Kampf in Veutschösterreich. Obstruktion im Natioualrat. Wien , 17. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Da sich die Christlich - sozialen gegenüber der sozialdemokratischen Fraktion einen glatten W o r t b r u ch hinsichtlich eines Kompromisses in der Schulfrage zuschulden kommen ließen, begann am Donnerstag die Sitzung des Nationalrats mit der Obstruktion der Sozialdemokra» t e n. Abg. Genost« Danneberg stellte den Antrag, aus die Tagesord- nung eine Aussprache über den am Mittwoch erfolgten Rücktritt des Unterrichtsmini st«rs(auf telegraphischen Befehl des christlichsozialen Parteiführers S e i pel aus dem Ausland) zu stellen. In einer längeren Rede zur Begründung dieses Antrages geißelte er das hinterhältige Verhalten der Christlichsozialen in den schärfsten Worten. Nach ihm legte der Obmann des Wiener Stadt|chulrat», Abg. Genosse G l ö ck e l. die Geschichte des Kompromisses dar. Gen. Leuthner und eine Reihe anderer sozialdemokratischer Redner forderten unter stürmischen Zurufen unserer Parteigenosten den Rücktritt der christlichsozialen Regierung. Als ein Christlichsozlaler die Haltung der Regierung zu verteidigen suchte, kam es zu hes» tigen Lärmszenen und schließlich zu einem förmlichen Hand- g e m e n g e, so daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Der Präsident berief eine Obmännerkonferenz(Aeltestenrat) ein. die So- zialdemokraten lehnten aber eine Teilnahme ab, solange nicht Garan- tie gegeben sei. daß die zwischen den Parteien getroffenen Verein. barungen gehalten werden. Nach Wiederausnahme der Sitzung setzten die sozialdemokratischen Redner ihre Obstruktion fort, bis die Sitzung abends um 7 Uhr geschlossen wurde. Heute Riesendemonstratiou. Am 30. Juni läuft das deutschösterreichische Gesetz über die Ar- beitslosenversicherung ab. Die Regierung hat einen neuen Gesetz- »ritwurf ausgearbeitet: er will das Recht auf Arbeitslosenunterstützung zeitlich befristen und vielen Tausenden Arbeitslosen die Unter- stützung vom 1. Juli an entziehen. Selbst Arbeitslose, die schon über 50 Jahre alt sind, daher nirgends mehr Arbeit finden können, sollen die Unterstützung o e r l i« r e n, sobald die gesetzliche Frist be- endet ist. Allen denjenigen, die länger als SV Wochen arbeitslos sind, soll die Arbeitslosenunterstützung um 20 Proz. gekürzt, den Bauarbeitern das Recht auf Arbeitslosenunterstützung in den Winter- Monaten genommen werden. Den Beitrag, des Staate« zu den Kosten der Arbeitslosenunterstützung will die Regierung von 12 aus Proz. herabsetzen. Den Entsall sollen die I n d u st r i e g e m e i n- den decken, die unter der Wirtschaftskrise zusammenbrechen. Alle Verhandlungen zwischen der Regierung und den sozialdemo- kratischcn Abgeordneten sind ergebnislos geblieben, ebenso Ler- Handlungen über die immer noch nicht ringesührte Alter«- und Invalidenversicherung. In jüngster Zeit Hot die Regierung unter dem Drucke eine« man- archistisch-klerikalen Klüngels die bereits abgeschlostenen Verein- barungen über die Schulreform gebrochen. Darum mußte Unterrichtsminister Schneider, der diese Vereinbarungen unter- zeichnet hatte, zurücktreten. Am heutigen Freitagnachmittag wird die sozialdemokratische Ar- beiterschast Wiens auf der Ringstraße gegen diese Zustände d e m o n- st r i e r e n._ Die englische Note an Sowjetrußlanü. London , 17. Juni. (WTB.) Amtlich wird der Wortlaut der britischen Protestnote an Rußland vom 12. Juni, die als Denkschrift bezeichnet wird, oeröjfentlicht. Sie lautet:»Die