Nr. 272 43.Jahrgang
auch sehr materieller Art angefüllten Rheinsberger Jahre waren die glücklichsten des gleichzeitig an seiner Bildung mit Eifer arbeitenden Prinzen. Die Zuneigung des Vaters gemann er durch militärischen Eifer, durch Agrikulturbestrebungen: anito mache ich Anstalt guhte Obst böhme dis Frujar zu setzen"( 1734) und durch Leckerbissen, die der föniglichen Küche zugesandt wurden. so: puhten", fette Kälber, Spargel und Blumenkohl, Erdbeeren und Kirschen.
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Mit der Stimmung an historischen Plägen ist es ein eigenes| Kreises. Die mit vielen Amüsements" teils geistiger, teils aber Ding. Wohl jeder, der auf der Terrasse von Sanssouci steht, wird des Mannes gedenken, der aus brandenburgischem Sand und Sumpf dieses Garten- Eden schuf. Friedrich II. ist von Sanssouci nicht zu trennen und all das, was Friedrich Wilhelm IV. und gar Wilhelm II. hinzugetan hat( die Verschönerungen" des letzteren find zum Teil wieder beseitigt), können nicht das Friedericianische beeinträchtigen. Anders in Rheinsberg , das man ja gewohnt ist, als den Tummel platz des jungen Frih" anzusehen. Hier ist höchstens im Schloß felber das eine oder andere Gemach mit friedericianischer Stimmung erfüllt das ganze herrliche Park- und Waldgebiet trägt aber vor allem das Gepräge des Prinzen Heinrich, jenes Bruders, der an Talent und auch an Sonderbarkeiten dem König gleich fam. Er hat bis 1802 gelebt und in Rheinsberg lieber als in seinem Berliner Palais fich aufgehalten, das die jetzige Universität geworden ist.
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Die Friedrich- Zeit.
Will man das Leben des Kronprinzen Friedrich, wie es in Rheinsberg sich gestaltete, menschlich begreifen, so muß man sich erinnern, daß er, um den Stockprügeln und den höhnenden Reden ( wenn ich so behandelt wäre, hätte ich mich längst erschossen") seines Báters zu entgehen, sich zur Flucht vorbereitet hatte, dam gefangen und zum Tode verurteilt, sich nur durch völlige Unterwerfung unter die Gebote Friedrich Wilhelms I. und dessen Ministers Grumbiom hatte retten fönnen. Die ihm aufgezwungene Heirat( 1733) mar die einzige Möglichkeit, der Küstriner Besserungszeit" ein Ende zu machen. Er befam als Oberst das Regiment von der Golz in Neu ruppin und erhielt nach der Verheiratung als Geschenk Schloß und Stadt Rheinsberg angewiesen. Der von Knobelsdorff besorgte Umbau des alten Schloffes dauerte in der Hauptsache bis 1736; folange refidierte Friedrich in Neuruppin . Das Schloß hat seitdem teine baulichen Beränderungen erfahren; es besteht aus einem zwei geschossigen Mittelbau und zwei Flügeln, die je in einen runden Turm auslaufen; durch einen Säulengang zwischen den Türmen wird das Rechtec geschlossen, dessen offene Seite dem See gegenüber liegt. Die gänzliche Fertigstellung des Umbaues 30g fich bis 1739 hin; Knobelsdorff war daher ein ständiger Gast des prinzlichen
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La Moderna bewilligte nach vier Tagen alles. Drei Wochen später ging Morales zu Señor Doug und fagte: Alfo achtstündige Arbeitszeit, zwölf Besos die Woche, eine Bollmahlzeit und zweimal Kaffee mit Gebäd."
Señor Dour, der die ganze Zeit voller Schadenfreude gewesen war, weil seinem Konkurrenten so übel mitgespielt wurde, kriegte zuerst einen Schred. Dann sagte er: Morales, fommen Sie zur Kasse. Da ist Ihr Lohn und Sie können gehen, Sie sind entlassen."
Morales drehte sich um, 30g seine weiße Jacke aus und fofort zogen die übrigen Kellner gleichfalls ihre Jacken aus und famen zur Kasse.
