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Erfinder.

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Mohr seine Schuldigkeit getan

Eine arme, halb erblindete

Wohl kein Beruf ist reicher an Enttäuschungen und Leid als der des Erfinders. Es gibt, wenn man will, dreierlei Erfinder. Solche, die an und für sich tluge Köpfe sind und glauben, etwas Bahn­brechendes entdeckt zu haben. Sie sind der Schrecken aller gewöhn­lichen Sterblichen, aber auch das willkommene Ausbeutungsobjekt für skrupellose Geldmänner, da diese Erfinder in ihre Idee ver­rannt sind, und oft genug opfern sie alles, um sich durchzusetzen". Eitelkeit, Selbstüberschäzung hat manchen dieser findigen Käpfe an den Bettelstab gebracht. Zur zweiten Kategorie gehören jene ſtillen Arbeitsbienen, deren Talent erst entdeckt" werden muß. Sie arbeiten früh und spät, wälzen hundert Neuigkeiten und originelle Ideen im Kopfe herum, find aber arme Teufel. Mit ihnen macht der Kapitalist das beste Geschäft. Er spannt sie in seine Dienste und erhält für lächerliche Abfindungen geistige Arbeit, dann hat der Näherin erfindet eine Stopfnadel für Nähmaschinen. Eine praktische, für die Hausfrau allgemein notwendige Neuerung. Monatelang setzt sie sich im Straßenhandel persönlich an einen Stand. Das Bublifum ist mißtrauisch. Der erhoffte Erfolg bleibt aus. Irgendein Herr Direktor interessiert" fich für die ganz nette" Erfindung. Er bietet der mürbe gewordenen Frau einige hundert Mark an. Freude: strahlend willigt sie ein. Und der Herr Direktor set in 14 Tagen 60 000 Stück der neuen Nadel um. Gewinn? Erfinderlos. Leichter macht es sich die dritte Art der Erfinder. Robuste, lebens: starke Menschen mit nüchternem Sinn werfen Neuerungen auf den Markt, Erfindungen", die für sie nur Geschäft sind. Zehn- und 3wanzig- Pfennig- Artikel. Keine epochemachenden technischen Wunder, oft fogar Spielzeug, aber reizvoll Originelles, das harmlose Menschen erfreut. Diese Erfinder werden zuweilen reich. Im all­gemeinen ist der Lebensweg des Erfinders ein dornenvoller Pfad in verschämter Armut und getäuschten Hoffnungen bis zum Grabe Jahrzehnte später flicht die Nachwelt ihm Kränze der Unsterb­lichkeit", für die er sich fein Stück Brot mehr faufen fann..

Die gestrigen Gewitter.

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1.

Nacht auf dem Flugplatz.

Abfahrt der Ruffenflieger früh 7 Uhr.

Der Nachtwind weht über das Tempelhofer Feld. Rechts| neugierig heran, sieht sich das Flugzeug an und sagt treuherzig: stehen die Bäume der Chauffee in düster- drohender Front zum Nicht übel. So dumm sind die Russen ja gar nicht. Die haben Himmel ausgerichtet, vom Flugplay her blinkt das verschwimmende schon was auf dem Kaften." Und Wischneff lächelt höflich: Ja, schon Licht der Signallampen. Es ist gegen 1 Uhr. Wie gespenstische allerhand Die Dämmerung ist angebrechen. Grau in Grau Bögel mit schimmernden Rüdenflächen liegen die Flugzeuge start. fommt der Tag. Aber die Russen fahren noch nicht. Erst wollen bereit im Hafen der Lufthanſa. sie die Wettermeldung abwarten. Wischneff erzählt. Es hat ihm gut in Berlin gefallen. Vorzügliche Aufnahme. Und Berlin sei eine schöne Stadt. Bevor die Russen nach Paris fahren, wollen sie in Köln oder Frankfurt a. M. landen.

In diesen Stunden sollen die Russen abfliegen. Der Beamte der Flugpolizei zuckt mit den Achseln: Um 2 Uhr wollen sie starten." gierflugzeug Berlin Danzig- Königsberg will um ½⁄23 Uhr Vor Abteilung 1 des Flughafens ist einige Bewegung. Das Passa starten. Nech stehen die drei starken Propeller unbeweglich. Aber schon treffen die Monteure die letzten Vorbereitungen zur Fahrt.

