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schusseS über produktive Erwerbslosenfürsorge entgegenge- nommen. Dieser Unterausschuß, der unter dem Vorsitz des Genossen Dißmann tagte, hat dem Reichstag   eine dann von ollen Parteien außer den Kommunisten angenommene Ent- schließung vorgelegt, die in der Forderung gipfelt, durch die Einleitung öffentlicher Arbeiten ständig mindestens SOl) 000 Arbeitslose produktiv zu beschäfti- gen. So soll erreicht werden, daß die längere Zeit Erwerbs- losen innerhalb eines Jahres mindestens abwechselnd ein Vierteljahr Beschäftigung finden. Vom Standpunkt der ma- teriellen und seelischen Not der Arbeitslosen ist dies sicherlich ein bescheidenes Ziel. Gemessen an der Tatsache, daß bisher nur ein Drittel der genannten Zahl der Erwerbslosen bei Notstandsarbeiten Beschäftigung findet, darf man aber die Größe der pr aktischen Aufgabe, die hier gestellt worden ist, nicht unterschätzen. Der erwähnte Aus- schußbericht betont, daß es an Arbeiten, die soweit vorbereitet sind, daß sie in Angriff genommen und durchgeführt werden können, nicht fehlt. Diese Arbeiten liegen auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Kultivierung von Oedlandflächen, der Schiffbarmachung deutscher Flüsse, der Kanalbauten und Flußregulierungen, der Bauten von Stauanlagen und Schutz- dämmen zur Bekämpfung der Hochwasserschäden, auf dem Gebiete des Wohnungsbaues und der Elektrifizierung. Die Schwierigkeit bei der produktiven Erwerbslosenfür- sorge liegt fast nie in dem Fehlen geeigneter, für die Gesamt- Wirtschaft nützlicher Arbeitsaufgaben, sondern ausschließlich auf dem Gebiete der F i n a n z i e r u n g. Ist die Finanzierung großer öffentlicher Arbeiten schon in vielen Fällen eine fach- lich schwierige Ausgabe, so muß man leider in Deutschland  immer wieder feststellen, daß die außerordentliche K o m- pliziertheit der Behördenorganisation, die das Zusammenarbeiten von Kommunalverbänden, Ländern und Reich an allen Ecken und Enden hemmt, die sachlich ge- gebenen Schwierigkeiten noch in der unerfreulichsten Weise vervielfacht. Der Reichsarbeitsminister hat vor dem Reichs- tage das Versprechen abgegeben, daß die Reichsregierung eine besondere Kommission der Reichsministerien mit der Aufgabe der planvollen Arbeitsbeschaffung betrauen will, um in engster Fühlung mit den Ländern diese Aufgabe zu lösen. Er hat dabei die Hoffnung ausgesprochen, ohne neue gesetz- liche Maßnahme gewisse Hemmungen, die sich aus der Viel- heit der zuständigen Stellen ergeben, auf diesem Weg« aus- zuräumen. Die Frage, wieweit sich diese Hoffnung erfüllen wird, ist eine Frage der Energie in der Führung. Wenn sich die gesamte Oeffentlichkeit über die zentrale Be- deutung der Ausgabe der Arbeitsbeschaffung in diesem Augen- blick im klaren ist, so wird der Druck der öffentlichen Meinung denjenigen helfen, die mit Entschlossenheit gegen bureaukra- tische Sabotage auf diesem Gebiet vorgehen. Die Etatsrede des preußischen Ministerpräsidenten Ge- Nossen Braun hat auf dem Gebiete der Bekämpfung der Hoch- Wasserschäden und der Siedlung Beispiele dafür gegeben, wie stark die Hemmungen sind, die sich schon aus finanziellen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Regierung Preußens und des Reichs ergeben. Auf dem Wege von der Landesver- waltung über die Provinzial- und Kreisverwaltung bis zur Kommune vermehren sich die Reibungsverluste, und es ist ja bekannt, wie sehr zum Beispiel die Förderung der Bautätig- keit unter der Vielheit der Instanzen, mit denen ein Baulustiger sich herumzuschlagen hat, leidet. Auf all diesen Gebieten muß die Größe des Ziels die bureaukratischen Hemmungen hinwegfegen. Di« öffentliche Meinung wird der Verbündete jeder Stelle sein, die mit Energie für die Verwirk- lichung des Programms der Arbeitsbeschaffung eintritt. Die Hauptoerantwortung liegt dabei gewiß bei der Reichsregie- rung, und der Reichstagsausschuß für die produktive Erwerbs- losenfürforge wird die Aufgabe haben, auch in den Ferien ständig die Einlösung der gegebenen Versprechen zu über- wachen und für eine Beschleunigung des Tempos der Verwirklichung seines Programms zu sorgen. Diese Stellung der zentralen Reichsbehörde enthebt aber weder
