nahmen... Der st a a t l i ch« Charakter der Unternehmung war offensichtlich. Graf Teleki und... Da unterbrach ihn aber der Präsident mit folgenden belanglosen Worten: ..Also, Sie waren beruhigt?" Wörtlich so sprach Töreky! Die Gefahr, daß Raba weitere Namen enthülle, war behoben. Zum Schlüsse erklärte der Angeklagte:„Ich weiß positiv, daß der Gedanke der Frankenfälschung nicht von Windischgrätz stammt." Doch von wem— danach wurde nicht gefragt. Zur Entkräftung der Aussage Rodas wurde Nadassy herangezogen. der erklärte, daß die Regierung von nichts gewußt habe: und ihm wurde natürlich voller Glaube geschenkt. General ch a i t s ch, der Leiter des Karthographischen Instituts, berief sich auf Befehl höherer Lorgesetzten. Major G e r ö, der eigentliche technische Leiter der Frankfälschung, belastete aufs schwerste den Grafen Teleki. Das Gericht schenkte diesen Beschuldigten keinen Glauben, ging stillschweigend über ihre Aussagen hinweg. Die Vernehmung der Angeklagten war beendet, die Zeu- gen marschierten aus. Zuerst die Aristokraten, Graf S i g r a y, Markgraf P a l l a v i c i n i, Graf Jankowitsch-Besan und Graf T e l e k i, der eigentlich auf die Anklagebank gehörte. Sie alle, mit Ausnahme Telekis belasten Bethlen auf das schwerste: er Hobe den Plan der Fälschungen gekannt, schon seit 1923. Graf Pallavicini bekundete nur:„Der stell- vertretende Ministerpräsident Baß teilte mir mit, daß Bethlen wußte, daß Windischgrätz und Nadassy in die Franken- fälschung verwickelt seien, doch er ließ Radassy nur sagen, es solle während seiner Genfer Re i s e nichts unternommen werden." Der Zeuge wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft nicht vereidigt. Dann brachten zwei Zeugen ein neues, bisher unbekanntes Moment in die Verhandlung. Stephan Friedrich, der gewesene Ministerpräsident und H i r, der faschistische Abgeordnete, erklärten, daß Bethlen den Franken- fälschern zur Rückendeckung einen Geleitbrief gegeben habe. Eine für Bethlen vernichtende Aussage, zumal Hir eine Kopie dieses Schreibens besitzt. Es gab nur eine Möglich- keit den Hieb zu parieren: die Zeugen als nicht glaubwürdig hinzustellen. Dies geschah auch. Sie wurden nicht vereidigt. Noch ein erhabener Augenblick: Zwei Bischöfe stehen einander gegenüber, i Graf Mikes und Feldbischof Z a- drawetz, der den Fälschern den Schwur abgenommen Beide behaupten das entgegengesetzte, strafen einander Lügen. Tut nichts... Graf Bethlen erscheint vor den Schranken des Gerichts, hält eine förmliche Verteidigungsrede, bezichtigt all feine Gegner, die Unwahrheit zu sprechen, Lügner zu sein. Das Gericht atmet auf. Bethlen hat für seine Unschuld den schlagenden Beweis erbracht! Ein neues Bild. Oberstaatsanwalt St räche spricht. Zuerst donnert er gegen die Frankenfälscher, dann streichelt er sie. Plötzlich beginnt er, Bethlen zu verteidigen. Der Angeklagte Raba und all die Zeugen, die Bethlen belasteten, seien unzuverlässig, nicht ernst zu nehmen. Uebrigens sei der beste Beweis für die Verwerflichkeit ihr Vorgehen, daß Nadassy behauptet— hier läßt Strache den Haupttäter zum Entlastungszeugen einporrücken— die Regierung habe von nichts gewußt. Und Nadassy muß doch geglaubt werden! Dann sprachen noch die Verteidiger, verherrlichten die Tat, was übrigens auch die Angeklagten im Schlußwort taten. Sie alle handelten nur im Interesse des Vaterlandes! S z ö r t s e y, Vizepräsident des N7ationalverbandes, einer der Angeklagten, erklärt: Wir wollen und b a l k a n i s ch e r Mittel bedienen. Greise und Kinder mit Gift töten. Jedermann vernichten, ausrotten, der ein Feind "Ungarns ist." Mit diesem bestialischen Schlußakkord schloß die Verhandlung. Es herrschte vor der Urteilsverkündung vollständige Teil- nahmslosigkeit. Jeder wußte, daß sie nur eine gut- gespielte Farce ist, zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden. » Aufsehen erregte, daß B a r o ß, der Präsident des Nationalverbandes, und Joseph S z ö r t s e y. der Direktor