Es schlägt 2 Uhr. Der gefesselte Riese beginnt nervös zu wer­den. Schon zieht man den mittleren Propeller an. Los!" ruft der Monteur. Echon surren, heulen die drei Propeller. Sie probieren Wie zwei Fanale glühen die Scheinwerfer über das Aufstiegsfeld. den Motor. Und dann geht's wirklich los. Pünktlich. Um 23 Uhr. Der rechte, drehbar, irrlichtert um uns herum wie ein fieberndes Auge. Dann blenden sie ab, ein letztes unwilliges Summen. Das Danziger Flugzeug ist verschwunden.

Die Russen sind noch immer nicht da. Ein Stück weiter rüstet man schon zu neuen Taten. 3wei Flugzeuge liegen startbereit, um in den Morgenstunden des Mittwoch den ersten deutschen Petingflug über Mestau und Sibirien anzutreten. 3,10 Uhr. Die Schupo wird ungeduldig und patrouilliert ge­langweilt durch das menschenleere Gelände. Und dann beginnt es 3u regnen. Alles flüchtet in die Hallen. Dort liegen die Flugzeuge in allen Spielarten, Bom fleinen, nedischen bis zum schweren Passagier- Flugzeug.

Endlich um 44 Uhr erscheint der schmale Wisch neff. Lächeln, Händeschütteln... da ist auch schon Schebanoff, der Pilot. Ein Ein Arbeiter durch Blihschlag schwer verletzt. junger Mann voll verhaltener Energie und Zähigkeit. Wir steigen Der gestrige Nachmittag brachte trotz der mehrfach nieder- in das filbrig glänzende Flugzeug. Es ist ganz fomfortabel ein­gehenden und teilweise sehr erheblichen Niederschläge nur eine ge- gerichtet. Mit Sesselpolsterung und zwei Wandspiegeln. Oben leuch ringe Abkühlung. Das Unwetter hatte wieder einige Ueberten die Ziffernblätter der Radiouhren. Ein Schupomann fommt schwemmungen besonders in tiefliegenden Straßen zur Folge. Am schwersten heimgesucht wurde Neukölln . Die Feuerwehr wurde etwa 14mal gerufen, wo am Kottbusser Damm, Wiss­mannstraße, Hafenheide, Hermannstraße, Hobrechtstraße, und in weiteren Nebenstraßen zahlreiche Keller unter Waffer standen. Auch aus einigen Bororten, so in Pantom und Reinickendorf - Ost wurden Ueberschwemmungen durch Wolkenbrüche gemeldet. In Adlershof schlug der Bliz in das Reichsbauamt, Rudower Chauffee, ein. Der dort beschäftigte Arbeiter Hugo Schent aus der Wagnerstr. 28 zu Lichtenberg wurde von dem Blitzstrahl getroffen und erheblich verlegt. Bor Schred hat der Verunglückte auch noch die Sprache verloren. Die Feuerwehr schaffte Schent in das Köpenider Kranken­haus. Das am heutigen Tage zu erwartende Wetter soll nach den Mitteilungen des amtlichen Wetterbureaus dem von gestern gleichen. Strich weise Gewitter, dann langsame Abkühlung. Am Donnerstag wird aber wieder eine weitere Aufheiterung mit zunehmender Erwärmung zu verzeichnen sein. Die auftretenden Gewitter find zwar örtlich start begrenzt, doch stehen sie vielfach im Zusammenhang mit dem Borbeizug eines Tiefs, das heute über Mittelskandinavien liegen wird.

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Gesundbrunnen - Neukölln .

Gufer Fortgang der Arbeiten unter dem Landwehrkanal. Man sieht jetzt schon, daß die AEG.- Schnellbahn Gesund­ brunnen - Neukölln , deren Bau bekanntlich jahrelang ein Streit­objekt zwischen Stadt und AEG. bildete, rüſtig vorwärts schreitet. Eine der wichtigsten Strecke der Bahn ist die Führung des Tunnels unter dem Landwehrkanal.

