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Nr. 282 43. Jaheg. Ausgabe A nr. 145

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Telegramm- Abreffe: Sozialbemokrat Berlin

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Freitag, den 18. Juni 1926

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3

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Ein neuer Zollanschlag auf das Volk.

Vertenerung der Lebensmittel vom 1. August ab.- Volk, set dich zur Wehr!

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geworden sind. Hier liegt ein Attentat der Wirt­schaftspolitit auf das Volk vor. Gegen dieses Attentat muß mit dem größten Nachdruck zum Kampfe auf­gerufen werden. Die Verlängerung der gegenwärtigen Lebensmittelzölle über den 1. August hinaus muß die gemein­fame Mindestforderung des ganzen arbeitenden Boltes sein.

Während die Arbeitslosigkeit Millionen deutscher Ar-| sondern auch zu denen der Viehwirtschaft treibenden Bauern.| ficht gestellten ermäßigten Handelsvertragssäge Wirklichkeit beiter auf ein Unterstügungseinkommen beschränkt, das unter Würde der deutsch  - schwedische Handelsvertrag ratifiziert mer der Grenze jedes theoretisch errechneten Eristenzminimums den die Entscheidung des Reichstags steht bisher noch die Entscheidung des Reichstags steht bisher noch liegt, während die Wirtschaftskrise einen schweren Drud auf aus, so würden nach dem 1. August diese erhöhten 3oll­die Einkommen aller arbeitenden Schichten der Bevölkerung fäße für alle meistbegünstigten Länder gelten. Die Länder, ausübt, wird in der deutschen   Handelspolitik die Frage der mit denen ein Handelsvertrag mit Meistbegünstigung noch Neuordnung der Lebensmittelzölle brennend. nicht abgeschlossen wäre, hätten die Säße des autonomen Man sollte meinen, daß auf Grund der ganzen wirtschaftlichen 30lltarifs zu zahlen. Der Sinn dieses Mißbrauchs des Entwicklung des letzten Jahres in der Handelspolitik nur deutsch  - schwedischen Handelsvertrags für von ihm abseits folche Maßnahmen überhaupt in Frage kommen fönnten, die liegende Ziele der deutschen   Zollpolitik kann nicht in erster zu einer Erleichterung der Lebenshaltung der Linie in der vorgeschüßten Einwirkung auf andere Handels­breiten Massen, zu einem Druck auf die Preise der vertragsverhandlungen erblickt werden, sondern er besteht Lebensmittel führen fönnten. Genau das Gegenteil sicherlich in der Absicht, die Deffentlichkeit an die Säße des ist aber der Fall. Die deutsche Handelspolitik ist im schwedischen Handelsvertrags als fünftige Normal­ganzen letzten Jahr, unbeschadet des Ausscheidens der Deutsch- fäße der Lebensmittelzölle zu gewöhnen. Das be­nationalen aus der Regierung, in erster Linie im Inter  - deutet nichts anderes als ein Hinarbeiten der deutschen   Han­effe der Agrarier geführt worden, und so stehen wir delspolitik auf Lebensmittelzölle, die noch höher liegen auch jetzt vor einer Attade, deren Ziel es ist, zugunsten agra- als die berüchtigten Agrarzölle der Bülow rischer Sonderinteressen die Lebenshaltung des deutschen   schen Handelsverträge. Boltes weiter herabzudrücken.

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Es gibt also für diese Tendenz der Zollpolitik nur eine einzige Begründung, und das ist die Begünstigung der Diese Sonderinteressen der Großagrarier. Begünstigung ist geplant auf Roften einer verschärften Aus­beutung der breiten Masse des Boltes, dem Brot, Fleisch und Fett verteuert werden follen, und zum Schaden der Bauern­schaft, deren Wirtschaft das Schwergewicht in der Viehzucht hat und die deshalb Getreidekäufer sein muß.

Das Zugeftändnis, mit dem man im vorigen Jahre die 3uftimmung insbesondere der Zentrumsarbeiter zum Zoll­tarifgesetz erkauft hat, soll verschwinden, ohne daß die in Aus­

Der Erfolg dieses Kampfes hängt nicht entscheidend von dem Gewicht der fachlichen Argumente ab, die gegen die Her aufsetzung der Lebensmittelzölle sprechen. Denn fäme es darauf allein an, so hätte dieser Plan einschließlich des Trics, ihn über den deutsch  - schwedischen Handelsvertrag durchzusehen, niemals die Unterstüßung der Regierung finden fönnen. Schwerer als die sachlichen Argumente wiegen heute die ent­gegengesetzten Interessen der agrarischen Sondergruppe. Diese Interessen zum Wohle der Gesamtheit in ihre Schranken zurückzuweisen, ist eine Frage der wirtschaftlich- politischen Machtbildung. Gerade in diesem Augenblid aber steht das deutsche Volf vor der Möglichkeit, einen entscheidenden Einfluß auf die künftige Gruppierung der pali­tischen Macht auszuüben. Der Bolts entscheid am 20. Juni wird nicht nur darüber entscheiden, ob den deut­schen Fürsten auf Kosten des Volkes Milliarden in den Schoß geworfen werden, sondern er wird auch yon entscheidender Bedeutung sein für die Frage, ob die Großagrarier mit dem Mittel der Zollpolitik weiter zu ihren Gunsten die Lebens­haltung aller anderen Bevölkerungsschichten sollen herab­drücken dürfen. Der 20. Juni entscheidet nicht nur über die Raubpläne der Fürsten  , sondern er entscheidet durch seinen Einfluß auf die politische Entwicklung auch darüber, ob die deutsche Wirtschaftspolitik der nächsten Zukunft zugunsten des Volkes oder zugunsten einer kleinen, herrschaftslüfternen Großgrundbesizerschicht geführt werden soll, zu der in erstet Linie wieder die Fürsten   gehören würden, wenn ihnen der riesenhafte Landbesig, den sie beanspruchen, nicht genommen werden würde.

