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Anüenburg an Loebell. Berlin , den 22. Mai 1S26. Sehr geehrte Exzellenz! Lon Ihrem Schreiben vom 19. Mai habe ich mit lebhaftem Interesse Kenntnis genommen. Ihrer Anregung, zu dem voltsbe- gehrea auf Enteignung der Jürslenvermögen in einer öffenkllchen Kundgebung Stellung zu nehmen, vermag ich aber aus stoatsrechl- lichen. sich aus der verfasiungsmähigen Stellung des Präsidenten de» Deutschen Reiche « ergebenden Gründen nicht zu entsprechen. Auch von einem Erlasse an die Reichsregierung möchte ich ab» sehen: Die Reichsregierung Hot bereits in ihrer Zhmdgebung vom 24. April d. I. vor dem deutschen Volke klar und deutlich erklärt. daß die entschädigungslose Enteignung den Grundsätzen, die in einem Rcchtsstaate die Grundlage für jeden Gesetzgebungsakt zu bilden haben, widerspricht. Sie hat von diesem Standpunkt des Rechts sowohl in der erwähnten amtlichen Kundgebung al» auch durch den Reichsminister des Innern in der Reichstagssitzung vom 28. April d. I. ausgesprochen, daß sie das Volksbegehren auf ent» schädigungslose Enteignung der Fürstenvermögen auf das ent- schiedenste ablehne. Die unter dem Reichskanzler Dr. Marx am 17. Mai 1926 neugebildete Reichsregierung hat sich in ihrer Er» klärung vom 19. Mai diesen Standpunkt ausdrücklich zu eigen ge- macht. Ich kann daher annehmen, daß die Regierung, ohne daß es eine« besonderen Schrittes meinerseits bedarf, Ihre Auffasiung über die rechtliche Tragweite und Gefahr des Volksbegehrens teilt. Was die von Ihnen berührten, im weiteren Verlauf der Dinge von mir persönlich zu treffenden Entscheidungen anlangt, so muß ich mir wie es die versafiung vorsieht meine Entfchließvng vorbehalten, bis das Ergebnis des Volksentscheids und das sich hier­auf gründende Ausführungsgefeh vorliegt und die Frage der voll- Ziehung dieser Gefetze an mich herantritt. Ich will es aber doch nicht unterlassen, Ihnen meine persönliche Auffasiung dahin mitzuteilen, daß ich die von Ihnen geäußerten Besorgnisse in vollem Umfange teile und die gleichen Bedenken wie Sie auch schon von Anfang dieser Entwicklung der Dinge an auch der Reichsregierung gegenüber zum Ausdruck gebracht Hab«. Daß ich. der ich mein Leben im Dienste der Könige von Preußen und der deutschen Kaiser verbracht habe. dieses Volksbegehren zunächst als ein großes Unrecht, dann aber auch als einen bedauerlichen Mangel an Tradithons» g e f ü h l und als groben Undank empfinde, brauche ich Ihnen nicht näher auszuführen. Ich will mich ober bemühen, den Enteignungs » ontrog hier nicht als eine politische, sondern lediglich als eine moralische und rechtliche Angelegenheit zu betrachten. Ich sehe in ihm unter diesem Gesichtspunkt einen sehr bedenklichen V a r st o ß gegen das Gefüge des Rechts st aats, dessen tiefstes Fundament die Achtung vor dem� Gesetz und dem gesetzlich aner» kannten Eigentum ist. Es verstößt gegen die Grundlagen der Moral und des Rechts. Würde dieses Volksbegehren Annahme finden, so würde einer der Grundpfeiler, auf dem der Rechtsstaat beruht, be» seitigt und ein Weg eröffnet, der auf abschüssiger Bahn haltlos berg» ob führt, wenn es der Zufälligkeit einer, vielleicht noch dazu leiden- schoftlich erregten Volksabstimmung gestattet sein soll, Verfassung»» mäßig gewährleistetes Eigentum zu entziehen oder zu verneinen. Es könnte aus dem jetzt vorliegenden Einzessall die Methode entstehen, durch Aufreizung der Instinkte der Massen und Ausnutzung der Rot des Volkes mit solchen Volksabstimmungen auf dem Wege der Enteignung weiter zu gehen und damit dem deutschen Volke die Grundloge seines kulturellen, wirtschaftlichen