Der Tunnel ist vom Bahnhof Münchener Straße, der bereits im Rohbau fertiggestellt ist und den Neuköllner Endhalte­punkt bildet, bis zur Rottbusser Brüde ausgeschachtet. Be­sonders schwierig sind die, Ausschachtungsarbeiten am Hermann­platz, wo bekanntlich ein Turmbahnhof errichtet wird, der eine Rolltreppenverbindung mit der Nordfjüdbahn erhalten soll. Hier müssen die ausgehobenen Erdmassen an die Oberfläche geschafft werden, da die ungenügende Breite der Straße feine besondere Rampe zum Abladen zuläßt. Einen Begriff von der bisher ge­leisteten Arbeit erhält man am besten aus der Tatsache, daß bisher etwa 200 000 Rubikmeter Boden ausgeschachtet worden sind, der in Lorenzügen nach dem Luisenstädtischen Kanal ge= schafft worden ist und zu dessen Zuschüttung ge= dient hat. In einigen Monaten wird auch der Abbruch der Mietshäuser am Hermannplatz vollendet sein, so daß die Bau­arbeiten von dann ab schneller vonstatten gehen werden. In dem bereits ausgehobenen Schacht werden in einem Teil schon die Be­tonierungsarbeiten der Tunnelwände und der Einbau der Tunnel­vorsohle und deren Abdichtung aus Asphalt durchgeführt. Zum Aus­pumpen des Grundwassers find große Grundwasserabfenfungsan­lagen eingebaut, die das Grundwasser in den Landwehrkanal leiten. Der schwierigste, tehnisch aber interessanteste Bauabschnitt befindet fich an der Rottbusser Brüde, wo der Landwehrkanal in unmittelbarer Nähe der Brücke untertunnelt werden muß. Diese Arbeiten, die ebenfalls schon sehr weit gefördert find, hat man aus Swedmäßigkeitsgründen in einem neuen technischen Berfahren durchgeführt. Während bisher bei der Untertunnelung von Kanälen der Schiffahrtsverkehr zunächst auf der einen Seite und dann auf der anderen Seite gesperrt wurde, und die Untertunnelungsarbeiten etappenweise vorgenommen wurden, hat man hier den Schiff­fahrtsverkehr vollständig gesperrt und die Wasser­maffen durch je zwei große Spundwände abgedrängt. Die Arbeiten müssen an dieser Stelle besonders schnell vonstatten gehen, da die Wasserbauverwaltung als Aufsichtsbehörde nur eine viermonatige Eperre des Schiffahrtsverkehrs gestattet hat. Der Tunnel muß also bis zum 19. September an dieser Stelle vollendet sein. Die Bau arbeiten werden hier allerdings dadurch begünstigt, daß sowohl die ausgeschachteten Erdmassen als auch das Baumaterial in Kähnen direkt bis an die Baustelle herangeschafft bzw. abtransportiert werden können. Der Tunnel selbst wird ungefähr acht meter unter der Sohle des Kanals durchgeführt, so daß die Baustelle an der Kottbusser Brücke eine ganz beträchliche Tiefe auf­

weist.

Man nimmt an, daß die Bauarbeiten so gefördert werden fönnen, daß in Jahresfrist mit der Inbetriebnahme der Strecke vom Hermannplatz bis Rottbusser Tor zu rechnen sein wird.

Proteftversammlung der Lebensmittelhändler. Der Zentralverband der Lebensmittelhändler Deutschlands und der Reichsverband Deutscher Obst und Gemüsehändler hatte gestern, Dienstag, im Lehrer vereinshaus eine Protestversammlung einberufen, um gegen die Steuerbescheide der Finanzämter Einspruch einzulegen. Synditus Neubauer entwarf ein Bild von dem bisherigen und dem gegen­wärtigen Steuerverfahren und wies darauf hin, daß die Steuer pflichtigen nach Maßgabe der gefeßlichen Vorschriften bu chmäßige Aufzeichnungen über ihre erzielten Umfäße gemacht haben und demnach ihre Einkommensteuererklärungen abgegeben haben. Obwohl die Finanzämter diese Umfäge in den meisten Fällen als richtig anerkannt haben, find sie bei den Einkommensteuerbescheiden,

entgegen den Vorschriften der Reichsabgabenverordnung über ben Dieses Rahmen des Bulässigen hinausgegangen. Borgehen der Finanzämter sei aus Schärffte zu verurteilen. Um so mehr als in zahlreichen Fällen versucht worden ist, mit den Veranlagten eine Art Einigung herbeizuführen. Eine Beschwerde an das Reichsfinanzministerium und eine entsprechende Entschließung fanden bei der sehr stark besuchten Versammlung einstimmige An­nahme. Wenn die Versammlung zeitweise die Ausführungen des Referenten durch stürmische, beinahe die Versammlung sprengende Zurufe unterbrach, so ist diese Erregung begreiflich angesichts der Politik, welche die beiden einberufenen Berbände treiben. Sie wer­den geleitet von Führern der Wirtschaftspartei, die bekanntlich den Zolltarifen der Regierung zugestimmt hat und damit einen Teil der Konsumenten arbeitslos und faufumfähig gemacht hat.

