Dke Revision im pannier-prozeß. Tie Fememörder vor dem Reichsgericht. Am Montag, den 12. Juli, findet vor dem Reichsgericht die Reoifionsverhandlung im Fcmemordprozeß Pannier statt. Die Lorinstanz hat am 3. Fedruar vier Angeklagte zum Tode verurteilt: den Leutnant B e n n wegen Anstiftung zum Morde und drei Mann aus der Schwarzen Reichswehr, Stein, Schirrmann und Afchentamp wegen Ermordung ihres Kameraden, des Bäckers Pannier. Dieser war zu diesem Zwecke aus Berlin zurückgeholt worden, wohin er sich geflüchtet hatte. Am Tage daraus wurde er auf dem früheren Döberitzer Truppen- lager mit Eisenstangcn niedergeschlagen und verscharrt. Die An- geklagten Hauptmann a. D. G u t k n e ch t und Major a. D. von Senden, die Vorgesetzten des Leutnants B e n n, die in der Vor- Untersuchung schwer belastet worden waren, wurden freigesprochen. Sie erhielten schon während der Gerichtsverhandlung ihre Freiheit zurück. Weshalb?— das erfuhr die Oeffentlichkeit nicht. Eben- sowenig erfuhr sie, aus welchem Grunde der Angeklagte Schmidt wegen Beihilfe zum Morde nur drei Jahre Zuchthaus erhalten hatte, welcher Art die vaterländischen Motive waren, die den Angeklagten Stetzelberg nach Ansicht des Gerichts bei seiner Mordbegllnstigung geleitet haben sollten und wieso die Angeklagten Meder, Snethlage und Z e i d l e r freigesprochen werden konnten, obgleich sie wohl wußten, daß Panniers Leiche aus einem Loch in ein anderes gebracht worden war. Die Berliner Richter hatten nämlich, dem Beispiele ihrer Schwe riner Kollegen folgend, auf Antrag des„nationalen" Verteidigers Dr. Sack die Oeffentlichkeit ausgeschlossen— trotz des Widerspruchs des Oberstaatsanwalts und des Gutachtens des preußischen Staats- Ministeriums, das im Einvernehmen mit der Reichsregicrung erklärt hatte, daß die Staatssicherheit durch eine öffentliche Verhandlung nicht gefährdet würde. Nicht weniger unbegreiflich schien es, daß dem Dr. O b u ch und später dem R.-A. Dr. L ö w e n t h a l Schwierigkeiten gemacht wurden, als die Angeklagten Stein und Aschenkamp ihre Zu- lassung beantragten. Es hieß, die Angeklagten hätten ja bereits einen Verteidiger. In Wirklichkeit hatten sich aber Stein und Aschen- kamp nach ihrer Verurteilung die Sache überlegt und waren dahinter gekommen, daß zwischen ihnen, die die Tat ausgeführt hatten und denen, die sie befohlen hatten, keine gemeinsamen Verteidigung-- interessen sein konnten: sie waren aber in der Gerichtsverhandlung von denselben Anwälten vertreten worden, wie die der Anstiftung Beschuldigten Gu t k n e ch t und o. Senden. Zu einem öffentlichen Skandal reifte aber die Affäre S e n- den und Genossen heran, als in einem Teil der republika- irischen Presse nach dem Prozeß sensationelle Enthüllungen erschienen. Es stellte sich heraus, daß von einer gewissen Seite, die auch als Geldgeber fungierte, den angeklagten schwarzen Reichswehr. soldaten die„nationalen" Verteidiger aufgezwungen worden waren. Während der Brief Aschen ka m p s an den R.-A. Dr. T h e m a l zehn Tage unterwegs war, erschien bei dem Angeklagten R.-A. Dr. Sack und bot ihm seine Dienste als Ver- leidiger an. Auf A s ch e n k a m p, der als zweifelhafter Kantonist betrachtet wurde— auch während der Gerichtsoerhandlungen war er einem Ohnmachtsonfall nahe— war bereits früher ein Mord- an schlag verübt worden. Nicht weniger sensationell waren die Enthüllungen über den freigesprochenen Major v. Senden. Es wurde ihm in allen Einzelheiten seine Mitschuld an der Anstif- tung zur Ermordung Panniers wie auch im Falle Wilms nach- gewiesen. Die Revisionsklage beruft sich u. a. auf die Unvereinbarkeit der Vertretung von Anstiftern und Haupttätern durch dieselben Ver- teidiger, die vom Gericht in zwei Fällen zugelassen worden waren, auf den unrechtmäßig erfolgten Ausschluß der Oeffentlichkeit, auf die Nichtzuständigkeit des Schwurgerichts und auf manche andere Reoisionsgründe sormaljuristifcher Natur. Auf die Entscheidung des Reichsgerichts darf man gespannt sein. Der Hauptmann a. D. Gutknecht, der sofort nach dem Prozeß von der Abteilung I» des Berliner Polizeipräsidiums in einer andc- ren Fememordsache wieder verhastet worden war, ist vor einigen Tagen aus freien Fuß gesetzt worden.
