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Donnerstag

20. Mai 1926

Unterhaltung und Wissen

Beilage des Vorwärts

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Debs' Traum.

Bon Jad London  ,

Wie sehr Bertie Messener recht behalten sollte, hätte ich mir nie träumen lassen. Ich kam zu dem Schluß, daß er ein Schwarzseher war. Ich selbst wollte ganz gerne bleiben und den Spaß mit an­sehen. Als ich ihn bei seiner Wohnung abgefeht hatte, begab ich mich, statt direkt nach Hause zu fahren, wieder auf die Lebensmittel­jagd. Zu meiner Ueberraschung sollte ich bald erfahren, daß die fleinen Geschäfte, in denen ich am Morgen Einkäufe gemacht hatte, jezt ausverkauft waren. Ich dehnte meine Forschungsreise bis nach dem Potrero aus und hatte das Glück, noch eine Schachtel Kerzen, ferner zwei Säde Weizenmehl, zehn Pfund Grahammehl( für die Dienstboten), eine Blechbüchse mit Mais und zwei Dosen Tomaten aufzutreiben. Es sah danach aus, daß wir wenigstens zeitweise Mangel an Lebensmitteln haben würden, und ich wünschte mir Glück zu dem schönen Borrat, den ich mir angeschafft hatte.

Am nächsten Morgen bekam ich meinen Kaffee wie gewöhnlich ans Bett, und mehr noch als die Sahne vermißte ich die Zeitung. Diese Untenntnis von allem, was in der Welt vorging, fand ich am allerschlimmsten. Im Klub gab es wenig Neues, Rider war in seiner Barkasse von Dafland herübergekommen, und Halstead mit seinem Auto in San Jose gewesen. Wie sie berichteten, stand es dort eben­so wie in San Franzisko. Alles war durch den Streit lahmgelegt. Alle Lebensmittel waren von den Oberklassen aufgekauft. Und es herrschte völlige Ordnung. Aber was war sonst im Lande geschehen -in Chikago? In New York  ? In Washington  ? Höchstwahr­scheinlich sah es dort ebenso aus, wie bei uns, das war unsere Meinung; aber die Tatsache, daß wir nichts Gewisses wußten, war so irritierend.

General Folsom hatte ein paar Nachrichten. Man hatte den Versuch gemacht, Militärtelegraphisten in die Telegraphenbureaus zu sehen, aber die Drähte waren nach allen Richtungen zerschnitten. Dies war bis jetzt die einzige, ungefeßliche Handlung, die die Arbeit­nehmer begangen hatten, und er war völlig überzeugt, daß ihr ein allgemeiner Beschluß zugrunde lag. Er hatte sich drahtlos mit dem Militärposten in Benicia in Verbindung gesetzt, wo die Telegraphen­linien gerade die ganze Strecke bis nach Sacramento   abpatrouilliert wurden. Einen Augenblick hatten sie Sacramento   erreicht, dann waren die Drähte wieder irgendwo durchgeschnitten worden. Gene­ral Folsom überlegte sich, daß ähnliche Versuche, eine Verbindung herzustellen, natürlich auf dem ganzen Kontinent gemacht wurden, aber er hatte keine Ahnung, ob diese Versuche von Erfolg gekröni waren. Er ärgerte sich über das Zerschneiden der Drähte; er konnte nur glauben, daß es ein Glied in der Kette der genau durchdachten Arbeiterverschwörung war. Und er bedauerte, daß die Regierung nicht längst ihr System drahtloser Stationen durchgeführt hatte. Die Tage tamen und gingen, und eine Beit lang war es lang­weilig. Nichts geschah. Die erste Aufregung hatte sich gelegt. Die Straßen waren nicht mehr so überfüllt. Die Arbeiter tamen nicht mehr in die anderen Stadtteile, um zu sehen, wie wir uns mit dem Streit abfanden, und es fuhren auch nicht mehr so viele Automobile herum. Die Reparaturwerfstätten und Garagen waren geschlossen, und sobald ein Auto eine Panne hatte, war es außer Spiel gesetzt. Die Kuppelung an meinem brach, und ich konnte es weder für Geld noch für gute Worte richten laffen. Wie die anderen mußte ich jetzt zu Fuß gehen. San Franzisko lag wie ausgestorben da und wir wußten nicht, was in den anderen Teilen des Landes vorging. Aber aus der Tatsache allein, daß wir es nicht wußten, fonnten wir schließen, daß sie ebenso tot dalagen, wie San Franziske. Von Zeit zu Zeit wurden in der Stadt Aufrufe der organisierten Arbeiter an­geschlagen sie waren vor Monaten gedruckt worden und zeigten deutlich, wie sorgfältig die JWW. den Streit vorbereitet hatte. Jede Einzelheit war longe vorher ausgearbeitet. Bis jetzt war feine Ge­walttätigkeit vorgekommen, mit Ausnahme des Erschießens einiger Leute beim Zerschneiden von Telegraphendrähten durch die Solda ten, aber die Bevölkerung der Vorstädte hungerte und begann un­ruhig zu werden.

