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Nr. 290 43.Jahrgang

" Funkwetter".

1. Beilage des Vorwärts

Die Sonne hat Raritätswert erhalten. Unentwegt regnet es, nein, Regen ist eine zu schwache Bezeichnung, es wolfenbrucht wie in den Tropen, die geographischen Breiten scheinen irgendwie in Unordnung geraten zu sein, und auch die Jahreszeiten haben ihren durch Jahrtausende verbürgten Charakter verloren. Der Regen flatscht auf den Asphalt, springt zurück, Seen von schwindelhafter Ausdehnung bilden sich in wenigen Minuten, harmlose Straßen­bahnen und Automobile entdecken plötzlich ihre Fähigkeit, zu schwim­men und wühlen Wellenberge auf wie rasende Motorboote. Städte, die sonst keinem Menschen etwas zu leide tun, stehen unter Wasser, die Landwirte denken an neue Kredite oder entschiedene Konturse, die Feuerwehr hat sich in eine Wasserwehr verwandelt, und die Hotelbesitzer in den Bädern werden Tag und Nacht vom Albdrücken der Geschäftsaufsicht gequält. Alles ringt verzweifelt die Hände und fragt, wann der Sommer endlich seine eigentliche, traditionelle Tätigkeit aufnehmen werde. Krampfhaft sucht man nach Gründen und findet beinahe stichhaltige. Dieses Mal haben nicht die Juden schuld, selbst nicht einmal bei Hugenberg oder in anderen teutschen Blättern, sondern das Radio. Tatsächlich! Der Prügelfnabe ist gefunden. Uebrigens ein sehr schwieriger Fall, der nur mit den Fingerspitzen zu betaſten ist. Also, man will in einem Laboratorium festgestellt haben, daß die elektromagnetischen Wellen Feuchtigkeit erzeugen. Ueberall hört man Radio, überall regnet es, trauriges Zusammentreffen! Schrecklicher Gedanke, die übertragene Grals erzahlung erzeugt einen Wolkenbruch, und der Torgauer Marsch einen sanft fäuselnden Regen. Der Staat muß eingreifen und 2b­hilfe schaffen, sonst wird die Erde einfach fortgeregnet. Alle Wetter propheten schütteln entsetzt die Köpfe, aber vielleicht ist das Ganze nur die Annahme eines erkälteten Hirns und man fann weiter Nadio horen, ohne daß man Gewissensbife befommt, am lintergang der Erde im Regenwasser mitschuldig zu sein. Vielleicht besinnt sich der Juni doch noch kurz vor seinem Ende darauf, daß er der Monat ist, in dem der Sommer anfängt.

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Das gestrige Gewitter über Berlin . Zahlreiche Bliheinschläge und Ueberschwemmungen. Das Gewitter, das am gestrigen Dienstag mit einem wolfen­bruchartigen Regen über Berlin hinging, hat an zahlreichen Stellen Blizeinschläge zur Folge gehabt und verschiedentlich große Ueberschwemmungen hervorgerufen. Die Berliner Feuer­wehr mußte in mehreren Fällen eingreifen, um die Gewitterschäden zu beseitigen. Besonders schwer wurden die Außenbezirke Berlins von dem Unwetter heimgesucht, so daß hier die Feuermehr am meisten Hilfe leisten mußte. Glücklicherweise sind Menschenleben aber nicht zu Schaden gekommen. In der Wilhelmstraße in Friedrichsfelde schlug der Blig in einen Wagen der Straßenbahn, ohne daß jedoch einer der Fahrgäste verlegt wurde. In der Rubens­Straße in Schöneberg traf ein Blizschlag einen Verteilerkasten der Stromleitung der Straßenbahn, so daß Kurzschluß entstand und die Jfolierungen in Brand gerieten. Die Feuerwehr fonnte in furzer Zeit jedoch die Gefahr beseitigen. Ebenfalls durch Blizschlag entstand in Adlershof eine Störung der Hochleitung, die von der Feuerwehr ab­19 gestellt werden mußte. Des weiteren wurde die Feuerwehr mehr. mals alarmiert, um überschwemmte Keller auszupumpen, so in der Kirchstraße 50 in Moabit und in der Sophie Charlotte Straße, wo der Wolkenbruch ganz besonderen Schaden ange­richtet hatte.

baumeister und der Chauffeur erlitten Quetschungen. Der Wagen ist stark beschädigt.