Die Arbeitnehmer zur Wochenend- Frage. Abwartende Haltung der Organisationen.

Die Anregung des Berliner Bürgermeisters Dr. Scholz, nach dem Borbild Englands ein Weekend zu schaffen, also die Betriebe und Ladengeschäfte zum mindesten schon am Sonnabend mittag zu schließen, hat die maßgebenden Arbeitnehmer orga­nisationen offiziell bisher noch nicht beschäftigt. Man wartet hier ab, ob von Arbeitgeberseite in dieser Richtung irgendwelche Anregungen oder Vorschläge gemacht werden.

Rein offizieller Abschied. Die Russische Botschaft schicht einen werden noch einige Seltersflaschen verstaut, Keks und Zwieback... Es ist 5 Uhr. Gleich werden sie starten. Und unaufhörlich rieselt der Regen.

Militärattaché. Sonst ist niemand da... Stille, tiefe Stille. Da

Wie uns von der Lufthansa mitgeteilt wurde, hat das Russen­Flugzeug heute früh um 7 Uhr Berlin mit dem Ziele Paris verlassen.

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Die deutsch - englischen Luftfahrtverhandlungen. An zuständiger Stelle werden die englischen Meldungen über den Fortschritt der deutsch englischen Luftfahrtverhandlungen be­ſtätigt. Deutscherseits wurde im Hinblick auf das bevorstehende Er­gebnis dieser Besprechungen das inzwischen abgelaufene Brovi forium, dem zufolge englische Verkehrsmaschinen nach Köln und Berlin fliegen dürfen, bis zum 31. Dezember d. J. verlängert. In der Praxis machen die Engländer jedoch nur von einem Luft­verfehr auf der Strecke London - Köln Gebrauch. Auf der Berliner Strede fliegen die englischen Maschinen nur bis Amsterdam , wo sie Anschluß an die Flugzeuge der Deutschen Lufthansa haben. Die jetzigen Verhandlungen werden genau jo, wie dies bei anderen Ländern der Fall war, auf der Grundlage der vollen Gegenseitigkeit geführt, so daß fünftig deutsche Maschinen ungehindert nach England und ebenjo englische nach Deutsch­ land fliegen können. Nach Abschluß dieser Verhandlungen ist zu erwarten, daß auf der Strecke Berlin - London , ähnlich wie jetzt auf der Pariser Strede, wechselweise ein deutsches und ein englisches Flugzeug eingesetzt werden.

lich an der Arbeitsstelle eintrifft. Ferner scheint auf dieser Linie nur ein freibleibender Fahrplan zu existieren, denn daß fällige Straßenbahnzüge ausbleiben, ist an der Tagesordnung. Es wäre wirklich einmal an der Zeit, daß hier Wandel geschaffen wird. Man sollte auch auf die arbeitende Bevölkerung Rücksicht nehmen.

Ein Nachmittag bei den Indern.

Das Hagenbedsche Indien - Gebiet am 300 ist bereits populär geworden. Das kleine Weißgeficht nähert sich ebenso furchtsam wie neugierig dem kleinen Eroten, der es seinerseits wiederum ziem lich interesselos mit seinen Glutaugen überfliegt. Plötzlich aber fommt Leben und Bewegung in das Antlitz des Indersprößlings. Die Aeuglein werden klein, der Mund läßt zwei Reihen prächtiger Zahnperlenketten sehen und das braune Händchen deutet erst auf das eigene Hälschen, dann auf das seines Gegenübers. Es redet was gänzlich Unverständliches, aber die Augen betteln so deutlich und man versteht: Es giert nach dem Halskettchen. Eine ganze Weile versucht es mit allen Mitteln findlicher Koketterie, seinen Willen durchzusetzen. Mit der Zeit sieht es dann ein, daß alle Mühe vergebens, es reißt sich gewaltsam von dem begehrten Objekt los, um à tempo wieder in die vorherige Apathie zu verfallen. Es ist überhaupt, als ob sie alle fagen wollten: Anschauen loftet auch! Ein Hauptspaß ist natürlich das Elefantenreiten. 5-6 folch fleine Wesen trohnen hoch oben auf dem guten Elefantenbuckel, der fie geduldig und in zartestem Tempo spazieren führt. Ein schützender Inder begleitet jeben Ritt. Da gibt es wahre Elite- Bariétevorführun gen, die Groß und Klein in Staunen verfeßen. Wie wir eine Treppe hohen Bambusstäben hoch. Während sich der eine, oben angelangt, quer über die Stange legt, hält der Untermann die Balance, indem er die Stange samt Obermann einfach in seinen Gurt steckt. Die Schlafräume der Inder befinden sich unterhalb der Tribüne und find mit Decken und Teppichen recht wohnlich eingerichtet.

