Conntag 20. Juni 1926
Russische Filme.
Bon Dr. Herbert Feld.
Alus der Film- Welt
Es nimmt nicht weiter wunder, daß das russische Filmwesen einer äußerst strengen Zensur untersteht, die ihre vornehmste Aufgabe darin sieht, alle Filme der bolschewiſtiſchen Ideologie anzu gleichen. Welch furiose Folgen das hat, wird der bestätigen können, dem es beschieden ist, einen Auslandsfilm im Mutterlande und später einmal in einem der kommerziellen Filmtheater der Sowjetrepubliken zu sehen. Nicht selten wird der Inhalt des Filmspiels geradezu in sein Gegenteil gefehrt, indem mit geschickten Händen der Film zweckgemäß geschnitten und die Titel einer gründlichen Umredigierung unterzogen werden.
Bei der gegebenen politischen Konstellation werden vorzugsweise folche Filme importiert, in denen ein schlichtes, von höchstgezüchteter Zivilisation unberührtes Milieu Verherrlichung findet oder in denen förperliche Tapferkeit Triumphe feiert. Wie überall hat auch in Rußland der amerikanische Film einen vorzüglichen Absahmarkt, doch wird unter den hier skizzierten Gesichtspunkten eine fritische Auslese unter den amerikanischen Erzeugnissen gehalten. Der unbestritten gefeiertſte Darsteller ist Douglas Fairbanks , dessen Filme auch den höchsten Preis erzielen. Der„ Dieb von Bagdad", der in den Sowjetstaaten einen beispiellofen Erfolg errang, wurde vom Somfino zu einem Sensationspreise gekauft. Das Geheimnis dieses ungewöhnlichen Erfolges erklärt die Tatsache, daß die Regiedieses ungewöhnlichen Erfolges erklärt die Tatsache, daß die Regie: rung sowohl wie das Theaterpublikum die Art, wie Fairbanks mit freudiger Hingabe dem Werke dient, mit hellster Bewunderung er füllt. Selbstverständlich zählt auch Tom Mig zu den Auslandſtars, denn sein Mut und seine Gewandtheit suchen immer noch ihresgleichen. Unter den weiblichen amerikanischen Stars nimmt Mary Pickford eine Sonderstellung ein. Wie teine andere genießt sie höchste Verehrung, weil sie ein Beispiel einfachen, großen Frauentums abgibt und auch ohne den luguriösen Aufwand ihrer Kolleginnen tiefe Ergriffenheit auslöst. Rofita" hob sie auf den Thron.
Gloria Swanson , Pola Negri , Betty Moore, Betty Compsan, Corinne Griffith und Norma und Constance Talmadge finden nur menig Beachtung. Der Grund: die von diesen Stars verkörperten Inpen stellen unter den veränderten Lebensverhältnissen ein fremdes Element dar.
Unter den amerikanischen Darstellern genießt auch Harald Lloyd Popularität, Chaplin ist es dagegen noch nicht gelungen, recht be tannt zu werden.
Someit der amerikanische Film. Was die russische Produktion anbelangt, so gilt es zunächst festzuhalten, daß in den ersten vier Jahren nach der Oftoberrevolution so gut wie gar keine Spielfilme gedreht wurden, und daß erst im Zusammenhang mit dem Wieder aufbau des Wirtschaftslebens im Jahre 1923 eine großzügige Filmarbeit einfegte. Immerhin ist es bereits gelungen, bis zum Sommer 1925 ungefähr 100 Spielfilme herzustellen, und man darf nach den vorbereitenden Maßnahmen annehmen, daß die diesjährige Produktion die vorjährige um 100 Broz. übersteigt soweit sich nicht die Wirtschaftslage weiter verschlechtert.
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Das Sujet der Sowjetfilme ist vielseitig, doch wahren fie immer ihren eigenen Charakter. Mit besonderer Borliebe merden historische Stoffe verarbeitet, die geeignet sind, das Volk mit den entscheidenden Wendepunkten in seiner Geschichte vertraut zu machen.
Nur wenige Beispiele seien genannt:" Die Flügel des Rnechtes" betitelt sich ein Film, der eine getreue Darstellung der Zeit Iwans des Grausamen gibt. L. Leonidow vom Moskauer Künstlertheater spielt die Rolle des russischen Despoten.„ Die Defabristen" schildern einen Aufstand adliger Offiziere im Jahre 1825, der von Nikolai I. blutig unterdrückt wurde. Und Panzerfreuzer Potemkin" enthält einen Ausschnitt aus den tragischen Birren des Jahres 1905. Dieser Film, dessen Darstellung in den Händen des Moskauer Künstlertheaters lag, hat auch in Rußland einen beispiellofen Siegeslauf genommen.
