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über d i e Verantwortung für das als /not» wendig Erkannte auf sich zu nehmen. Die Kommunisten haben im Berliner Rathaus eine Zeitlang den Ansatz zu einer vernünftigen Politik gewagt. Sie haben sogar für das Quartal Januar bis März 1926 einer Erhöhung der Grund st euer von 100 auf 150 Proz. zugestimmt. Jetzt aber, wo sie zum erstenmal hätten zeigen können, daß sie bereit sind, gemeinsam mit den Sozialdemo- traten die angenehmen und die unangenehmen Seiten der Verantwortung zu tragen, haben sie es vorgezogen, wieder gemeinsam die alte Frontlinie mit den Deutschnationalen und deren Anhängseln zu beziehen. Sie haben damit in Wirklichkeit die Interessen der Berliner Arbeiterschafr schmählich oerraten. Mit Feigheit und Verantwor- tungslosigkeit läßt sich eben nicht arbeiten. Durch die Flucht der Kommunisten sind die b ü r g e r- l' ch e n Parteien zu einem billigen Triumph gekommen. Die sozialdemokratische Fraktion wurde dadurch gezwungen, kommen zu zeigen. Die Verhandlungen bis zur dritten Lesung müssen zeigen, wie es möglich sein wird, nach dem Schei- tern der gestrigen Abstimmung den Etat doch noch zu ver- adsrf'ied.'N. Die Komunisten haben gestern in neuen An» t r u g e n, die zu einem Teil nicht mal während der Haushalts» beraning vorgelegen haben, neueAusgabenvon über ?0 Millionen Mark verlangt. Dieserrevolutionäre Methode" ist denkbar einfach und bequem, sie ist aber ebenso o e r l o g e n und feige demagogisch. Sie soll nur dem Kampfe gegen die Sozialdemokratie dienen. Die Kom- mur.isten irren sich nur, wenn sie annehmen, daß sie mit solchen Methoden auf irgend jemand Eindruck machen. Die sozialdemokratische Wählerschaft weiß sehr genau, daß Erfolge und Fortschritte nicht ohne Opfer erreicht werden können und sie wird die Erfahrung, die man mit der T r e u- l o s i g k e i t der Kommunisten im Berliner Rathaus wieder einmal hat machen müssen, richtig einzuschätzen wissen.

Stimmen ist Staatsbürgerpflicht. Ein Rufruf des staatsbürgerlichen Ausschusses. Der Staatsbürgerliche Ausschuß zur Förderung des Volksentscheids veröfentlicht einen Aufruf, in dem es heißt: Geht alle zur Urne! Auch wer es etwa aus unbegrün- deter Bedenklichteit' vorzieht, mitnein" zu stimmen, beteilige sich am Volksentscheid, um die Achtung vor der verfassungsmäßigen Volksgesetzgebung zu bekunden und die Freiheit der Stimmabgabe gegen verfassungswidrige Einschüchterungsoersuche zu decken. Stimmet mitJa!" Fürstenbevorzugung wäre Volts- bedrllckung, Enteignung der Fürsten ist Volkes Heil. Laßt euch nicht irre machen, wenn die Fürstenfreunde vom Schutze des Privateigentums, von Gerechtigkeit oder gar von Sittlichkeit reden! Jene, die jetzt die deutschen Wähler für Fürstenbereicherung einfangen möchten, sind dieselben, die euch eine hundertprozentige Aufwertung versprachen und dann im Reichstage über Eigentum. Recht und Sittlichkeit kalt hinweggingen. Wir aber stehen aus Ueberzeugung auf dem Boden des Rechts st aates und treten für den Schutz des Privateigentums ein. Niemals werden wir echtes Privateigentum, wie etwa das der Kirche, der Bauern. der Hausbesitzer, der Kaufleute oder der Handwerker antasten. Aber jene» unentwirrbare Gemisch staatlichen und privaten Eigentum», das die früher Regierenden nur als Herrscher ansammeln konnten und nur als Herrscher zu repräsentativen Zwecken brauchten, verdient nicht den Schutz des Volkes, gegen dos es verwendet werden soll, sondern ist dem Staate zurückzugeben, von dem es stammt. Durch Schuld der deutschnationalen Fürstengefolgschaft ist das Reichstagskompromitz gescheitert, und auch der neueste Regierungs- entwurf hat keine Aussicht auf Annahme. Die Fürstenfreunde wollen überhaupt kein Gesetz, sondern stellen sich im Vertrauen auf eine formal-juristische Rechtsprechung hinter die Forderung: Nichts dem Staate! Alles den Fürsten !" Wir