Ein wenig verstört zahlte Señor Dour die Löhne, und dann ließ er die Leute gehen. Er war ganz sicher, daß er andere Leute Priegen würde. Die paar Gäste, die gerade drin waren, bediente Señora Dour. Dann verließen die Gäste auch das Café. Aber wenn andere famen und sahen, daß feine Kellner drin waren, feßten sie sich garnicht erst, sondern gingen gleich wieder. raus. Nur einige Fremde famen, fetzten sich, bestellten etwas und betrachteten diese Art von langsamer Bedienung als die hier übliche. An diesem Abend ftanden teine Streifposten vor dem Café. Aber am nächsten Tage waren sie da, und es wurden eifrigft Flugblätter verteilt. Es waren wieder nur Fremde, die in das Café gingen, die die spanisch geschriebenen Flugblätter nicht lefen fonnten und auch nicht verstanden, was die Streifposten zu ihnen sagten.
Aber um diese Fremden fümmerten sich die Bosten nicht niel. Außerdem fühlten die Fremden, meist Amerikaner, Engländer oder Franzosen, auch immer sehr bald, daß die Luft merkwürdig schwül war, und fie verließen das Café ziemlich rasch, oft ohne ihr Eisgetränk auch nur anzurühren. Den zweiten Tag darauf hatte Señor Dour zwei Kellner, einen Deutschen und einen Ungarn . Beide waren erbärmlich zerlumpt. Señor Dour hatte ihnen weiße Jaden gegeben, einen Kragen und einen schwarzen Schlips. Aber er gab ihnen weder Hosen noch Schuhe. Und gerade in diesen beipen Dingen sahen die Burschen entsetzlich aus. Sie verstanden fein Wort Spanisch und waren nicht zu gebrauchen. Aber Señor Doug wollte mit ihnen ja nur proßen vor den Streifpoſten.
Die Heinrich- Zeit.
Nach der Thronbesteigung 1740 blieb Rheinsberg unbewohnt und die 1744 erfolgte Schenkung des Schloffes an den Prinzen Heinrich änderte zunächst nichts an dieser Stille: erst 1753 siedelte Heinrich nach Rheinsberg über und hat dann ein halbes Jahr hundert lang sich als Bauherr betätigt. Bieies, was er in lebereinstimmung mit dem sentimental- frivolen Zeitgeist in den Anlagen geschaffen, ist seitdem wieder entfernt morden, aber noch immer schimmern Statuen und Basen, Kioske und Säulen durch das Grün der Büsche und hochstrebenden Bäume. Drei seiner Schöpfungen verdienen Beachtung, weil sie einen Einblick in das Wesen ihres Schöpfers gewähren. Auf die Gleichartigkeit der Charaktere Friedrichs und Heinrichs wurde schon hingewiesen auch der letztere
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lebte getrennt von seiner Frau und es wäre nur natürlich, wenn diese Gleichheit zur Abneigung geführt hätte. Von einigen Beobachtern ist denn auch der Prinz als„ neidisch" auf den Ruhm des Bruders geschildert worden, während sich im Verhalten Friedrichs die bewundernde und dankbare Anerkennung der militärischen und diplomatischen Fähigkeiten Heinrichs bis zuletzt erhalten hat. Daß Heinrich den frühen Tod( 1758) des vom König ein Jahr vorher hart getadelten und dadurch zur Entfernung vom Heere veranlaßten Bruders August Wilhelm sehr beklagte, ist eine Tatsache, die auf feiner abgünstigen Stimmung zu beruhen brauchte. Heinrich trieb mit dem Andenken des Verstorbenen einen gewissen Kultus: er setzte das Herz des Toten im Park von Rheinsberg bei in einer Urne, der er ein Gegenüber in der auf hohem Sockel stehenden Büfte gab. Diesem Afte der Pietät folgte ein Menschenalter später eine zweite Huldigung: 1791 meihte Heinrich einen Obelisken ein, der mit dem Reliefbildnis Auguft Wilhelms geschmückt ist und die Namen von Generalen der Friedericianischen Kriege zeigt, namentlich von
Nach dem Mittagessen, das sie mit allerlei bösen Zwischenfällen serviert hatten, war ein wenig Ruhe im Café. Señor Doug war schlafengegangen, und Señora Dour saß schläfrig in einer Nische. Ich brachte ein Blech Backware hinein und hörte, daß die beiden Bögel deutsch sprachen. ,, Sind Sie Deutscher?" fragte ich den, der richtig deutsch sprach.
Ja, der hier ist ein Ungar," antwortete er erfreut, daß jemand mit ihm deutsch sprach.
"
,, Wiffen Sie, daß die Kellner hier streifen, und daß Sie hier den Streifbrecher machen?"
,, Die streifen nicht," sagte er. ,, Die wollen nur nicht arbeiten, die sind nicht zufrieden."
"
Was zahlt Ihnen denn der Alte?"
