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Nr. 31843. Jahrg.npaini

Ausgabe

Nr. 164

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Freitag, den 9. Juli 1926

Gareis' Mörder in Haft.

Ein Erfolg des Feme - Untersuchungsausschusses des Reichstags.

München , 8. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Seit 1 einigen Tagen befindet sich der ehemalige Leutnant Hans Schweikart , der Mörder des Dienstmädchens Sand­meyer, in Untersuchungshaft. Er steht in dem dringenden Berdacht, auch den Mord an dem bayerischen Landtags­abgeordneten Genossen Gareis am 9. Juni 1921 begangen zu haben.

Die Nachricht aus München kommt der weiteren Deffentlichkeit überraschend, nicht aber denen, die Gelegenheit hatten, die Tätigkeit des Femeausschusses des Reichstags von der Nähe aus zu verfolgen. Gegen den Leutnant der bayerischen Einwohnerwehr Hans Schwei­ kart , der den Mord im Forstenrieder Park auf dem Gewissen hat, ergaben sich aus den Akten so dringende Verdachts­momente in der Richtung des Mordes an Gareis, daß die Ein leitung eines neuen Berfahrens unausbleiblich schien. Man muß fich nur wundern, daß die bayerischen Behörden, denen doch auch die Akten zur Verfügung standen, an den sich ergebenden Zusammen hängen blind vorübergingen, und daß erst der Untersuchungsausschuß des Reichstags fommen mußte, um ihnen die Augen zu öffnen.

Der Mörder des Genossen Gareis wurde auch am Ort der Tat gesehen. Es war ein junger Mann in feldgrauem Anzug und Wickel­gamaschen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er von Augenzeugen durch Gegenüberstellung identifiziert werden kann.

Ein Vorspiel im Reichstag.

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Die Wahrheit über Cook.

Warum wurde der Generalstreik abgebrochen? ( Von unserem Londoner Berichterstatter.) E. W. Condon, 6. Juli 1926. Kein Ereignis seit Menschengedenken hat die britische Arbeiterbewegung so sehr im tiefsten aufgewühlt, als der Generalftreit, feines hat so viele Probleme der Bewegung aufgegeben, wie die Ausrufung des Streifs, die Taktik feiner Durchführung und sein Abbruch. Nichts ist von der einen oder anderen Seite her unangefochten, nichts unbestritten geblieben. Aber während von unverant­wortlicher Seite her die schärfften Angriffe auf die Führung erhoben, falsche Berichte über die inneren Vorgänge ten Personen, also insbesondere den Mitgliedern des General­in Umlauf gesetzt worden sind, ist allen verantwortlich beteilig­rats der M und verschlossen. Eine innere Auseinander­fegung, das war die Auffassung aller Führer der Gewerk­schaften, mit Ausnahme einiger Bergarbeiterführer, war unzweckmäßig, solange der Arbeitskampf im Bergbau fortdauerte. Darum schwiegen die Hauptbeteiligten und Hauptverantwortlichen allen. Herausforderungen zum Troß, die von kommunistischer oder halbkommunistischer Seite an sie gerichtet wurden; darum entschloß sich der Generalrat auch, den außerordentlichen Gewerkschaftskongreß, berufen worden war, bis nach dem Abschluß der Auseinander­der zwecks Erörterung des Generalstreifs zum 25. Juni ein­fegung im Bergbau zu verschieben.

Der Fall Schweikart Frick ist schon am 18. Mai d. I. vom Genossen Levi in einer Reichstagssigung zur Sprache gebracht worden. Damals stellte Genosse Dr. Levi fest, daß unter der ver­der des Mordes an der Sandmeyer dringend verdächtig ist, drei Tage antwortlichen Leitung Fricks dem Leutnant a. D. Sch weitart, nach dem Mord am 9. Oktober 1920- ein Baß ausgestellt wurde, auf Grund dessen Schweikart verschwand. Im Mai 1921 bekam Schweikart auf Empfehlung der Abteilung VI der Münchenerschaften, Schweikart auf Empfehlung der Abteilung VI der Münchener Polizeidirektion vom ungarischen Generalkonsul in München

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einen falschen Paß auf den Namen Janos Schmidt. Auf diesen falschen Baß kehrte Schweikart am 7. Juni nach München zurüd, am 9. wurde Gareis ermordet. Der Abg. Frick," schloß Genosse Levi, muß alle diese Zusammenhänge besser kennen als wir alle."