aber stehen bei diesem Widerstreit zwischen Staatsinteresie und Fürsleninteresis mit unserem Herzen und. unserer Stimme auf selten des Staates, wir stimmen am 20. Juni mitJa" und antworten auf diedeutschnationale" Herausforderung mit der wahrhaft deutschen und wahrhaft nationalen Losung:Volkswohl über Fürslenvorrechl! Da» Staatsgut dem Staate!" Der Aufruf ist u. a. unterzeichnet von Dr. Andrae, Amtsgerichtsrat, Ortenberg (Hessen). Berthold v. Deim­ling, General der Infanterie a. D., Baden-Baden. I. G r e ß l e r. Mitglied des Landtages, Barmen. Dr. Großmann, Senatspräsident beim Kammergericht, Berlin . M e i n ck e, Mitglied des Landtages, Merseburg. Otto N u s ch k e, Chefredakteur, Mitglied des Landtages, Berlin . H. Rönneburg , Staatsminister a. D., Mitglied des Reichtages, Braunschweig. Martin W e n ck, Chefredakteur, Worms. _ Der Kartätschenprinz. SeinWert" und der Tank deS Volkes. Neben anderen lebenden und vergangenen Hohenzollern wird auf den Plakaten, die dem Kampfe für den Raub am Volte dienen sollen, auchWilhelm der Große", wie sein Enkel ihn prahlerisch genannt hat, mit herangezogen. Das hohe Alter Wilhelm» I. schien den Monarchisten schon bei dessen Lebzeiten vorzüglich geeignet, auf das Gemüt des Deutschen zu wirken. Das Volt vergißt ja so schnell und verzeiht allzu großmütig seinen Peinigern und Unter- drückern! Das trifft ganz besonders auf Wilhelm I. zu. Gerade dieser alsleutselig" undedel" Gepriesene hat in jüngeren Jahren zahlreiche Beweise gegeben, daß für ihn das Volk nurKanaille" war, gerade gut genug zum Ka- nonenfutter und Steuerzahlen. Am 13. Mörz 1848, als die ersten gefangenen Revolutionäre in den Berliner Schloßhof gebracht wurden, trat wie Dörnhagen von Ense in feinen Tagebüchern schreibt, der Prinz Wilhelm heran und redete die Soldaten heftig an: Grenadiere, warum habt Ihr die Hunde nicht auf der Stelle niedergemacht?" Den General P f u e l, der als Kommandeur die Truppe zunächst nicht hatte schießen lassen, herrscht« er an: Herr General, alles, was icb mit so vieler Müh« geschaffen, diese gute Stimmung zum Angriff, haben Sie verdorben, mein ganzes Wert vernichtet, die Truppen demoralisiert. Sie haben die ganze Verantwortung davon, es ist indigne(un- würdig)!" In der Nacht vom 18. zum 19. März, als der König von einem angesehenen Manne flehentlichst gebeten wurde, doch den furcht» baren Kampf einstellen zu lasien, war es wieder der Prinz Wilhelm. der dazwischen trat: Nein, das soll nicht geschehen, nimmermehr. Eher soll verlin mit allen seinen Einwohnern zugrunde gehen, wir müssen die Aufrührer mit kartätschen zusammenschießen."