Fünf Pesos die Woche, das ist ganz schönes Geld. Und das Essen und Schlafen," gab er zur Antwort.
,, Na, nun mal deutlich, lieber Freund, schämen Sie sich denn nicht, hier den Streifbrecher zu machen?"
,, Streifbrecher? Das bin ich nicht. Die streifen nicht, die haben nur aufgehört, weil sie mit dem Lohn nicht zufrieden sind. Ich bin mit fünf Befos zufrieden. Was soll ich auch machen. Ich bin ganz herunter, habe nichts zu essen und feinen ganzen Fehen."
ist,
,, Dann gehen Sie lieber betteln," riet ich. ,, Betteln? Nein, das ist unanständig." ,, Streifbrechen ist anständiger?"
"
Was will ich denn machen, wenn man hunger hat?" ,, Dann stehlen Sie, wenn Ihnen Betteln zu unanständig aber Streifbrechen ist ein dreckiges Geschäft."
,, Sie haben gut reden," plagte er nun los ,,, Sie arbeiten hier schön in der Konditorei, haben zu essen, haben ein Dach und kriegen ihr Geld."
,, Das ist richtig," erwiderte ich. Und ich will Ihnen nun etwas fagen. Ich fann Ihnen hier feinen Vortrag darüber halten, in welchem Zusammenhang der Streif jener Leute und Ihr Hungerleben steht. Ich kann Ihnen hier so auf einen Rud nicht flar machen, wie durch jeden Streif, ob r gewonnen oder verloren wird, das Hungerleben der arbeitslofen Arbeiter um einen Grad seltener wird. Wenn die Leute hier achtstündige Arbeitszeit durchsetzen, muß der Alte amei, vielleicht gar drei arbeitslose Kellner mehr einstellen. Das ist nur gerade das Nächste und Klarste. Darüber hinaus fommen noch andere Umstände zugunsten der Arbeiter in Betracht, die viel weiter reichen als gerade bis zu dem fleinen Vorteil, den man vor der Nase sieht."
Durch unser Gespräch wachte Señora Dour aus ihrem Nicerchen auf und sie rief herüber: ,, Sie, hören Sie mal, Sie
Sonnabend, 12. Juni 1926
solchen, die nach der Meinung Heinrichs nicht genügend vom föniglichen Bruder gewürdigt worden sind" eine Ansicht, die viel zur Aufrechterhaltung der Legende pon dem„ Neide" beigetragen hat. Das dritte charakteristische Bauwerk ist die für seine eigene Beisetzung bestimmte Pyramide, die ebenfalls im Garten des Schlosses sich vorfindet. Das moderne Rheinsberg .
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Ein stilles Städtchen so betitelt es der neueste Führer und noch immer gilt von ihm, was Fontane schon vor vielen Jahren aussprach: es ist nicht leicht hinzukommen. Man fann es zwar mit der Bahn erreichen über Löwenberg, von da abzweigend erst westlich auf Neuruppin zu, aber halbwegs bei Herzberge wieder nach Norden herauf. Die Verbindung über Neuruppin follte eigentlich das Naturgemäße sein: wer den einen friedericianischen Ort besucht, möchte auch den andern gleich anschließen, aber das ist jetzt nicht so einfach. Nichts läge naher, als eine Postautoverbindung Neuruppin - Rheins berg - Fürfienberg einzurichten, die ein Glanzstüd unserer Mart bequem e: reichbar machen würde. Aber die Kirchturminteressen fleiner Städte sind zuweilen sehr eigenartig. Das„ stille" Städtchen stellt sich äußerlich recht nichtssagend dar: ältere Bestandteile finden fich infolge häufiger Brände( der lezte 1740) nicht vor. Das Hauptinteresse scheinen die Hotels in Anspruch zu nehmen, die das Stadtzentrum, den langgestreckten, baumbestandenen Marktplatz, an den fich ein„ Triangel"-Plah anschließt, fianfieren. Autoverkehr dürfte ihr Jdeal sein. Vom Bahnhof führt die Berliner Straße und an deren Ende zur Linken die Schloßstraße zum Markt und zum Schloß. Bemerkenswerte Häuser gibt es nicht: ein bescheidenes Rathaus, eine bescheidene Kirche, eine bescheidene Postsäule das Dentmal des jungen Friz" hat hier seine Berechtigung, aber das in der Nähe befindliche Büstendenkmal Wilhelms I. dürfte in seinen bescheidenen Dimensionen auch dem enragiertesten Claß" isten feine Begeisterung abgewinnen. Rheinsberg nennt sich Sommerfrische, erhebt Kurtare, wofür Mufit geboten wird aber die Rinnſteine in den Straßen zeigen wenig Berständnis für die Hygiene. Die Klage, daß die Preise für die Erholungsuchenden hoch sind, sindet sich hier wie in so manchem anderen modernen" Luftturort wieder.
