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Nr. 274a 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 141

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Der Borwärts" mit der Sonntags beilage Bolt und Beit" mit Gied lung und Kleingarten sowie der Beilage Unterhaltung und Wissen und Frauenbeilage Frauenstimme erscheint wochentäglich ameimal, Sonntags und Montags einmal.

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Sozialdemokrat Berlin

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Montag, den 14. Juni 1926

Auf zum Lustgarten!

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Heute abend 7 Uhr Massen heraus!- Das Vorspiel von gestern. Zu der großen Rundgebung der Sozialdemokratischen| sprochen werden: vielleicht ergibt sich später Gelegenheit dazu. Partei find alle Borbereitungen getroffen. Das Extrablatt bes Die Sozialdemokratische Partei hat jedenfalls sehr gut daran Borwärts", das gestern und vorgestern in Millionen getan, sich an den Gegenfundgebungen nicht zu beteiligen, Gremplaren verbreitet wurde und das bei den Massen die ihr ist dadurch die Notwendigkeit erspart geblieben, eine zum günstigste Aufnahme fand, hat die Aufmerksamkeit ganz besonderen 3wed geschaffene schwarzweißrote Bannmeile" Berlins auf das bevorstehende Ereignis gelenkt. Bir dürfen respektieren zu müssen. Und außerdem hieße es ja mit Ra­für heute abend eine der größten Demonstrationen erwarten, nonen nach Spaßen schießen, wenn das ganze republikanische Berlin aufmarschieren wollte gegen einen Jammer ha ufen, wie man ihn gestern im Lustgarten gesehen hat.

Die Berlin jemals gesehen hat.

Der geftrige Sonntag verlief, entgegen den aufgeregten Boraussagen, die von gewisser Seite gemacht worden waren, vollkommen friedlich. Die Deutschnationalen und Bölkischen demonstrierten im Lustgarten für die Fürsten , während die Kommunisten auf verschiedenen Plähen der Außenbezirke Gegenfundgebungen veranstalteten.

Dabei war die Blamage der Schwarzweiß. roten geradezu erschütternd. Niemand, der es nicht mit­angesehen hat, würde so etwas für möglich halten. Wenn der amtliche Bericht von 12 000 Menschen spricht, die an der Demonstration für die Fürsten beteiligt gewesen sein sollen, so macht er sich einer starken Uebertreibung schuldig. Sein Irrtum läßt sich allenfalls so erklären, daß einige tausende Neugieriger sich es nicht hatten nehmen lassen, die Blamage der Schwarzweißroten mitzuerleben. Die Neugierigen, die im Luftgarten zwischen den Gruppen der Demonstranten spa­zieren gingen und sich föstlich amüsierten, waren zum großen Teil Parteigenossen. Hätten sie nicht aus Neugierde für eine gewiffe lose Wattierung des Plazes gesorgt, so wäre Die Blamage noch kläglicher gewesen, was sich allerdings schwer vorstellen läßt.

Die Demonstranten waren zum größten Teil gelbe Arbeiter und Angestellte. Das beffere Publitum" hielt fich ferne, es ist viel zu vornehm, um hinter der großen Trommel zu marschieren. So blieben für dieses Geschäft fast nur Leute übrig, die selber nichts zu beißen haben und die doch dafür demonstrierten, daß die Fürsten ein paar Milliar den bekommen sollen! Das sind die, die nicht alle merden- aber daß sie immer weniger werden, das hat sich gestern doch deutlich genug gezeigt.

Die tommunistischen Gegendemonftratio­nen hatten eine viel größere Teilnehmerzahl aufzuweisen. Zwischen den Nationalen" und den Kommunisten war durch Bermittlung des Polizeipräsidiums eine Art Burgfriedens Abkommen geschlossen worden: die Züge der beiden Barteien follten so geleitet werden, daß sie nirgends miteinander zu fammenftießen. Die Schuhpolizei war nach einem sorgfältig erwogenen Plan so aufgestellt, daß sie die Aufmarschlinien beider Parteien schüßte. Indes ist das Abkommen von beiden Seiten loyal gehalten worden, zu ernsteren Zusammenstößen ist es nirgends gekommen.