(Varnhagev von Ense, Seite 310/311.) Daher der NameK a r t ä t s ch e n p r i n z", daher die unge­heure Erbitterung des Volkes gegen ihn, die ihn schließlich zwang, unter dem Namen Lehmann nach England zu entfliehen. Später, im Kampfe gegen den badischen Aufstand 1849, bei dem Wilhelm den Oberbefehl über die preußischen Truppen hotte, konnte sich sein Haß gegen die Freiheitskämpfer aenügend aus- toben. In den Festungsgräben von Rastatt wurdet 19 Rebellen standrechtlich erschosien. Hunderte mußten in den Kasematten schinich:en. Sein Generalstabschef R o o n war ganz seinesgleichen. Er bedauerte, daßder Schuft Kinkel nicht sogleich er» schössen" worden war. Aber schon weit früher hatte der Prinz seine kriegerischen Ideale" brutal offen zum Ausdruck gebracht. Treitschke sagt (Deutsche Geschichte IV S. 198): Schon sechs Jahre noch einem Kriege, in einer Zeit, da da, Volk sich kaum von seinen wunden erholt halte. Nagte er biller über die erschlaffende Wirkung de» frieden»." Auch Dörnhagen von Ense bestätigt ausdrücklich, daß dieser Hohenzoller nicht bloß in den Sturmzeiten, sondern auch sonst in ruhigen Tagendem Militärdünkel, dem DurstnachderGenug-

tuung, das Volk durch die Soldaten niederwerfen, zusammenhauen zu lassen, der Verachtung des Bürgertums, dem Wunsch, die Obergewalt durch Blutvergießen be-. stätigt zu sehen", wiederholt Ausdruck gegeben habe. Auf den Loebell- Plakaten steht unter dem Bild des Kartätschengreises zu lesen:Ist dos der Dank für unser Werk?" Nein, nicht der Dank, aber die Abrechnung mit den volks­feindlichen Traditionen des Hohenzollernhauses wird am 20. Juni erfolgen._ Zweierlei Maß. GrafPofadowskt, über Aufwertung undFurstenabstnduug Kaum eine Maßnahme der Regierung Luther ist psychologisch so unverständlich und kurzsichtig wie der Versuch, den Anhängern einer höheren oder vollen Auswertung die Möglichkeit der Anrufung eines Voltsentscheids durch Gesetz zu nehmen. Es springt in die Augen, daß jeder gerecht Denkende einen Vergleich zu der hart- näckigen Vergewaltigung des Rechtes gegenüber den be- trogenen Sparern und zu der Heiligsprechung des Rechtes gegenüber den bemitleidenswerten Fürsten ziehen muß. Graf Posadowsky , der frühere Staatssekretär, wendet sich in einem Artikel, in dem er für höhere Auswertung eintritt, gegen die Heuchelei. mit der die Aufwertung für die Sparer und Fürstenabsindung von den bürgerlichen Parteien behandelt wird. Bemerkenswert ist das Verhalten der Aufwertungsgegner. Jetzt, wo es sich um die Enteignung der deutschen Fürsten handelt, entsinnt man sich plötzlich auf das bürgerliche Rech«, obgleich die Rechtsgrundlage in beiden Fällen die völlig gleiche ist: die beut- scheu Fürsten und die deutschen Gläubiger sind beide deutsche Staatsbürger und stützen sich bei ihren Forderungen nicht nur auf denGeist", sondern auf dieselben klaren Vorschristcn des deutschen Prioalrechts. wenn jebt die Schuldnergruppen zu- qunsten der Fürsten aus das Recht hinweisen, so geht diese ver­änderte Haltung osfensichllich aus der vesürchtung hervor, baß derartige Eingriffe in das bürgerliche Recht wie die Auswertunas- gefetzgebung und die ganze oder teilweise Fürslenenteignung im Lause der Entwicklung auch ihrem Privateigentum gefährlich werden könnte! Der alt« Posadowsky spricht damit nur aus, was jedermann im Volke empfindet. Der rücksichtslose Eigennutz, mit dem Reichs- landbund und Reichsverband der Industrie im Zu- sammengehen mit dem F i n a n z k a p i t a l bei der Aufwertung ihren Interessen st andpunkt durchgedrückt haben, ist eines der stärksten Agitationsmittel für den Volksentscheid. Das klägliche Schauspiel, das die bürgerlichen Parteien des Reichstages bei der Beratung ihres Kompromißentwurses geboten haben, hat diesen Ein- druck im Volke nur noch vertiefen können. Den Fürsten alles, den Sparern nichts! Das ist die Parole der Kapitalisten. Das ist kapitalistischesRecht".