Die neue Hochwasserwelle der Oder droht jetzt auch dem bisher vom Hochwasser weniger betroffenen Gebiet der unteren Oder bei Stettin gefährlich zu werden. Die Oderortschaften ven Schwedt abwärts sind, da das Wasser nur noch einen Fuß unter den Deichen steht, sehr bedroht. Die Schleusen in das Wiesen­gelände mußten bereits geöffnet werden. In den Oderdörfern ober­alb Stettins reicht das Wasser bis in die Vorgärten der tiefer ge; legenen Ortsteile. Das Wasser steigt nod). Viele Gewitter mit starten Regengüssen erhöhen die Ueberschwemmungs­gefahr.

Zwei Todesurteile.

Im Germersdorfer Mordprozeß.

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Mittwoch, 23. Juni 1926

gramm und diese große Masse ist nun ohne Gefährdung in das Bett der Spree 13 Meter tief hinabzusenken. Bis jetzt liegt der Tunnel etwa 2 Meter unter dem Wasserspiegel, er fintt täglich um 25 Zentimeter weiter, so daß er in je vier Tagen einen ganzen Meter tiefer gewandert ist. Er wird, wenn kein Zwischenfall eintritt, in etwa anderthalb Monaten auf dem Spreegrund angelangt sein. In der Tiefe arbeiten Menschen in Senttästen, in die Luft mit ge­ringem Ueberdruck hineingedrückt wird und schaufeln den Boden an der Stelle aus, wo der fertige Tunnel in den Sand der Spree ein­gebettet werden soll. Der Sand wird durch Luft emporgehoben und durch Kleine Loren hinweggefördert. Insgesamt wird man das Spreebett auf eine Länge von 60 Metern und in einer Tiefe von Metern ausschachten. Nach der Versenkung wird mit dem Aus­bau der Anlage begonnen werden und wenn später der Menschen­strom sich durch die Röhre unter der Spree ergießt, wird nur zu wenigen flar sein, welche Summen von schwierigster Arbeit und Sorgfalt nötig war, um ihnen diesen angenehmen Weg zu schaffen.

Die Versuche der Verteidiger Dr. Hildebrand und Dr. Löwenthal für ihre Klienten Ueberlegungsunfähigkeit geltend zu machen, ihre Berufung auf die seelische Minderwertigkeit des einen Geheimnisvoller Tod eines Kindermädchens. und die geistige des anderen, ihr Appell an die Milde der Richter prallten an der Gräßlichkeit der Tat ab. Das Gericht verurteilte Bom Wagen überfahren und dann ins Waffer geworfen. Bohse und Laabs gemäß dem Antrage des Staatsanwalts wegen polizei. Am 18. d. Mts. wurde an der Treidelbrücke bei Ein unaufgeklärter Todesfall beschäftigt die Berliner Kriminal­gemeinschaftlichen Mordes und wegen Raubes zum Tode.. Saatwinkel aus dem Spandauer Schiffahrtsfanal eine weib= Aber gerade diese Gräßlichkeit der Tat die Behauptung auch scheinen mag wie widerspruchsvoll spricht gegen das Borhanden- liche Leiche geborgen und als das 19 Jahre alte Kindermädchen sein von Ueberlegung bei ihrer Ausführung. Die jungen Burschen Charlotte Teichmann aus der Kolonie Brenneſſel in der haben ja den alten Mann nicht mit einem mitgebrachten Beil lautlos Jungfernheide festgestellt. niedergeschlagen oder mit einem Würgegriff seinen Tod herbei­geführt, nicht etwa mit einem Knebel ihn zum Ersticken gebracht wahl und sinnlos haben sie seinem Kopf die verschiedensten Ver­legungen zugefügt, von denen keine einzige tödlich war; ziellos ist auch der Schuß abgefeuert worden, selbst auf die Gefahr hin, un erwünschte Zuschauer herbeizulocken. Nicht aber allein ihr Berhalten während der Tat weist auf ein Nichtverhandensein der Ueberlegung hin, sondern sie scheint ihnen auch vor der Ausführung gefehlt zu haben. Sie waren sich nicht einig darüber, was sie mit Lohmeyer machen würden, falls er sie überraschen sollte; der Entschluß, ihn zu töten, stand bei ihnen nicht fest. Wohl hatte Gohse einen Revolver mitgenommen, weniger aber als Mordwaffe als zur Stärkung feines Selbstgefühls. So war es nicht so sehr die Tat der Ueberlegung als die der Unüberlegtheit. Diese Bermutung findet auch in der Persönlichkeit der Angeklagten ihre Bestätigung. Dem Laabs traute niemand Gewalttätigkeiten zu. Gohse dagegen, der an hysterischen Anfällen litt, neigte auf Grund seiner psychopathischen Veranlagung leicht zu Erregtheit und zu lebertreibungen. Gerade vor der Tat hat auf ihn verschiedenes eingestürmt: die plötzliche Notwendigkeit, von seinen Pflegeeltern zu ziehen und die Angst, sein Mo­torrad zu verlieren, bildeten feinen günstigen Beden für fühle Ueberlegung. All dies wie auch der soziale Hintergrund der Tat wird bei der Entscheidung der Frage der Begnadigung in Be tracht zu ziehen sein. Langjähriges Zuchthaus bei entsprechender erzieherischer Beeinflussung würde einen genügenden Schutz gegen diese Menschen gewähren, die über Nacht Mörder geworden find.