Ob es von den Rommunisten ge schidt war, fich in eine folche Situation zu bringen, darüber soll jetzt nicht weiter ge­

Löbe über den Anschluß. Rede auf der Tagung des Defterreichisch- Deutschen Volksbundes.

Frankfurt a. M., 13. Jumi.( WTB.) Auf der Tagung des österreichisch- deutschen Bolfsbundes sprach Reichstagspräsident 2öbe über die Anschlußfrage. Er fagte u. a., Senator Chênebenoit habe sich bei der Locarno - Debatte im französischen Senat gegen die Bereinigung Defterreichs mit Deutschland gewandt und diese eine außerordentliche Gefahr genannt. Er habe erklärt, über dem Recht der Nation stehe das Recht des Böllerbundes.

Chênebenoit verkennt den Charakter unserer Bewegung, so sagte Löbe, und verwechselt unfere demokratische, auf das Selbstbestim­mungsrecht der Völker fußende Forderung mit den Beweisgründen der Borkriegszeit. Er kann nur in Bataillonen und Regimentern denken. Sechs Millionen Deutsche , die zum Mutterland zurückkehren mollen, find ihm nicht Menschen, die nationale und individuelle Rechte haben, sondern nur Soldaten für den nächsten Krieg. Dem­gegenüber stellen wir fest: Auch uns steht über allen nationalen Ambitionen der Frieden. Auch wir wollen die Verträge nicht gewaltsam zerreißen, aber wir beanspruchen die wenigen Rechte, die fie uns einräumen. Das Recht des Böllerbundes steht auch über dem Widerspruch Frankreichs gegen den Anfchluß.

Die freiwillig fommenden, zum eigenen Stamm, zur eigenen Nation gehörenden Boltsteile ins Mutterland aufzunehmen, ist das ursprünglichste Selbstbestimmungsrecht, das nicht bloß für Franzosen, Italiener, Bolen und Tschechen, sondern auch für die Deutschen gilt. Das Selbstbestimmungsrecht unseres Volkes hat den Vortritt vor allen übrigen Lösungen europäischer Fragen.

Zu den Reden Dr, Seipels in Paris fagte Löbe: Er sagte

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Ueber Einzelheiten berichten wir an anderer Stelle. Unabhängig von diesem Vorspiel vollzieht sich heute abend die große Kundgebung des arbeitenden, des republikanischen Berlin . Ihr Zweck ist, den letzten Schläfer aufzurütteln, den legten Säumigen zur Pflicht zu rufen und den Sieg des 20. Juni würdig vorzubereiten.

Die Partei erwartet, daß jeder seine Pflicht tut! Massen heraus!

Heute, Montag, abends 7 Uhr im Luftgarten! Sammelpunkte:

Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

Boftichedtonto: Berlin 37 536 Banktonto: Bank ber Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft. Depofitentaffe Lindenste. 8.

Mit gleichem Maße messen!

Die Fürften wollen nur ihr Recht".

Bon R. Müller Potsdam.

,, Sie wollen ihr Recht!", so schallt es aus dem Kreise derer, die sich zu Vertretern der Fürstenansprüche machen. Und die Fürsten natürlich sind entrüstet, daß sie angeblich nicht nach dem geltenden Recht behandelt werden. daß das Recht gelten solle, namentlich dann nicht, wenn es Nicht immer haben sie auf dem Standpunkt gestanden, um die Förderung der eigenen Intereffen ging. Heute hilft die Kirche früher gekrönten Herrschaften gern. Durch persönliche und amtliche Beeinflussung sucht sie dem Volks­daß im Jahre 1803 die fürstlichen Herrschaften be entscheid entgegenzuwirken. Die Kirche hat vergessen, gannen, die Kirche so weit wie möglich zu enteignen.