Der Lippenstift. Don Paul Gutmann. ! In dem Kolleg eines bekannten Juristen wurde eine junge Studentin gemahregelt, weil sie während der Vorlesung einen Lippenstift Hervorzug und sich damit den Mund färbte. Der Professor war sittlich entrüstet und sprach vom Versall unserer Kultur. Die Studenten gelobten einander, daß sie nach dem Vorbild ihrer amerika- Nischen Kollegen das nächstemal ihr Rasierzeug mitbringen und sich mitten in der Vorlesung rasieren würden. Die unglückliche Studentin war derart beschämt worden, daß sie einen Nervenansall bekam und eine Woche dem Kolleg fernbleiben mußte. Der Vorfall ennnert an die mittelalterlichen Hexenverfolgungen. Dieses Mädchen, das den Mut besaß,'ösientlich zu bekunden, daß im Grunde die ganze Wissenschaft sie gern haben könne, daß es Ihr viel wichtiger sei, der Männerwelt zu gefallen, war eine erhabene Heldengestalt im Vergleich zum Professor und zu den Studenten. Anstatt in einen Weinkramps zu verfallen und als moralisch Besiegte den Hörsaal zu verlassen, hätte sie folgende Rede halten sollen: »Ich lebe in einer Welt der Lüge. Meine Kameraden, die nur selten das Kolleg besuchen, die nachts saufen und am Tage ihr« so- genannten Ehrenhändel austragen, versicherten mir oft, daß sie das alles nur täten, um bei denjenigen Leuten Wohlgefallen zu erregen und jene Verbindungen zu bekommen, mittels derer man Amts- gerichtsrat oder Regierungspräsident werden könne. Der Professor hat einen Aufruf unterzeichnet, worin gefordert wird, daß durch Gesetz die alten Titel und Orden wieder eingeführt werden. Die Wissenschaft ist für alle nur das Mittel, eine angesehene Stellung zu erhalten und den verbindungslosen Proletarier zu knechten. Die Zeitungen, die sie lesen, reden von Patriottsmus und meinem Geschäft, beten einen Führer an, solange er ihrem Geldbeutel nützt, und ver- unglimpfen ihn, wenn das Geschäft stockt, reden von Ausklärung und benutzen jedes Mittel, um das Volk zu verdummen. Die Frau ist für sie ein Vergnügungsobjekt, die Ehe ein Geschäft wie jedes andere. Als ich meinen Lippenstift hervorzog, tat ich vielleicht für fünf Sekunden etwas, was dem Ansehen ihrer sogenannten Wissenschast entgegen war. Aber sie treten sortgesetzt ihre Wissenschaft, die aus dem Recht Gerechtigkeit schaffen soll, mit Füßen und verunglimpfen die Mutter, die sie nährt. Diese feigen Helden, die ihr« Gesichter gegenseittg zerhacken, um zu zeigen, daß sie der Herrenkaste an- gehören, fallen über ein armes Mädchen her. das aufrichttg genug war, zu bekunden, daß ihr jenes Männergeschlecht nicht gleichgültig sei. Ich habe etwas getan, wozu diese Schauspieler der korrekten Haltung, diese Waschlappen im steifen Stehkragen nicht fähig sind: ich habe meine Seele entblößt. Fünf Sekunden nur, aber diese fünf Sekunden lüfteten den Vorhang, der über meiner Weiblichkeit lag. Weil ich euch m einem Augenblick des Vcrgesiens zeigte, daß ich begehrt sein möchte, fallt ihr, denen die Lüge über die ungefärbten Lippe» jtrömt, über mich her, blamiert mich mir wegen hieser meiner