Immer noch Kommunisienprozesie. Ein mittelalterliches Strafsystem. eeipzlg. 10. Juli. (Eigener Drahtbericht.) In zweitägiger Der- Handlung beschäftigte sich der vierte Strafsenat des Reichsgerichts mit sechs Kommuni st en aus Oberschlesien und Sachsen . Es hatten sich wegen Vorbereitung zum Hochverrat und unbefugten Waffenbesitzes der Bergmann Viktor S ch in i a l e ck aus Hindenburg in Oberschlesien , sowie der Werkzeugschlosser Otto Schreiber aus Hartha in Sachsen und vier weitere Personen aus Plauen i. V. und anderen Orten zu verantworten. Dem Angeklagten S ch m i a l e ck wurde zur Last gelegt, in Oberschlesien eine so- genannte Tschekagruppe gebildet zu haben; gleichzeitig soll er im Besitz von Sprengkörpern und Waffen gewesen sein. Die Angeklagten Schreiber und Genossen sollen innerhalb Sachsens Zersetzung in der Polizei getrieben haben, indem sie Flugschriften hochverräterischen Inhalts an die Polizeiwachen ver- teilten. Das Gericht verurteilte Schmialeck zu drei Iahren Zuchthaus und 300 Mark Geldstrafe und Schreiber zu zwei Iahren Gefängnis und 200 Mark Geldstrafe. Sechs Monate und die Geldstrafen wurden auf die Untersuchungshaft angerechnet. Vier weitere Angeklagte wurden mangels Beweises freigesprochen und die Kosten der Staatskasse auferlegt.
Verurteilter Spion. Leipzig . 10. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Vor dem Strafsenat des Reichsgerichts hatte sich wegen Landesverrat und Verrat mili- tärischer Geheimnisse der 32jährige Reisende Richard Wanke aus Reichenberg in Böhmen zu verantworten. Wanke soll von Januar bis Februar dieses Jahres fortgesetzt Nachrichten, die im Interesse der Landesverteidigung geheimzuhalten waren, dem tschechoslowakischen Spionagebureau übermittelt haben. Das Gericht fällte nach mehr- stündiger Beratung solgenden Spruch: Wanke wird wegen Landes- verrats und Spionage zu zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt.
Bolschasker VIllalobar gestorben. Am Freitag starb in Brüssel , wie uns ein eigener Drahtbericht meldet, der spanische Botschafter Marquis d e L i l l a l o b a r. Die Belgier bewahren ihm ein dank- bares Andenken wegen der zahlreichen Dienste, die er ihnen während der deutschen Besetzung durch Verpflegung der Bevölkerung, Schutz gegenüber der Besatzungsbehörden und vor allem durch V e r h i n- derung von Deportationen geleistet hat. Seine Be- mühungen. Miß C a v e l l zu retten, waren leider erfolglos. Dennoch unterhielt Dillalobar bis zuletzt mit den Zivilstellen der deutschen Okkupasionsbehörden gute Beziehungen. Attentat in Budapest . Auf dem Balkon der Wohnung des linksradikalen Journalisten Persian wurde in der Nacht eine Bombe geworfen, die jedoch bei ihrer Explosion keinen Schaden anrichtete. Die Töter entkamen._
das Autounglück auf öer fivus. Ein italienischer Fahrer tot. einer schwer verlehl. Zu dem schweren Autozusammenstoß aus der Avus im Grüne- wald erfahren wir noch folgende Einzelheiten: Während der letzten Tage machte sich auf der Avus eine von Tag zu Tag steigernde Trainingstätigkeit in- und aus- ländischer Automobile verschiedener Klassen zum„Großen Preis von Deutschland ", der morgen gefahren werden soll, bemerk- bar. Auch gestern herrschte während der Vor- und Nachmittags- stunden auf der Bahn noch ein reger Verkehr, der gegen 4 Uhr nach- mittags bei Schluß der offiziellen Trainingszeit nachließ. Immer- hin durchfuhren noch einige Fahrer die Bahn. Besonders in den Kurven trainierten noch mehrere Wagen. Um aber die Strecke, die über mehrere Kilometer führt, nicht ganz durchfahren zu müssen, fuhren die Wagen verschiedentlich durch Querverbindungen auf die nebenliegende Strecke. Mit ziemlich hohem Tempo fuhr der NAG.