Eine gute Waffe gegen die Fürsleuhabgier Ist die soeben er- schienen« Nummer 25 derIllustrierten Reichsbanncrzeitung". linier der DeviseVertreibt den Spuk der monarchistischen Reaktion!" bringt diese republikanische Wochenschrift ein» Reihe vorzüglicher Aussätze zum Volksentscheid, wovon besonders ein Artikel des Lega- tionsrats Freiherrn > v. R i ch t h o f e n über den H i n d e n b u r g- Brief hervorgehoben sei. Ilm die Fahne der Deutschen Republik" betitelt si-b eine kleine aber inhaltrciche Schrift deS Gen. Dr. Eduard David , die in gänzlich neu bearbeiteter Ausgabe im Verlag der Volksbuchhand- lung Hannover erschienen ist. Do« Heft gibt aui 82 Seilen eine spannende geschichtliche Darstellung de« Werdegangs der republikanischen deutschen Reichsfarben. Als hervorragende Pro- pagandaschrift ist e« zur Masienverbreitung sehr geeignet. An der Technischen Hochschule Hannover ist heute der normal« Dorlesungsbetrieb wieder ausgenommen worden. Zu Zwischenfällen ist es nicht gekommen. ver Parteitag der veulschnationalen Volkspartei findet in den Tagen vom 8. bis 10. September in Köln statt. ver Mönchstaat aus der Halbinsel Atho» ist von dem griechischen Diktator Pangalos aufgelöst worden. Die Gesellschaft zählt 8000 Mönche und besteht seit über 1000 Jahren.

Woche unter dem Druck der reaktionären Kreise erlassen hatte, m i t sofortiger Wirkung aufgehoben. Das Empörende an der Maßnahme des Casieler Polizeipräsidenten war, daß sie sich unter Berufung auf einen Erlaß des prcußi- schen Innenmini st ers zur Bekämpfung von Auswüchsen im Theaterwesen ganz sinnwidrig gegen ein Staatstheater gerichtet hatte. Museumsfilialen. Eine eigenartige Neuerung im Kunstwescn wird jetzt in New Port eingeführt. Wie imKunstwandercr" berichtet wird, errichtet das dortige Metropolitan- Museum Museumsfilialen, um den oielbeschästigten Amerikanern Gelegenheit zu geben, bequem und ohne längere Fahrten Kunstschätze genießen zu können. Diese Museen kleineren Stils, die über die ganze Stadt oerteilt werden sollen, sind hallenartig angelegt. Die Einrichtung der Filialen wird durch eine Stiftung des jüngeren Rockeseller er- möglicht, und in der ersten bereits eröffneten Museumsfiliale sind mittelalterliche Skulpturen ausgestellt, die von der Familie Rocke- feller der Stadt New Port geschenkt wurden. Frauenarbeit In japanischen Bergwerken. Der japanische Delc- gierte M. Narasati bei der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf gab interessante Zahlen über den Umfang der Frauenarbeit in den japanischen Bergwerken. Danach werden noch bis jetzt an- nähernd 8 3 000 Frauen in den Erz- und Kohlenbergwerken Japans beschäftigt. Davon arbeiten 48000 in Tiefen von 300 bis 800 Meter unter der Erde. Auch die Kinder- arbeit ist trotz eines entgegenstehenden Gesetzes noch praktisch nicht abgeschafft: ungefähr 700 Mädchen unter 13 Iahren wurden bei einer Ausstellung der Arbeiterinnen unter Tage gezählt. knorke", die vor kurzem imVorwärts" veröffentlichte humoreke von Adolph Hofsmann, erscheint jetzt mit den Illustrationen von Willi S t e i n e r t als Broschüre im Verlag Adolph Hossmann, Berlin 0. 17, Koppenstr. 6 II. Sie soll der Aus- klärung über die Wirksamkeit der neuen, modernen Schul« dienen, der die große Masse der Eltern leider noch immer erschreckend indisse- rent gegenübersteht. Im Buchhandel kostet sie 50 Pf., an Organi- sationen wird sie zu Propagandazwecken ganz billig abgegeben.