Der Kutisker- Prozeß dauert fort.

Das Gericht hat den Antrag des Staatsanwalts und der Ber. teidigung, das Verfahren gegen Kutister abzutrennen, abschlägig be­schieden. In der letzten Gerichtsverhandlung, die wieder am Bette des Angeklagten stattfand, und wie immer nur von sehr furzer Dauer war, erklärte der Vorsitzende zur Begründung der Ablehnung, daß er feine Veranlassung sehe, die Verhandlungen in der Kutisfer fchen Wohnung anzubrechen. Ein Verstoß gegen die Straf prozeßordnung liege nicht vor, denn diese enthalte teine Bestimmung über die Länge der Gerichtsverhandlungen. Es sei auch irrig anzunehmen, daß durch diese Unterbrechungen, wie durch die zeitliche Ausdehnung des Prozesses die Erinnerung des Gerichts ges Im Laufe des gestrigen Tages find über Dresden trübt werden fönne; selbst wenn dies der Fall wäre, so könnte es mehrere Gewitter niedergegangen, die von heftigen Regen- ja der Verteidigung nur angenehm sein, da bis zum Augenblick die güffen begleitet waren. Der Blizz schlug in der Neustadt in zweimonatigen Verhandlungen nur Belastendes gegen Kutister er= die Oberleitung der elektrischen Straßenbahn, so daß der Bergeben haben. Heute findet wiederum eine Verhandlung statt. fehr fast zwei Stunden unterbrochen werden mußte.! Das Hochwasser der Elbe ist im Abflauen begriffen und ihr Dres dener Pegelstand betrug um 7 Uhr abends 3,90 meter.

Das Unwetter im Reich.

Der Landrat Ehrensberger, der im Auto, das er selbst lenkte, eine Inspektionsreise in das schlesische Ueberschwemmungs. gebiet unternahm, fuhr, als er einem Radfahrer ausweichen wollte, gegen einen Baum. Der Landrat und der mitfahrende Re­gierungsreferendar Mate wurden im Geficht verlegt. Der Kreis

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Der Wobbly.

Bon B. Traven.

Copyright by Buchmeister- Verlag, Berlin und Leipzig . Das geht zwei Wochen, das geht drei Wochen, das geht vielleicht sogar vier Wochen. Dann muß er ins Hospital ge­bracht werden. Als Landarmer. Vielleicht kann man den Konjul zahlen machen, vielleicht nicht. Malaria, Fieber, wer weiß was. 3wei Tage darauf kommt er in eine Holzkiste und wird verscharrt.