- Wagen Nr. 1 mit seinem Führer, dem Fabrikanten Hein und seinem Begleiter Wagner über die Bahn, als er unweit der Nordschleife plötzlich seine Geschwindigkeit verminderte, um links in die andere Bahn zu gelangen. In 1S0-Kilometer-Tempo folgte in kurzem Abstand der italienische Chiribiri-Wagen Nr. 33, der von dem Italiener Gigi Plate aus Mailand gesteuert wurde; als Begleiter fuhr Carlo C a t t a n e o, gleichfalls aus Mailand , mit. Plate konnte bei dem rasenden Tempo die Geschwindigkeit nicht mehr abdrosseln und fuhr dem NAG.-Wagen in die Flanke. Der Zusammenprall war furchtbar. Der NAG.-Wagen wurde zur Seile geschleudert, während sich der Ehiribiri-wagen zweimal überschlug und in Trümmer ging. Der Führer Plate wurde im Bogen aus dem Wagen geschleudert und blieb einige Meter entfernt schwer verletzt liegen. Sein Mitfahrer C a t t a n e o mußte aus den Trüm- mern des Wagens förmlich herausgemeißelt werden. Der Tod Eatlaneos war aus der Stelle eingetreten. Plate wurde in schwer verletztem Zustande in das We st ender Krankenhaus ein- geliefert. Weit glimpflicher kamen die Insassen des deutschen Renn- wagen? davon. Hein erlitt einen Nerve n'schock und zog sich ebenso wie sein Begleiter Wagner nur unerhebliche H a u t a b- jchürfungen zu. Auch der Wagen wurde nur leicht beschädigt. Die Schuldfrage konnte bisher noch nicht einwandfrei geklärt werden, da keine Zeugen, die den Unglücksfall in allen Einzelheiten beobachtet hatten, sich in unmittelbarer Nähe aufhielten. Nach den bisherigen Ermittelungen soll die Hauptschuld den Führer des deutschen Wagens treffen, der in unverantwortlicher Weise die hohe Fahrtgeschwindigteit plötzlich herabminderte und in dem Führer des nachfolgenden, mit etwa 130 Kilometer Geschwindigkeit fahrenden Wagens den Anschein erwecken mußte, daß er zu hallen, nicht aber einzubiegen beabsichtige. Der Engländer wring. Auf der Spur eines grofzen Versicherungsschwindels. Einem recht umfangreichen Versicherungsschwindel, in den der bisherige Syndikus und Generalsekretär des Verbandes deutscher Lichtspieltheater Dr. MaxRennert verwickelt ist, ist die Kriminal- polizei in diesen Tagen auf die Spur gekommen. Rennert hatte viele Beziehungen zu Persönlichkeiten der Filmindustrie und verstand es, diese Leute zu überreden, ein« Lebens- oder Unfallversicherung auf die Firma Gardner, Mountain u. Co. in London zu nehmen. Es wurde nun in der letzten Zeit gemunkelt, daß mit den Versicherungen selber und auch mit der englischen Firma nicht alles stimmen sollt« und die Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben tatsächlich die Richtigkeit dieser Gerüchte. Rennert wurde bereits vor 14 Tagen vernommen und war dann zunächst unauffindbar. Gestern wurde er festgenonnnen und einem Verhör unterzogen, wobei er beharrlich erklärt«, er sei das Opfer eines gewissen Wring, eines Engländers geworden, der schon in seiner ersten Vernehmung eine Rolle gespielt hatte. Es ergab sich, daß dem Rennert im Lauf« der letzten Jahre insgesamt 100 Versicherungenmit100000 M. Prämienzahlungen zugeflossen sind und es gewinnt den Anschein, als ob die englische Versicherungsgesellschaft Herr Rennert selber gewesen ist und daß er demzufolge alle Versicherungen„in sich" abgeschlossen hat. Jedenfalls ist bis zur Stunde die Persönlichkeit des Engländers Wring höchst zweifelhaft. Rennert ist zunächst aus der Hast entlassen worden.