Das Dienstmädchen Sandmeyer war wegen angeblicher Frick vermochte gegen diese Beschuldigungen nichts vorzu­Spionage gegen die Einwohnerwehr im Oftober 1920 in einem Auto bringen als ein Verlegenheitsgestammel. eben dieser Einwohnerwehr nach dem Forstenrieder Park entführt In München herrscht in gewissen Kreisen große Aufregung und dort von Schweikart ermordet worden. Schweifart floh nach über die Absicht des Femeausschusses des Reichstags, diefer Tat mit einem falschen Baß, den ihm der damalige im Herbst nach München zu kommen, um dort zahlreiche Zeugen Leiter der Münchener Abteilung VI, der jeßige pöllische Reichsvernehmungen durchzuführen. Der Beschluß des Ausschusses ist be tagsabgeordnete Dr. Frid ausgestellt hatte, ins Ausland. fanntlich gegen die Stimmen der Sozialdemokraten gefaßt worden, Am 8. Juni 1921 fam ausweislich der Aften Schweikart wieder die befürchteten, daß der Ausschuß in München nicht die genügende nach München zurüd. Am 9. Juni um Mitternacht wurden auf Bewegungsfreiheit für seine Tätigkeit finden würde. Gareis unmittelbar vor seiner Wohnung vier Schüsse abgegeben, die feinen Tod herbeiführten. Am 11. Juni verließ Schweifart wieder München und Bayern .

Der Mörder der Sandmeyer, Schweifart, war also unmittelbar vor dem Morde an Gareis nach München zurückgekehrt. Er ist dort geblieben, bis der Mord geschehen war und hat sofort danach München wieder verlassen!

Abgesehen davon, ergeben sich gegen ihn noch andere Beweise, bei denen die Schriftsachverständigen ein wichtiges Wort zu sprechen haben werden.

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Die Münchener Behörden haben das muß jeder zugeben, mag er auch über die inneren Zusammenhänge wie immer denken bei der Aufdeckung und Verfolgung der zahlreichen politischen Morde, die in München oder von München aus begangen wurden, völlig versagt. Dem Femeausschuß des Reichstags dagegen ist es ge: lungen, in diese Verbrechen tief hineinzuleuchten und für die Justiz nützliche Vorarbeit zu liefern. Wer jetzt noch gegen den Reichstagsausschuß hezt, der beweist damit, daß er die Aufdeckung jener Verbrechen nicht will, daß er sich mit Meuchelmördern solidarisch verbunden fühlt.

Caillaux antwortet Blum.

Dürftige Dialektik statt sachlicher Argumente.

Paris , 8. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Die Regierung scheint| Unterstützung ausländische Wirtschaftsspezialisten wie Keynes und die Finanzdebatte beschleunigen zu wollen.

Caillaur

Gilbert Parker heran, die, wie er behauptet, seine Sanierungs­aufaffung teilen. Caillaur scheute dabei vor keiner Demagogie zurück

und behauptete, daß die Kapitalabgabe, auf der die So­Fiasto erlitten habe. In der Tschechoslowakei sei ihr Erfolg aus ganz besonderen Umständen heraus zu erklären. Gie habe außerdem den Nachteil, daß sie fast ausschließlich die Mittel­flasse treffe und die Befizer größerer Vermögen sich ihr durch die lucht ihres Rapitals ins Ausland entzögen.