und staatlichen Lebens zu entziehen. Ich sehe hierin eine große Ge- fahr, die gerade in unserer Lage, in der Zusammenfassung aller wirtschaftlichen und ideellen Kräfte für unsere Selbstbehauptung am notwendigsten ist, unsere staatlichen Grundlagen bedroht und in einem Zeitpunkt, wo wir eben die ersten Schritte auf dem Wege zu neuer wirtschaftlichen Gelwng getan haben, unsere Stellung in der Welt schädigt.» Ich bin überzeugt, daß trotz der starken, vielfach wenig schönen Agitation für das Volksbegehren das ruhige Urteil und der gesunde

Sinn unseres Voltes diese moralische und rechtliche Seit« der Frage nicht verkennen und die unabsehbare Gefahr, die allen Schichten des Volkes hier droht, nicht übersehen wird. Ich hoffe daher zuoer- fichtlich, daß unsere Mitbürger in der Entscheidung vom 29. Juni diesen Erwägungen Rechnung tragen und den Schaden abwenden werden, der sonst dem ersten Grundgesetz jedes Staates, dem Rechte und der Gerechtigkeit, erwachsen würde. Mit freundlichen Grüßen bin ich Ihr sehr ergebener gez.: von Hindenburg. Die presse über lloebeUs Intrige. Erste Wirkungen. Der Zweck der Loebellfchen Unternehmung liegt so sehr auf der Hand, daß selbst ein großer Teil der Rechts- presse betreten schweigt. Eine Schimpfkanonade über angeb» lichen Briefdiebstahl kann die peinliche Situation nicht retten und selbst, wenn dieDe utscheZeitung" glaubt versichern zu können, daß Hindenburgs Brief nur aus der U m g e b u n g des Reichspräsidenten in denVorwärts� gelangt sein könne. so ist mit dieser lächerlichen Kombination die Tatsache nicht aus der Welt geschafft, daß Herr v. L o e b e l l die Absicht hatte, den Reichspräsidenten in den Kampf um den Volks- entscheid hineinzuzerren. Mit Recht stellt dieDossische Zei- tung' fest: Der Rechten sst es vorbehalten geblieben, die Person des Reichspräsidenten in die Agitation um den Volks- entscheid hineinzuziehen, denselben Parteien, die im Dezember 1924 nicht genug Empörung darüber zeigen konnten, daß die damalige Regierung Marx es gewagt hatte, im Wahlkampf mit einer Kundgebung an die Wähler hervorzutreten.... Herr Loebell und feine Hintermänner wollen aus dem Reichs- Präsidenten einen Parteimann machen, ihren P a r t e i m a n n. Um so grotesker wirkt die Frechheit, aichers kann man es schon nicht mehr nennen, mit der derLokal-Anzeiger" die Stirn hat. aus der aufgedeckten Intrige der abgetakelten Exzellenz einensozialdemokratischen Vorstoß gegen den Reichspräsidenten " zu machen. DerLokal- Anzeiger" ist allerdings dos einzige Rechtsblatt, das den Mut hat, eine solche Verdrehung der Tatsachen vorzunehmen. Er glaubt wahrscheinlich, seinen Lesern alles bieten zu können. Selbst dieDeutscheTogeszeitung" setzt auseinander, daß eine offizielle Kundgebung des Reichspräsidenten vom Reichskanzler gegengezeichnet fein müsse, und daß der Reichs- Präsident auch bei persönlichen Aeußerungen gehalten ist, seine ganz besondere Stellung zu berücksichtigen. Und die übrigen Rechtsblätter geben deutlich zu erkennen, daß sie in größter Verlegenheit sind, wie sie sich sachlich in dieser vorbeigelungenen Loebell-Aktion stellen sollen. Im Lager der Regierungspresse empfindet man diese Enthüllungen offenbar als überaus peinlich. Die T ä g l i ch e R u n d s ch a u" hat die Sprache vollkommen ver- loren. Sehr deutlich wird dieGe r m a n i a". Sie erkennt richtig, daß hier ein Treiben aissgedeckt ist, gegen das jeder anständige Mensch in der schärssten Weise Fwnt machen muß. Wörtlich erklärt sie: .Dann ergibt sich aber für die R e f ch, r e g i e? u n g die selbst. verständliche Pflicht, sich mit aller Energie gegen