Tie grauen beim Volksentscheid. Der Versuch, die Unterschiede der Beteiligung von Männern und von Frauen an öffentlichen Ab st im- mungcn zahlenmäßig festzustellen, ist bei einigen der letzten Wahlen in dem Verwaltungsbezirk Spandau gemacht worden. Nach dem Volksentscheid hat man aus den Stimmlisten durch Auszählung die Beteiligung der Männer und der Frauen für ganz Berlin ermittelt, und das Ergebnis war das folgende: Eingetragene Stimmberechtigte: Männer 1 347 389, Frauen 1 673 781. � Abgegebene Stimmscheinc: Männer 11382, Frauen 9086. Zur Stimmabgabe erschienene Personen: Männer 912 694, Frauen 990 323. Hiernach haben sich in Berlin an der Stimmabgabe b e- t e i l i g t von den stimmberechtigten Männern über 67 Pro- z e n t, dagegen von den stimmberechtigten Frauen noch nicht 3 9 Prozent. Aus eine Erfassung auch der abgegebenen Stimmen nach Geschlechtern hat man verzichtet, weil dazu für ganz Berlin besondere Einrichtungen nötig wären. Vielleicht bedarf es aber dazu gar nicht der Aufstellung von je zwei Abstimmungsurnen für jeden Äbstimmungsbezirk. Schon durch verschieden gesärbte Briefum- schlüge könnte die Sonderung nach Geschlechtern ermöglicht werden.
Einbruch bei der Steglitzer Bank. In der Bank von Steglitz in der Berliner Straße wurde gestern abend um 10'� Uhr von einem Wächter ein junger Bursche überrascht, der in die Räume eingedrungen war und die Portokasse leert«. Er hatte seiner Mutter, die bei der Bank das Reinmachen besorgt, die Schlüssel gestohlen und die Kaste ausgeraubt. Wie festgestellt wurde, waren mehrere derartige unerklärliche Dieb- stähle vorgekommen, so daß sich der Wächter auf die Lauer legte.
Wieder ein Raubüberfall im Grunewald . In ganz raffinierter Weise war ein Raubübersall vorbereitet, der gestern abend im Grunewald verübt wurde. Als die 23 Jahre alte/ zurzeit stellungslose Hausangestellte Erna K. gestern mittag vom Arbeitsnachweis kam, traf sie im Schöneberger Stadtpark einen älteren Mann, der sie ansprach. Im Lause des Gesprächs erwähnte der Mann, daß er Oberkellner im Restaurant des Hockey-Klubs im Grunewald sei. Er könne darauf hinwirken, daß die Krakow ein- gestellt werde. Das Mädchen erklärte sich gleich bereit und holte auch ihre Sachen.sofort. Zusammen fuhren sie mit der Straßen- bahn bis nach Dahlem und gingen dann zu Fuß nach dem Hockey- platz. Der Mann trug einen der Koffer des Mädchens. In einer Schlucht fiel der Mann plötzlich über die Ahnungslose her und schlug sie zu Boden. Hierauf versuchte er, mit dem Gepäck des Mädchens davonzulaufen. In der Nähe hatten aber im hohen Grase zwei junge Leute gelegen. Auf die Hilferufe der Uebersallenen eilten sie herbei. Der„Kellner" schlug einem von ihnen mit dem K o s s e r aus den Kopf und machte ihn so kompsunsähig. Nun kam eine Schupostreise zu Rad herbei, die alsbald den mit dem Koffer flüchtenden Räuber oerfolgte und stellte. Er wurde nach der Revier-
wache gebracht und hier als ein 46 Jahre alter stellungs- und wohnungsloser Hermann Wahl festgestellt, der behauptete, von dem Ueberfall nichts zu wissen und nichts damit zu tun zu haben. Diese dreiste Unwahrheit half ihm aber nichts, er wurde dem Raub- dezernat eingeliefert. Dos Mädchen hat beim Fallen einen Blut- erguß in das Knie davongetragen, der sich so verschlimmerte, daß sie in das Lichterfelder Krankenhaus geschafft werden mußte.