dieses Verbandes, freigesprochen wurden, besonders bei Baroß, den der Staatsanwalt in seiner Anklagerede als s ch w e r e r zu Verurteilenden qualifiziert hatte als die übrigen Mitangeklagten. Die Urteilsbegründung betont, daß Baroß dem Prinzen von seinem Vorhaben abgeraten habe und dann erst Schritte unternahm, um die Angelegenheit zu einer Eini- gung(?) zu bringen. » Budapest . Z6. Mal.(MTB.) Gegen das Urleil im(franken- fälscherprozeh hoben sowohl der Slaatsanwalt als auch die ver- urteilten Berufung angemeldet. Mit Ausnahme von Nadassy und Windischgrätz wurden sämtliche Angeklagten auf freien (fuß gefetzt._
Zentrumsstimmen für ßürstenenteignung. „Entschädigungslos enteignet wie die Kriegsopfer." In einem Artikel der„Rhein-Mainischen Volkszeitung", des Frankfurter Zentrumsblattes, setzt der Zentrumsabge- ordnete Profesior D e s s a u e r sehr einleuchtend die Gründe auseinander, die den Zentrumswähler bestimmen müssen. beim Volksentscheid für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten zu stimmen. Dessauer sagt u. a.: „Der Volksentscheid hat nur die Alternative: entweder die Fürsten bekommen alles, was sie schon haben oder durch die formale, auf diese Verhältniste nicht eingerichtet« Gesetzgebung er- streiten können— und das sind etwa IV» Milliarden— oder sie werden enteignet, entschädigungslos, wie die Kriegsopfer, die Leben oder Hab und Gut verloren haben. So bleibt keine Wahl, das Rechte zu tun, sondern nur die Auswahl zwischen größerem und kleinerem Unrecht. Jeder muß in seinem Gewissen prüfen, welches Unrecht er für das größere hält. Ueberlasiung der Millionen an die Fürsten : Raub an einem verarmten Volk: Enteignung ohne Entschädigung: ebensolcher Raub an den Fürsten . „Betrachte ich das Schicksal des deutschen Proletariats, des deutschen Mittelstandes, der Kriegsopfer, schaue ich mir an. was in den Krankenhäusern vor sich geht und In den Großstädten, denke Ich daran, welche schwarze Flut von Qual. Verlassenheit und Irrtum durch die Verlängerung diese» Kriege», durch Unwahrheil und Selbst- sucht über das deutsche Volk gekommen Ist— so verstehe ich für meine Person die Ansicht vieler, daß von den beiden Freveln, zwischen denen wir zu wählen haben, die Enteignung der Fürsten der kleinere ist." Für jeden, der lesen kann, bedeutet das einfach und klar: Stimmt für den Gesetzentwurf, der durch Volksbegehren dem Volksentscheid unterbreitet ist! Stimmt dafür, daß die Mil- liardenwerte der aus dem Volksoermögen in Für- stenhand übertragenen Besitztümer wieder dem Volke als dem ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden! Ob das auch nur ein„kleiner Frevel" ist, darüber lasse sich niemand graue Haare wachsen, denn die Fllrstenfamilien haben sie auch nicht bekommen, als sie das Volkseigentum sich aneigneten. Auch über die Flaggenfrage äußert sich Professor D e s s a u e r sehr deutlich: Die erste Frage:„Ist es euch ernst mit der neuen Zeit und mit eurer Republik ", taucht wieder auf. Was ist denn Flagge anderes als Symbol. Wenn ich nun andere Symbole als bisher zeige, so fragt doch die Welt: Was bedeuten die anderen Sym- b o l e? Werden wir der Welt, werden wir den Vereinigten Staaten , werden wir London antworten: das Wiederhissen von Schwarzweiß. rat soll unsere Ausländsdeutschen vereinen und mit der Republik versöhnen, mit unserer Friedenspolitik, mit unserer neuen Richtung? Das ganze Ausla nd wird vernünftig antworten: Dle Ausländsdeutschen, wenn sie sich mit der Republik versöhnen, werden die Farben der Republik zu ehren hoben. Das kann der Sinn nicht fein. Das Ausland wird darin etwas anderes sehen, nämlich langsames Zurückgleiten in die Vergangen- h e i t.... Das ist f o f e h r richtig, daß eigentlich auch die Zentrums- minister im Kabinett Lucher es mit den Fingerspitzen greifen
mußten. Sie haben Luther-Stresemanns Ueberrumpelungs- versuch nicht abgewehrt, sondern kollegial gedeckt. Sie sind infolgedessen auch mitverantwortlich für die außen- und innenpolitischen Folgen dieser Flaggenverordnung.