Apfel hat aber seinen Kontratt erfüllt und drei neue Tants in Auftrag bekommen. Er findet wieder hungernde Landsleute. Wenn es teine Ungarn sind, dann Oesterreicher oder Deutsche oder Polen oder Böhmen . Sie schwirren ja nur so herum. Alle sind ihm ja so dankbar dafür, daß er ihnen Arbeit gibt, jetzt nur noch zwölf Stunden den Tag, weil er modern wird und kein Ausbeuter ist. Aber zwei Besos fünfzig und dem Antreiber drei Pesos fünfzig. Denn den Antreiber braucht er, weil deres sind nun gerade vier Jahre, seit er den ersten Tant baute im eigenen Auto spazieren fährt und sich im amerikanischen Viertel ein schönes Haus bauen ließ.

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Auch die Knochen der Landsleute, denen man Wohltaten erweist, und die infolge der Wohltaten, infolge der Ueber­arbeit, infolge der Schlafhöhlen, in denen sie ihre Nächte ver­bringen, infolge der schlechten Ernährung dugendweise am Fieber verreden und als Niemand verscharrt werden, fann man zu Gold machen.

In Budapest schreiben die Zeitungen: Unser Bürger Apfel hat durch Taifraft und Unternehmungsgeist da drüben in wenigen Jahren ein Riesenvermögen gemacht." Möchten doch die Zeitungen immer so genau die Wahrheit druden wie in diesem Falle. Reichtümer über Nacht werden hier gemacht! Das ist richtig. Man hat nichts weiter nötig, als die Gold­minen auszubeuten.

Und die Fremden fönnen es am leichtesten. Wenn ihnen von den Nichtlandsleuten ein Strich durch die Rechnung ge­macht werden soll, dann stehen sie unter dem Schute ihrer hohen Gesandtschaft, und das freie Amerika droht mit dem militärischen Einmarsch.

8.

Wir schliefen nicht in einer Lumpenherberge, aber doch auch in einer Schlafhöhle. Haus tonnte man es nicht gut nennen. Es war eine große Holztifte mit einem Blechdach

Der Tunnel am Müggelsec. Friedrichshagen hat seine Sensation: Ein technisches Meister­mert geht dort seiner Vollendung entgegen. Seit einer Woche wird an der Versenkung des 120 Meter langen Fußgängertunnels gearbeitet, der in Zukunft den ungezählten Ausflüglern, die bis jetzt die primitive Fähre benugen mußten, ein angenehmer Weg von Ufer zu Ufer werden soll. Der Tunnel selbst wiegt 3 millionen Rilo

Das Licht tam nur durch die Tür herein und durch die Fensterluken, die weder Glas noch Drahtgaze hatten. Es führte eine Holztreppe hinauf in den Raum, sechs Stufen. Unter dem Hause lagen alte Eierkiſten und leere Schmalz dosen, alte Stricke und morsche Lumpen. In der Regenzeit war das alles ein wüster Schlamm und eine wundervoll ideale Brutstätte für Hunderttausende von Moskitos.

Der Raum war gerade groß genug, daß man zwischen den Klappgestellen, die man Betten nennen muß, weil sie es vorstellen sollen, vorbeigehen und sich dazwischen ankleiden fonnte. Der Raum diente nicht nur uns zum Aufenthalt, sondern auch großen Eidechsen und fingerlangen Spinnen. Außerdem trieben sich da noch immer drei Hunde herum. Einer von ihnen war immer frank und hatte die Räude oder fo etwas Aehnliches. Er sah grauenerregend aus. Wenn er sich besserte, bekam der andere die Krankheit. Aber die Hunde liebten uns sehr, und darum jagten wir sie nicht fort. Sie waren oft unser einziges Vergnügen, wenn wir feine Zeit hatten, mal auf die Straße zu guden, sondern nur gerade so auf die Segelleinwand fielen und vor Uebermüdung nicht einschlafen fonnten.