britische Regierung bedauert, nicht stillschweigend darüber hinweggehen zu können, daß die Sowjetbehörden die Ucbersührung von Geldmitteln, die zur Unter- stützung des Generalstreiks bestimmt waren, nach Großbritannien ausdrücklich gestattet hat. Der Generalstreit war«in gesetz- und oerjassungswidrigerAtt(!), der eine ernstliche Bedrohung der öffentlichen Ordnung bedeutete, und die besondere Aktion des russischen Finanzkommistars zu seinen Gunsten trage nicht zur freund- schastlichen Regelung der zwischen beiden Ländern schwebenden Fragen bei, die die Sowjetregierung zu wünschen vorgibt." Generalstreik verfassnngswidrig! London , 17. Juni. (WTB.) Der Staatisekretär des Innern Johnson Hicks erklärte in Beantwortung von Anfragen in der heutigen UnterhauSfitzung: Die Regierung macht einen Unterschied zwischen Geldsendungen, die zur Unterstützung einer u n g e s e tz- lichen und verfassung»widrigen Bewegung wie z. B. eine» Generalstreiks gegeben sind und Geldsendungen zur Unterstützung eine» industriellen Kampfe». Die Regierung ist nicht blind hinsichtlich der Beweggründe, die den Geldsendungen zugrunde lagen und die in den Erklärungen der Sowjetfübrer und der Sowjetpreste nachgelesen werden können. Indem die Regierung der Sowjetregierung in formellster Weise ihren Protest kundgetan, hat sie nicht den Borschlag gemacht, jetzt Schritte zu tun, um die Anerkennung der Sowjetregierung zurückzuziehen.
Drianü verhanüelt weiter. Mit Poincar6, Herriot und Bartho«. Paris . 17. Juni. (WTB.) Ministerpräsident Briand ver- handelte heut« nachmittag wiederum mit P o i n c a r e. Den Journa- listen erklärte Poincare , man setze lediglich die Unterhaltung fort. E, sei möglich, daß er heute nochmal» mit Briand sprechen werde. Kurz darauf empfing Briand Louis Bartho u. In den Wandel- gängcn der Kammer wird erklärt, daß Briand heute Herriot ein Ministerportefeuille angeboten habe. Herriot habe jedoch erklärt, daß er ohne Befragen seiner Partei keine Entscheidung treffen könne. In der Fraktionssitzung der s o z i a li st i s ch e n Partei erklärten die Abgeordneten, die heute vormittag mit Briand verhandelt hallen, sie hätten ihren Standpunkt dahin festgelegt, daß vor Bekanntgabe der Finanzpolitik des neuen Kabinetts sie sich über eine etwaige Unterstützung desselben nicht aussprechen könnten.
vilsudski» Machkansprüche. Die Regierungsvorschläge an den polnüchen Sejm wollen, außer dem bereit« gemeldeten Inhalt, den StaalSpräsi deuten auch ermächtigen, während der Wahlperiode und der Parlamenuferien Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlösten. Der von der Regierung«ingebrachte StaatShauShaltSvoranschlag soll im Wege der Verordnung Gesetzeskraft erhalten, sofern er nicht vom Landtag binnen vier Monaten verabschiedet wird Di« bevorstehende Scjnisesston soll im Juli geschlossen werden uüd der SlaatSpräsidcnt bis 31. Dezember 1027 ermächtigt sein, Verord- nungen zu erlösten— also 1'/, Jahre Absolutismus ! Venelch ist von der Valdeser Konferenz der Kleinen Entente noch nicht in Prag zurück. ES heißt, daß er, gemäß der Auf- forderung seiner Partei, demissionieren, ober Masarhk ihn nicht ziehen losten wird.— Den deulschbürgerlichen Poneien, die der Zollvorlage zur Annahme verholfen haben, soll Rückgängigmachung der Beschlagnahme Mari»nbadS sowie die BerukuNg einiger Deutschen in daS Bodenamt und in hohe Ministerialstellen ugejagt word«» j'
Die Sischöfe und der Volksentscheid. Sie holen sich verdiente Abfuhr.— Rebellion im Zentrum.