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Die Geschäftsleute, die Millionäre und verschiedene Berufe hiel ten Bersammlungen ab und faßten Beschlüsse, aber es gab tein Mittel, sie zu veröffentlichen. Sie fonnten sie nicht einmal drucken lassen. Ein Resultat dieser Versammlungen war jedoch, daß General Folsom bestimmt wurde, die großen Kaufhäuser und alle Mehl, Getreide und Nahrungsmittelgeschäfte militärisch zu befeßen. Es war die höchste Beit, denn in den Häusern der Reichen begann Mangel zu herrschen, und man mußte um Brot anstehen. Ich wußte, daß die Gesichter meiner Dienstboten lang zu werden be­gannen, und es war erschreckend, welch' ein Loch sie schon in meine Borräte gemacht hatten. In der Tat: ich vermutete, daß jeder Diener mich bestahl und sich heimlich seinen eigenen Borrat anlegte.

Aber das Anstehen um Brot schuf neue Verwirrung. Es waren nur gewisse Reserven von Nahrungsmitteln in San Franzisko, und

Gebet der Vaterländischen.

F

HABEKING.

Und gib uns einen kommunistischen Putsch, damit auch wir putschen können. Amen."

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Und wir erhielten unser Teil, als der Auftritt plötzlich wieder unterbrochen wurde. Diesmal waren es die gefürchteten Wach­männer von der JWW. Das fleine Mädchen hatte sie geholt. Sie waren mit Beitschen und Knütteln bewaffnet, und es waren ihrer eine ganze Schar. Die Kleine tanzte zornig herum, die Tränen strömten ihr über die Backen, und sie schrie:" Haut fie! Haut fie! Der Kerl mit der Brille der hat es getan! 3erhaut ihm die Fresse!" Der Kerl mit der Brille war ich, und sie zerhauten mir auch die Fresse. Glücklicherweise hatte ich die Geistesgegenwart, zu erst die Brille abzunehmen. Mein Gott! Wir friegten unfere Brügel, während wir nach allen Richtungen auseinander stoben. Brentwood, Halstead und ich liefen zum Auto. Brentwoods Naje blutete, während Halsteads Backe durch den Hieb einer Peitschen­( Fortsetzung folgt.) schnur aufgeschlitzt war.

Die Lieder einer Verlorenen".

Jum 25. Todestage der Dichterin Ada Christen  . Bon Paul W. Eisold.

Im stärksten Wellengange politischen, wirtschaftlichen und literarischen Geschehens, im gesteigertften Lebenshunger und Be­gehren nach immer neuen, nervenpeitschenden Sensationen, im grandiosen Kampf zweier Weltanschauungen um Sein oder Nichtsein, im Schrei von Millionen nach einem menschlicheren Dasein da, Freunde, eine kleine Reminiszenz! Eine kleine Weile. Einer Viertel­ftunde imaginäre Ewigkeit für eines Menschenlebens Bitterfeit und Süße, für den irren Schlag eines tapferen, großen, Jeltenen Herzens, erfüllt vom himmelnahen Golfstrom der Liebe, für ein Schidfal.-­Ein Schicksal.

Es begann am 6. März 1844 in Wien  . Begann in der milden Sonne gesicherter Lebensverhältnisse der Eltern. Aber schon bald, 1848, zerriß der schöne Schleier. Die Revolution spülte ihre Wogen auch diesem Hause zu. Der Bater, wegen ,, freiheitlicher Umtriebe" verhaftet, mußte seines Geistes weiten Birtelschlag mit einer längeren Gefängnisstrafe büßen. Als ihn die Reaktion den Seinen wieder entließ, war er förperlich und feelisch verbraucht. Die Eristenz war vernichtet, und sein Tod stieß die Familie in große Not.