Hin und wieder wurde der Raum von einem von uns ausgefegt. Gefcheuert wurde er nie. Da aber das Dach ledte, so befamen wir reichlich Waffer in die Bude, wenn ein tropischer Wolkenbruch losging, was im letzten Monat der Regenzeit alle halbe Stunde geschah. Wir wurden dann natürlich auch naß, und unser Schlafen bestand dann darin, daß wir immerfort aufstehen mußten, um das Schiafgeitell unter eine Stelle des Daches zu schieben, wo wir glaubten, daß da fein Regen hindurchfäme. Aber der Regen folgte uns mit beharrlicher Bosheit, wohin wir uns auch vertrochen. Wir hatten jeder ein Moskitonet. Aber das flaffte an einem halben Dugend Stellen auseinander. Und die Mos­titos fanden nicht nur die klaffenden Stellen sehr leicht, son­dern ebenso leicht und sicher jene Stellen, wo wir glaubten, da könne kein Loch sein. Wir nähten an den Negen herum, so gut wir fonnten. Aber am nächsten Tage war es neben dem alten Loch wieder aufgeriffen. Man darf ruhig fagen, jedes Neg bestand nur aus großen Löchern, die durch morsche Stoffeßen zusammengehalten werden, damit die Löcher auch wissen, wo sie hingehören.

Außerdem besaßen wir jeder ein sehr schmuziges Ropf­tiffen. Und jeder hatte eine zerlumpte Dede. An der Wand hing ein alter Spiegel in einem Weißblechrahmen und einige Photographien von nadten, ganz nadien Mädchen und andere

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Das junge Mädchen war an zwei verschiedenen Stellen als Kindermädchen beschäftigt und am Dienstag der vergangenen Woche bis 11 Uhr abends in der Sybelstraße tätig. Sie äußerte niemals irgendwelche Selbstmordgedanken. Ihr Heimweg führte sie über die Schloßbrücke hinweg, die Kaiserin- Augusta- Allee entlang, über den Gustav- Adolf- Plaz und schließlich über die Keplerstraße nach Hause. Am legten Abend trug sie einen braunen Glockenhut, einen grünen Tuchmantel mit imitiertem Bibertragen, ein Strickkleid aus grüner Wolle und modefarbene Schuhe. Dienstag nachmittag wurde die Leiche in der Spandauer Friedhofshalle cbduziert. Sie wies furchtbare Verlegungen auf. Wirbelsäule und Schädeldach zeigten Brüche. Die Ansicht der Aerzte geht dahin, daß das Mädchen von einem schweren Wagen überfahren und getötet worden ist. Um ein Verbrechen vorzutäuschen, haben die Insassen des Wagens die Leiche ent­fleidet und ins Wasser geworfen. Mit Sicherheit ist festgestellt worden, daß Tod durch Ertrinken nicht in Frage kommt. Alle Personen, die am Dienstagabend zwischen 11-12% Uhr nachts in der ebengenannten Gegend Zeugen eines Autounglücks waren und sich des jungen Mädchens erinnern, werden gebeten, sich bei der Mordkommission den Kommissaren Bünger, Kießling im Zimmer 89 des Polizeipräsidiums zu melden.

Hungerkünstler Jolly" verhaftet.

Bon früheren Managern des Krefelder Hungerkünstlers Jolly" gingen vor einiger Zeit bei der Staatsanwaltschaft I Anzeigen megen Betrugs ein. Der Hungerfünstler wurde darin beschuldigt, während seiner Schaustellung nicht nur Mineralwasser und Ziga­retten, sondern auch 10 Pfund Schokolade zu sich genommen zu haben. Weiter flagten die Manager, daß Jolly bei der Berrech nung der vereinnahmten Gelder den Löwenanteil für sich behalten und seine Begleiter benachteiligt habe. Auf Grund des Haftbefehls wurde der Hungerfünstler jetzt von der Kriminal­polizei festgenommen und dem Untersuchungsgefängnis in Moabit zugeführt. Jolly bestreitet, sich eines Betruges während der Schau­stellung schuldig gemacht zu haben und behauptet, daß die Anzeige auf einen Racheaft von seiten seines früheren Managers zurückzu­führen sei, weil er ihn für die bevorstehende Tourné durch Amerika teine Barmittel mehr verfüge, weil der Aufenthalt in der Klinik nicht in Anspruch genommen habe. Er gibt weiter an, daß er über und die Rekonvaleszenz alle seinerzeit erzielten Einnahmen ver­schlungen habe. Da einer der Anzeigenden jedoch eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, so wird sich das Gericht mit dieser Er­flärung Jollys wohl faum zufrieden geben.

