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1. Heilage öes vorwärts

Dienstag, S. 1426

Eine MatenfahN über märkisch« Seen von Königswusterhausen nach Teupitz . Wohlverpackt ruht unser brave» Faltboot, unser Pilot ", In dem Ersenbahnzug. der zwischen Görliher Bahnhos und dem durch seine Grvhfunkstation der ganzen Welt bekannten Königs» Wusterhausen läuft. Dann eine halb« Stunde flotten Marsches, bei dem die Bootsteile aus einem selbstgefertigten zweirädrigen Wägelchen mitgeführt werden. Endlich ist der Königswusterhausener Tiergarten erreicht. Einige Kinder folgen uns glücklicherweise nur mit den Augen, als wir auf dem Userweg zur Aufbaustelle entlangziehen. Tief steht die Sonne als wir das Boot ins Wasser setzen, um noch vor dem Schlafengehen Cablow zu erreichen. Nächtliche Jährt. Zvi egelglatt liegt die Siaabe. dieser idyllische Teil der Dahme. in dessen Wassern sich die alten vollbelaubten Bäume des königs­wusterhausener Tiergartens spiegeln. Geheimnisvoll gleitet das Boot auf der ebenen Fläche, fast unwirklich ist es, wie die Bäume am Ufer vorüberziehen. Dann öffnet sich dieser schmale Wasserarm und weitet sich zum Krimnlcksee, der sich nach Senzig hin ausbuchtet. Links faucht ein Eisenbahnzug irgendwo hinter den Häusern am Ufer. Rechts aber grützen bewaldete Höhen. Dunkle Wolken kommen aus Westen. Im Osten jedoch ist Ruhe und Frieden. Sanfte Farben der Dämme- rung werden wach, das Wasser singt melodisch, wenn das Boot es schneidet, und die Paddelschläge geben die Takte an. Es ist ein Song 'es Friedens, ein Klang, der in der Unendlichkeit geboren wurde und der nun plötzlich da ist, ganz natürlich und selbstverständlich. Das letzte Sonnenleuchten schwindet, Sterne gehen auf und an den Ufern sind die Lichte menschlicher Wohnstätten. Das helle, frohe Blau des Nachmittags ist zum schwarzen, dunklen Grau der Nacht geworden. Die Ränder des krüpeisees verschwinden, das Wasser scheint sich zu dehnen bis in alle Ewigkeit Die elektrsschen Boots» lampen leuchten auf. Stimmen am Ufer..�Hallo, wo ist der nächste Gasthof, der uns Unterkunft geben kann?".Rechts müssen Sie rüber, in 10 Minuten sind Sie da.".Besten Dank." Also nach rechts. Bald stoßen wir auf Schilf und folgen seinem Rande bis zu einem großen Dampfersteg, der im Dunkeln gewaltig auftaucht wie

Zugbrücke über die Dahme .