Treue unü Glauben werben erschüttert... Hohenjpllern und Kircheusenat. Wie der„Demokratische Zeitungsdienst" mitteilt, hat der preu- ßische Finanzminister an die Generolverwaltung des Hohenzollernhauses ein Schreiben gerichtet, in den» diese aufgefordert wird, dafür Sorge zu tragen, daß die ver- schwundenen Sevresvasen wieder nach Berlin geschafft werden, damit sie der öffentlichen Besichtigung wieder zugänglich gemacht werden können. Eine Antwort der Generolverwaltung des früheren königlichen Hauses ist bisher nicht eingegangen. Nachdem der Abtransport von Mobiliar aus dem Schloß Glienick», das der Prinz Friedrich Leopold bewohnt, verhindert werden tonnte, glauben die zuständigen Stellen eine Gewähr dafür zu haben, daß ein Mobiliartransport ins Ausland nicht mehr erfolgt. Der Kircheusenat der evangelischen Kirche hat wahrscheinlich an die Sevres -Vasen der Cäcilie und die Möbel von Schloß Glienicke gedacht, als er in seiner Kundgebung zum Volks- entscheid schrieb: ...Treu« und Glauben werden erschüttert, die Grundlagen eines geordneten Staatswesens untergraben..» �.. laßt uns in der großen Verwirrung der Geister den klaren Blick und festen Mut und das gute Gewissen bewahren. laßt uns festhalten an den heiligen Geboten Gottes, an Wahrheit und Gerechtigke it." Man wird der obersten evangelischen Kirchenbehörde unter- stellen dürfen, daß sie in ihrer kinhlich-unpolitischen Kundgebung nur vergessen hat, das Verhallen des Hauses Hohenzollern und anderer gekrönter Häuser samt ihres nicht immer fürstlichen An- Hangs ausdrücklich zu erwähnen.
Claß nicht in Gmunöen. Aber er fitzt auch nicht. Wir berichteten gestern über eine Tagung des Alldeutschen Der» bandes in Gmunden , bei der Heinrich C l a ß gesprochen haben sollte. Das war ein Irrtum. Redner in Gmunden war nicht Tlah, sondern der Obersinanzrat Bang. Die„Deutsche Zeitung", die unser Mißverständnis in breitester Weise bespricht, gibt ein« Berichtigung von Elaß wieder, die den von uns hier berichtigte» Tatbestand feststellt, außerdem aber auch besagt: Es ist nicht wahr, daß bei mir eine„Notver- assung" und der„Ausmarschplan" gegen Berlin gefunden ind. Unmittelbar darunter steht In der„Deutschen Zeitung" folgendes: Im preußischen Landtag ist folgende deutschnationale Anfrage eingegangen:„Im Westen ist dle bei der Haussuchung des Herrn Justizrat» Lloß gefundene Rotverordnung, die dem Vernehmen nach aus dem Jahre töZZ stammt, in großen Plakaten in Form eines Rcgierungsausrufes an den Anschlagsäulen ange- heftet worden. Diese Irreleitung der öffentlichen Meinung geht aus von dem kommunistiscken Abg. Creutzburg. Der Druck erfolgte im„Friedens-Verlag" Düsseldorf . Die Art der Aufmachung ist geeignet, die Massen des Volkes zu beunruhigen und aufzu- peitschen. Was gedenkt das Staatsministerium gegen diese be- wußte Irreführung» sellen» verantwortungsloser Hetzer zu unter- nehmen?" Im übrigen können wir nur wiederholen: Läge gegen einen Kommunisten ebenso viel belastendes Material vor wie gegen Elaß. so säße er schon längst hinter Schloß und Riegel.