Die Elektrifizierung üer Staüt- und Ringbahn. Beginn der vorarbeiten in den nächsten Wochen. Die schon seit langem versprochene Elektrifizierung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahn wird nun endlich durch die Beschlüsse der Hamburger Tagung des Verwaltungsrates der Deutschen Reichs- bahn in die Tat umgesetzt. Die Vorarbeiten hierzu sind schon seit geraumer Zeit getroffen, die Pläne für die notwendigen Strecken- Veränderungen, technischen Anlagen usw. liegen fix und fertig, so daß unverzüglich an ihre Ausführung gegangen werden kann. Es handelt sich zunächst, wie auch auf der Tagung des Berwaliungs- rates bereits betont wurde, um den Bau eines neuen Umsteige- bahnhoses westlich des fetzigen Bahnhofes Charlottenburg , sowie um die Errichtung eines Ausbesserungswerkes für die neuen elektrische» Triebmagenzüge. Der Umsteigebahnhos, von dem noch nicht seststeht, welchen Namen er erhallen soll, soll an der Stelle gebaut werden, an der die Ringbahn von den von Grunewald und Spandau kominenden Strecken gekreuzt wird. Der FernbahnhofChar- l o t t e n b u r g bleibt dagegen an der bisherigen Stelle. Mit der Inangriffnahme des Baues dieses Umsteigebahnhofes wird in den nächsten Wochen angefangen, was um so eher möglich ist, als die von der Reichsbahn noch zu erwerbenden Grundstücke orößtenteils im Besitze der Stadt Berlin sind, die für schleunige Besitzübertragung ihrerseits bereits alles getan hat. Die Stadt selbst ist nicht nur vom verkehrstechnischen Standpunkt an der möglichst baldigen Durch- führung der Elektrifizierung interessiert, sie wird vielmehr auch einen Gewinn von Messegelände zu verzeichnen haben, da die von Heer- straße nach Charlottcnburg führende Strecke für den Bau des Um- steigebahnhofes etwas nach Süden verlegt werden muß. Der jetzige Bahneinschnitt hinter der Funkhalle wird dann zugeschüttet und dem Messegelände einverleibt werden. Das Ausbesserungswerk für die Tricbwaaenzüge, das zirka VA Millionen kosten wird, soll in der Nähe von Niederschöue- weide errichtet werden, doch steht das noch nicht ganz fest. Die Verhandlungen darüber schweben noch. Aus jeden Fall muß dieses Werk rechtzeitig vor der Ausnahme des elektrischen Verkehrs aus der Stadt- und Ringbahn fertiggestellt sein. Der Wagenvark wird nach der Elektrifizierung zunächst 360 Trieb- und 340 Beiwagen um- fasten, welche Ziffern dem jetzigen Verkehrsumsang entsprechen würden. Bei der ru erwartenden Verkehrssteigerung von zikka 73 Proz. müßte die Zahl de: Waggons jedoch auf 606 bz. 366 erhöbt werden. Die Stromzuführung wird, wie auf den bereits elektri- fizierten Nordstrecken, durch Stromschiene erfolgen.