wir am Bootshaus. Schnell ist der.Pilot" fahrbereit. Allein neuer Sturm tut sich auf, die Wellen gehen hoch. Wir Kinnen wohl fahren, aber wir müssen nicht. Wir nutzen die Zeit zu einige» Auf- nahmen und Skizzen. Um 12 Uhr endlich schwimmen wir wieder auf dem Wasser. Der Eablower Kirchturm grüßt noch lauge und w der Fern« raaen die Funktürme von König »wusterhansea. dt« sie hinter dem Wald« an der scharf nach Süden abbiegenden Dahme verschwinden. Der Himmel hat sei» Wolkenkleid verloren. Durch- sonnt« Blau spiegelt sich im Wasser und der Wind spannt da» Segel. So gleiten wir durch jenen Teil der Dahme , der auf de« Karten als.Bindow« Fließ " oerzeichnet ist. Di« Landschaft ist nun völlig verwandelt, fast.holländisch" mutet st« an. Verschwunden ssi da« prächtig«, weit« Bild der Seen. Nu» geht die Fahrt zwischen ichilsgerändenen Wiesen vorüber an kleinen Gehöften und Lauben. Der Wald hat sich respektvoll vom Fluß zurückgezogen. Der holländische Eindruck der Landschaft wird noch verstärkt durch die Bindow« Zugbröcke mit ihrem großen Hotzgeftell, unter dem man den Mast umlegen muß. Die Boten d» staatlichen Wasserbauomte« arbeiten an den Ufern. Ketten rasseln, man ist dabei, der Natur Schranken aufzuerlegen, damit sich d« Mensch in ihr um so freier bewegen könne. Fische, Wasservögel, Insekten beleben das Fließ, und die Frösche nicht zu vergessen! Herrlich diese Einsamkeit, dies« Wald» und Wiesenduft mit dem feinen Hauch d« Wassers. Dem trüben Morgen folgte ein Tag, von dem man wünschen konnte, daß « kein Ende nähme. Dann tauchen Häuser auf und blühende Kastanienbäume: das Dörfchen Gussow. Frischer Wind wird lebendig, und nun ist der Dolgenfee da. jene 3H Kilometer lange in Nordwest- llcher Richtung hingestreckte Wasseriläch«, an derem Eüdende dos Dörfchen Dolgenbrodi mit seinen vielen Schiflswerften liegt. Der Wind ist mit uns. Die Wellen gehen hoch Sie wachsen am Ende de« Sees, und uns«.Pilot" läuft in flotter Fahrt über die Fläche. Lattenzeichen in d« Ferne weisen aus die Einfahrt zum Dolgen- brodl« Fließ . Bald fahren wir zwischen schwarzen und roten See» zeichen auf die Molen zu in dieses entzückende Fließ hinein. Große Spreekähne liegen auf ihren Helgen am Uf«, Zimmerleute und andere schassen an ihnen. Helle Feu« brennen, Schmiedehämmer klingen, Sägen knirschen, Arbeitsbild« wie aus fernen Tagen, in denen da» Werk d« Hand noch nicht der Maschine unterlegen war.

(Schluß.) Den ganzen Tag sprachen sie von den Werkstätten, dem Handarbeitszimmer, der Küche, dem Experimentiersaal, wo nicht nur ein Instrument für die ganze Klasse da war, son» dern jeder Gruppe von drei und vier Kindern eins zur Ver- fügung stand. Lange schon lagen Knorke und Frau im Bett, aber sie schliefen nicht gleich wie sonst, sondern besprachen nochmals eingehend alles Gehörte und Gesehene. Knorke setzte seiner besseren Hälfte auseinander, wie eine Nation, die ihre Jugend so mit allem Wissen versieht, zwar nicht mit den größten Ka- nonen, wohl aber mit der größten Erkenntnis und den meisten Fähigkeiten in der Welt vorangehen und unbesiegbar sein wird. Endlich nahm Morpheus beide in seine Arme und noch lange zogen gigantische Zukunftsbilder durch ihre Träume. Die Sonne guckte schon lange erstaunt in das Schlaf- zimmer des Ehepaares Knorke. Es war für sie ein unge- wohnter Anblick: die Frühaufsteher waren von ihr noch nie im Lette erwischt worden. Die drei Knorke-Ableger huschten schon seit langem leise und geschäftig im Wohnzimmer herum, wo Fritz gestern unter Assistenz seines Kameraden Pfeil den Fünfröhrenapparat montiert hatte. Fritz und Kamerad Pfeil hatten gemeinsam den Plan ausgeklügelt, Vater und Mutter nach der neuen Schule zu schicken, um während dieser Zeit alles ins Lot zu bringen. Als Pfeil ging, schloß Fritz die Tür des Zimmers ab und steckte den Schlüssel in die Tasche. Alles Bitten der Geschwister half nichts. Er vertröstete sie auf den anderen Morgen. An diesem war er der erste aus dem Bett, und als Anneliese ron ihm die Erlaubnis erhielt, im Wohnzimmer den Kaffeetisch zu decken, zu dem Fritz gar noch vier Blumentöpfe und Mutters große Bratenfchüssel mit öl) Lichtern und einem