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Der Zeichnerwirrwarr in den Gerichtsfälen. Für die Zu­laffung oder Abweisung von Pressezeichnern bei Gerichtsverhand­lungen bestehen in Preußen feinerlei allgemeine Be ftimmungen. Jeder Gerichtsvorsitzende kann das halten wie er will. Auch eine Konferenz der Oberlandesgerichtspräsidenten, die sich damit beschäftigte, ist zu dem Ergebnis gekommen, daß man nicht allgemein den Vorsitzenden den Ausschluß von Preffezeichnern

Photographien von Vorgängen, die in vielen Ländern von dem Staatsanwalt beschützt werden. Diese Photographien hier hätte keine noch so moderne Kunstkommission verteidigen fönnen, weil sie mit Runft absolut nichts, dagegen mit Natur­vorgängen alles zu tun hatten. Aber in einem Lande, wo man solche schönen Sachen in jedem anständigen Laden kaufen fann, und wo sie ein zehnjähriger Junge genau so leicht kaufen kann wie ein alter Seemann, macht niemand damit Geschäfte, weil sie niemand interessieren und weil sie nie­mand kauft. Nur Verbotenes interessiert. Wir sahen auch nichts Besonderes daran, wir hatten feine Zeit dazu.

Zwischen neun und zwei Uhr konnte man sich in dem Schlafraum nicht aufhalten, man wäre sofort Dörrfleisch, ge­worden. Aber in dieser Zeit hatten wir ja darin nichts vers loren, sondern da arbeiteten wir vor den Backöfen. Und gerade dann immer, wenn es so schön fühl zu werden begann, daß man herrlich schlafen konnte, mußte man raus.

Die Arbeit an sich war nicht schwer, das konnte ich nicht sagen. Aber fünfzehn bis achtzehn Stunden ununterbrochen auf den Beinen sein, hin- und herrennen unausgefeßt, büden und strecken, Dinge da hinstellen und dort forttragen, macht viel mehr müde, als wenn man acht Stunden tüchtig und schwer arbeitet und an eine Stelle gebunden ist. Dann ging. es immerwährend: Flink, flint, das Rundgebäd aus dem Ofen. Rasch, Teufel nochmal, die Bleche gefettet. Kreuz­donner, den Schläger in die Rührmaschine geschraubt, schnell, schnell, ich muß Schnee haben. Die Masse ist versalzen, fir, fig, weg damit, neue angesetzt. Ich brauche zwei Kilo Glasur, habe ich Ihnen doch vor einer Stunde schon gesagt. Ja, 3a, Himmelelement, haben Sie denn die Zuderlöse nicht gestern eingefocht? Jezt sind wir aufgeschmissen! Heiliger Nepomut, nun rutscht auch noch der José mit der Eiermasse aus und die Suppe schwimmt auf dem Zement. Danke schön, José, das geht heute wieder bis sechs, wenn solche Schweine­reien gemacht werden."

Das war ein immerwährendes Heßen und Jagen und Rommandieren und Rennen. Ich bin sicher, daß ich täglich meine vierzig Kilometer da hin und her raste. Und dann der ewige Wechsel. Kaum war ein neuer angelernt, schon ging ein anderer wieder fort. Das Anlernen hielt am meisten auf. Señor Doug fagte dann: ,, Nun habt ihr zwei neue Leute be= tommen, die ich bezahlen muß, und ihr schafft doch nicht mehr. Was hat es da für 3wed, überhaupt neue einzu­ftellen? Es tommt ja nichts heraus dabei."

( Fortsetzung folgt.)