationalistische Geschichtsunterricht soll durch einen Unter- richt ersetzt werden, der von der Solidarität der Völkerbrüderlichkeit beseelt ist. Im Gegensatz dazu stehen leider die französischen Ge- schichtsbücher. Der Chinese T s a t(Phan Pei) weist in seinen Aus- führungen darauf hin, daß die Streitigkeiten der drei hauptsächlichsten Religionen seines Vaterlandes stet» nur akademsscher Natur gewesen seien, und daß es in der langen Geschichte Chinas nie heilige Kriege wie die Kreuzzüge, Schlächtereien wie die Bartholomäusnacht, Grau- samkeiten wie die Verbrennung von Ungläubigen und Verfolgungen wie die Inquisition gegeben hätte. Die Staatsphilosophie des Kon- fuzius habe schon einen demokratischen Charakter gehabt. Denn dieser habe verlangt, daß die Jugend von dem Staat erzogen werd« und daß alle Knaben die gleiche Möglichkeit zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten erhalten mühten. Das Werk ist nicht leicht verständlich: es fetzt Geschichtskenntnisse voraus. Für die vielen Gedanken ist nicht immer eine volkstümliche Form der Darstellung gewählt. Es eignet sich daher nicht dazu, wie ein interessanter Roman gelesen zu werden. Es erfordert eine sonn- täglich zubereitete Seele. Das preußische Unterrichtsministerium, das nicht selten den Lehrern Bücher amtlich empfiehlt, sollte die Lehrer- kollegien aller Schulen auf dieses Werk aufmerksam machen. _ Dr. Erich Witt«. Ein Internationaler klnemalographen-kongreß. In seiner Session im Juli 1924 hat der Internationale Ausschuß für intellek- tuelle Zusammenarbeit des Völkerbundes die Anregung gegeben. einen internationalen tinematographischen Kongreß einzuberufen, um die Frag« zu prüfen, inwieweit das Kino zur Förderung erziehe- rifcher, künstlerischer und wissenschaftlicher Zwecke herangezogen werden kann. Das Pariser Institut für geistige Zusammenarbeit hat nun vorgeschlagen, in der Zeit zwischen dem 27. September und 3. Oktober in Paris einen internationalen Kongreß abzuhalten. Es bat bereits ein Berhandlungsprogramm aufgestellt und an etwa 2500 Organisationen der gesamten Welt Einladungen ergehen lassen. Auch die Regierungen werden aufgefordert. Vertreter nach Paris zu ent- senden. Jehaer in Lauchsiebt. Di« Leitung der diesjährigen Festspiele im Goethe-Tbcater in Bad Lauchstedt unweit Merseburg wurde bom Lauch- stedter Tdeaterverein dem Intendanten Leopold Iestner übertragen. Zur Aufführung wird in den Tagen vom 19. bis S1. Juni da» selten gegebene Lustsprel„Amphitryon" von Kleijt gelangen. «In zkIlong»wisie»ich«stNche, Institut wurde in der Dortmunder Eiadt- bibllolhek eriffne«. das In enger Berbindung mit der Universität Münster stehen und der«uSdtldung von Redekteuren und Berlegevn, jpeiicll Im niederrheinisch-westsälitchen Gebiet«, dienen sol. «in Denkmal für vetr-rca, den bedeutendsten italienischen Lyriker de» 14. Jahrhundert», desjen Sonette an Laura noch heule in allen Ländern Hobe Wertschätzung g-ntef-.en. soll in Arezzo , der unwert Florenz gelegenen Geburtsftadt de» Dichter», errichtet werde»