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Schloß, Park und See.
Fügen wir unseren obigen Betrachtungen über die Friedrichund Heinrich- Zeit noch die Bemerkung hinzu, daß der Erinnerungsobelisk auf dem jenseitigen Seeufer gerade gegenüber dem Schlosse errichtet ist, so wird es klar, daß friedericianische Erinnerungen sich nur im Schloßinnern vorfinden. Der Kastellan, der mit fonorer Stimme seine Sprüchlein hersagt, gibt sich ja alle Mühe, patriotische Stimmung zu erzeugen, aber seine Stimme hallt eindruckslos an den leeren Wänden zurück, denn das Schloß ist leer vom gegen wärtigen Nuznießer Prinzen Auguft Wilhelm von allem Inventar entblößt. Nur das Arbeitszimmer Friedrichs meist noch den Schreibtisch auf, in einem anderen steht sein Bett, und auch Heinrichs finnreich fonstruiertes Arbeits-, Borrats- und Schlafbett, sowie sein Sterbebeit sind zurückgeblieben. Gobelins, Wandstickereien und Malereien, Deckengemälde, Kamine, vergoldete Holzschnitzereien
wollen wohl die beiden Deutschen da verhetzen? Scheren Sie sich in die Backstube, wo Sie hingehören, Sie haben hier garnichts verloren."
Berhezzen? Ich? Die beiden Deutschen ? Nein, ich lehre fie nur ein paar wichtige spanische Worte, damit sie besser im Leben zurechtkommen," sagte ich.
"
,, Das ist gut," sagte Señora Dour ,,, das tun Sie nur, das ist sehr gut." Nun will ich Ihnen mal noch was sagen," fuhr ich fort, mich wieder an den Deutschen wendend. Bis jetzt haben sich die Streifpoften um euch noch nicht viel gefümmert. Sie wissen, daß ihr Fremde seid. Aber das geht nur ein oder zwei Tage so weiter. Morgen abend oder übermorgen seid ihr erstochen oder erschossen, damit Sie es wissen. Hier fackelt man nicht lange mit solchem Kruppzeug wie ihr seid. Wir können hier nur anständige Leute gebrauchen."
raus.
,, Die tun uns nichts," sagte der Mann. Wir gehen nicht
,, Keine Angst, lieber Freund. Die tommen rein und machen das hier drin ab, unter voller Kaffeehausbeleuchtung mit Musikbegleitung. Berlassen Sie sich darauf. Nebenbei bemerkt, das einzig richtige Mittel, wie man mit Streitbrechern umgehen muß. Einen Merikaner oder einen Spanier kriegen fie hier nicht als Streifbrecher, die wissen, was es bedeutet."
Er war ein wenig bleich geworden. Nun fragte er: ,, Gibt es denn hier keine Polizei?"
Natürlich, fo gut wie bei euch zu Hause," sagte ich. ,, Aber die Polizei mischt sich hier nicht in Streitigkeiten zwischen Arbeiter und Unternehmer so ein wie bei euch da drüben. Die ist hier neutral. Wenn sie den Mörder erwischt, wird er mit einigen Jahren verknadst. Aber einen Mann, der einem Streifbrecher die letzte Wahrheit gesagt hat, den friegen sie nicht. Der ist nicht unter den Streifenden. Sie suchen ihn auch garnicht. Den Raubmörder suchen sie. Aber dem hier laufen sie nicht lange nach. Es hat euch ja niemand geheißen, in die Gefahrzone zu gehen. Wenn ihr trotzdem geht, habt ihr auch die Verantwortung zu tragen. Als vernünftiger Mensch stellen Sie sich doch nicht auch bei einem Gewitter direkt unter einen einzeinen hohen Baum? Oder vielleicht doch? Ihre Schuld, wenn der Blizz Sie erschlägt. Da kann Die Polizei garnichts tun. Die Polizei ist hier nicht für die Kapitalisten da, sondern für die Kapitalisten und für die Arbeiter, die Betonung liegt auf dem Und. Sie steht weder dem Kapitalisten bei, noch dem Arbeiter, wenn die beiden einen Handel miteinander auszufechten haben. Der Streifbrecher hat in diesem Handel garnichts verloren."
( Fortsetzung folgt.)