da» unverant­wortlich« Treiben einer Eliqoe zn wenden, die vor keinem Mittel zurückschreckt, um ihre polltischen Ziele zu erreichen. Sie kann nicht ruhig Züschen , wie die Person des Reichspräsidenten . die seit seiner Wahl dem Parteistreit entrückt war und sich all- gemeiner Anerkennung erfreute, durch die Intrigen de» Herrn Loe- bell aufs neue zum Kampfobjekt gemacht wird. Man möchte es auch als selbstverständlich ansehen, daß der Reichspräsident selbst dem frivolen Spiel ein Ende macht, das mft seiner Person getrieben werden soll. Das Staatsintereffe, d. h. das Interesse des Reichs- Präsidenten fordert, daß die skandalösen Machenschaften de» Reichsblocks mit kräftiger Hand zerschlagen werden. Hände weg vom Reichspräsidenten ! muß man den

Herrschaften um Loebell zurufen. Niemand tastet feine Person an, wenn sie es nicht tun. Sie erwecken den Verdacht, daß die Präsi, dentenstürzer in ihren Reihen fitzen, weil Hindenburg für sie e i n Hindernis wäre, bei der sk r u p p ello s en Bekämp» fung einer ihnen nicht genehmen Koalition." Nicht minder deutlich wird dasT a g e b l a t t", schreibt über die Jntriganten-Exzellenz: Wie Herr v. Loebell während des Krieges Wilhelm TI, gegen das Volk und das Volk gegen Wilhelm II. aufgebracht hat, so suchen er und seine Genossen jetzt Hindenburg und einen großen Volksteil auseinander zu hetzen, und darum zerren sie während in der Volksentscheidpartei bisher erfreulicherweise niemand das versucht hat den Reichspräsidenten in den Kampf hinein. Es ist zugleich sehr niedrig und der Höhe- punkt der Gewissenlosigkeit." So haben die Loebell und Konsorten mit ihrem fein- ausgeklügelten Plan nur das Gegenteil dessen erreicht, was ihnen vorschwebt. Die Wirkung des Hindenburg -Briefes, auf die man im bevorstehenden Kampf um den Volksentscheid gehofft hatte, ist durch die rechtzeitige Aufdeckung ihrer Mächen- schaften von vornherein verpufft. Jedermann weiß, was sie wollen, und damit sst der Hieb schon so gut wie in die Lust geführt. Das Volt kämpft beim Volksentscheid um sein Recht. Keine Loebell-Intrige, kein Hindenburg-Drief wird es davon abhalten.

Stimmenfreigabe für üen volksentscheiÜ. Eine bemerkenswerte Entschliesiung in Bayer«. München . 7. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der Bayerische Bauern- und Mittel st andsbund. der durch den Land- wirtschaftsminifter F e h r seit Iahren an der bayerischen Regie» rungskoalition beteiligt ist, hat nunmehr durch eine Ent» fchließung seines Landesvorstandes den Parteimtt- gliedern die Beteiligung am Volksentscheid freige» geben. Der Landesvorftand fei zwar der Auffassung, daß bei der Regelung der Abfindung mit den Fürstenhäusern der Grundsatz der Erhaltung des Privateigentums nicht oerletzt werden dürfe, weshalb für den Bauernbund ein« glatte Zustimmung für das Dolksensscheidsgefetz nicht in Frage kommen könne. Auf der anderen Äite fehl« aber jede Sicherheit für eine gerechte Lösung der Fürstenalssindung. Auch die Fürsten müßten im vollsten Ausmaß an dem durch Krieg und Inflation entstandenen Roten des Bolkes teilnehmen. Bei dieser unklaren Sachlage sehe sich der lZandesvorftand nicht in der Loge, den Anhängern der Partei bestimmte Richtlinien für die Stellungnahme zum Bolksent- scheid zu geben; er müsse es jedem einzelnen überlassen, sich noch gewissenhafter Prüfung selbst zu ensscheiden, was, streng genommen, auch dem Willen der Bersassung«nssprech«, noch welcher der Volks- entscheid keine Partessache, sondern Angelegenheit des un- abhängigen Voltes sein solle. Dies« Ensscheiduiig des Bauern- und Mittelstandsbundes ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil der gleiche Bundesoor- stand zum Volksbegehren einen scharf ablehnenden Standpunkt ein- nahm und damals die R i ch t e i n z e i ch n u n g in die Listen empfohlen hatte. In weiten Kressen des Bundes, vor allem in Niederbayern und Schwaben, wurde jene Haltung des Vorstandes aber entschieden mißbilligt, was in einer regen Be- teiligung der Mitglieder des Bauernbundes am Volksbegehren zum Ausdruck kam._ polizeifkanöal ln Sraunfchweig. Ein Landtagsabgeordneter wegen Bolksentscheidspropa» gauda verhaftet SPT.