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Deutschland hatte im Frieden zu Lunéville an Frank­ reich große Strecken Landes jenseits des Rheins abtreten müffen. Diese Tatsache weckte bei den deutschen Landes fürsten das Bedürfnis, sich ich adlos zu halten für das, was sie verloren hatten. Da verfiel man auf dasselbe Mittel, das man schon einmal angewendet hatte nämlich das Mittel der sogenannten Säkularisation firchlicher Be fizungen. Man verweltlichte diese Befizungen, das heißl man nahm fie der Kirche einfach fort- ohne jede Entschädigung! Das ging so zu: Mit wenigen Ausnahmen wurden der katholischen Kirche sämtliche reichsunmittelbaren Güter in ganz Deutschland entzogen. Es handelte sich dabei um nicht weniger als 23 Bistümer der katholischen Kirche. Sie wurden dem betreffenden Landesherrn zur Verfügung gestellt", auch die hohenzollern befamen zunächst große

miffe: Artonaplatz, Abmarsch 6 Uhr. Tiergarten: Kleiner Tiergarten, Abmarsch 6 Uhr. Tiergarten: 8. Abt. Bülowplay. Abmarsch 5% Uhr. Wedding : Brunnenplay, Abinarsch 5% Uhr. Prenzlauer Berg : Danziger Straße vor dem Bezirksamt, Abmarsch Streden tatholischer Kirchengüter. 614 Uhr. Friedrichshain : Weberwiese, Abmarsch 6 Uhr. Kreuzberg : Kottbusser Tor , Abmarsch 6 Uhr. Charlottenburg : Hausvogteiplah, Abmarsch 6% Uhr. Wilmersdorf : Hausvogteiplay, Abmarsch Uhr. Zehlendorf - Wannsee : Ringbahmunterführung an der Hauptstraße in Schöneberg ( mit Stegliz), Abmarsch 5% Uhr. Schöneberg - Friedenau : Kaiser- Wilhelm- Play, Abmarsch 5% Uhr. ( Nachzügler 6% Uhr Dönhoffplag.)

Steglik: Ringbahnunterführung an der Hauptstraße in Schöneberg, Tempelhof- Mariendorf : Ringbahnhof Tempelhof, Abmarsch 5% Uhr. Abmarsch 5 Uhr( nach dem Sammelpuntt des Kr. Schöneberg). Treptow ( Kreis): Görliger Bahnhof, Abmarsch 5% Uhr. Neukölln: Reuterplay, Abmarsch 5% Uhr. Treptow ( Abt.): Wildenbruch, Ede Gräßstraße, Abmarsch 5% Uhr. köpenid: Luftgarten( Schloßseite). Lichtenberg : Mittelpromenade( Frankfurter Allee an der Stron. prinzenstraße), Abmarsch 5% Uhr. Weißenfee: Antonplay, Abmarsch 5% Uhr.

Bankow: Marktplatz( Bankow), Bankow- Süd Schließt sich Mühlen straße, Ede Berliner Straße , an, Abmarsch 6 Uhr. Reinidendorf: Brunnenplay, Wedding , Abmarsch 5% Uhr. Fahnen, Transparente, Blatate find im Zuge zu führen. Alle Züge

marschieren unter Borantritt von Mufitkapellen bzw. Tambourforps.

3m Luftgarten: Maffengesang- Ansprachen: Aufhäuser, Clara Bohm- Schuch , Crispien, Rob. Dißmann, Dittmann, Fleißner- Dresden , Haß, Adolf Hoffmann, Landa, Litte, Lempert, Otto Meier, Jul. Moses , Kurt Rosenfeld , Ströbel, Westphal.

in Baris nichts über den Willen feines Boffes, über das Ergebnis der Boltsabstimmungen, über die machtvollen Anschlußdemonstratio­nen, sondern führte aus, daß Desterreich auch in seinen jeßigen Grenzen lebensfähig sei, woraus die Franzosen den Schluß ziehen sollten, daß es des Anschlusses nicht bedürfe. Dazu haben wir zu erklären: unsere Hoffnung auf Bereinigung gründet sich nicht auf Defterreichs Not, sondern auf den Willen seiner Einwohner." Mit den Worten: In dem Grade, als die internationale Kon­trolle für Desterreich fällt, in dem Grade, als Deutschland aus einem leidenden Mitglied der europäischen Familie ein leitendes wird, rüdt der Tag der Erfüllung des großdeutfchen Ideals näher," schloß Reichstagspräsident öbe seine mit großem Beifall aufgenommene Rede.

Die Elfässer Autonomiebewegung. Unterdrückungsmaßnahmen der Regierung.