Das Zentrum ist wegen seiner Halbheit in Nöten. Es möchte wohl, aber es kann nicht. Die Wähler werden aufsässig. Deshalb muß das schwerste Geschütz ausgefahren werden, um die Widerstrebenden zu bändigen. In der letzten Ausgabe der»Ger- mania" ergreift der Weihbischof Dr. Deitmer selbst das Wort, um für die Fürsten und gegen die Unterstützung des Volksentscheids lu plädieren. Diese Parteinahm« der deutschen Bischöfe stellt zweifellos ein Eingreifen in eine rein politische Angelegen eit dar, die mit den Lehren und Grundsätzen der katholischen Religion nichts zu tun hat und die die katholische Bevölkerung durchaus berechtigt ist, als eine Ueberschreitung der rein geistlichen Besug- niste des Klerus zurückzuweisen. Erst kürzlich hat man in England einen ähnlichen Fall solcher Einmischung und solcher Zurückweisung erlebt. Während des großen englischen Streiks erließ dos Oberhaupt der katholischen Kirche Englands, Kardinal B ou r n e. einen Hirtenbrief, in dem er die katholischen Arbeiter aufforderte, zur Arbeit zurückzukehren, weil der Streik»eine Sünde gegen den allmächtigen Gott" sei. So- fort antworteten fünf Mitglieder der Arbeiter- f r a k t i o n des Unterhauses, die sämtlich fromme Katholiken sind, John Scurr, H. Murnin. I. Tinker, M. Connolly und I. Sul- livan, mit einem Offenen Brief an den Kardinal Dourne, in dem sie erklärten, daß sie seine Stellungnahm« in höchstem Maße be- Mängeln müßten. Es sei ihre Pflicht, als Männer der arbeiten- den Klast«, den Bergarbeitern beizustehen, und da» Recht, die Arbeit niederzulegen, sei durch die Gesetzgebung de» Lan- des gewährleistet. Der Brief schloß mit den Worten: »Wir sind daher Überzeugt, daß unsere Klafsen- genossen in ihrem Rechte sind und mit allem Respekt, zugleich aber auch mit dem größten Nachdruck müssen wir dagegen protestieren, daß ein hoher Würdenträger der heiligen Kirche eine Erklärung erlassen hat, die weder durch die Moral- noch durch die Glaubenslehre unserer Religion begründet erscheint."> Der Kardinal Bourn« ist selbstverständlich den fünf Arbeiter- abgeordneten die Antwort schuldig geblieben, denn er wußte sehr wohl, daß er durch«in« abermalige Betonung seines Standpunktes seinen ersten Mißgriff nur verschlimmern würde. Die würdige Erwiderung der fünf katholischen Arbeiterabgeord- neten bildet« einen um so interessanteren Präzedenzfall für den schweren Gewissenskonflikt, in den die deutschen Bischöfe die Katho- liten unseres Landes gebracht haben, als auch der deutsche Eni- eigrnmgsentwurf auf dem Art. 153 der Reichsversassung süßt, also in keiner Weis« dem geltenden Recht zuwiderläuft. Leim Volks- entscheid handelt e» sich darum, eine Bedrohung der All- g e m e i n h e i t abzuwehren, die durch die fürstliche Habgier entsteht. Es ist daher begreiflich, daß sich immer mehr bekannt« Katholiken finden, die au» GewtssenSgründen den Bischöfen das Recht zur Einmischung in Angelegenheiten des Staatsbürgers bestreiten. So weift ein katholischer Akademiker aus dem Rheinland sehr treffend darauf hin, daß die Berfassung von Weimar die entschädigungslos« Enteignung ausdrücklich vorsteht. von sämtlichen Zentrumsabgeordneten angenommen worden ist. Und er fügt dsm hinzu, daß die Bischöse keine unfehlbare kirchliche Entscheidung tressen können. Das