volksbllhne. Im Theater am SÜIowplat findet am Donners- tag, dem 17., abends 8 Uhr. die Uraustllbrung von Fritz StavenhagenS KomödieDer dütsche Michel" in folgender Besetzung statt. Ernst Karchow , Werner Hollmann , Adolf Manz . Therese Thiessen, Eugen Klimm, Leo Renh. Paul Kaufmann. Ferdinand Alper, Albert Ncnohr, Georg Kaus- mann, Karl Hannemann , Nuslav RooS, Sigmund Nunberg. Ilse Baei wald, Fritz Staubte,(Brett Bäck, Armin Schweizer, Jos« Alma«. Regie: Erwin Kaiser, Bühnenbilder und Kostüme: Edward Suhr. Ein neue» viamantseld. Im westlichen Transvaal herrscht grohe Aus- regung über dt« Entdeckung eines neuen DiamanlseldeS auf einer Farm zu ElandSputt«. Das Aebiet wird demnächst für die Ausbeulung«röfsnel, und schon jetzt haben sich hier mehr als SOOO Diamantjäger versammelt, die in einer rasch aufgischosienen Stadt wohnen. Der Besitzer der Farm sand vor einiger Zeit einen Diamanten und ließ einen(Beologen kommen, der den außerordentlichen Reichtum der Erde an Diamanten seftitelltc. In den letzten zwei Monaten sind bereits Diamanten im Werte von lAXZOO Mark gesunden worden.

Zichke über öen Jaü Lessing. Auch der Fall Lessing ist schon einmal dagewesen. Der große Philosoph Johann Gottlieb Fichte , der von 1794 99 eine Professur an der Universität Jena bekleidete und schließlich wegen atheistischer Lehren aus dem Amte gejagt wurde, muhte genau wie Lessing die Pöbelhaftigkeiten einer aufgestachelten und fanatisierten Studentenschaft über sich ergehen lassen. Die Derfolgung Fichte? durch die Studenten ging so weit, daß Studentenhaufen in Fichtes Wohnung die Scheiben zertrümmerten und seinen schwerkranken Schwiegervater sogar durch Steinwürfe verletzten. Fichte hat da- mols in gerechtem Zorn einige Zellen geschrieben, die uns an- gesichts des Falles Lessing fast tagesaktuell erscheinen: Es ist auffallend, wie die Besten und Verständigsten auf einmal den Perstand völlig verlieren, wenn die Rede auf die Gegenstände ihrer Vorurteile, auf Burschenrechte, akademische Freiheit usw. kommt. Die Besten wollen freilich ihr Recht, Häuser zu stürmen, zu plündern und zu rauben, nicht gebrauchen, ober das muß von ihrem guten Willen abhängen: sie mit Gewalt daran zu verhindern, ist eine himmelschreiende Un- gerechtigkeit. Gott mag es denen, die durch eine long« Praxi» sie diese Grundsätze gelehrt haben, vergeben: ich kann es ihnen nicht vergeben. Ich bin dem Gedanken nahe, den ich sonst mit ganzer Macht bestritten,... daß mit dieser Mcnschenklasse(den Studenten) schlechterdings nichts anzufangen ist, daß man ihr« Erziehung Gott und ihrem künftigen Schicksal überlassen muß und zufrieden sein, wenn es so einzurichten ist, daß andere Leute e» neben ihnen nur eben aushalten können." Fichte schildert weiter eine Anzahl der begangenen Gewalttätig- leiten bei einem seiner Kollegen, einem Dr. Schmidt, hatten die Studentenhorden nicht nur wie Vandalen gehaust, sondern sogar Silberzeug und Geld geraubt und fährt dann fort: Für diese Handlung haben gegen 500 Studenten eine kecke Forderung der Amnestie an den Herzog unterschrieben.. Man hört, nicht unter Studenten allein, unter Professoren und noch höheren, die laute st en Klagen, daß um eines jugendlichen Mutwillens willen so viele junge Menschen auf ihr ganzes Leben unglücklich werden sollen. Der Erfolg wird sein, es werden 40, 50 mit und ohne Inianne relegiert, auf die Festung gesetzt, mit dem coysilium(mildere Form der Relegation) bestraft werden, die grundvcrdorbcne Ver- iasiung und die noch verdorbener« Denkart und Sitten werden bleiben und wir werden in einem halben Jahr oder in einem Jahr alle Greuel wiederholt sehen. Ich, ungeachtet man mich in diesen Gegenden auf die hämischste Weise anfeindet, verfolgt und anschwärzt, besitze doch das Zutrauen der wenigen Rechtschafsenen... Tragen wollte ich den Verlust (durch die Plünderungen usw.), wenn ich irgendwo ein Stückchen Brot bekommen könnte, das man m i t E h r e esien könnte, denn es Ist wahrlich keine Ehre, solchen Leuten Weis- heitzulehren."