Mögen fich alle Wähler am Sonntag der Tragweite der Entscheidung für die deutsche Gesamtpolitit bewußt ſein. Mögen fie fich flar darüber sein, welchen Sonderinter­effen sie dienen, wenn sie der Parole der Stimmenthaltung folgen.

wucher?

Die Frage lautet: Für Wilhelm und den Brot Die Antwort: Gegen Wilhelm, für das arbei­tende Bolt!

Der Reichskanzler zum Volksentscheid.

Diese Tendenz verfolgt die amtliche deutsche Handels­Als in den Zollkämpfen des vergangenen Jahres die politit in einem Augenblick, in dem ihr Ziel sein müßte, durch Agrarier die industriellen Hochschußzöllner und die ihnen Berbilligung der Lebensmittel die Lebenshaltung der breiten dienenden Parteien das Heil der deutschen   Landwirtschaft zu Massen zu schützen und den Abfagmarkt der Industrie im In­unrecht mit dem Heil der oftelbischen Großgrundbefizer gleich- lande und im Export zu fördern, um dem Heer der Arbeits­setzten und deshalb die Wiederherstellung der Bölle für Ge- losen wieder Beschäftigungsmöglichkeiten zu geben. Das Ziel treide und andere Lebensmittel auf Grund des Brotwucher- der Herauffezung der Agrarzölle wird aber auch verfolgt, tarifs vom Jahre 1902 forderten, begegneten sie dem Sturm trotzdem die Weizenpreise heute um rund 50 M. höher liegen, gegen diesen Anschlag nur dadurch, daß, wenigstens vor- als im Augenblick der Annahme des vorjährigen Zollgefeßes läufig, für die Zeit bis zur endgültigen Regelung durch neue und trotzdem die Roggenpreise um 50 m. gegenüber ihrem Handelsverträge ermäßigte Zölle für Lebensmittel in Kraft Tiefstand im November gestiegen sind und den Stand bei An­gesetzt wurden. Man schrieb, insbesondere, um die Zustim nahme des 3ollgesetzes wieder erreicht haben. Selbst der mung des Zentrums, dessen Arbeiterschaft gegen die Er- Rückgang der Roggenpreise gegenüber dem Höchststand im höhung der Getreidezölle aufbegehrte, zu gewinnen, ermäßigte Juli vorigen Jahres ist aber nach Berechnungen des Gesamt Zollsäge in das Tarifgesetz hinein, die für die Lebensmittel- erntewertes reichlich durch die Zunahme der Erntemenge aus pofitionen bis zum 1. August 1926 gelten sollten. Bor- geglichen worden. aussetzung für die Bestimmung dieses Endtermins war die Annahme, daß bis zu diesem Zeitpunkt die wichtigsten Han­delsverträge abgeschlossen sein würden, und daß dann die et mäßigten Bollfäße als Vertragszölle dauernd Geltung haben würden. Inzwischen ist aus mancherlei Gründen die Handels­vertragspolitik der deutschen   Regierung an wesentlichen Punkten erfolglos geblieben. Diejenigen Handelsverträge, von denen man insbesondere die Neuordnung der Getreidezölle erwartete, sind noch nicht zustandegekommen. Die logische Folgerung aus dieser tatsächlichen Lage tann nur in der Ber­längerung der ermäßigten 3ollsäge des deut­ schen   Tarifs über den 1. August d. J. hinaus erblickt werden. Die Handelspolitik der deutschen   Regierung geht aber im Dienste agrarischer Interessen andere Wege, als sie die Logik und das Interesse der breiten Massen des Volkes vorzeichnen. Man hat immerhin mit Besorgnis den 1. August heran­nahen sehen und hat die völlige Unmöglichkeit gefühlt, zu diesem Termin die Säße des autonomen Zolltarifs, die weit höher sind als die Vertragssäge, die vor dem Kriege unter den gewiß den Agrariern freundlichen Bölowschen Handels­verträgen gegolten haben, in Kraft zu setzen. Um diesem Dilemma zu entgehen und trotzdem nicht den einzig vernünf tigen Weg der Berlängerung der Geltung der gegenwärtigen Lebensmittelzölle zu beschreiten, hat man sich eines mert würdigen Tricks bedient. Man hat nämlich in dem fürzlich abgeschlossenen deutsch   schwedischen Han= delsvertrag, in dem die meisten Lebensmittelzollfäge, insbesondere die Getreidezollsätze, auf Grund des deutsch  schwedischen Handelsvert hrs von ganz untergeordneter Be­deutung sind, plöglicheue Vertragszollsäge für Lebensmittel hineingeschi ben, die zwar nicht ganz die un­,, Eine entschädigungslose Enteignung des gesamten Bermögens finnige Höhe des auton men Tarifes erreichen, die aber bestimmter Staatsbürger, in der im Entwurf vorgesehenen Art und immer noch erheb ch fogar über den Ber Weise widerspricht den Grundsätzen, die in einem Rechtsstaate die tragssägen der Vo friegszeit liegen. Gegen Grundlagen für jeden Gesetzgebungsaft zu bilden haben. Die großen über den gegenwärtigen Zollfäßen bedeuten die Säge im Veränderungen, die in politischer, staatsrechtlicher und wirtschaft deutsch  - schwedischen Handelsvertrag für Roggen eine Ber  - licher Beziehung nach der Staatsumwälzung eingetreten find, fönnen doppelung von 3 M. auf 6 M., für Weizen eine Erhöhung gewiß die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ländern doppelung von 3 M. auf 6 M., für Weizen eine Erhöhung und den ehemals regierenden Fürstenhäusern nicht unberührt lassen. Don 3,50 m. auf 6,50 M., für Braugerste eine Erhöhung von 3 M. auf 5 M. und für Hafer eine Verdoppelung von 3 M. Indeffen müssen nach der verfassungsmäßigen Ueberwindung der auf 6 M. Am traffeften ist die geplante Beränderung für Revolution die Grundlagen des Rechtsstaates unversehrt bleiben. Futtergerste, bei der durch Gleichsetzung mit der Brau- Zu diesen gehören: die Rechtsgleichheit aller Staatsbürger und die gerste eine Erhöhung des Zolles von 1 M. auf 5 M. eintreten Unantastbarkeit des Privateigentums. Mit diesen obersten Ge­foll. Der Proteft der norddeutschen Bauern gegen die Verboten eines Rechtsstaates ist die in dem jetzt zur Ab. fünffachung zeigt am flarsten, daß es sich hier nicht um die Stimmung gelangenden Gefeßentwurf vorgesehene Landwirtschaft" handelt, sondern um Sonderinteressen des Enteignung nicht vereinbar." Großgrundbefizes. Die Interessen stehen im schroffen Gegen­jaz nicht nur zu den Interessen der städtischen Konsumenten,