kann, nach katholischer Ausfassung, nur der Papst. Deshalb fordert auch dieser katholische Akademiker, im Gegensatz zum Weih- bischof Deitmer, die katholischen Wähler auf, am 20. Juni gegen die F ü r st e n und für da» hungernde Bolk zu stimmenl Ein wort an öle Geistlichen. Der erst« Vorsitzende des Provinzialverbande» Brandenburg der Ehrl st lich- Sozialen Reichsportei, Herr W a h l i ch, schreibt dem„Sozialdemokratischen Pressedienst": Die Forderungen der sogenannten christlichen Fürsten stnd geradezu eine Unverschämtheit und einfach unverantwortlich. Jedem Volkswirtschoftler, soweit er nicht durch und durch Monarchist ist, ist es ganz klar, daß da» sogenannte Fürstengut in Wirklichkeit nicht» als Voltsgut ist. Don«wem Raub am Fürstengut kann beim Volksentscheid daher kein« Red« sein, Di«„christlichen" Fürsten be- zwecken lediglich«inen inneren Bürgerkrieg, um das deutsche Volk wieder unter ihr« Fuchtel zu bringen und die deutschen Arbeiter und Angestellten wieder m das stärkst« Abhängigkeitsverhältnis her- unterzudrücken. Wie aber verhalten sich die Geistlichen aller Konfessionen? Bei dem Ausbruch des Weltkrieges haben sie schon einmal völlig versagt. Statt Frieden zu vekkünden, predigten st« Krieg, und wo waren die Bischöfe und Priester in der Jnslationszeit, als der großen Masse der kleinen Leute dos letzte Hab und Gut genommen wurde? Jetzt, vor dem Volksentscheid, sind st« plötzlich aus dem Plan. Eine Bischofskonferenz wird— welch ein Zeit- und Kostenauf- wand zugunsten der Fürsten — einberufen, angeblich zur Verteidigung von Recht und Gerechtigkeit, von Sittlichkeit und sittlicher Ordnung. Wo war die Bischofskonferenz, dl« sich für die K r i e g» t n v a l i d e n einsetzte, wo die Bischofskonferenz. die ihr Wort erhoben hat zu- gunsten der Hunderttausende von Arbeitslosen, zugunsten der enteigneten Sparerund Gläubiger, wo blieben da die Der- teidiger der„sittlichen Ordnung", wo die Bersechter de» Eigentum- begriff»? Es mutet mehr als eigenartig an, daß in der deutschen Republik Bischöfe und Geistliche jetzt laut ihr« Stimme erheben, wo es sich um den Besitz der Fürsten handelt: daß st« aber nicht zu hören waren, als die werktätig schaffende Mass« rücksichtslos um ihren letzten Spargroschen gebracht wurde. Eine christlich-soziale Gesellschaftsordnung verlangt jetzt lediglich das Eigentum des Voltes von den Fürsten zurück, sie verlangt nichts weiter, als daß an Stelle einer Feudalherrschaft einzelner Fürsten christlich-soziale Volksgesetze geschaffen werden, die aus der Seele und dem Gerechtigkeitsempfinden de» Doltsganzen herauswochsen. So soll auch der Volksentscheid dem Volke geben, was dem Volke gehört. Darüber hinaus kommt dem Volksentscheid die Bedeutung zu, daß aller Welt kundgetan wird, daß in der Deut- scheu Republik die letzte gesetzgebende Macht vom Volke ausgeht. Stttlich« und nattonale Pflicht im tiefsten Sinn« ist es daher, b e i dem Volksentscheid seine Stimme mit Ja abzu- geben. Iung-Zentrum für»Ja". Trotz aller Mahnahmen der Parteileitung. Frankfurt a. IN., 17. Juni. (Eigeneer Drahtbericht.) In einer außerordentlich stark besuchten Hauptversammlung des „Jung-Zentrums" wurde beschlossen, am 20. Juni bei dem Volksentscheid mit„Ja" zu stimmen. In der Resolution, die den Beschluß begrüßt, heißt es: Das Jung Zentrum von Frankfurt a. M. kann und will es nicht oerantworten, in dieser Frage die von der ReiHPprteiteitung ausgegebene Parole