In der Angelegenheit wulle ist beschlosten worden, den Antrag auf Aufhebung der Immunität de» Landtagsabgcordneten Wulle auf die T a g e s o r d n u n g der Sitzung des Geschäftsord- nungsausschufses am nächsten Montag zu setzen. Den Be- richt wird Abg. Nuschle(Dem.) erstatten.
Die Novelle. verkannte Tragödie eine« verkannten Dichters. Von Heinz Liepmann . Der junge Mann, den ich in dieser Nacht stundenlang von der Brücke in den Strom hatte starren sehen, und den ich,— da ich annahm, daß er sich mit Selbstmordgedanken trage,— mit zu mir genommen hatte, zündet« sich ein« meiner wenigen Importzigaretten an und erzählte: „Sie machen einen vertrauenerweckenden Eindruck, mein Herr." begann er,„so will ich Ihnen von dem berichten, das mich so sehr bedrückt. Ach so, oerzeihen Sie, Kind ist mein Name, Karl Kind, Schrift. steller. Sie machen ein verwundertes Gesicht, mein Herr, weil ich mich al» Schriftsteller bezeichne? Und doch bin ich es und gerade hier liegt die Tragik meine« heutigen Erlebnisses.— Doch ich will historisch erzählen. Ich weiß nicht,»b es Ihnen bekannt ist, daß gestern die größte hiesige Zeitung, man kann doch fast sagen: ein Wellblatt, nicht wahr? Also diese Zeitung, nu» das wissen Sie ja selbstverständlich auch, dies« Zeitung also, brachte gestern in ihrer Unterhaltungsbeilage ineine lyrische und tragische Novell «„Die lieblich« Unbekannte" zum Abdruck. Haben Sie diese Novelle gelesen? O, mein Herr, sicher haben Sie sie gelesen, ich sehe es Ihnen an, Sie find ein Mensch mit Kultur! Diese Novelle, o, all mein Herzblut floß durch sie, in den Nächten Hab ich sie geschrieben, denn tagsüber mußte ich ja rasieren, ach so, ja, also im Nebenberuf sozusagen, bin ich Friseur. Gestern wurde endlich dies« Novelle gedruckt. E» ist die 54. Geschichte, die ich im Laufe der letzten zwei Jahre an die Zeitung gesandt habe, olle kamen sie zurück, nur diese, diese wurde ange- nomnien. Und gestern wurde sie gedruckt. Ich wußte von nichts. Da klopfte mir mein Chef, der dicke Alexander, Sie kennen ihn doch? auf die Schulter, ich war nämlich gerade beim Fegen, und sagte mir:„Kind," sagte er,„fleh doch mal anl Heute steht da etwas ganz Verrücktes in der Zeitung. Der Kerl, der das zusammengeschrieben hat. heißt gerade so wie du!" Ich denke, mich trifft der Schlag. Ich ließ den Besen fallen, gcrade auf Herrn Alexanders Füße, da ließ der die Zeitung fallen und wollt« mir eine Ohrfeige geben, ich bin nämlich im dritten Lehrjahr, und da sehe ich. als ich die Zeitung aufhebe und hinein- blicke, ouf der dritten Seite meinen Namen und meine Geschichte. Ich ließ mir geduldig die Ohrfeig», sodann Urlaub und Vor- schuh geben und ging auf die Straße, selbstverständlich in Gala. Die Leute sahen niich alle so merkwürdig an, sicher hatte sich dos schon herumgesprochen, daß beim Friseur Alexander ein Lehrling im dritten Lehrjahr sei, der ein verkannte» Genie war. Spazieren ging ich, ich hotte mir zehn Nummern der Zeitung und einen Rot-