Nach dem Hindenburgbrief ein Mary- Interview.

Die vorige Reichsregierung hat unter Herrn Luther ihre Stellungnahme gegen den Volksentscheid dem Reichstag gegenüber mit einer Erklärung begründet, die von den An­hängern des Enteignungsgesetzes als Provokation empfunden wurde um so mehr, als diese Regierung nichts getan hatte, um eine gerechte Lösung der Fürstenfrage herbeizuführen.

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Der jezige Reichstanzler, Herr Marg, hat es für nötig gehalten, auch seine Regierung im Kampfe um den Bolts entscheid zu engagieren. Er läßt durch das Wolff- Bureau Aeußerungen verbreiten, in denen es heißt:

Das fadenscheinige Argument, das Herr Marr wieder vorzutragen für nötig gehalten hat, ist nicht neu und noch viel

weniger stichhaltig. So wenig stichhaltig wie die Deduktion, mit der Herr Mary vor dem Reichstag im Widerspruch zu seiner eigenen Fraktion den Hindenburg- Brief an Loeb ell verteidigt hat.

Merkwürdig ist nur, daß die Erinnerung an den Rechts­sta at nur dann auftaucht, wenn die Fürsten   gegen gerechten Boltsunwillen geschützt werdne sollen. Die Inflationsopfer werden mit Bitterkeit diese merkwürdigen Schwankungen des Erinnerungsvermögens verzeichnen.

Die Quellen ihres Reichtums. Was nahmen die Hohenzollern   aus den Domänen? Die Hohenzollern   haben sich im Laufe der Zeit aus den Do­mänen, also aus Staatsbesig, gründlich aufgebeffert.

Friedrich der Große  ( 1740-1786) bezog 220 000 Taler aus den Domänen. Eine Berordnung(!) vom 17. Januar 1820 er. höhte den Betrag auf 2% Millionen Taler. König Wil­helm als Prinzregent   bezog 3 Millionen Taler, nach der Annegion von 1866 4 Millionen Taler. Wilhelm II.   fügte weitere 5% Millionen Mark hinzu, so daß er mun 17% Millionen Mart nebst den Goldagio für einen Teil der ursprünglichen Summe bezog.

Das ergibt Milliarden, die dem Staatsvermögen - durch königliche Berordnung" entzogen wurden. Jetzt gilt es, das einigermaßen wieder gutzumachen. Deshalb am 20. Juni das Kreuz in den Ja- Kreis!