die Regierungen der Länder, noch die Körperschaften der Selbstverwaltung von der Pflicht, ihrerseits alle Kräfte für die beschleunigte Inangriffnahme produktiver öffentlicher Ar- beiten einzusetzen. Die Sozialdemokraten in den Gemeinde- Verwaltungen müssen sich das Verdienst erwerben, auf diesem Gebiete Vorkämpfer zu sein, und sie werden dort, wo sie auf bureaukratische Hemmungen stoßen, nicht fruchtlos die Hilfe der öffentlichen Meinung anrufen können. * Das Problem der Finanzierung selbst, das noch vor einem halben Jahre deshalb kaum lösbar schien, weil die Aufbringung der Mittel für langsichtige Anlagen auf dem Anleihewege, wenigstens in Deutschland  , kaum möglich war. ist heute ohne Zweifel erleichtert. Der Reichsarbeitsminister hat selbst in seiner Rede angekündigt, daß diese werbenden Auslagen auch aus Anleihen bestritten werden sollen. Diese Absicht soll zunächst bei der Durchführung eines großen Programms von Wafferstraßenbauten verwirklicht werden. An dem Maße der Inanspruchnahme von Anleihemitteln wird man am besten das Fortschreiten des Arbeitsbefchaffungs- Programms verfolgen können. Die Lage des inneren Kapital- Marktes hat in Deutschland   in den letzten Monaten eine solche Wandlung erfahren, daß es keinem Zweifel unterliegt, daß die öffentlichen Körperschaften für produktive Notstands- arbeiten sehr bedeutende Summen auf dem Anleihewege flüssig machen können. Wenn aber der innere Kapitalmarkt sich nicht als ausreichend aufnahmefähig erweisen sollte, so ist auch die Aufnahme von Auslandsanleihen für diese wichtigsten Zwecke, für die Gesundung der deutschen   Wirtschaft durchaus im Rohmen der Möglichkeit und durchaus kein Unglück. Die Aengstlichkeit, mit der insbesondere der Reichsbank- Präsident bestrebt war, die Gemeinden von Auslands» anleihen zum Zwecke der Finanzierung öffentlicher Arbeiten abzuhalten, ist in der gegenwärtigen Währungs- und Ka- pitalmarktlage nicht mehr begründet. Die Erschwerung der- artiger Auslandsanleihen wirkt heute nur noch fchutzzoll- artig in der Richtung der Verteuerung der Anleihen am In- landsmarkt. Die sozialdemokratische Fraktion hat deshalb einen Antrag gestellt, die auf diesem Gebiete noch bestehenden Sonderkontrollen aufzuheben. Der Antrag ist dem Ausschuß überwiesen worden. Wir wollen aber hoffen, daß unsere For- derung auf Grund der sachlichen Richtigkeit des Arguments auch ohne formellen Reichstagsbeschluß verwirklicht wird. Die Beschäfttgung von Erwerbslosen   steht im Mittel- Punkt der Gegenwartsaufgaben der deutschen   Wirtschafts- Politik zunächst aus sozialen Gründen. Aber die gleichen Maßnahmen, die geeignet sind, unmittelbar soziales Elend zu lindern, tragen erfreulicherweise auch den Keim in sich, durch eine Belebung des industriellen Absatzes die G e s a m t l a g e der deutschen   Wirtschaft zu verbessern und von dem Leerlauf der Krise allmählich wieder zurückzuführen zur vollen Ausnutzung der Produktionsanlagen und zur vollen Beschäf- tigung der deutschen   Arbeitskräfte. Wir unterschätzen die Schwierigkeiten bis zur Erreichung dieses Zieles in der un- organisierten kapitalistischen   Wirtschaft gewiß nicht. Der Grad und das Tempo, in denen man sich diesem Ziele nähert, sind aber keine zwangsläufig gegebenen Größen, fonderp sie find abhängig von den Energien der staatlichen Kräfte, die für dieses Ziel eingesetzt werden. Der Reichstag hat Ferien, die praktische Wirtschaftspolitik aber muß in den nächsten Wochen und Monaten mit Voll- dampf, arbeiten!
Ein Schlag ins Wasser. Die Fraktion der Voltspartei hat im Preußischen Landtag einen Antrag eingebracht, der das Staatsministerium aufjordert, nunmehr s ch l e u n i g st eine Vermögensauseinander­setzung zwischen dem preußischen Staat und den Hohenzollern   her- beizusühren und während der Dauer der Verhandlungen den Haupt- ausschuß auf dem laufenden zu halten.