-Flugblätter beschlagnahmt. Braunschweig . 7. Juni. (Eigener Drohtbericht.) Am Sonntag wurde der Landtagsabgeordnete Genosse Dr. Frankenberg und ein anderer Genosse verhaftet, weil sie in dem vornehmen Bürgerquortier die vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei herausgegebenen Flugblätter zum Volksentscheid ver- teilten. Sie hatten auch an interessierte Personen die Broschüre mit der Rede des Genossen S a e n g« r- München über den Volks-

Sismarck unö Lassalle. Ein Brief Bismarcks an die Gräfin hahfcldk. Auf Lassalles toten Körper hatte die Gräfin Sophie Hatzfetdt den Schwur geleistet, daß ihm Rache werden soll«. Sie setzte darum Himmel und Hölle in Bewegung, um den vallachischen Bojaren Ianko von Racowitza zur Derant- Wartung zu ziehen. Am 28. August 1864 hatte dieser Lassalle im Gehölz von Crevin, 1 Kilometer jenseits der Genfer Grenze auf französischem Boden, im Duell niedergestreckt, indem er für den Vater seiner Verlobten einsprang, als Lassalle diesen, den bayerischen Gesandten bei der Schweizer Eidgenossenschaft , forderte. Racowitza floh nach München , in den Schutz der bayerischen Regierung, die ihren Gesandten von Dönniges zu decken sich bemüht«. Die Gräfin Hatzfeldt ober machte ihre weitreichenden Verbindungen mobil. um das Auslieferungsoerlangen der Schweizer Regierungwegen Mordes" zu unterstützen. Sie wandte sich, was bisher nicht be- kannt war, zur Unterstützung auch an die preußische Regie- r u n g: Preußen dürfe nicht dulden, daß seine Untertanen' un- gestraft in fremden Staaten getötet werden. Prof. Gustav Mayer veröffentlicht diesen Sachverhalt aus den Akten de« Auswärtigen Amtes jetzt in derHistorischen Zeitschrift". wobei er die Absicht der Gräfin betont, zu verhindern, daß der Mörder, wie sie ihn stets nannte, unbestraft bleibe und die .Mörderin" Helene von Dönniges heirate. Die französische Re- gierung würde, so schrieb sie an Bismarck , als Racowitza nach Paris gereist war, gern eine Gelegenheit ergreisen, um sich einem von Bismarck angedeuteten Wunsche gefällig zu erweisen.Ich lege," so schloß ihr Gesuch,diese Angelegenheit m die Hände Euer Exellenz mit vollem Pertrauen, daß Sie den Beweis geben werden, daß die preußische Regierung über den Parteien stehen will und den Schutz, den sie ihren Angehörigen schuldet, nicht pach der Partei- stellung bemißt. Euer Exzellenz würden dadurch auch eine Genug- tuung geben den Gefüylen erbitterter Entrüstung über die Art, in welcher der Tod von Ferdinand Lassalle bcrbc»?zogen wurde, welche diejenigen erfüllt, die in ihm den großen Mann, den geliebten Führer so tief betrauern." Die Antwort Bismarcks trägt im Entwurf die Schriftzüge Robert von Keudells, doch hat Bismarck eigenhändig einiges ge- ändert. Bismarck schreibt am 26. Dezember 1864: Die Zeilen, welche Sie, gnädigste Gräfin, am 11. d. M. an mich gerichtet haben, beehren mich mit einem Verjh:au«u für das ich aufrichtig dankbar bin/ wenn es mir auch nicht möglich ist, ihrem Wunsche in vollem Maße zu entsprechen. Racowitza hat, nach einer mir vorliegenden Anzeige, Paris oerlassen, und sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Inzwischen habe ich weitere Ermittlungen oeranlaßt. Vielleicht ist es Ihnen, gnädigste Gräfin, bekannt, ein wie tiefgehendes Interesse mir die Persönlichkeit und die Leistungen Lassolles einflößten, und wenn im Verfolg dieser traurigen Angelegenheit nicht olles geschehen sollte, was Sie beantragt haben, so wollen Sie sich wAtigstens überzeugt halten, daß, so weit ich berufen bin, einen Einfluß zu üben, für die Wahrung der Rechte der Hinterbliebenen und für