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Neben der Pflege historischer Filme hat sich die russische Filmindustrie ganz besonderes Verdienst um die Verfilmung der nationalen Dichtung erworben. Tolstoi machte den Anfang. Später tam Puschkin. Diesem die slawophile Richtung repräsentierenden Dichter verdankt man eine Reihe der schönsten Filmwerke.„ Der Postmeister" und" Die Kapitänstochter" beruhen auf seinen novellistischen Schöpfungen. Man ist jetzt sogar daran gegangen, einen Film Puschkin und Danteß" zu drehen, welch letzterer den Dichter in einem Duell getötet hatte. Nach dem Manuskript aber tötet Buschkin seinen Widersacher. Wie die Presse mitteilt, ist die Menderung vollzogen, um das Publikum zu befriedigen und ihm eine Freude zu bereiten.
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son modernen literarischen Werken wurden und werden verfilmt Der Gewertschaftssetretär nach einem Roman von L. Scott, Städte und Jahre" nach einem Roman von R. Fedin und die Tage" nach einer Leßnowschen Schöpfung. Schließlich hat man auch nach einem Scenario von Scholem Aleichem einen Film der jüdischen Gebräuche für Amerifa hergestellt.
Die Filme der Woche.
Auf Tierfang in Abessinien." ( Gloria- Palast.)
Jm vorigen Jahr bekam der Berliner Zoologische Garten mit einem Schlage eine großartige Bereicherung; ein Rudel neuer Tiere rückte dort ein. Sie stammten aus einer Expedition, die der Abessinientenner Prof. Oskar Neumann und Dr. Lutz- Heck nach Abessinien unternahmen. Gleichzeitig diente die Expedition einer von der Kultur
Kaufe billig und gut bei
SEIT 1872
abteilung der Ufa geleiteten Aufnahme von Land und Leuten. Die Regie hatte Ernst Garden , und sein Wirken macht sich erfreulich in dem neuen Film bemerkbar. Hier pruzelt nicht alles drüber und drunter, die Szenen sind in Zusammenhang gebracht, haben einen gewissen Rhythmus und sind gut geschnitten. Der Film vermag uns das zu ersetzen, was dem Zoologischen Garten naturgemäß abgehen muß er zeigt uns die Umwelt, in der die Tiere leben und führt uns Abgesehen von den Reiseerinnerungen, Landschaftsbildern, Szenen auch in charakteristischen Proben vor, wie man sie fängt und aufzieht. aus dem Leben und Treiben der Abessinier, dieses einzigen von alters Volfes, Empfängen bei Hof mit Truppenrevuen und Pferderennen her einer besonderen Art Christentum ergebenen afrikanischen bietet der Film vor allem Tierbilder. Obwohl wir schon so viele afrikanische Tierfilme gesehen haben, leider zumeist Jagdfilme, die regelmäßig mit der Erlegung der Beute enden, bietet dieser Film er freulicherweise viel Neues. Paul Lieberenz ist es zu danken, daß die Photographie trotz der erschwerenden Umstände des tropischen Klimas auf hoher Stufe steht und zum Teil auch einen rein künstlerischen Genuß bietet. Vor allem ist uns eine wunderbare Abend Stimmung aufgefallen. Boll Leben sind die Tierszenen; wir wohnen usw. Ganze Herden von Straußen jagen vor unseren Augen vorbei der Ausgrabung eines Erdferkels bei, erleben, wie man Affen fängt und wie in Ostafrifa ist auch hier die Großtierwelt noch ungeheuer reich. In den schnell fließenden Flüssen belauschen wir die Nilpferde und Krokodile. Die großen Seen wimmeln förmlich von Bögeln, die immer in ganzen Scharen auftreten und schließlich durch einen Schuß aufgestöbert den ganzen Himmel mit ihren Flügelschlägen erfüllen. Die Belifane fischen in förmlichen Genossenschaften, auch die Geier treten immer in Gemeinschaften auf, die im Handumdrehen ein großes Tier bis auf die Knochen abgeledert haben. Wunderbar heben sich die Stelzvögel, stolzierend oder auch in Ruhe verharrend, von dem Horizont ab. Auch in das Leben der Hundsaffen gewährt der Film bemerkenswerte Einblicke. In ganzen Rudeln bevölkern sie steile Felsenflippen, in denen sie die tollsten Kletterkünfte ausüben. Es gelang, eine ganze Reihe von ihnen zu fangen. Zum Schluß führte Herr Dr. Heck, der den Film mit einem einleitenden Bortrage eröffnet hatte, einige von den erbeuteteten Tieren vor. Man sah einen jungen Gepard, Leopard, einige Affen und den Hornraben.