stift gekaust, und nun strich ich meinen Artikel schön rot an und ließ überall wo ich hin kam, eine Zeitung liegen. Und nun,— nun setzt die Tragik ein! Also hören Sie. mein Herr, ich setzte mich in ein Kaffee. Da saßen neben mir zwei Damen. Die eine las ein Buch und die andere„meine Zeitung". Und die, welche die Zeitung las, lachte plötzlich laut auf und sagte zu ihrer Begleiterin:„Du. Irma, lies einmal diese Novelle hier, er ist schon mit Rotstift angemerkt, nein, so etwas Lächerliches!" Das Herz krampst« sich mir zusammen, Sie können sich das vorstellen! Ich wartete aber noch die Antwort der anderen Dame ab. Da legte diese die Zeitung aus der Hand, und während sie ihre Stimme zornig erhob, daß man es im ganzen Kaffee hören tonnte, sagte sie:„Das nennst du lächerlich, liebe Johanna? Aber dieser Artikel„Die liebliche Unbekannte" ist ja geradezu ein Muster von Stillosigkeit und kitschiger Sentimentalität———!" Mehr hörte ich nicht, denn ich wankte hinaus. Sie sehen mich so an, nein, erst habe ich bezahlt!— Hören Sie weiter: Mit der Straßenbahn fuhr ich nach Hause. Neben mir saß ein älterer, selbstrasierter Herr. Er las die Zeitung. Er war ouf dem Hauptblatt. Mein Artikel stand aus der dritten Seite.„O, lieber Gott," betete ich,„laß ihn meinen Artikel lesen!" Aber der liebe Gott erhörte mich nicht, der Herr blieb kramphast auf der ersten Seite. Bald mußt« ich aussteigen. Er schlug um. Zweit« Seite. Jetzt mußte ich heraus, und er lieft die zweite Seite. Ich bleibe sitzen. Langsam will er seinen Blick ouf die dritte Seite lenken. Mein Herz setzt aus. Schon will er anfangen, meine Novelle zu lesen, da stößt ihn sein Nachbar an und sagt:„Lieber Herbert, wir müssen aus- steigen!"„A. wie schade," sagte dieser, indem er sich erhob(ich selbst. verständlich hinter ihm her),„Ich wollte hier gerade ein« scheinbar interessante Geschichte„Die liebliche Unbekannte" lesen."„So," unterbrach ihn sein Begleiter,„den Hab ich schon gelesen. Ich warne dich! Uebelste Kolportage." Da ging ich noch Hause.---" Mein Gegenüber schwieg. Er hatte meine letzte Zigarette auf- geraucht. Ich fragte mitfühlend:„Und deswegen wollten Sie sich in den Fluß stürzen? Ich meine, so schlimm ist das doch wohl---—* „Nein, nein, das gerade nicht," unterbrach mich mein Herr Kind und warf das Ende der Zigarette auf die Tischdecke,„in den Fluß wollte ich mich deswegen nicht stürzen. Ich starrte nämlich nur so In die Wellen, denn ich suche einen neuen Novellenstoff— wissen Sie."