Prinzipiell steht man bei den Arbeitnehmern auf dem Standpunkt, daß im Hinblick auf den gesetzlich festgelegten 7- hr­Ladenschluß auch Abweichungen von dieser Regelung nur durch beersteigen, genau so ruhig und sicher klettern die Menschen an meter­sondere Verordnungen der Ortsbehörden durch geführt werden können. Eventuell könne diese Frage, die bei der vorgerückten Jahreszeit in diesem Jahre ohnehin wohl nicht mehr gelöst werden dürfte, bei fünftigen Tarifverträgen ge flärt werden. Eine besondere Schwierigkeit sieht man dabei auf Arbeitnehmerseite in der Verteilung der am Sonnabend in Fortfall fommenden Arbeitsstunden auf die übrigen Wochentage. Es ist be­fannt, daß bei einem der größten Berliner Elektrizitätsunternehmen der Betriebsschluß am Sonnabend mittag deshalb nicht durchgeführt werden konnte, weil die Arbeiterschaft mit der entsprechend verlänger ten Arbeitszeit an den übrigen Tagen nicht einverstanden war. In Begründung dieses Standpunktes wird von mehreren Organisationen darauf verwiesen, daß der größte Teil der Arbeitnehmer einen sehr weiten Weg zur und von der Arbeitsstätte zu rückzulegen hat. Wenn durch Einführung des freien Sonnabend nachmittag die Arbeitszeit in der Woche verlängert werde, so bleibe vielen Arbeitnehmern, die Wochentags ihr Laubenland bewirtschafte ten, feine Zeit hierfür übrig. Außerdem sei es bei der heutigen Entlohnung der Arbeitnehmer ziemlich ausgeschlossen, daß ein Weekend nach englischem Vorbild auch wirklich durch Aus­flüge mit Uebernachten auf dem Lande ausgenugt werden könnte. Der sozial- und wirtschaftspolitische Ausschuß des AfA- Bundes wird fich in seiner nächsten Sizung am Freitag mit dieser Frage beschäf tigen. Auch die übrigen Organisationen dürften in Kürze zu diesem Problem Stellung nehmen.

Auch ein Opfer der Wohnungsnot.

Den fläglichen Wohnungsverhältnissen ist ein junges Menschenleben zum Opfer gefallen. Der Arbeiter Hermann 2 en 3 el bewohnt in der Budower Straße mit feiner Frau und einem zwei Jahre alten Töchterchen Hildegard einen als Wohn­raum hergerichteten 3iegenstall. Gestern tochte die Frau Kaffee und stellte, da es an Plaz mangelte, den Topf mit der glühend heißen Flüssigkeit auf den Fußboden. Während fie draußen war, um unter dem Brunnen die Kanne auszuspülen, hörte sie durchdringende Schreie. Sie eilte hinein und fand ihr fleines Mädchen mit furchtbaren Berbrühungen am Boden liegen. Das Kind war im Spiel hereingelaufen, über den Topf gestolpert und der kochende Kaffee hatte seinen Inhalt über fie ergoffen. Im Budower Krankenhaus erlag die Kleine den schweren Brandwunden noch am selben Abend.

Vergessene Straßenbahnlinien.

In der Stadt fahren moderne, bequeme Wagen neuester Ron struktion, hin und wieder sieht man auch Beteranen, die besser in den Ruhestand versetzt werden sollten, aber sie bilden im Grunde Ausnahmen. Doch es gibt einige Linien, die mit konstanter Bosheit stiefmütterlich vom Schicksal behandelt werden. Zu diesen Aus­gestoßenen gehört die Linie 100, die weit außerhalb der Stadt, zwischen ichterfelde Ost and der Teltower Schleuse verkehrt. Die fleinsten und ältesten Wagen fahren auf dieser Strede, es ist geradezu ein Glückstreffer, wenn man einen Sizplay erhält, besonders in den Morgenstunden, da die Bahn hauptsächlich von Arbeitern, die zu ihrer Arbeitsstelle fahren, benutzt wird. Außerdem scheint diese Linie dazu ausersehen zu sein, eben ange­fernten Straßenbahnführern Gelegenheit zur ersten freien Be­tätigung zu bieten, man fährt hier nämlich derart langsam, daß es ein Arbeiter als Glückszufall betrachten muß, wenn er einmal püntt.