D.
Spannender als der spannendste Spielfilm:
Das schwarze Geschlecht
Die Citroënexpedition durch Zentralafrika unter Leitung von G. Haardt und L. Audouin- Dubreuil Walter Hasenclever schreibt über die Pariser Uraufführung im Acht- Uhr- Abendblatt:
... ein Film, ebenbürtig dem„ Goldrausch" des großen Chaplin. einer der stärksten Eindrücke... der beste französische Film, der seit Jahren geschaffen wurde."
Uraufführung: Morgen 7 u. 9.15 Uhr
im
CAPITOL
Schmidt- Gentner dirigiert!
Jugendliche haben Zutritt!- Vorverkauf 12-2 Uhr!
Sechs
CAPITOL
( Noilendorf 7098/99)
Beilage des Vorwärts
„ Die Ehre gerettet." Nollendorfplatz.)
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Gemütdurchsonnte Gartenlaube, Wie der Titel, so der Film. Das Ganze wirkt wie ein verfilmter deutscher Roman für das traute Heim. Die Amerikaner faprizieren sich hier nur auf Sentimentalität und Rührung, allerdings ist das Sujet spannend gearbeitet. Robert in Best Point( auch manche Amerikaner haben scheinbar die Sehn Irving, der Sohn eines fleinen Posthalters in Carolina, wird Kadett fucht, Offizier zu werden). Selbstverständlich hat der junge Mann fleinen Städtchen seines Vaters. Ein Nebenbuhler ist auch voreine Jugendliebe, Silvia, die Nichte des reichsten Mannes in dem handen: Silvias Better Bert. Zwischen beiden Rivalen Todfeindschaft, die in Pest Point offen ausbricht. Als der Vetter den Vater Jrvings beleidigt, erhält er von Robert einen wohlgezielten Faustschlag und simuliert merkwürdigerweise Blindheit. Robert muß die Kadettenanstalt verlassen, und auch Bert, der darauf wieder sehen tann, wird nahegelegt, zu verschwinden. Er unternimmt eine Erpedition nach Brasilien , bei der er ale verschollen ausgegeben wird. Silvia hat sich inzwischen von Robert losgesagt, da sie ihm nicht den alles in harmonie, mit der üblichen Ehe. Robert reist mit zwei Faustschlag gegen den Better verzeihen fann. Schließlich endet aber Freunden nach Brasilien und findet nach großen Mühen den ver schollenen Bert. Seine Ehre ist gerettet, er wird in die U.-.-.- Armee wieder aufgenommen und erhält jogar den Leutnantsrang. Am Schluß umarmen sich Robert und Silvia als Eheleute in Großaufnahme. Solche Filme gehören eigentlich zu den überwundenen Dingen. Regie und Darstellung halten Niveau. Richard Barthel me ist ein über Durchschnitt begabter Schauspieler, doch das Sujet zerstört alles. Hier ist nur dick aufgetragene Sentimentalität und unwahrscheinlichkeit, alles trieft von Edelmut. Auch die Komik ist lahm, selbst die Szenen im brasilianischen Urwald haben kein bes senderes Gepräge, man kennt sie aus unzähligen Abenteurerfilmen. Alles in allem ein sommerlicher Film. Warum die militärischen Aufzüge einen derart breiten Platz einnehmen, bleibt unverständlich. F. G.
„ Der Kampf ums Rote Gold." ( Tauenhien- Palast.)