ohne weiteres zu billigen, denn nur das Gewissen jedes Ein- zelnen ist maßgebend. Die von der Reichsparteileitung für ihre Parole vorgebrachtea Gründe erscheinen demselben als nicht genügend berechtigt, denn es muß annehmen, daß man bei Herausgabe der Parole die vielen kriegsverletzten, die Kriegerhinterbliebenen, klein- rentner, Sparer und die Masse der Erwerbslosen vollständig ver- gessen hat. Deshalb ruft da» Zung-Zenlrum die gesamte Zugend aus, am 20. Zun! ihre Pflicht zu tun und mit»Za~ zu stimmen. Rebellion in Westfalen . Lochum, 17. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die Fürstenenteig- nung gewinnt im Industriegebiet täglich neue Freunde innerhalb des Zentrums und die Erregung ist aufs höchste gestiegen. Die Parteitrise ist so groß, wie noch nie in der Geschichte des Zentrums. In vielen Kirchen, wo der bekannte Erlaß der Bischöfe zur Verlesung gebracht wurde, gab es erregte Zwischenrufe, «in gewiß seltenes Ereignis. DiechristlichenGewertschafts- zettungen werden mit einem Stempel versehen, der die Zentrumsanhänger ausfordert, am Sonntag zur Abstimmung zu gehen und mit I a zu stimmen. Die Demotraten haben eben- fall» einen Ausruf zugunsten der Fürstenabstimmung erlassen. Das christliche Gewissen— für Volksentscheid Eine Kundgebung katholischer Arbeiter und Jugend. Der Provinzialoerband Berlin-Brandenburg der C h r i st l> ch- sozialen Reichspartei veranstaltete am Donnerstagabend einen Vortragsabend in der Stadthalle. Der große Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Vitus Heller sprach als erster Redner über das Thema:»Das christliche Gewissen— für Volksentscheid". Er führte aus, daß es um mehr als die drei Milliarden Gold- mark gehe, es ginge um die Frage der heiligen Gerechtigkeit. Das katholisch« Volk ist durch ihn erschüttert bis in die tiefste Seele. Das siebente Gebot wird heute von denen heuchlerisch in den Mund ge- nommen, die e» vorher nicht gekannt. Inslation, 3. Steuernotoer- ordnung und Aufwertungsgesetze sind dafür Kronzeugen. Was die österreichische Bruderpariei, die Christlichsoziale Partei , fertig ge- bracht, die nicht nur einstimmig die Fürsten enteignet, sondern ihre Landesverweisung beschlossen habe, müsse für Deutschland auch Gel- tung haben können. Bei aller Hochachtung vor der Autorität der Bischöfe- müsse man doch Gott mehr gehorchen als den Menschen. Die Zukunft des Katholizismus hängt da- von ab Nicht da» Volk hat die Kirche enteignet, sondern die Fürsten . Wenn die Kirche beim Bolke steht, wird keine Macht der Welt wogen, die Kirche anzutasten. Gewaltige wirtschaftlich« Kämpfe und Entscheidungen verlangen auch Charakterfestigkeit für die Kirch«. Bei der Einzeichnung habe der Hahn zum erstenmal gekräht, bei der Abstimmung zum Boltsentscheid krähe er zum zweiten Mal«, möge es nicht zum dritten Male zum krähen kommen. Nach der oft mit stürmischem Beifall unterbrochenen Rede von Vitus Heller sprach Dr. Gründet von der Großdeutschen Jugend- bewegung christllch-republitanischer Jugend über„Die Fürstenaki- sindung eine Frage an das Volksgewissen— keine Parteiangelegenheit". Er führt« aus: Da» Schmerzlichste ist es, daß von uns als von jungen Menschen gesprochen wurde, die aus angeblicher Ge- wissensnot handelten. Wenn wir mit Ja stimmen, so tun wir das mit voller Verantwortung. Nicht die Bischöfe sind schuld, sondern dieführendenMännerderZentrumspartei, die dt« voll« Derantwortung auf sich nehmen müssen. Die b i f ch ö f- liche Autorität wurde wieder einmal mißbraucht wie va- mal» im Gewerkschastsstrett Berlin — Köln sich die Führer hinter dem bischöflichen Mantel verbargen. Die Bischöfe sind uns lieber als jene Parteiführer, die glatt in den entscheidenden Fragen versagt haben. Die Maultorbpolitit der Zentrumspartei in den letzten Iahren trägt «in gerüttelt Maß Schuld daran. Di« katholische Jugend ist das Sprachrohr von Zehntausenden von treuen Katholiken im ganzen Reich. die ein klares, volle» und offene. Ja zum volksenlscheld fordern. Wir sind abgewichen von dem sczialen Christentum Leo XIII . und Kettelers. Es geht nicht darum, eine Partei vor dem Unter- gang zu retten, sondern es geht um die christliche Gerechtigkeit. Das. Fundament de» deutschen Volksstaate» lassen wir nicht ruinieren. aus katholischem Geist heraus find wir für ein Ja. Nach der mit stürmischem Beifall aufgenommenen Red« sprach R i f f k a, der betonte, nichts mit Kommunisten und Sozialisten ge- mein zu haben. Da» eingeleitete Ausschlußverfahren sei nicht nur Pharisäertum, sondern eine Gewaltmethode. Die Jugend, gegen die es sich richtet, ist treu katholisch und geht zu den Sakramenten. Nach schweren inneren Kämpfen findet sie den Mut, o s f e n z u d e m I a z u st e h e n. Aus dem Eintreten des Kapitals für die Fürsten spreche ihr eigenes schlechtes Ge- wissen. Ihm sei das Reden verboten worden, doch es lasse sich kein Schloß vor das Herz des Volkes legen. Der Ausschluß aus dem Provinzialoerband der Windthorstbünde sei nur mit einer Mehrheit von einer Stimme und zwei Stimmenthaltungen beschlossen worden. Doch wir haben den Mut zu einem offenen Ja und sind nicht so feige wie der Vorsitzende Zimmermann, der erklärte:»Ihr hättet besser schweigen sollen und es tun." Wenn ich am 20. Juni nach Westdeutschland fahre, nehme ich mir einen Stimmschein mit. um � dort mit Ja zu stimmen. Un» gebietet unser Gewissen mit einem offenen Ja zu stimmen.
haltet öen Dieb! Der Dieb, der einem Armen das Letzte stiehlt, ist ver- ächtlich. Das deutsche Volk ist arm. Trotzdem stellen die deutschen Exfürsten Milliardenforderungen an das Volk. Das arme Volk setzt sich gegen diese im tiefften Grunde unsitt- lichen Forderungen zur Wehr. Es verteidigt sich mit dem Mittel des demokratischen Volksefttscheids. Die Deutschnationalen stellen sich schützend vor die Fürsten und ihre Forderungen. Ihre Propaganda beschimpft das Volk, das sich den Fürsten gegenüber in Notwehr befindet. Der Wortlaut eines Plakats, das die Hauptgeschäftsstelle der Deutschnationalen Volkspartei in Berlin am 12. Juni an alle Landesverbände und Kreisvereine geschickt hat, lautet: „Seht Euch die an, welche am 20. Juni in das Abstimmung»- lokal pehen. MerktsieEuch! Essinddie.welcheMein und Dein nicht unterscheiden können." Es ist die alte Methode: Haltet den Dieb! zu schreien. Die Partei, die die Mehrheit des eigenen Volkes als Dieb«! hinstellt, nennt jich obendrein noch: ontioaat,_