Künstlerwerkhilfe. Vor kurzem hielt die vom Reichsarbeits­ministerium geförderte, von den Künstlerunterstützungsvereinen als Aft der Selbsthilfe 1923 gegründeten ,, Werkhilfe bildender Künstler" ihre diesjährige Generalversammlung ab. Der Tatsache, daß die Werkhilfe in den Fragen der werteschaffenden Fürsorge außer den bildenden Künstlern die Spikenorganisationen aller Künſte ver tritt, Rechnung tragend, wurde die Umbenennung dieser gemein­nüßigen Genossenschaft in Künstlerwerkhilfe" beschlossen. Bon se­gensreicher Wirkung für die Künstler ist die von der Künstlerwerk­hilfe trotz der Kürze ihres Bestehens geleistete Arbeit. So u. a. die mit dem Landesarbeitsamt durchgeführte Erwerbslosen­hilfe für Künstler, die zurzeit über 1800 Ausübenden der bildenden, spielenden sowie redenden Künste Mittel zuführt, Rat und tatkräftigen Beistand gewährt, dann aber die von ihr vorbereitete Reichs Kunst woche. Mit der weiteren Aufgabe der Schaffung einer Künstler- Wert- und Wohngemeinde verfolgt die Künstlerwerthilfe den 3wed, ein billiges und fulturelles Wohnen zu sichern. Die Dienstzimmer der Künstlerwerkhilfe befinden sich im Neuen Rathaus zu Berlin- Schöneberg .

aus

Das Eisenbahnunglück in Leipzig - plagwitz. Zu dem Unfall des Personenzuges 2026 auf dem Bahnhof eipzig- Blagmit teilt bie Breffeftelle der Reichs. bahndirektion Halle mit: Der Unfall hat sich vermutlich durch erausspringen der Lokomotive aus der Weiche ereignet. Die genaue Ursache ist noch nicht festgestellt. Die Unter­fuchung ist im Gange. Bei dem Unfall find leider ein Toter und acht Leichtverlette zu beklagen. Der Tote ist der Händler Paul Harnisch aus Markranstädt . Leicht verlegt wurden: Kurt Opiz, Lista Kleeberg, Minna Hofmann, Arthur Rahnefeld, Anna Fride, sämtlich aus Lügen, Wil­ helm Albrecht aus Markranstädt , Hedwig Bräutigam Pobles bei Taucha und Otto Günther aus Groß- Lehna bei Martranstädt. Die Verlegungen find dadurch entstanden, daß Arbeiter, die den Zug zur Rückfahrt nach ihren Wohnorten benutzen, fich trotz Verbotes auf den Plattformen aufgehalten haben. Es ist bereits verschiedentlich versucht worden, den Auf­enthalt auf den Plattformen zu unterbinden. Bei heißem Wetter, bei dem der Aufenthalt in den Wagen nicht besonders angenehm ist, halten sich jedoch die Reisenden mit Vorliebe auf den Blattformen auf, so auch am Tage des Unfalls, an dem es besonders schwül war. Die herbeigerufene Feuerwehr, die sehr schnell zur Stelle war, fonnte die Leichtverleßten unverzüglich ins Diatonissenhaus in Leipzig Lindenau bringen, wo sie in fürzester Zeit verbunden und teilweise wieder entlassen werden konnten. Bald nach dem Unfall waren der stellvertretende Betriebsvorstand und der die Aufgleisung leitende Ingenieur des Maschinenamtes zur Stelle. Auch der Vertreter des Präsidenten der Reichsbahndirektion Halle und die zuständigen Dezernenten waren in fürzester Zeit auf der Unglücksstelle zugegen. Die Aufräumungsarbeiten waren um 4 Uhr morgens beendet, so daß der erste Personenzug von Plagwig nach Pörsten zwischen 5 und 6 Uhr die Unfallstelle langsam wieder befahren fonnte