Aufrichtigkeit. Ihr seid noch innner die Herren der Schöpfung. Unser Lippenstift ist ein Symbol unserer Schwäche, weil wir es sind, die Verlangen erregen. Aber, meine Herren Kollegen, ihr solltet nicht zu sehr triumphieren. Es ist größer, aufrichttg zu fein, und wäre es nur die Aufrichttgkeit eines verlangenden Mädchens, als mit frecher Miene die Wahrheit zu preisen und ein Lohnsklave der Lüge zu sein." So und nicht anders hätte dl« kleine Hexe sprechen müssen, anstatt ohne Widerspruch den Scheiterhausen der Verachtung zu be- steigen.>_ Nujststhe firbeiterklubs. In Rußland   haben die Arbeiter einer jeden Branche ihren eigenen Klub. Die Kiubräume gleichen sich überall ziemlich und sind, je nach der Zahl der Mitglieder, größer oder kleiner. Sie be- stehen aus einem Lesezimmer, einer Bibliothek, Vortrags-, Turn- und Speisesälen und ähnlichen Räumen. In diesen Klubs finden die verschiedensten Veranstaltungen statt, wie Diskussionen, Auf- führungen, Konzert«, Spiele usw. Eine bedeutende Rolle spielt in den Klubs der dramatische Zirkel mit seinem eigenen Theater, an dem sich anfangs nur Klubmitglieder vor allem die Jugend beteiligen, der jedoch heute als dieLinaja bluza"(die blaue Blume) in ganz Rußland   verbreitet ist und auch oft aus Berufs- schauspielern besteht. Diese» Theater, das in manchen Städten auch als Xrasnaja bluza"(rote Bluse) bekannt ist, bringt nur Vor- /tellungen auf die Bühne, die in Verbindung mit den Tagesneuig- 'keiten stehen. Besonders wird fast jeden Abend die.�ivsia gazeta" (die lebende Zeitung) vorgeführt, bei der alles zur Darstellung kommt, was in den Zeitungen enthalten ist. Dabei herrscht die größte Freiheit: man macht sich über alle möglichen alten und neuen Institutionen und Begebenheiten so recht von Herzen lustig und glaubt dadurch auf eine Besierung hinwirken zu können. Viel- fach besitzen die mitspielenden Dilettanten eine erstaunlich hohe Begabung, und man kann vielleicht ohne Uebertreibung sagen, daß «s überhaupt kaum einen Russen ohne schauspielerisches Talent gibt. Natürlich nehmen vor allem die jungen Menschen begeistert an Thealervorstellungen teil, und die gut ausgebildeten und trai- vierten Körper dieser Dilettanten, die sich die Berufsschauspieler zum Vorbilde nehmen, sind eine der erfreulichsten Erscheinungen in Rußland  . Außer dem Theater gibt e« noch einlebendes Kino", das einer Pantomime oder sich bewegenden lebenden Bildern ähnelt und das gleiche Thema wie die lebende Zeitung behandelt. Großer Wert wird ferner in allen Klubs auf die Abteilung für sogenannteFiskultur" gelegt. Man turnt nach ähnlichen Systemen wie bei uns, teils mit, teils ohne Musikbegkitung. Das System ist vom sichechischen Sokol übernommen worden, weil dieses in Rußland   als das beste und gesundheitszuträglichste anerkannt worden ist. An dem Gymnastikunterricht beteiligen sich Männer und Frauen. In den Klubs befinden sich neben Turnsälen mit Ge- röten auch große Baderäume mit Wannen und' Duschen. Wie die Arbeiter, haben auch die Angestellten ihren Klub, der beispielsweise in Rostow   in einem ganzen großen Gebäude unter- gebracht ist. Er besitzt ähnliche Einrichtungen wie die Arbeiterklubs, ist nur in mancher Hinsicht reicher und mannigfaltiger ausgestattet, weit hier sämtliche Angestellte und Intellektuelle Mjaouneukomme«
Der Antrag wird zu Beginn de? tommetiM* Woihe waf* scheinlich dem Hauptausschuh des Landtage» überwiesen werden. Eine Stellungnahme zu ihm dürfte aber vor der Vertagung des Hauses kaum noch in Frage kommen.