Die Namen der randalierenden Studenten von damals sind wenn je gekannt längst oergesien. Der Name Fichtes strahlt in ungeschwächter Helle durch die Geisteswissenschaften. Uebrigens waren es in Jena die Orden die Vorläufer der studentischen Corps, die die Hetz« gegen Fichte inszenierten. Die Studenten- schast hat aus ihrer damaligen geschichtlichen Blamage nichts gelernt. Man kann im Falle Lessing nur Fichtes Worte wiederholen:Es ist wahrlich keine Ehre, solchen Leuten Weisheit zu lehren!" E. K r.

Das Gechester-Sterben. Das Berliner Sinfonieorchester wechselt schon wieder seinen Dirigenten. Unser Herz ist ganz auf seilen dieser arbeits- willigen Musiker, deren Not wir kennen. Gerade unseren Lesern ist bekannt, wie oft und wie gern die Blüthner -Leute in Arbeiterkon. zerten sich betätigen. Das hat auch der Magistrat Berlin anerkannt und die Subvention erneuett, besonders als durch Oskar Frieds außerordentliche Pionierarbeit das Niveau der Konzerte erstaunlich schnell gehoben wurde. Böses Zeichen für berlinische» Musikleben, wenn das Plus an künstlerischer, wertvoller Arbeit belohnt wird mit einem argen Minus an Einnahmen. Kein Zweifel, daß jede gute Jazzkapelle Gewinne abwirft. Aber die ernste Kunst stirbt und ihre Vertreter folgen ihr langsam treu ins Grab. Daß der Sprung in den Abgrund nicht gern getan wird, ist menschlich verständlich. S« greift man nach einem Strohhalm, besonder» wenn er aus goldenem Erdboden fruchtbar hochschießt. Subventionen von Staat und Kom- mune haben etwas Ehrenvolles an sich, Zuwendungen von privater Seite entwürdigen die Kunst. Die Flucht in die Oefsentlichkeit solcher Methoden ist ein Harakiri. Welche Qualen, welche Gewissensbisi« für Männer der kulturellen Verantwortung! Schon tönt der Todes- schrei auch aus den Reihen der P b i l h a r m o n i t e r. In letzter Stunde wird und muß hier Rat geschossen werden. Es geht um das beste Orchester der ganzen Welt! Die Wünsche, die Otto Müller , der Jubilar des Orchesters, nachdrücklich vorträgt, die F u r t w ä n g- l e r teilt, müssen und werden nun schnell, gründlich, gerecht geprüft werden. Hoffentlich wird ihnen beste Erfüllung! Emil Bohnke tritt die Nachfolge Frieds an. Er wird es nicht leicht haben, die Entwicklung nach oben hin weiterzulenken. Er ist ein sehr tüchtiger Dirigent, auch als Schassender hat er Proben starker schöpferischer Begabung abgelegt. Reif« und Sammlung. Ruhe und Konzentration waren seinem etwas spröden, wenn auch vielseitigen Komponisten- talent zu wünschen. Nun stürzt er in die Arena des Tage». Wird dieses Rennen ihn, u�s befriedigen? Hoisentlich ist fein Eifer, fein erziehe- risches Walten so stark, daß man seine Herkunft aus der Geldoristo- krotie schnell vergißt. In der Organisation der Konzerte, in der Wahl des Spielraums, in der Etatbalancierung wird er sich als ein Meister ausweisen müssen. Sonst stirbt dieses Orchester, auch wenn zur Kampserspritze Platinnadeln gekauft wurden. K. S. vermlßverstandene" Innenminister. Aus Cassel meldet uns ein eigener Drahtbericht: Wie das..Casseler Volksblott" erfährt, hat der preußische Minister des Innern das Ver- bot desFröhlichen Weinberg", dos der E a s s e l e r Polizeipräsident v. Korff zu Beginn der vergangenen