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Das Recht dazu, solche privaten Güter zu enteignen, mie wir heute richtig deutsch sagen, leitete man bei den ver schiedenen Säfularisationen oder Berweltlichungen aus dem sogenannten Rechte der Oberhoheit des Staates her, dem dominium eminens, also dem voraufgehen­den Rechte. Dies gab dem Staate das Recht, in Fällen höchster Not ohne Entschädigung das Privateigentum zu enteignen.

Die Entschädigung, welche sich die Fürstenaufdiese loren hatten, war so bedeutend, daß der Verlust kaum noch Weise für das sicherten, was sie linksrheinisch ver in Frage fam.

Haus Hohenzollern nicht zurück. Friedrich Wil Bei diesem Vorgehen der Fürsten blieb natürlich das helm III. wollte auch gern die drückenden Lasten los werden, die ihm durch den Tilsiter Frieden auferlegt worden waren. Und so erließ er denn unter dem 30. Oftober 1810 das sogenannte Säkularisationseditt, durch das nicht nur der tatholischen, sondern auch der evangelischen besig übernommen wurden. Kirche ihre Güter entzogen und in Staats­

Es ist ganz belehrend, wenn man die Begründung lieft, die der genannte Erlaß seinem Borgehen gab:

Der Staat gehe diesen Weg, wurde erklärt, weil die 3wede, wozu die geistlichen Güter und Klöster bisher ein­gerichtet wurden, teils mit den Bedürfnissen und Ansichten der Zeit nicht mehr vereinbar seien, teils der veränderten Art entsprechend besser verwendet werden können; meil alle benachbarten Staaten die gleichen Maßregeln getroffen haben; weil ferner die pünktliche Be 3 ahlung der Kontributionen an Frankreich nur so möglich sei, und endlich um dadurch die großen An­forderungen an das Privatvermögen der Untertanen zu er mäßigen.

Kann es eine bessere Begründung der Fürsten­enteignung geben, als die von Friedrich Wilhelm III. felbst bei der Enteignung der Kirche gegebene? In der Tat, die Zwecke der Bermögen, die die Fürsten aus den Staatsmitteln für sich zurechtgeschrieben haben denn um ein anderes Erwerbungsverfahren handelt es sich doch nicht sind, um mit dem Hohenzollernschen Erlaß von 1810 zu reden, mit den Bedürfnissen der Zeit und ihren An sichten nicht mehr vereinbar" und können der ver­änderten Zeit entsprechend besser vermen­det werden", wie es der Boltsentscheid ja vorsieht; aber auch alle umliegenden Staaten sind Paris , 13. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Ein vor wenigen Tagen gleicherweise verfahren, wie jetzt Deutschland es vom Elsaß- Lothringischen Heimatbund" veröffentlichter Aufruf ge- vill. Frankreich ging in seiner großen Revolution so fährdet nach der Auffassung der französischen Regierung die Ein- vor, Rußland nicht anders, die Türkei und Dester­heit Frankreich s. Der Justizminister Laval, der auch die reich, unfere Bundesgenossen, desgleichen. Also auch das Angelegenheiten Elsaß - Lothringens verwaltet, hat infolgedeffen Maß- stimmt. Und endlich die durch die Unglüdsjahre 1914-18 nahmen gegen eine Anzahl von Unterzeichnern dieses Aufrufes uns auferlegten Lasten tönnen nur so abgebürdet zu treffen. Gegen die Staatsbeamten, Kommunalbeamten und Geist- werden, wenn die widerrechtlich durch Zuschreibung" er­lichen, die den Aufruf unterzeichnet haben, wird ein Disziplinarworbenen Fürstenvermögen den Bedürfnissen zugewendet verfahren eingeleitet. Die betreffenden Staatsbeamten sind be- werden, die jetzt so furchtbar leiden müssen, den Bedürfnissen, reits ihres Amtes entheben. Der Juftizminister hat den elsaß die in der Begründung des Volksentscheids ausführlich an­lothringischen Ausschüssen von Senat und Rammer einen Bericht über gegeben worden sind. die Maßnahmen angekündigt, die er bereits ergriffen hat, sowie über die, welche er zur Unterdrückung der antinationalen Bestrebungen, die die Regierung nicht dulden könne, zu ergreifen gedente,

Wollen die Fürsten , sich also noch beflagen, wenn sie jetzt mit demselben Maße gemessen werden sollen, mit dem sie früher andere gemellen haben? Sie berufen sich durch