vaterlänüi scher Krach. ImStahlhelm   und im Jungdeutschen Orden  ". Braunschweig  , 3. Juli.  (Eigener Drahtbericht.) Der Krach im Stahlhelm  " nimmt seinen Fortgang. Die Bundesleitung in Magdeburg   nimmt dabei einseitig Partei für Uhlenhaut   und gegen die 19 Komeradschaftsführer, hinter denen 1600 Mitglieder stehen. In diesem Sinne hat sie am Sonnabend eine Erklärung veröffentlicht» in der gleichzeitig mitgeteilt wird, daß die Beschwerde der Braun- schweizer Kameradschastssührer gegen Uhlenhaut   keinen Anlaß bietet, diesen Renegaten aus dem Verband auszuschließen. Ein eigentümlicher Herr dieser Uhlenhaut  . Als er kürzlich den Rechts. anwalt Rustenbach aus Braunschweig   wegen Beleidigung verklagte und der zuständige Wächter der Justiz die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnte, schloß er diesen Richter aus dem Stahl» Helm aus. Er verlangte also von ihm bei Strafe des V e r l u st e s der Mitgliedschaft eine Rechtsbeugung. Vorher beleidigte Uhlenhaut   selbst in einem Artikel der ZeitungDer Stahlhelm" den Vorsitzenden des Vereins ehemaliger Braunschweiger Husaren, Dr. K r a m e r. Es kam zu einem Duell, bei dem es Uhlenhaut  schlecht erging und zu dem er von Angehörigen des Stahlhelms über Jahre gedrängt werden mußte. Das Ende vom Lied ist, daß jetzt gegen ihn wegen dieses Kampfes Strafantrag bei der Staats- anwaltschaft gestellt worden ist, und zwar von seinen einstigen Freunden. Die Gerichtsoerhandlung wegen Zweikampfes dürste bald stattfinden. «. Auch in anderen Vaterländischen Verbänden geht es drunter und drüber. ImIungdeutschen Orden" streiten sich schon seit Wochen zwei Richtungen, und es scheint, daß diese Auseinander- sctzung nur durch eine Spaltung ihren vorläufigen Abschluß findet. In Stettin   ist bereits die dortige Ortsgruppe aus dem Verband ausgeschieden. Sie begründet ihren Schritt mit derFranzosen  » Politik" des Hochmeisters Mahraun  .
Sraunfchweiger Justiz. Oberstaatsanwalt du Rai geht um. Aus Braunschweig   wird uns geschrieben: Im Stahlhelm-Brann» schweig ist alles möglich. Dort wurden kurz vor dem Volks- entscheid Landtagsabgeordncte wegen Verbreitung von Flugblättern und wegen Verkaufs der Saengcr-Broschüre nach der Polizeiwache geschleppt und festgehalten, dort werden auch Lesebüchergereinigt", wenn sie Gedichte von Karl Bröger   oder Lesestücke von Gustav Frenssen   über die Verfassung des Deutschen Reiches enthalten. Nun aber hat man die Gipfelleistung erreicht. Man hat die R e d a k- teure der drei im Freistaat Braunschweig   erscheinenden sozial» demokratischenZeitungen in Anklagezustand wegen Der» breitung unzüchtigerSchriften versetzt. Vor dem Volks« entscheid hatte derVolksfreund" ein Bild veröffentlicht, auf dem Herzog Karl der.Brillantenherzog", mit einigen seiner Mätresien. die sich um ihn drängten und an ihn hängten, veröffentlicht. Dieses Bild ist keineswegs unsittlich gewesen. Auf eine Anzeige eines Muckers hatte die Distriktsstaatsanwaltschaft in Holzmlnden die Erhebung der Anklage abgelehnt, und erst ein Druck des sattsam bekannten Oberstaatsanwalts du Rot, der dem.Volts- freund" nicht wohlgesinnt ist, hat die Justiz in Bewegung gesetzr, die Anklage zu erheben. Diesem Oberstaatsanwalt du Roi scheint überhaupt seit seinem .Sieg" in dem bekannten Prozeß der Kamm geschwollen zu sein. Er hat jetzt». a. auch unser Parteiblatt in Jena   verklagt. Als Grund wird der Abdruck der Prozeßberichte und eine Würdi- gung des Ausganges der Gerichtsverhandlung angegeben. Diese Berichte sind in allen sozialdemokratischen Blättern abgedruckt worden, ohne daß sich der»mutige' Staatsanwalt bisher gemeldet hätte.