hat am Donnerstag nachmittag, ohne die zahlreichen vorgemerktenzialisten die Sanierung aufbauen wollen, in allen Ländern Redner zu Wort kommen zu laffen, bei Beginn der Sitzung sofort die Tribüne bestiegen, um Franklin Bouillon und ins besondere Leon Blum zu antworten, dessen Rede einen tiefen Eindrud in den weitesten Kreisen hervor gerufen hat. Caillaug wies darauf hin, daß das Schuldenabkommen Gegenstand eines Spezialgefeßentwurfes sein werde und ging dann fofort auf die Rede Leon Blums über, der am Mittwoch die finan­ziellen Konzessionen des Finanzministers bis in die Reihen der bisher überzeugten Anhänger Caillaug' hinein schwer erschüt tert hat. Er wehrte sich gegen den Vorwurf Blums, daß er sich den Sachverständigenentwurf zu eigen gemacht habe. Zur Durch führung seiner beabsichtigten Steuerreform, d. h. der Erhöhung gewisser indirekter und Herabsetzung gewisser direkter Steuern, brauche er unbedingt Vollmachten. Er zitierte daran anschließend einen Artikel des Sozialisten Vincent Auriol , in dem dieser ausführt, daß, wenn die Sozialisten zur Regierung fämen, fie

ebenfalls zu diktatorischen Maßnahmen greifen müßten. Die Behauptung Blums, die von den Sachver ständigen vorgeschlagenen Maßnahmen führten lediglich zur In­flation, lehnte Caillaur ebenso wie die von Blum geforderte Kon­folidierung der Schaßscheine ab. Er sei früher ebenfalls An­hänger einer Konsolidierung der Schatzscheine gewesen, habe aber seine Ansicht geändert und sei heute ausschließlich Gegner derselben. Eine obligatorische Konsolidierung würde nach seiner Ueberzeugung die Auszahlung von Vorschüssen und damit eine Inflation, außerdem schwere wirtschaftliche Schädigun gen, zahllose Bankrotte usw. nach sich ziehen. Was Caillaur den sa chlichen Ausführungen Blums im einzelnen ent­gegenhielt war dürftige Dialettit,

die an dem Kern der Dinge vorübergeht und ausschließlich auf die Wirkung auf die Rechtsparteien berechnet war. Er zog zu seiner

Der zweite Teil seiner Rede war dem erneuten Versuch ge­widmet, die Ueberlegenheit seines Programms gegenüber dem sozialistischen zu beweisen. Interessant war dabei nur die Mitteilung, daß Frankreich mit einer Summe von 300 Millionen Dollar für seine Währungsstabilisierung nicht auskommen werde, sondern eine bedeutend höhere Summe benötige..

Der Ausgang der Debatte ist weiterhin völlig ungewiß

und wird ganz von dem Geschick abhängen, mit dem Caillaug die gefährlichen Klippen der Ratifikation des Washingtoner Ab tommens umschifft. Der Abschluß der Debatte wird durch den enormen Frankensturz am Donnerstag beschleunigt werden.

Katastrophaler Frankensturz.

1 engl. Pfund 191,75 französische Franken = 205 belgische Franken.

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erheblich schwächer. Paris , das gestern mit 181,50 geschloffen hatte London meldete die Auszahlungen Paris und Brüssel wiederum und nachbörslich bereits auf 183,12 zurückgegangen war, notierte heute bei Börsenschluß 189,75 und nach börslich 191,75. Brüffel schloß gestern mit 190,50 und gab nachbörslich auf 192,25 nach, um heute mit 200,50 zu schließen und nachbörslich auf 205,00 3 urüd­zugehen. Aus New York wurden beide Frankenwährungen auch schwächer gemeldet, u. a. Paris mit 2,59%( geftriger Schlußfurs 2,62), 2,57, 2,56. Brüssel Eröffnung 2,47( geftriger Schlußfurs 2,51), 2,45, 2,42%.