großen Lebenslicht angeschafft hatte, war sie recht ärgerlich, daß Fritz das, was er gestern mit Kamerad Pfeil gebaut hatte, mit Mutters Umschlagetuch zugedeckt hatte. Aber Fritz er- klärte:Ihr seht es ja doch zuerst. Wenn Bater und Mutter auf sind, werden die Lichter angezündet und die Bescherung enthüllt." Ihr habt wohl beide Apparate eingebaut?" fragte Karl ungeduldig. Wir sind doch nicht molum," gab Fritz zurück. Ein Geräusch im elterlichen Schlafzimmer machte der Auseinandersetzung ein Ende. Die Rollen waren von Fritz richtig verteilt: Anneliese flitzte in die Küche, um Kaffee aufzubrühen, Kart zündete die Lichter an und Fritzeenthüllte". Karl blieb, wie Fritze später sagte, das Maul offen, als er nicht nur den Fünfröhrenapparat, sondern auch einen Laut-

spreche? erblickte. Durch die ein« Tür kam Anneliese mit dem stark duftenden Kaffee, in der anderen erschienen Arm in Arm Mutter und Vater Knorke, das Geburtstagskind. Mutter fing gleich zu heulen an, Vater starrte auf seinen veränderten Dreilampenapparat und den Lautsprecher, den in diesem Augenblick Fritz als Oberfunter in Tätigkeit gesetzt

hatte, und der, da es längst 9 Uhr, vom Funkhause auf Welle S05 und 571 die Andante cantabile von Mozart wiedergab. Die drei Knorkes schössen wie die Pfeile auf Vater zu und schlangen die Arme um seinen Hals. Ein Sturm von Küssen«goß sich über ihn, wie er ihn noch nie im Leben hatte ertragen müssen. Schließlich wurde er mit heilen Knochen des Ueberfalls Herr, verlangte sich Fritz, auf dessen Schultern sich die arbeitsharten Hände wie ein Paar Schraub- stöcke legten, und sagte:Dahinter steckt Fritz! Beichte, wie du das angestellt hast." ,Ma, da ist doch nicht viel zu beichten. Ich habe meinen Kamerad Pfeil, der uns den Fünfröhrenapparat billig besorgt hat, erzählt, daß du zu unserm Entsetzen einen neuen Drei- röhrenapparat angebracht hast, und da ich wußte, wo du ihn gekauft hast, sind wir beide hingegangen und haben ihn in einen Lauthörer umgetauscht. Und da der Rundfunk- august sagt Mutter seine Freude daran hatte, daß wir den Bat« so lieb haben, hat« nicht nur das schönste Stück aus seinem Laden gegeben, sondern noch so viel Geld heraus- bezahlt, daß ich die Blumen und Lichter kaufen konnte." Ra, aber Junge, gleich vier Töpfe?" sagte Vater, dem. wie er meinte, von den vielen Lichtern die Augen tränten. Aber Vater." entgegnete Fritz,weniger wie ein Blumentopf jeder konnten wir doch nicht schenken." Ra nu seht mal," sagte plötzlich Vater ganz ernst,was ihr angerichtet habt. Mutter hat sich vor Schreck in eine Salzsäule oerwandell und wird jetzt ein Tropfstein, so rennt es ihr aus den Augen." Das war für die drei Rangen das Signal zum Sturm auf Muttern, der sich erst legte, als Vater nach schmunzelnder Besichtigung sämtlicher Funkgeräte erklärte:Ra, ich probiere jetzt Mutterns Geburtstagskuchen, und wenn ihr nicht bald euren Knalleffekt einstellt, habt ihr das Nachsehen." Beim Morgenkaffee und noch mehr am Nachmittags- kaffeetisch finden wir ein« Familie, bei der allesknorke" war. Das stellte sogar nachmittags ein Unparteiischer fest, nämlich Kamerad Pfeil, der von Fritz so lange gequält wurde, bis er zugesagt hatte, zu erscheinen. Er schenkte Vater ein schön gebundenes Buch über die Aufgaben der neuen Schule und meinte, wenn die Familie heute so ganz froh und glücklich wäre, dann mögen sich alle Teile derselben für alle Zeit daran erinnern, daß einen ganz kleinen Anteil daran die neue Schule hat. Für sie zu wirken, heiße: der Zukunft der Menschheit die Wege bahnen!