das Andenken Lasialles alles geschehen wird, was amtlich geschehen könnte, wenn es sich um einen meiner nächsten politischen oder persönlichen Angehörigen handelte. v. Bismarck . In Bern ließ Bismarck nochprüfen, wie s» mit der Derfolgung des Schusses Racowitza? als Mord stehe. Ein Bericht des preu- ßischen Gesandten von Kamptz klärte den Sachverhalt dahin auf, daß die Kriminalgesetzaebung des Kantons Genf seinerzeit nebst der ganzen französischen Zivilgesetzgebung auch den Code pönal ange- nnmmen hotte, daß dieser das Duell als Mord behandelt, daß aber in Wirklichkeit ein Duell und kein Mord vorliege. Diese Formulierung des preußischen Diplomaten enssprach natürlich der Ansicht Bismarcks. Der Mann, der einst in Frankfurt Rechberg provoziert hatte und der kurz darauf Birchow forderte. dachte über das Duell wie sein Standesgenosse. Angesicht» der Mög- lichkeit einer grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen den feudalen Verteidigern und den demokratischen Gegnern' des Zweikampfes war es ihm nicht zweifelhaft, auf welcher Seite er stand. Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein konnte ihm bei seinem Kampf gegen die Fortschrittspartei gewisse Dienste leisten, und er hätte sich deshalb ihm wie auch der Gräfin Hatzfeldt persönlich bei dieser Gelegenheit ganz gern gefällig erwiesen. Aber wie die Dinge jetzt lagen, mußte er erkennen, daß es ihm unmöglich war, die phantastischen Wünsche Sophie von Hatzfeldts, die am liebstendie Mörderin und den Mörder aus dem Schafott" gesehen hätte, zu erfüllen.

EinIndischer Kvll- und Kunstabend", der in der Urania stattfand, hätte sich mit einem weniger anspruchsvollen Titel be- gnügen sollen; denn so legte er das Hauptgewicht auf Dinge, die wirklich nicht das Hauptgewicht dieser Veranstaltung ausmachten: auf symbolisierte indische Tempelfeiern, auf Tänze, die durch starke Mischung mit Pantomimischem ihren Charakter verloren, auf Gebete. die dem Europäer wenig sagen. Darüber hinaus aber gab der indische Schristgelehrte lPandit) B. A. A g n i h o t r i einen Einblick in das wirkliche Leben und die Kultur Indiens . Er schilderte dieses reiche Land, in dem noch neunundneunzig Prozent der Bevölkerung etwa infolae der schlechten sozialen Verhältnisse im Elend leben müssen, in fesselndem, witzigem Vortrag, der ihn als einen Anhänger der Lehre Mahatma Gandis zeigte. Aufklärungen über die Tricks der umherziehendes Fakire, reiches Lichtbildmateriol sowie ein Film, der die Klugheit und die Leistungsfähigkeit der Elefanten darstellte, ergänzten die interessanten Ausführungen. Sz. Das Verhältnis zwischen Vühnenvorstand und Bühnenleiter. Im Theoterwissenschastlichen Institut an der Universität Berlin fand am Sonntag die diesjährige Hauptoersammlung derVereinigung der künstlerischen Bühncnvor stände EV." statt. An die nichtöffentliche geschäftliche Sitzung schloß sich ein öffentlicher Teil, in dem das Verhältnis des angestellten künstlerischen Bühnen- vorstondes zum Bühnenleiter behandelt werden sollte. Ernst Legal hatte das Referat zur Tagesordnung übernommen. Er oerlas zu- erst einen Artikel aus der Ianuarnummer der Zeitschrift der Ver- einigungDie Szene", um«inen Ueberblick darüber zu geben, was sich die Vereinigung nach ihrem Neuaufbau ol« Ziel gesetzt bat. was also auch der Grundgedanke des zur Diskussion gestellten Themas lein müsse, Nicht die materielle, joichern tue ideelle.Seite der zu er-