In den weiten Wäldern Alaskas ermöglichen die Schlitten hunde eigentlich erst den Menschen das Dasein. Daher ist es be greiflich, daß sie im Film eine große Rolle spielen. Diese Filme, mie überhaupt die amerikanischen Tierfilme, machten bedeutendes Aufsehen. Die Sensation des ganzen Genres aber war Rin- Tin- Tin , der deutsche Schäferhund. Sofort erkannten die Amerikaner die wirtschaftliche Bedeutung dieses Tieres, weshalb fie Rin- Tin- TinFilme gleich ferienweise produzierten. Sie sind nach einem Schema gearbeitet. Der Hund fommt unschuldig in Verdacht und rechtfertigt fich glänzend, das gibt dann zu Sensationen, müsten Prügeleien und den trautesten Familienszenen Anlaß. Diesmal gerät Rin- Tin- Tin unter die Goldgräber und Wolfshunde Alaskas , was zu prächtigen Landschaftsaufnahmen und zur fabelhaften Ausnutzung des Hundes Gelegenheit bietet. Er kann, da er angebunden ist, nicht die Ers mordung seines Herrn verhindern, doch bringt er den Mörder zur Strede und rettet den Hinterbliebenen den Besiz, eine Goldmine. Als er, ein armer Vertriebener, in den Schneewüsten umherirrt, findet er in einer Wölfin eine Gefährtin. Im Film wird sie durch ihn zum Haustier, was der Natur widerspricht. Zudem ist Rin Tin- Tin diesmal sehr oft zu spießbürgerlich familienhaft aufgefaßt, beispielsweise wenn er beim Tode des Herrn dicke Tränen vergießt. Uebersensationell wirft er, sobald man unmögliche Weitsprünge glauben machen will. Darf er ganz Hund sein, ist er natürlich wundervoll und stets der aufmerksamsten Beobachtung wert. Der Regiffeur H. C. Raymaker gruppierte, in gute Typen eingeteilt, die Schauspieler Charles Sellon, June Marlewe, Mitchel Lewis und David Butler um den verdienstvollen Hund.
„ Surcouf." ( Allhambra.)
e. b.
Wie der Untertitel„ Der König der schwarzen Flagge" es deute lich genug zeigt, ist dieser Abenteurerfilm ein fomplettes Seitenstück zu der jetzt verpönten Jugend- oder Schmökerliteratur mit dem schönen bunten Titelblatt. Der Held hat ungefähr alle Tugenden, die man nur wünschen fann, er ist beispiellos im Ertragen von Stra pazen und Leiden, er ist ein Löwe in der Schlacht, und der Edelmut ist bei ihm wie zu Hause. Er ist Korsar, der im Interesse des napoleonischen Frankreich englische Schiffe tapert und dabei in die wahnwigigften Abenteuer und tollsten Gefahren verstrict wird. Die Liebe spielt natürlich ihre große Rolle in seinem Leben, das in diesem Punkte beinahe tragisch wird, denn die Liebe seiner Cousine vermag er nicht zu erwidern, und die von ihm geliebte Frau, irgendeine Orientalin, ist unglücklicherweise mit seinem besten Freunde ver heiratet. Es verlohnt nicht, den Wirbel der Geschehnisse aufzurollen, und es fommt darin auf ein paar Duizend Unwahrscheinlichkeiten nicht an. Ein fabelhafter Indier entführt die geliebte Frau, der Freund gerät in englische Gefangenschaft. Surcouf wagt sein Leben für ihn, indem er als Emisfär Napoleons sich in die Höhle des englischen Löwen begibt und dank dem gegen englische Frauen bewiesenen Edelmut auch zum Ziele gelangt. Der Kaiser belohnt ihn mit dem Orden der Ehrenlegion, aber der Held ist im Innersten getroffen, da seine große Liebe verschwunden ist. Der Regisseur Nalpas hat mit Geschid die Spannungsreize des Stoffes aus genugt, wenn das Ganze auch viel zu lang und breit geraten ist. Die Darstellung bleibt aufs Aeußerlich- Theatralische beschränkt. Die großen Gesten des Jean Angelo ( Sourcouf) vermögen uns nicht mit fortzureißen, und auch die Augenaufschläge der weiblichen Dar steller lassen uns falt.
r.
Potemkin in Württemberg und Heffen verboten! Der Sieges. zug des Potemkinfilms ist in Württemberg und jetzt auch in Heffen aufgehalten worden. Der Stuttgarter Polizeipräsident sieht in dem Film fommunistische Zersetzungspropaganda, die eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hervorrufen würde. Deshalb verbietet er den Film, anstatt ihn vor etwaigen Tumultuanten zu schüßen. Der Film ist freigegeben. Gelten in Württemberg , feine Reichsgesehe?
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