und ihre verschiedenen Studien betreiben. Auch aus Fiskultur wird hier beinahe noch mehr Wert als in den Arbeiterklubs gelegt, da hier fast lauter Menschen mit sitzender Beschäftigung verkehren, für die körperliche Bewegung in ihrer freien Zeit besonders not- wendig ist. Der Aufenthalt in den Klubs, auch der Unterricht in Sprachen. Gymnastik u. a.. ist für di« Mitglieder kostenlos.
Wildgan, im eustspiclhaus. An sich war es kein schlechter Einfall, Anton W i l d g a n s' Trauerspiel.Armut  " aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Nach seinem Erscheinen im Jahre 1914 Hot es viel« Aufführungen erlebt, bis es fast mit einem Schlage von den Spielplänen oerschwand. Aus der armseligen Auf» sührung. die jetzt das L u st s p i e l h a u s herausbringt, läßt sich beim besten Willen nicht ersehen, ob das Drama heute noch Lebens- traft besitzt oder nicht. Anton Wildgans   hat ein liebendes und mit- lcidoolles Herz. Den Gestalten seine? Tragödie hat die Armut die Seele verhärtet, sie scheinen kalt und gefühllos, aber das mensch- liche Gefühl haben ihnen die täglichen Sorgen nicht ganz zer- treten können. Ab und zu. gleichsam verstohlen, leuchten auch aus diesen zermürbten Figuren erwärmende Züge hervor. In der In- szenierung, die Alfred Golsar besorgt hatte, kam aber nur die lastend« Dumpfheit zum Ausdruck, die durch das Drama zieht. der befreiende Ausblick und die zarte Lyrik wurden unter dem Pathos de» Hauptdarstellers Richard Dufchinfky völlig ver- nichtet. Herr Duschinsky ruderte soviel mit Armen und Beinen herum und übersteigerte seine Stimme so sehr, daß man zuweilen glaubte, in ein« Parodie des Wildgansschen Trauerspiels geraten zu fein. Auch die übrigen Darsteller trafen nicht den leisen und zarten Ton. der von dieser Tragödie die hoffnungslose Bitterkeit nimmt. Nur Margarete Ebinger und M. Berge r über- trafen das Niveau einer Vorstadtbühne. Dlt. Eine neue Architektenvereinigung. Die deutschen   Architekten, die im Sinne der neuen Baukunst arbeiten, haben ihren Zusammen- schluß vollzogen. Der Vereinigung, die den Namen.Der Ring" trägt, gehören alle führenden Persönlichkeiten der neuen Bewegung an. Außerdem Ist sie in Fühlung mit den führenden Namen des Auslandes, denen sie durch gleiche Gesinnung und gemeinsame Ziele verbunden ist. Das Sekretariat des Rings ist in Berlin   W 15» Fasanensttaße 37. künstlich« Vitamine? Nach einer Meldung aus Leipzig   soll drei Leipziger   Gelehrten die künstlich« Herstellung des Vitamins ge- tungen sein, desien Fehlen in der Ernährung die Rachitis erzeugt. Das wichtige Vitamin ist nun nicht nur in feiner chemischen Zu- sammensetzung erkannt, sondern es sind auch Methoden gefunden worden, nach denen es herzustellen ist, und die gestatten, Lebens- mittel verschiedenster Art mit ihm zu imprägnieren. Aus bestimm- ten Gründen werden die Namen der Entdecker vorläufig noch geheim- gehalten. Die Meldung klingt in dieser Form sehr mysteriö» beinahe amerikanisch. Srftaiilfahruag der Woche. Sonn ab. Metropol-Th.:»Negerrevu« .vlack veople». Sie lu.beiliknrgchriit Im löchsilche» Siaatsdlevsl. vom 1. Januar 1927 ab wird im sächsischen Staatsdienst grundsätzlich alS Kurzichritt nur die NnheitSturzlchrilt gebraucht. Die Bihördenvorställde find oerpflichtet, die Surzlchrtst im Dienste nach Mögltchkeit zu jördera.