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Nun wurde das Haus zur blauen Gans" am Fuße des Wäscherbergls" in Wien   die Heimat Chriftiane Frederics fo war der eigentliche Name Ada Christens wurde zugleich der Nährboden, die Quelle ihres dichterischen Schaffens. Hier gruben sich dem empfänglichen Kindergemüt zutiefft die fozialen Eindrücke und

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den Anschauungsunterricht des Krieges und seiner sozialen und moralischen Folgen hindurchgeschleift wurden, diese Lieder kaum noch so start mit dem Odium umstürzlerischer Tendenz behaftet er­scheinen als den Zeitgenossen vor nahezu 60 Jahren.

Heinesches Blut fließt in den Bersen, die- obwohl nicht immer jenen des großen Juden an Rhythmus, Wohlflang, Schönheit und dichterischer Intuition vergleichbardoch mit Herzblut geschrieben find. Wie Heine formte auch Ada Christen   aus ihren großen Schmerzen die fleinen Lieder", sie war ein armes Wesen nur, das von ihren Schmerzen singt". Ihr Leid und ihr Elend, mit auf die Welt gebracht", wuchs ihr zur Erkenntnis des Leides und Elends aller.

Einfach und schlicht sind die Verse, vielfach ohne das rechte Maß", oft mit Bitterfeit beladen und voll tiefer Einsicht in das Leben, wild und verzweifelt, glutheiß und eisigfalt( ,, Auf den blonden lichten Locken grüne Myrthenironie"). Und sind immer Ausdruck eines ganzen Herzens, eines wahren, ungefünftelten Menschen.

Das fernere Schaffen der Dichterin steht im Schatten dieser ersten literarischen Großtat. Die Gedichtbände, die Skizzenbücher und der Roman Jungfer Mutter" variieren die in den Liedern einer Verlorenen" angeschlagenen Themen, es sind rührende Ges stalten, dem Wiener Boltsleben entnommen, mit Raabescher Pinsel führung gezeichnet, im Wollen und Handeln schlicht und wahr.

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Nach dem Erscheinen der Lieder einer Verlorenen" ließ sich das äußere Leben der Dichterin, die in Ferdinand von Saar   einen treuen Freund und Förderer gefunden hatte, etwas leichter an. 1873 verheiratete sie sich zum zweitenmal mit einem Herrn von Breden. Aber der Schirlingbecher des Schicksals war noch immer nicht ge­leert. Geschäftlicher Zusammenbruch ihres Gatten, eigener Miß­erfolg mit einem Wiener Volksstüd, ein zunehmendes Herz- und Nervenleiden verdüsterten die Jahre, die dann endlich, ersehnt und schmerzvoll erwünscht, 1901 das ewige Schweigen brachten, gerade Licht und Schönheit die ewige als draußen- es war im Mai­Sehnsucht der Dichterin! zu einer einzigen Sinfonie vereinigt waren.

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Wie Rothäute tanzen.

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leben, bilden die letzten Reste jener Rothautromantik. die das Ent Die Indianer, die noch in den nordamerikanischen Schutzgebieten zücken unserer Kindheit bildete. Nur selten aber zeigen diese einstigen

Beherrscher der Neuen Welt ihre alten Bräuche und Sitten, und es war daher eine feltene Vergünstigung, daß Sven Hedin   bei seinem letzten Besuch in den Bereinigten Staaten alte Indianertänze

selbst im besten Falle konnten sie nicht lange reichen. Die organiſier. ein, die, vom gleichen Erleben später noch gesteigert, ihrer Dichtung vorgeführt wurden. In seiner bei F. A. Brockhaus in Leipzig   er

fich die Arbeiter mit an. Das Ergebnis war, daß die Lebensmittel, die General Folsom beschlagnahmte, fich mit gefährlicher Schnellig feit verringerten. Wie sollten die Selbaten zwischen einem schlecht gekleideten Mann aus dem Mittelstande, einem Mitglied der JWW. oder einem Herumtreiber unterscheiden können? Der Erstere wie der Letztere mußte gefüttert werden, aber die Soldaten fannten nicht alle JWW.- Leute in der Stadt, geschweige denn ihre Frauen, Töchter und Söhne. Mit Hilfe von Angestellten wurden ein paar Gemert­schaftler aus den Reihen herausgeworfen, aber das half nicht viel. Und was es noch schlimmer machte, war, daß die Regierungsschlepper, die Nahrungsmittel von den Heeresdepots auf Mary Island nach Angel Island   bringen sollten, die Depots leer fanden. Die Solda­ten erhielten ihre Lebensmittel jetzt aus den beschlagnahmten Vor­räten, und zwar erhielten sie sie zuerst.