„knorke" lautet der Titel der kleine» Humoreske unseres Ge- nassen Adolph Hoff wann, deren Veröffentlichung in der heutigen Nummer des„Vorwärts" beginnt. Den echt berlinischen, stet» schlagfertigen Humor de» Redner» Hofsmann kennen unser« Leser und sie wissen, daß er nie Selbstzweck ist, sondern immer im
Dienst einer höheren Wahrheit steht, die er zu erläutern, zu be- kräftigen, zu propagieren sucht. Der Humor des Schriftstellers Hoff- mann trägt denselben Charakter. Die Humoreske„Knorke" will nicht nur unterhalten und erheitern, sondern sie ist zugleich eine Tendenz- schrift, die der Schulreform dienen und das Verständnis für die modernste Form des Unterrichts, die Lebensgemeinschaftsschule, fördern soll. Eine besondere Ueberraschung bieten wir diesmal mit den Illustrationen, die die dem Hoffmannschen Humor kongeniale Eriffelkunst Willi Steinerts geschaffen hat. So dürfen wir hoffen, daß das Urteil unserer Leser am Schluß der Lektüre lauten wird:„Knorke!" Eine russische Ausgabe der Klassiker der Welsiileralur. In den Moskauer„äswestija" veröffentlicht der Bildungskommissar Luna- tscharski einen längeren Artikel über eine Ausgabe der bedeutendsten klassischen Dichtungen der Weltliteratur in russischer Sprache, die demnächst in Angriff genommen werde» soll. Lunatscharski weist darauf hin, daß die moderne sowjetrussische Jugend nur eine sehr geringe Kenntnis der klassischen Dichter hat, sogar die russischen Klassiker werden von ihr nur noch wenig gelesen. Aus die erste Be- kanntmachung über die geplante neue Klasfilcrausgabe habe er von Mitgliedern der kommunistischen Jugendorganisation wiederholt Briefe erhalten, in welchen«in« solche Ausgabe als ganz wertlos bezeichnet wird: die Literatur der Klassiker lei heute nur noch eine Literatur der Klassen, die ihr« geschichtliche Rolle ausgespielt hätten. Dieser Meinung tritt nun Lunatscharski entgegen. Kein geringerer als Lenin habe immer wieder daraus hingewiesen, daß der kam- munistische Nachwuchs sich gediegene Kenntnisse auf dem Gebiet der menschlichen Entwicklungsgeschichte erwerben müsse. Dazu gehöre selbstverständlich auch die Kenntnis der großen Dichtungen früherer Epochen. Die geplante Klassiterausgab« wird unter der Kontrolle Lunatscharskis erscheinen. Sowohl die russischen als auch die bedeu- tendsten ausländischen klassischen Dichter werden in der Sammlung vertreten sein, letztere teilweis« in ganz neuen Uebersetzungen. So soll z. B. G o e t h e s„Faust" in einer ganz neuen Uebertragung herausgegeben werden, obgleich es schon drei russische Uebersetzungen gibt. Lunatscharski selbst übernimmt die Redaktion der russischen Ausgabe der Werke von Gerhart Hauptmann . Jedem Bande der Ausgabe wird eine ausführliche Einleitung vorausgeschickt werden, in welcher den Lesern die Bedeutung des betreffenden Dichters in seiner Zeit und seine Weltanschauung erklärt wird: auch über die kommunistisch-marxistische Einstellung zu dem Dichter»nd seinem Werk wird in diesen Vorreden etwas gesagt werden. Die ersten Bande sollen schon in allernächster Zeit erscheinen. ckw« Anna-pawlowo-T-urnee tu vculsch'osd ist nunmehr für den Winter tS2S/27 gesichert. Dl« Konzertdlremon L e« n a r h. Serlin hat dl« Kü»stl»rin für ISO Vorlesungen»erhsiichtet. Ann« Pawlowa dringt ein Ensemble»on etw« 5« Perlmien mit. D«t Programm enthält S big 50»erschiedene Bibelte, silr welche eigene Dek,r«tt»ne« und Kostilme mit- gebr«cht werden. Auher den Ballett» gelangen«n jedem Abend die berühmten TinzeltSnge zur Aufsührung. ®ln ftiapoifln• Alaseum wurde in Mo«tan eräffnet zur Erinnerung "an den berubmten rnisiichen Revolutionär und Anarchnten giirneu Peler Krapollln. dessen Schrlsten.Memoiren«in«? Revolutionär«',.Wertilätten, Feder und Fabriten',.<?egenselttae HIlse' und.yveate und Wirklichkeit j» der russische» Literatur" tu«lle» Ländern»«Kumt geworden flnd.