Es war um so bedauerlicher, daß sich der Sekretär der Bergarbeiter, Cook, durch diese freiwillige Schweigepflicht, die sich die gesamte Gewerkschaftsführung auferlegte, nicht gebunden fühlte. In einem The nine days"( Die neun Lage) überschriebenen Pamphlet stellte Cook die Vorgänge so dar, wie sie sich für ihn spiegeln, griff er, ohne Rücksicht auf die Tatsache, daß die Angegriffenen in diesem Augenblide nicht antworten konnten und wollten, die Führer der übrigen Gewerkschaftsbewegung, den Generalrat wegen seiner Haltung während des Generalftreits aufs schärffte an und warf ihm, direkt und indirekt, vor, durch den Abbruch des Streiks die Bergarbeiter im Stiche gelassen zu haben. Troß dieser fortdauernden Angriffe von seiten des Sekretärs der Berg­arbeiter, deffen Stellung übrigens statutenmäßig unvergleich­lich entscheidender ist, als die Stellung des Sekretärs einer fontinentalen Gewerkschaft, hat sich der Generalrat nicht daran hindern lassen, erst unlängst wieder, an die Gesamtbewegung um tatkräftigere Unterstüßung für die fämpfen­den Bergarbeiter zu appellieren und seine moralische und materielle Hilfeleistung auf breitester Basis zu organisieren. Trotzdem dürfte es den Mitgliedern des Generalrats nicht unerwünscht sein, daß das völlige Schweigen, zu dem sich die offiziellen Gewerkschaftsführer verpflichtet fühlten, nunmehr durchbrochen worden ist. The Locomotive Journal", das Verbandsorgan der Gewerkschaft der Lokomotivführer und Heizer, veröffentlicht in seiner jüngsten Nummer einen von dem Generalsekretär des Verbandes, John Bromley, stammenden Artikel, in dem der Bericht, den der Generalrat dem außerordentlichen Gewerkschaftsfongreeß vorzulegen plante, in weitestem Ausmaße zitiert wird. Die Veröffent­lichung ist um so bemerkenswerter, als Bromley, der die Preisgabe dieser Stellen aus dem geheimgehaltenen Berichte übernimmt, selbst Mitglied des Generalrats ist. Von den von Bartien weitgehendes Interesse, die sich auf die Gründe be Bromley veröffentlichten Stellen verdienen insbesondere jene ziehen, welche den Generalrat zu dem überraschenden Ent. schlusse veranlaßt haben, den Generalstreit am 12. Mai a b= 3ubrechen.

stellt der Generalrat der Gewerkschaften in seinem Berichte Hinsichtlich der dem Streit vorausgehenden Vorgänge stellt der Generalrat der Gewerkschaften in seinem Berichte fest, daß er sich niemals auf die Formel der Berg­arbeiter festgelegt hat, welche dahin geht, unter teinen Umständen eine Regelung zu akzeptieren, welche von den Bergarbeitern Opfer mit Hinblick auf die Arbeitszeit, auf die Lohnhöhe oder den Charakter des Kollektivvertrags ( distriktweise Regelung!) fordert. Der Generalrat habe sich durch sein Industrielles Komitee" lediglich verpflichtet ,,, dic Bergarbeiter in ihren Bemühungen, eine billig ee Schlich­tung der bestehenden Schwierigkeiten zu finden", zu unter­stützen. Trotzdem habe sich die Delegiertenversammlung der Bergarbeiter auf die obigen drei Punkte als die Grundlage ihrer gesamten späteren Politit festgelegt. Der Bericht des Generalrats stellt hierauf fest, es müsse damals den Gemert­schaftsführern flar gewesen sein ,,, daß die Industrie zu er st ihre Löhne aufrechtzuerhalten". reorganisiert werden müsse, ehe sie in der Lage wäre,

" Wir sind," sagt der Bericht wörtlich, der Meinung, daß es naben haft war, diese eingeschlagene Linie beizubehalten und wir möchten, ehne zu zögern, feststellen, daß es keineswegs der Aus­drud einer Führerschaft ist, einfach unbeweglich auf einem Stand­punkt zu verharren, während Hunderttausende von Männern mit ihren Familien wegen eines Schlagwortes not leiden."

Der Bericht stellt hierauf feft, daß die Haltung der Berg­arbeiter den Unternehmern einen Vorwand gegeben habe,