örternden Frage sollte in der Hauptsache zur Besprechung kommen. Der Referent wie die Diskussionsredner waren sich in der Mehr- zahl darin einig, daß nicht schematssche Berträge, sondern persönlicher Takt allein die künstlerische Zusammenarbeit der Bühnenvorstände und Bühnenleiter segensreich gestalten könne und da Vertreter von der einen wie von der anderen Partei zu Worte kamen, kann man bei einigem Optimismus ja hoffen, daß die Aussprache auch als Aussaat auf fruchtbares Land gefallen ist. ver Reichspräsident soll eingreisen. Der Bund deutscher Architekten , Landesbezirk Brandenburg, hat sich an den Reichspräsidenten gewandt, mit der Bitte um Ver- mittlung in dem Streit um den Umbau des ftaat- lichen Opernhauses.Es ist nicht zu verstehen" heißt es in der Eingabedaß; während andere Staaten eifrigst bemüht sind, ihre aus früheren Jahrhunderten übernommenen hervorragenden Monumentalbauten in pietätvoller Wesse zu erholten und zu pflegen, man bei uns kein Bedenken hat, an der hervorragendsten Stelle der Reichshauptstadt einen der vornehmsten Monumentalbauten aus der Zeit Friedrichs des Großen in seiner architektonischen Wirkung zu vernichten und dabei auch die Wirkung der benachbarten Hedwigs- kirche, sowie den Opernplatz stark zu schädigen. Das kulturelle Än- fehen des deutschen Reiches sst im Inland- und im Auslande auf da» schwerst« gefährdet. Wenn der Bund deutscher Architekten sich in dieser Notlage, in dem Berantwortungsbewußsscin wie es in der ernsten Auffassung der künstlerischen Arbeit seiner Mitglieder de- gründet ist, an die höchste Stell« des Reiches mit der Bitte um Hilfe wendet, so ist er sich bewußt, daß er den Herrn Reichspräsidenten in einer ernsten und für das ganze kulturelle Leben der Nation be- deutungsoollen Frage in Anspruch nimmt und als letzte Möglichkeit vertrauensvoll sein Eingreifen erhosft. Schvlwesenrcsorm jn Sowjetrußland. In der Leningrader Ilniversitöt fand ein Vortrog des Volkskommissars für Bildung?» wesen, Lunatschorski, statt, der sich mit der Frage der Erweiterung des Schulnetzes in der Sowjetunion beschäftigt. Lunatschorski teilte mit, daß für den Ausbau des Schulwesens über 17 Millionen Rubel für die nächsten zwei Jahre vorgemerkt worden seien. Jn Leningrad, Stadt und Gouvernement, soll vom nächsten Jahre ab die allge- meine �chulpslicht eingeführt werden. In den Dörfern werden tliegende Schulen eingerichtet, wo ständige Schulen noch nicht be- stehen. Die Auigabe der fliegenden Schulen soll sein, vorläufig bis zur Organisation ständiger Schulen diese zu ersetzen. Zum 100. Gebortstag« lolssol». der w da, Jahr ISN fällt, loll in England eine Ausgabe der gcjamtcn Werke de» Dichter« in englischer Sprache erschienen. ver Banfe - Tempel. Der Magistrat von Ravenna bat beschtossen, da» Grabmal Dantes zu restaurieren. Bei dieser Gelegenheit sollen die<80 deine Dante« in ein neue« Mausoleum übergeführt werden. Da« Mausoleum wird von der Stadtverwaltung errichtet werden und im Hose eine« Museum« Ausstellung finden, in dem Andenken und Bilder der Zeitgenossen Tante« ausgestellt werden sollen. Arbeitslose al» Solbsucher. Im Albanbczirk in Sibirien ist ein grössere« Gebiet, in welchem Goldvortommen sestiiestellt sind, einer grossen Gruppe von Arbeitslohn zur Ausnutzung überiajien worden. Sti fmd bereu» 2600 Arbeitsloje dorthin abgegangen.