Ein Sommerfefi im �ltenheim. Im Hospital Buch gab es am Freitag ein buntes Treiben. das in diese Zufluchtsstätte der Alten und Müden eine ungewohnte Heiterkeit hineintrug. Die Verwaltung hatte für ihre Pfleglinge ein S o m m e r f c st veranstaltet, das erste in den 18 Jahren, die seit Eröffnung der Anstalt verflossen sind. Nicht ollen 1500 Insassen der Anstalt war es vergönnt, an dein gemütlichen Fest teilzunehmen. Die Allzuschwachen und Bettlägerigen, deren Aettester schon der Voll- endung des 93. Lebensjahres entgegensieht, hatten in ihren Zimmern bleiben müssen. Aber die anderen, die noch einigermaßen„frisch" sind, saßen in dem hinter dem Verwaltungsgebäude sich erstreckenden schönen Gartenraum stillvergnügt unter den schattenden Bäumen, zwischen denen die Girlanden farbiger Papiersähnchen schaukelten. Das Bild, in das der bunte Flitter der Mützen und ähnlichen Kopf� schmuckes der Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Festes passend sich einfügte, erinnerte an die Erntefeste der Laubenkolonien. Zwei Musikkapellen, aus Anstaltsangestellten und zum Teil auch aus Pfleglingen zusammengesetzt, spielten heitere Weisen, die manche Erinnerungen an fröhlichere Zeiten wachriefen. Wer noch einmal recht ausgelassen lustig sein wollte, ging zum Topfschlagen der Frauen oder zum Sackhüpfen der Männer, und wer gar selber an diesen Wettkämpfen noch teilzunehmen vermochte, dem winkte als Sieges- preis für die Frauen eine Tafel Schokolade, für die Männer etwas Rauchbares. Ein paar der ältesten Pfleglinge hielten Ansprachen und dankten der Verwaltung für das schöne Fest, Verwaltungsdirektor Krause erwiderte in freundlichen Worten und gedachte auch des um das Wohl der alten Leutchen sich bemühenden ärztlichen Direk- tors Dr. M a a s. Nach dem Abendessen, das„splendider" als sonst war, wurde im Saal des Verwaltungsgebäudes sogar ein rcgel- rechtes Tanzvergnügen veranstaltet. Stürmisch ging es dabei nicht her, aber in dem Auge manches alten Frauchens, das bedächtig sich drehte und vorsichtig durch den Saal schob, erglänzte ein Rest einstigen Iugcndfeuers. Die Anstaltsocrwaltung wird durch den guten Verlaus dieses Sommerfestes gewiß ermutigt werden, den Versuch im nächsten Jahr zu wiederholen. Tcltsamer Juwelendiebstahl in Binz . Ein merkwürdiger Juwelendiebstahl ereignete sich heute nacht im Ostseeband Binz. Im Hotel Seeschloß bewohnte seit vierzehn Tagen der Schrift st eller Karl Erdmann aus Z e h l e n- darf mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern zwei Zimmer. Gestern abend kam das Ehepaar um �2 Uhr in fein Hotel zurück und legte sich zur Ruhe. Wegen der drückenden Hitze waren die Fenster des im ersten Stockwerk gelegenen Zimmers offen geblieben. Nach Aussagen Erdmanns war morgens seine Uhr vom Nachttisch verschwunden. Als er feine Frau wecken wollte, will er sie in tiefer Bewußtlosigkeit scheinbar durch irgendein narkotisches Mittel betäubt, aufgefunden haben. Bald daraus stellte er fest, daß sämtliche Juwelen, darunter eine Perlenkette mit ungefähr 300 Perlen, verschwunden waren. Weder Frau Crdmonn, die endlich wieder zum Bewußtsein kam, noch irgendjemand vom Hotel- personal hatte etwas Verdächtiges bemerkt. Man nimmt an, daß ein Fassadenkletterer in das Zimmer gestiegen ist. Die Binzer Polizei, unterstützt von der Berliner , arbeitet ougenbsicklich an der Ausdeckung dieses merkwürdigen Diebstahls.
Sport. Der gestrige Boxgrofzkampftag im Sportpalost. In den Rahmenkömpfen stieg als erstes Paar Hans Kruse (124 Psd.) und Walter Peter(123 Pfd.) durch die Seil«. Nach einem ziemlich ausgeglichenen Kampf, in dem Peter bisweilen gute Momente zeigte, trennten sie sich unentschieden. Walter Funke(138 Psd.) schlug Paul Richter (132 Pfd.) in 8 Runden mit 6-Un,ienhondschuhen und weichen Bandagen einwandfrei nach Punkten. Der Kampf litt s-hr unter der eigenartigen Kampfesweise Richters, der derart defensiv boxt«, daß Funk« oft Mühe hatte, nachzukommen. Immerhin war Richter für Funke kein zu unterschätzender Gegner. Das Haupt- Interesse des Abends beansprucht neben dem Kampf Haymann— Humbeeck der Kampf um die Endausscheidung im Leicht- gewicht zwischen Paul Czirson(121 Psund) und Fritz E n s e l(121,4 Pfd.), der über 10 Runden ging und mit 4-Un,zen- Handschuhen und horten Bandagen ausgetragen wurde. Czirson war der größer« Schläger, Ensel ober der beflere Techniker. In der zweiten Runde muß Ensel aus einen rechten Haken bis zu acht zu Boden. Er kommt gut über die Runde und liefert in den nächsten Runden einen völlig ausgeglichenen Kampf. Czirson wird zum Punktsieger erklärt. Dos Urteil wird vom Publikum sehr geteilt aufgenommen.