Der Anfang vom Ende war in Sicht. Gewalt begann sich zu regen. Gefeß und Ordnung schwanden, und sie schwanden, wie ich geftehen muß, sowohl beim Mob wie in der Oberklasse. Nur die crganisierten Arbeiter hielten die Ordnung noch völlig aufrecht. Sie fonnten es sich leisten, sie hatten genug zu essen. Ich erinnere mich noch, wie ich eines nachmittags Halstead und Brentwood in einer Ecke des Klubs miteinander flüstern sah. Sie ließen mich an dem Wagnis teilnehmen. Brentwoods Auto lief noch, und sie wollten auf den Kuhdiebstahl. Halstead hatte ein langes Schlächter und ein Hackmesser. Wir erreichten das Weichbild der Stadt. Hier und dort graften Kühe, aber sie wurden stets von ihren Besizern gehütet. Wir fuhren weiter, dem Rande der Stadt nach Osten folgend, und bei den Hügeln in der Nähe von Hunters Point trafen wir eine Kuh, die von einem kleinen Mädchen gehütet wurde. Die Kuh hatte auch ein Kälbchen. Wir verschwendeten keine Zeit mit Berhandlungen. Das kleine Mädchen lief schreiend fort, während wir die Kuh schlach teten. Ich übergehe die Einzelheiten, denn sie sind nicht schön wir waren die Arbeit nicht gewohnt, und wir machten es sehr unge­schickt. Aber mitten in der Arbeit, die wir, von Furcht getrieben, in aller Haft ausführten, sahen wir eine Schar pen Leuten auf uns zu­laufen. Wir ließen den Raub im Stich und suchten unser Heil in der Flucht. Zu unserer Ueberraschung wurden wir nicht verfolgt. Als wir uns umblickten, fahen wir, wie die Leute die Kuh haftig 3er legten. Sie hatten dieselbe Absicht wie wir gehabt. Wir dachten, daß für alle genug da wäre und liefen zurück. Die jetzt folgende Szene spottete jeder Beschreibung. Wir schlugen und balgten uns um die Stücke wie die Wilden. Brentwood war, wie ich mich ent­finne, ganz wie ein Tier, er fnurrte und schnappte und drohte mit Mord, falls wir nicht unser Teil erhielten.

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die

schöner Menschlichkeit verleihen sollten.

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und das

Halb Kind noch, zerrte schon die Sorge um den erbärmlichsten Lebensunterhalt an den goldenen Fahnen der Jugend: Christiane, eine rotblonde Schönheit, vom Theaterteufel" besessen, wird, 15jährig, Schauspielerin und zieht ein weiblicher Molière mit 15jährig, Schauspielerin und zieht einer Theatergruppe durch Desterreich und Ungarn  . Hier lernte das wagemutige junge Blut das Schmierenelend in seiner kläglichsten Potenz fennen. Bitterste Not, Selbstverdammnis ihrer Lage, das Gefühl des Ausgestoßenfeins, einer Berlorenen", kam bergehoch über die Schauspielerin", die ja jenseits von Gut und Böse im Sinne der bürgerlichen Moral stand. Müde endlich des Kampfes, nahm Christiane nach Jahren den Antrag des Stuhlrichters von St. Gotthardt, seine Frau zu werden, und wurde nach ganz kurzer Ehe ihr Gatte starb im Wahnsinn wieder auf den Ozean unruhvollen Lebens und bitterfter Not hinausgefchleudert. Mit Stiden und Theaterspielen und mit schriftstellerischen Arbeiten fuchte sie das Gespenst des Hungers abzuwehren, bis sie endlich, Spiel des Zufalls, mit Hilfe des Dramatikers Ferdinand von Saar  , im Jahre 1868 ein Gedicht­bändchen, die ,, Lieder einer Verlorenen"*) herausgeben konnte.

an

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Die bürgerliche Gesellschaft ist sich stets gleich geblieben. Als die Lieder einer Berlorenen" erschienen, dieser prachtvolle Impetus sozialen Mitgefühls, dieses erschütternde Geständnis eines zerriffenen, verirrten Herzens, da gab es so etwas wie ein literarisches und moralisches Revolutiönchen. Einen Sturm im Wasserglase selbst. Daß eine gefälligen Pharisäertums und geistiger Engstirnigkeit. Frau mit solchem Freimut ihre Lebensbeichte in Inrischen Schreien" fundgab, daß dieses geistig und poetisch begabte Weib den Mut habe, etwas zu sagen, was selbst Heinrich Heine  ( huhu! D. V.) nicht wagte, das ging den Schildträgern einer verbohrten bürgerlichen Ethit über den geistigen Horizont.

Immerhin aber mußten die Kritiker das dichterische Vermögen anerkennen, mußten vor solch ursprünglicher Begabung, die aus der Tiefe des Boltes empor tam, den hut ihrer eitlen Selbstgefälligkeit ziehen, was in dem beinahe klassischen Wort:" Es ist ein Strahl des Lichtes, der sich in einer Pfütze spiegelt aber doch ein Strahl wohl seine treffendste Illustrierung fand.

Freilich wollen uns heutigen, die wir durch den Naturalismus und Expressionismus der Literatur gingen, die wir durch den leben­

*) Die Lieder einer Verlorenen", 3. Auflage 1873, Berlag Hoff­mann u. Campe, Berlin   W. 62, Prosaschriften zerstreut, teilweise bei Abel u. Müller, Verlag, Leipzig  .

einzigartige Naturmunder behandelt, erzählt er auch von der fleinen Ansiedlung der Hopi- Indianer, die noch in diesem Gebiete er­halten ist.

Der Häuptling Joo Secatufu, d. h. Die gelben Füße", führte ihm mit einigen Stammesgenoffen alte Tänze und Gefänge vor. " Phantastisch wild und echt sahen sie beim Feuerschein aus," schreibt er, und ihre Tänze wirkten bezaubernd. Man konnte sich in die Zeit versetzt denken, ehe Amerika   von den Weißen entdeckt worden mar, als die Rothäute in Arizona   und an den Ufern des Rio Colorado   noch in Freiheit lebten und keine anderen Feinde hatten als die umwohnenden Stämme. Ihren Gesang begleiteten sie mit einer Trommel und ein paar Klappern. Joo Secafufu erklärte die Bedeutung der Lieder und Tänze in tadellosem Englisch. Der erste Tanz, der sogenannte Frühlingstanz", war den Naturkräften ge­widmet und stellte eine Huldigung dar an die vier Himmelsgegenden und an die gelben Wolken aus dem Norden, an die grünen aus dem Westen, an die roten aus dem Süden und die weißen aus dem Often, die Regen bringen und den Menschen Getreide und Früchte fchenken. Gut gebaut, abgehärtet und wettergeftählt waren die Tänzer, fupferbraun ihre Haut, aber jetzt trugen sie ihre charat­teristischen Trachten in bunten Farben, ihre Schmuckfachen und Halsbänder, ihre federgeschmückten Stirnbinden und schönen Waffen, deren Ahnen in einer Zeit zu suchen sind, die im Dunkel der Sage verschwindet.... Bald zeichneten sich die Tänzer als schwarze Umrisse gegen die Flammen ab, bald zeigten sie fich in scharfen Formen, zur Hälfte beleuchtet vom Feuerschein, zur Hälfte verdunkelt Doin Schatten, bald wieder hoben sich ihre Gestalten hell und rot pon dem dunklen Hinterarund ab, und ihre Schatten tanzten wie riesige Gespenster auf der Felswand. Anmutig, weich und elegant mie der Tanz der Frauen in Samarkand  , Dehli   oder Kioto   oder der Männer in Kaufafien ist dieser Tanz nicht. Er ist vielmehr ecig, wild und hastig. Die Indianer schleichen, ducken sich, fautern sich zusammen wie Katzen, schnellen empor, werfen sich zum Sprung nach vorn, drehen sich herum und ftoßen ein durchdringendes Geheul aus. Wäh­rend die orientalischen Tänze in Träume wiegen. berouschen und in unbekannte Länder führen, fesselt der Indianertanz in einer ganz anderen Weise: man ist aufs äußerste gespannt, läßt sich feine Be megung entgehen und fragt sich stets, was im nächsten Augenblic tommen soll."

Die Tänze der Indianer find religiöse Handlung, Mittel, die Natur und ihre unbekannten Kräfte zu verehren und anzurufen. So ist der Büffeltanz" eine Bitte um reiche Jagdbeute und viel Schnee im tommenden Winter; die Sprünge und Bewegungen der als Büffel ausgepußten Tänzer erinnern an die dieses Tieres.